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Full text of "Die alemannische Sprache rechts des Rheins seit dem XIII. Jahrhundert"

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DIE 



ALEMANNISCHE SPRACHE 



RECHTS DES RHEINS 



SEIT DEM Xm. JAHRHUNDERT 



▼ON 



Dr. ANTON BIBLINGEB. 



f : • 



ERSTER TEIL: 
6BENZEN. JAHRZEITNAMEN. GRAMMATIK. 



BERLIN 

FERD. DÜMMLER'S VERLAGSBUCHHANDLUNG. 

HARRWITZ UND 6088MANN. 

1868. 






.Aus diesen volksmundarten wäre für die geschichte unserer spräche 
erkleckliches zu gewinnen, wenn sie planmiifsig so untersucht und bear- 
beitet würden, dafs sich in ihnen jene spuren einzelner bedeutender Völker- 
schaften ergäben und man ermittelte, welcher grofsen reihe jede angehört 
habe. 

Grimm, Gesch. d. Spr. II, 837 (1848). 



i*ii«t.i 



PO»^iC LIIUaAT 



9 I 






SEINER KÖNKftilCHEN HOHEIT DEM FÜRSTEN 



KARL ANTON VON HOHENZOLLERN 



•ti 



UNTERTÄNIGST, DANKBARST. GEWIDMET. 



*• 



{ 



w, 



einhold hat am Schlüsse seiner Einleitung zur ale- 
mannischen Grammatik (S. 8) die eingebomen Forscher 
ersucht ^an Ort und Stelle die genauen Absonderungen in 
dem gesammten alemannischen Lande sorgsam zu verfol- 
gen^. Ein solcher Anlauf ist diese seit 1856 begonnene, 
bald mehr bald weniger gepflegte Arbeit — Südlich und 
westlich habe ich bisweilen über den Rhein hinübergreifen 
müssen, meist aber nur um rechtsrheinisch volksmäfsige 
Ausdrücke zu belegen, weil mir eben von da keine altern 
Beispiele zu Händen waren. Im Wörterbuche sollen alle 
linksrheinischen Beiträge kenntlich gemacht werden. Ich 
glaubte mich nicht zu engherzig an die von mir willkürlich 
gezogene Bheinstromgrenze halten zu müssen, wenn mir 
Stellen aus alten guten Quellen von drüben willkommene 
Dienste zu leisten versprachen. Sodann wirkten Basel 
und Strafsburg, letzteres mit seinem Bistumsgebiete, weit 
herein rechtsrheinisch in Sprache und Sitte. Die strafs- 
burgischen Leute safsen ja am ganzen Westabhang des 
Schwarzwaldes. Ganz so zog ich schweizerische Quellen- 
schriften in meinen Bereich, besonders die Mitteilungen der 
antiquarischen Gesellschaft in Zürich, überall wo sie mir 
als Anhaltspunkte zur Vergleichung meiner rechtsrheini- 
schen Funde dienlich sein konnten. Nie aber habe ich 
linksrheinische Gesetze und Wörter gebracht, wenn sie nicht 
rechtsrheinisch nachweisbar waren. — Vor allem lag mir 
daran, der geographischen Verbreitung des Gefundenen nach- 
zuspüren; mir war es immer ein Hauptzweck, die Nordost- 



VI 

grenze des alemannischen Gebietes recht augenscheinlich 
sprachlich herzustellen. In wie weit das mir gelungen ist, 
mufs ich dem Urteile Anderer überlassen; an aufrichtigem 
mit vielen Opfern verbundenem Streben dürfte es von mei- 
ner Seite aus nicht gefehlt haben. Es mufsten vor allem 
die echt alemannischen Lautgesetze und echt alemannischen 
Wörter herausgeschält und mit der frühern Sprache ver- 
glichen werden: so fanden sich denn alte St. Gallische Erb- 
schaften, um die Schwaben, Baiern und Franken längst ge- 
kommen sind; die bisweilen im alten Sachsenlande, an der 
Nord- und Ostsee nur noch wie versteinert sich erhalten 
haben. In zweiter Linie sind alemannische Belege aufge- 
nommen, die sit5h bis in's Mitteldeutsche hinein vorfinden; 
das geschah, um die Verbreitung auf deutschem Boden nachzu- 
weisen. Solche Beispiele sind sparsamer gebraucht; wogegen 
die echt alemannischen Ausdrücke manchmal unVerhältnis- 
mäfsig zalreich belegt erscheinen. — Was den terminus a 
quo anlangt, so glaube ich dem Herausgeber der Alemanni- 
schen Grammatik da begegnen zu sollen, wo seine Haupt- 
kraft abzunehmen scheint. Mit Verehrung mufs man an 
dem herrlichen Material und dessen wissenschaftlicher Be- 
handlung emporblicken, das uns seine alemannische Gram- 
matik vom 8 — 13. Jahrhundert bringt und ich schätze mich 
glücklich, wenn ich mit meiner Arbeit irgendwie Wein- 
holds Buch ergänzen könnte. Das anzustreben kam mir 
eine ziemlich eingehende Kenntnis meines Landes und mei- 
ner Leute, sodann die Benutzung ungedruckter zalreicher 
Quellenschriften gut zu Statten. 

Möge meine Arbeit wolwoUende Aufnahme erfahren, 
dafs der zweite Teil bald nachrücken kann. 

Berlin, im August 1868. 



Inhaltsverzeichnis. 

Seite 
I. GreiUBdlU Politische, kirchliche alte Grenzen sind Sprach- 
grenzen. Es gibt zwei Sprachgrenzen nördlich. S. W. der 

Rhein angesetzt 1 — 34 

II. Jft]m6itnftn6]l« Unterschied der Alemannen, Schwaben 

nnd Baiem in Benennung der Monate, Wochentage . 35 — 44 

m. Yoeale 45— 77 

ä, e, ä, €, uo, 

1, 6, 1, ai, 

u, Ö, ü, ui, äu. 

IV. Consoiiaiiteii 88—147 

1, m, n, r« 
k, g, ch, h. 
t, d, s, z. 
w> b, p, pf, f. 
V. SnllStailtiT. Bildung, Geschlecht, Declination .... 148—156 

VI. AdjeeÜY, Adyerb 157—164 

vn. Interjnnetionen, Conjnnetionen 165—166 

Vin. InterjeetiOIieil. Lockrufe, Schmerzensmfe u. s. w. . . 167—170 

IX. Praepositiones 171—174 

X. Zalwörter 175— 182 

XI. Pronomina -. . . 188— 188 

XII. Zeitwort. Hilftzeitworter die Hauptunterscheidung der 

Alemannen und ihrer Nachbarn 189 — 196 

BoilügOS. Ueber einige Stellen bei Ammian; über die 
alten Gaunamen; zur Heldensage; wie dachten die £1- 
sässer von der schwäbisch. alemannischen Grenze? Mone*s 
Versuch einer kleinen oberrheinischen Lautlehre. . . . 197 — 206 



VIII 



Erklärendes, Berichtigendes. 

h getilgt vor und nach t im An-, In- und Auslaute; meist auch vor 
1, n, wo es das Auge des Lesers nicht stört. Die gedenten t noch teilweise 
mit ie gelassen; die -ie in fremden Wörtern statt 1 meistens durchgeführt. 
Die mundartlichen Substantiva klein gedruckt, mit Ausnahme schlagender Bei- 
spiele. — Die mundartliche Schreibweise e fUr den unbestimmten Zwischenton 
zwischen a und e selten; a dafür gesetzt; den Ausfall der Consonanten nach 
Vocalen oder die Dennng in Position mit *" und '' bezeichnet. — Die Orts- 
namen, Gaunamen sind urkundlich oft zweifacher Schreibung verfallen, da- 
her geschrieben: Baar : Bar; Rottenburg : Rotenburg; Rottweil : Rotweil; 
Zinken : Ziencken; Sunthausen : Sonthausen; Muggensturm : Muckensturm; 
Spaichingen : Speichingen; Borns : Bomms (60, 35). Vgl. Glotertal : Glot- 
tertal. 

Die Ortsnamen der Karte S. 13 sind gegeben wie sie dort stehen, un- 
beachtet des heutigen Gebrauchs. S 60, 35 ist altes a in Zwifaltacha zu 
scheinbarem i und dessen Brechung ^ verdorben. 



Druckfehler. 

S. 1, 18: lies Hettnisch-Bader. 6, 18: Stilico. 5, 20: abführte. 8, 15: 
Beziehung. 8, 16: Ermoldus; 8, 23: rechtsrheinisch. 11, 10: zuschlagen. 
14, 15: fpntem. 14 (unten) Grimm und Förstef^^ann versetzt. 82, 20 und 
Air die sechs ersten Bogen irrtttmlich Episcop. Const I, 1 für 2 gesetzt. 
86, 19: Gangfische. 36, 27: Brechet. 40, 28: verbaimt. 44, 20: Quells. 
48, 12: gMs. 49, 17: nach Basel; 50, 9: verdumpfen. 50, 14: Ennentach. 
56, 27 tilge: modd (Mut). 60, 20: vech. 66, 9: S statt ä. 69, 19: tilge 
thüer. 72,5: -«n; 75,27: Einholen. 77, 1: Andol/sbach; 79,81: he/t. 
83, 29: Roth oder Mönchsroth. 84, 4: übergangen für ertoähnt, 87, 8: 
schnittla. 91, 14: Aaben. 99,15: Versetze Morenspach vorAkams. 102,14: 
Gersdorf für Her, 105, 17: mahnigr. 106, 16: tilge ebenso cgm. 138. 
109, 1: -ko/ül. 110., 18: Arlum. 117, 1: Veldtbauw. 119: Äape für 
-«ape. 120, 28: kurzem. 125, 6, 7: koman. 126,6: loippede {^-^y^). 
132, 14: aorauisch. 132, 17: v. hirz-dort setze 181, 18. 140, 81: den. 
140, 22: Band. 



I. 

Grenzen. 



s 



eit Hebels alemannischen Gedichten und den Aufsätzen 
in dessen Hausfreund ist das Wort „alemanniscii^ wie- 
der aufgetaucht. Wenn auch nicht so recht volkstümlich, 
so weifs doch jeder Gebildete jetzt wieder, dafs es Ale- 
mannen auf dem rechten Rheinufer gibt, dafs die Leute 
im Wisental damit gemeint sind; ja die badischen Schwarz- 
wälder dürfen jefzt schon alle Alemannen heifsen. Die 
Wissenschaft suchte eine Grenze festzustellen. Aleman- 
nisch sei im Grofsen und Ganzen westlich der Schwarz- 
wald; südlich gehe die Linie von der Bregequelle aus zwi- 
schen Villingen und Neustadt hindurch, streiche ziemlich 
nahe unterhalb Scha£Phausen zum Bodensee, am Nordufer 
bis zur Argenmündung, von da zwischen Staufen und Im- 
menstadt im Allgäu hindurch ins Yorarlbergische. Wein- 
hold 8. Das topographisch -statistische Grofsherzogtuni 
Baden von Henisch-Baader (1857) will die echte alemanni- 
sche Grenze mit der östlichen der Ortenau und des Breis- 
gau's zusammenfallen lassen, und scheidet, um ein Kesultat 
zu haben, schwäbische Alemannen und echte Ale- 
mannen. Rapp bei Frommann II, 57, Physiologie der 
Sprache IV, 114 zieht zwar keine genauen rechtsrheinisch- 
alemannischen Grenzen, läfst aber von Rotweil bis an die 
Schweiz einen Uebergangsdialekt gelten, der im Mittelalter 
beinahe ganz schweizerisch gewesen sei. 

Ich will versuchen in kurzen historischen und sprach- 
lichen Umrissen die Grenzen nach Norden und Osten ab- 
zustecken; nach Süden setze ich den Rhein an; ebenso 

Birlinger, alem. Sprache. 1 



nach Westen. Letztere Grenzlinie entspricht nicht wis- 
senschaftlich, ligt aber in Verhältnissen, die auch dies 
rechtfertigen dürften. Bis dahin kenne ich Land und Leute 
persönhch; linksrheinisch arbeiten mehrere tüchtige Kräfte, 
die auch nur ihre Leute kennen bis an den Rhein. 

Unser rechtsrheinisches Gebiet bildet die Südwestecke 
Deutschlands mit dem östlichen Vorarlbergischen und dem 
obern Inntale. Der obere Lauf des Rheins, der Donau, 
des Nekars,. des Inns, des Lechs fällt in unser Land; 
politisch haben Oesterreich, Baiern (Allgäu), Wirtemberg 
(AUgäu), Baden (Seekreis), die Schweiz (Stand Schaffhau- 
sen), Preufsen (Zollern) Teil an ihm. 

W^r hat unser Land von Uranfang innegehabt? Mehr 
und mehr dürfte sich die Ansicht bewahrheiten, dafs Fin- 
nen hier gehaust. (Mein Volkst. II, Einleit. Bacmeister, 
Alem. Wanderungen S. 2). Bis jetzt zeugen von ihnen 
nur Pfalbautenüberreste. Etwas mehr Licht ligt über ih- 
ren Nachfolgern, den Kelten; Städte- und Ortsnamen, 
sichere Nachrichten von den Alten, die sie Helvetier nen- 
nen und die Südwestecke Germaniens eine helvetische 
Wüste heifsen (Ptolemäus) und endlich die neuern Sprach- 
studien lassen keinen Zweifel mehr obwalten, dafs dieses 
mächtige Volk unseir rechtsrheinisches nachher alemanni- 
sches Gebiet besessen habe. 

Wann und wie auch sie den Mächtigern weichen 
mufsten, läfst sich nur erraten. Suebische Horden mö- 
gen sie zum Fortgehen und zum teilweisen Aufgehen in 
ihnen veranlafst haben. Wer diese suebischen Haufen, 
die nachher als Söldner Italien zuzogen, und wieder durch 
andere Stammesgenossen ersetzt wurden, gewesen, hat 
Wietersheim I, 272 aufs genaueste untersucht. — Sie tre- 
ten gleich nach den Niederlagen der Teutonen, Ambronen, 
Kimbern bei Aquäe Sextiae und am Po (102 — 103) als 
Kämpfer gegen die Römer auf (58 v. Chr.). Der unglück- 
liche Zug über den Khein, die Voraussicht der Dinge, die 
da noch über ihr Land kommen werden, bewog sie unter 
Marbod in's herrenlose einst -keltische Bojohemum zu 
ziehen. 



In den entleerten Strecken kommt bald ein Mischvolk 
zum Vorschein: ^leichtsinnige Leute aus Gallien, in ihrer 
Besitzlosigkeit waghalsig, haben den Boden, dessen Zuge- 
hörigkeit unbestimmt war, eingenommen". (Germ. cp. 29). 
Stalin I, 62. 63. Wietersheim II, 187. W. Brambach, Ba- 
den unter römischer Herrschaft 1867, S. 5. 6. 

Was die Sueben geahnt, das sollte mit dem Jahre 14 
V. Chr. wirklich kommen. 

Drusus und Tiberius, die zwei kaiserlichen Prinzen 
brachten durch einen combinirteu Angriff von Süden und 
Westen die rechtsrheinischen Ländereien und den Schwarz- 
wald dem römischen Reiche ein. „Proinde Drusus ac Ti- 
berius ipsi simul et legati eorum multis lods (Ttolkaj^o&Bv) 
in Raetiam irrumpentes — in suaiii potestatem redege- 
runt". Dio Cassius 54, 22. Vergl. Th. Mommsen, die 
Schweiz in römischer Zeit. Mitteil, der antiquar. Ge- 
sellsch. in Zürich IX S. 6. 

Die Agri Decumates entstanden. 

Die römische Colonisation ging vor sich und wir ha- 
ben jetzt Keltenreste, herrenlose gallische Vagabunden, 
Suebenüberbleibsel und endlich wol gebildete Militärcolo- 
riisten in unserer Heimat zu denken. 

Der Wanderzug der Deutschen nach Süden, den die 
Kimbern, Teutonen, Ambronen so teuer büfsen mufsten, 
kam erst recht in Flufs mit dem anhebenden dritten Jahr- 
hundert. Der grofse Suebenbund im Norden begann sich 
zu lösen; die Stämme bröckeln sich los und die zweihun- 
dertjährige römische Wirtschaft sollte, die deutsche Kraft 
erst recht fühlend, ihrer Auflösung zugeführt werden. Im 
Vorderglied begegnen uns die Alemannen. Caracalla 
will sie a. 213 besigt haben* legte sich den Namen Ala- 
matmicus bei. Aelianus, Spartacus, Anton. Caracalla 10. 
Der Andrang geschah unaufhaltsam. 25 Jahre nach dem 
erkauften Sige fallen die Alemannen in's Zehentland ein; 
besetzen Raetien und das Nekargebiet. Um wenig Jahre 
später stehen sie in Italien. Aurelian trieb sie zwar von 
da, nicht aber vom Zehentlande zurück. Vom Ursprung 
der Donau und des Nekars bis zur Mündung des letztern 

1* 



und des Mains war alles alemanniseb. Zwischen 27G — 282 
gab sich Probus die äufserste Mühe sie vom Schwarzwald 
bisWelzheim (Bacmeister S. 102. 103) zur Leine, und von 
der Alb zurückzuschlagen ^jreliquias ultra Nicrum flumen 
et Albam removit". Vopiscus Probus 12, 13. Die neue 
militärische Colonisirung, die Abführung von 1 6,000 jungen 
Alemannen*), welche in's römische Heer gesteckt wur- 
den, die Belehnnng mit dem Land an nur alemannische 
Fürsten — all das half nichts. Draufsen vor dem limes 
war wie aufgestautes Wasser die Alemannenmacht und 
brach wild herein mit dem Tode des Probus. Alles ging 
verloren. Der Nekar ein barbarus Nicer; die römischen 
Grenzpföhle nur bis zum südlichen Schwarzwald ausge- 
steckt, an des Isters Quellen (porrectis usque ad Danubii 
Caput Germaniae Kaetiaeque limitibus. Eumen. Panegyr. 
Const. dict. 311). Beim Schlüsse des S.Jahrhunderts ist 
aller Wahrscheinlichkeit nach nur mehr der Rhein Grenz- 
linie; denn Constantia ist Grenzveste gegen Alemannien 
(300). Waren da und dort noch feste römische Haltpunkte, 
wie z. B. in Breisach spät, soviel die Münzfunde besagen, 
(Mone, Zeitschr. X, 385), so wird im Laufe des 4. Jahrb. 
vollends gründlich aufgeräumt 354. (Huschberg 226). Ju- 
lian, der Wiederauffrischer alter Herrlichkeit, erobert nochmal 
Teile des rechtsrheinischen Gebietes in Folge der Strafs- 
burger Schlacht; allein es wollte nicht viel mehr besagen 
als die Versuche des Constantius und des Valentinian. 
Von letzterem ist nur das merkwürdig, dafs er nach Am- 
mian 27, 10 bis zur spätem zweiten zwischen Dietrich von 
Bern und Chlodowech bestimmten Demarcationslinie, bis 
Tübingen, Rotenburg vordrang (368), wo auf dem Berge 
mit der jetzigen viel besungenen Kapelle (Uhland, Kreuzer) 
und wol auf den Höhen gegen Tübingen hin die Aleman- 
nenmacht feste Stellung hatte**) (cum prope locum ve- 
nisset, cui Solicinio nomen est, velut quadam obice ste- 
llt). Vor sich hatte Valentinian die Vorhöhen der Alb, 

• 

*) Vopiscus in Probo q>. 13. 

*'*') Tübingen heifst noch spttt urknndl. ccuirum Alamannorum» (Hohen- 
tttbingen). 



\ 



rechts die des Schwarz walds; darauf die Feinde iu guten 
Stelhingen: das nebst dem unheilvollen Verschwinden des 
cubicularius im "Sumpfe, mochten ihn von der Nutzlosigkeit 
seines Weiterzuges gegen Süden überzeugt haben. Er 
zog ab. Solicinium ist Sulichen später, jetzt Botenburg. 
Sieh Bacmeister S. 33. Ausonius Uebertreibung läfst den 
Kaiser bis zu den Donauquellen vordringen (hostibus exac- 
tis Nicrura super et Lupodunum et fontem Latus ignotum 
Histri. Mosella V, 421). 

Nur noch Gratian wagt a. 382 von Süden einen Ein- 
fall in^s Zebentland. Der Sig blieb anfangs den Aleman- 
nen, nachher den Kömern; hatte aber keine Nachhaltigkeit. 
Ammian 31, 10. Hier hatten es die Römer mit den tap- 
fersten aller Alemannen zu tun; mit den Lenzern *). (Len- 
tiensis Alamannicus populus tractibus Kaetiarum confinis. 
Ammian 31, 10, 2). Sie waren es, die als Grenzer den 
Römern soviel zu schaffen machten. Sie sind auch die 
ersten gewesen, die, als Stilicos die Besatzung von Constanz 
samt den andern römischen Truppen zur Deckung nach Italien 
bfübrte, ins römische Gebiet übergingen und sicher weit vor- 
drangen. Merkwürdigerweise gibt uns die Notitia dignit. im* 
perii Romani v. Froben 1)1557) als Werbestation- oder Garni- 
sonszeichen in Constanz einen Rundschild an, bemalt mit einem 
gelben springenden Hasen im blauen Feld mit roter Umran- 
dung. Sollte der Yolkswitz von der Hasenjagd der sieben 
Schwaben^ die das schreckliche Tier nicht mehr einholten, 
diese historische Thatsache als Grundlage haben? Die Lenzer 
zogen in Constanz ein, aber den Hasenschild, d. h. die Be- 
satzung mit ihrem Heereszeichen war abgezogen. Die sie- 
ben Schwaben hätten so als Vertreter von sieben Gauen, 
von sieben Fürsten oder Herzogen, einen guten Sinn« 

*) Wie die Ortsnamen Huudersingen heute noch altes Hnntari 
nachklingen lassen, lebte kirchlich das alte Ruralkapitel mit Linz dem Orte, 
im Namen Linzgau fort. Das rätisch- alemannische Wort haben wir 
jenseits des Rheins als Lenz, Lenzerhaide ( Churvralden, Parpan); Lin- 
zen (Uimweil, Zürich); Lenzenhaus ( Weinfelden ) ; Lenzenhorben 
(Frauenfeld); Lenziken (St. Gallen); Lenz weil (Gottlieben); der comita- 
tus Lenzburgensis Episc. Const. I, 1, 91, 254. Davon Lenzburg, Ober- 
lenz, Niederlenz. Vgl. Maeder, die arauisch. Ortsnamen 1867. Bacmei- 
ster S. 51 ff. 



6 

Damit und mit dem Rückzug der mittelrheiuischen 
Garnisonen, die Stilico aus Gallien holte, ist die Befreiung 
der Südwestecke Germaniens vollendet :* ein Werk das 
a. 213 anfing, a. 238 erneuert ward. Jetzt kommt die Völ- 
kerwanderung, eine andere Zeit. Nun das linksrheinische 
Gebiet von den römischen Waflfen aufgegeben, und nur 
mehr die Pässe besetzt waren: Helvetien, Gallien ofTen 
standen, ist zu vermuten, dafs auch hier die rechtsrheini- 
schen Völkerschaften einzogen wie die Lenzer taten. Von 
den gallischen Gegenden wissen wir, dais Vandalen, Bur- 
gunden, Sueben, Alanen gleich einrückten. Wie es mit 
dem nachherigen Elsafs und der Schweiz ging wollen wir 
verfolgen. Das steht fest, die rechtsrheinischen Alemannen 
hatten nahezu 200 Jahre die Südwestecke Germaniens inne, 
bevor von Schweizer- und Elsafsalemannen die Kede sein 
kann. — Wie, wann sind letztere in ihre nachherige Hei- 
mat gekommen? Ungefähr um 370 — 380 ist der noch zu- 
rüc^ebliebene Schub Alemannen am untern Maine urkundlich 
verschwunden. Südlich war Alles vollauf besetzt; in der 
Ecke zwischen Main und Rhein konnten sie sich nicht 
lange halten, weil die Burgunden drückten und die Fran- 
ken drohender durch ihr Heraufrü^en vom Rhein zu wer- 
den anfingen. Der natürlichste Weg war in's offene El- 
safs; als aber auch hier die Burgunden nachrückten, fan- 
den die Alemannen es für geraten in's herrenlose oder 
vielmehr wehrlose Helvetien einzurücken; denn die Römer 
sind sicherlich nicht weggezogen , haben sich wie bei frü- 
hern Vorgängen mit ihnen verschmolzen. Die Burgunden 
trieben sich im Elsafs herum und als ihre Hauptkraft durch 
die römische a. 435 und die hunnische Affaire a. 437 fast 
vernichtet, von den Franken auch nichts Gutes zu hoffen 
war, folgten sie einem lockenden Rufe von Seite der rö- 
mischen Staatslenker und zogen a. 443 in Westhelvetien 
ein; lagen so wieder im Rücken der Alemannen. Günstige 
Abtretungen von Seite der Römer setzten sie in den Stand 
bei voller Selbständigkeit sich frei und mächtig zu entfal- 
ten*). In diesen Ereignissen haben wir die nordöstliche 



*) Mit lakonischer Kürze erzähle zu dem Jahre 443 die Chronik des 



alemannische Grenze, das Allgäu mit seinen Ausbuchtun- 
gen, zu erforschen. Durch den burgundischen Druck, wenn 
auch nicht- direkt feindselig, schoben sich Haufen der west- 
lich eingezogenen helvetischen, jetzt südlichen Alemannen, 
östlich vor über den See und machen so mit den Lenzern 
jene U)BUte noch urnaturwächsige Allgäuer Bevölkerung aus. 
Auch die Vorarlberger Alemannen, die obern Inntaler bis in 
die bairischen Alpen, die von Telfs über Landeck ^) hin 
sogar bis in's Etschthal zur Maiser Haide, wo der bairische 
Vintschgau anhebt, dürften mehr oder minder ausgeprägt 
in Folge obiger Ereignisse dahin gekommen sein. Ebenso 
die Bewohner des FreilandePs unweit Partenkirchen. Nach- 
schübe in Folge etwas späterer Ereignisse kommen hinzu. 
Ansiedlungen alemannischer Gefolgsleute auf weifischen Gü- 
tern; germanisirte Raetier, flüchtige Haufen zersprengter 
Kämpfer nach der Frankenschlacht, denen Theoderich Auf- 
nahme in jenen Gegenden wahrscheinlich bis in's obere 
Inntal und Etschtal gewährte — all diese Elemente bil- 
den jenes Alemannisch. Vergl. auch Weinhold Gramm. 

S. 6. 

Wir können uns die Allgäuer Sprache darum um so 
leichter erklären; während sie vom schwarzwäldischen Ale- 
mannisch in mehreren Beziehungen abweicht. 

Mit dem Abzüge der Burgunden war das spätere El- 
safs wiederum offen. Vertriebene Breisgauer und Ortenauer 
die ausgewandert dorthin, in Folge der trüben Ereignisse 
wieder rechtsrheinisch wurden, zurückgebliebene Durchzüg- 
ler vom Main her, Burgunden, Alemannen und wie sie alle 
heifsen mochten, bilden jetzt Alisats Bevölkerung; dazu 
kamen im Laufe des 5. und besonders nach dem Franken* 
siege im Anfang des 6. Jabrh. fränkische Elemente. Der 



Prosper Tlro: Sabaadia Burgundionum reliqaiis datur. BindiDg, das burgnn- 
disch-romanische Königreich I, 4 (1868 Leipzig). 

*) Um Landeek ist der alemann, bairische Mischdialekt, also die Grenze 
beider deutlich zu erkennen; sogar schwäbische Anklänge spilen herein. 
Alem. Bchnätzle (schnitzeln), Uns s=: uns, pfeifolter (papilio), wetten, 
anjochen u. s. w. bestehen neben bair. kimma (venire), der :^ zer in Zu- 
sammensetzungen. Schwäbisch ist oa fUr altes iu : roat, groafs; thuir 
^ theuer. 



8 

fränkische Zuzug scheint ein anhaltender gewesen zu sein; 
er machte sich auch rechtsrheinisch sehr geltend. Die 
fränkische Zunge ist am Oberrhein das beredteste Zeugnis 
dafQr. So verstehen wir Mone^s öfters betonten fränki- 
schen Oberrhein. Eine gute Darstellung der linksrhei- 
nischen elsässischen Mundarten wird dies glänzend bestä- 
tigen. Schon Weinhold's dankenswerte Beiträge in seiner 
Grammatik lassen es erraten. Dafür spricht auch eine 
gewichtige Stelle bei Pertz Monum. II, 517. Der in's El- 
safs verwiesene Ernoldus Nigellus im 9. Jahrh. nennt das 
Elsafs eine „terra antiqna potens Franco possessa colono, 
cui nomen Helisaz Francus habere dedit^. Auch die spä- 
tem intimen Beziehungen mit dem mittlem und Nieder- 
rhein, sei es in kaufmännischer, oder rechtsgeschichtlicher 
Beziehungen, — wie denn Cöln schon früh Freiburg seines 
Stadtrechtes Grundlage gab — all das dürfte für die Spra- 
che nicht von unerheblichen Belange gewesen sein. 

Die Entwicklung des Alis ats ging einen ganz andern 
Weg als die unseres alemann. Gebietes. Die zerstörten 
Städte gaben zum Wiederaufbau sicherlich Veranlassung 
und so kommt es^ dafs jene in Städten und Dörfern un^er 
Herzogen bis in^s 8. Jahrh. lebten; frühe Christen waren 
(Severin missionirt schon linksrheinisch c. 500); während 
unsere Alemannen in Gehöften unter Gaugrafen lebten; 
noch bis in^s 8. und 9. Jahrh. Heiden blieben. Butilin und 
Leutharis, das Heerführerpaar, sind (c. 550 — 560) Heiden; 
die erst unserer Zeit zum Aufdecken vorbehaltenen Gräber 
von Schieitheim und Oberflacht bergen Heiden und gehören 
jene wol schon dem 6., diese dem 8. und 9. Jahrh. an. 
Denn Gegenstände von Zink, Blei, Eisen gehören einer 
späten Zeit an. Dürrich und Menzel „die Heidengräber 
am Lupfen **, Stuttg. 1847 S. 25 ff. haben es kundig nach- 
gewiesen. 

Diese Verhältnisse sind dazu angetan, der Sprache 
eine andere Färbung zu geben. Unser rechtsrheinisches 
Gebiet wird darum, wie die alte Sitte und Lebensweise, 
so auch die Sprache altertümlicher erhalten haben. Aber 
dieses nur bis an den Westabhang des Scbwarzwaldes; 



denn der Breiegaii und die Ortenau scheinen eher dem 
linksrheinischen Typus als dem schwarzwäldischen erlegen 
zu sein. Darum trennt hier so zu sagen nicht der Rhein, 
sondern die ^jSchneeschlaipfe** d. h. die Wasserscheide des 
Rheines und der Donau; diese wichtige herkömmliche alte 
Völkergrenze. Insofern hat das badische topographische 
Buch von Heunisch den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn 
es mit der Ostgrenze des Breisgaues und der Ortenau die 
schwäbisch-aJemannische Westgrenze zusammenfallen läfst; 
es ist eine merkwürdige Grenze; aber erst die Erforschung 
der Mundarten wird ihr den Namen elsäfsisch- alemanni- 
sche, also halb fränkische Grenze geben müssen. Dahin 
ist auch jene köstliche Angabe im Leben S. Desiderii bei 
den BoUandisten Sept. T. V, 790 zu berichtigen, wo die 
alemann. Grenze mit der Grenze der Ortenau nach Westen 
zusammenfällt: y^ad fines Alamannorum,^ ad locum cujus 
Yocabulum est Mortenaugia, ubi dux praeerat Williarius^. 
Auch die echt alemannische Berchtoldsbaar reichte nur 
an die Ostgrenze des Breisgaues und der Ortenau. 

Im Grofsen und Ganzen sind aber die Hauptfaden, 
die unsere drei Alemannien in ihrer Sprache verbinden, 
von einem Knäuel ausgehend — es ist ein und das- 
selbe Volk, um die Worte unseres Altmeisters in der Ge- 
schichte d. Sprache 495.499 zu gebrauchen, „dessen Sprache 
nicht durch den Rhein abgeschnitten werden kann, son- 
dern sich über den Strom ergiefst". 

Es kann also hier von einer Grenzabsteckung kaum 
die Rede sein, und wenn ich den Rhein südlich und west- 
lich als Marke ansetzte, so* ist das zuföllig, um meinen 
Gesichtskreis nicht zu weit zu ziehen. Etwas anderes ist 
die Absteckung der Nordgrenze und Ostgrenze. 

Die Geschichte mufs uns in erster Linie wieder den 
Griffel da^u führen. Zwei Ereignisse haben wir am Schlüsse 
des 5. Jahrhunderts näher in's Auge zu fassen. Im Jahre 
493 tritt Theodorich die Regentschaft über die Ostgothen 
in Italien an; a. 496 findet der Sieg des Frankenkönigs 
Chlodowech über die Alemannen am Oberrhein statt. Die 
freien Alemannen und die mächtigen Franken mufsten auf- 



10 

einander platzen; erstere wachten Ausfälle an den Mittel- 
rhein hinunter; letztere drängten nach dem Oberrhein, um 
80 mehr als sie im Bewufstsein der rechtmäfsigen Vertreter 
des abendländischen Kaisertums, dessen sie die Römer 
entkleideten, eine so mächtige Nation wie die Alemannen 
nicht ununterjocht lassen konnten; die Burgunden lagen 
zu weit ab; ihrer wollte man sich auf dem Wege der Ge- 
sandtschaften versichern. Mit dem Tage von Soissons, der 
Rom in Gallien ein Ende machte, war auch der Aleman- 
nen Schicksal voraussehbar. Wie, wann kam also Ale- 
mannien unter fränkischen Scepter? Dafs voii dem Jahre 
496 an zu rechnen, ist selbstverständlich. Allein ist ganz 
Alemannien zu gleicher Zeit oder in Zwischenräumen un- 
ter den gleichen Bedingungen wie andere Besiegte an Fran- 
ken gekommen? Davon hängt unsere Grenzbestimmung ab. 
Die Stimmen sind über die Zeit und den Modus der An- 
nectirung nicht einig. Einige sagen, es sei Alemannien 
gleich ganz einverleibt worden und der Siegeranteil, ein 
Drittel des Landes, an Franken gefallen ; so Junghans, der 
sich auf Gregor von Tours beruft. Dabei kommt Jung- 
hans und der Schweizer Lauffer, nach welchem die ganze 
Selbständigkeit vernichtet worden wäre, in Collision mit 
der Tatsache der alemannischen freien Entwicklung. Gelpke, 
Kirchengeschichte II, 230, glaubt an ein freieres Gewäh- 
renlassen der Alemannen, aber auch an die Gesammtein- 
verleibung nach dem Siege. Dem gegenüber stellt Waitz 
die Frage auf (Verfassungsgeschichte II, 57), wie es komme, 
dafs früher alemannische Gebiete fränkisch, als solche doch 
ihre besondere VolkstumlicMkeit bewahrt haben? Gleich 
gibt er sich die Antwort: ,ader Unterschied kann nur 
auf einer verschiedenen Behandlung oder einer 
verschiedenen Zeit der Eroberung beruhen**. So 
ist es auch. Wir müssen nicht vergessen, dafs Theodorich 
mit Chlodowech eine fränkisch- alemannische De- 
marcationslinie zog. Die Franken hatten allerdings 
die Alemannen besiegt, aber die Hälfte derselben begaben 
sich in der Not in Theodorichs Schirmherrschaft. Nicht 
kleine Haufen besiegter Krieger, denen Theodorich aller- 



11 

diDgs Land in seinem Territorium anwies, sondern wol die 
halbe Alemannenmacbt stand jetzt unter dem Ostgotben- 
könig. Und diese Macht ist es, di^ Theodorich gegen den 
Sieger in Schutz nimmt. Für die zu ihm Geflüchteten 
brauchte es keiner Fürbitte bei den Franken, denn ein 
Vordringen in seine Grenzen würde sich Theodorich feier- 
lich verbeten haben. Wenn sodann Theodorich (Brief bei 
Cassiodor ep. II, 41. Bomhack 212) noch allenfalls auf eine 
zweite Schlacht anspielt, die mit dem Alemannenvolk noch- 
mal geschlagen wäre, so erhellt doch daraus, dafs es lä- 
cherlich, wenn sie blos zersprengten Haufen gegolten hätte. 
Aus allem dem geht hervor für unsere Grenzlinie, dafs ein 
grofser Teil Alemanniens von den Franken unberührt blieb; 
ferner dafs die Grenze, bis wohin die Franken vordran- 
gen, noch weit ab nördlich von seinem Lande gelegen sein 
müssen, denn sonst wären die Worte des Königs an Chlo- 
doweeh jedenfalls drohender ausgefallen. Bis wohin ging 
die Demarcationslinie von 496 ? Wir haben bereits gesagt, 
dafs die Burgunden dem zweiten Alemannenschub, der am 
Schlüsse des 4. Jahrh. vom untern Main abzog , auf dem 
Fulse folgten. Bei Besetzung des entleerten Maintales 
stiefsen die Alemannen der ersten Wanderung, die des Ne- 
kartales mit den Burgunden zusammen. Dieses Zusam- 
menstofsen scheint schon um die Mitte des 4. Jahrh. statt- 
gefunden zu haben, während die andern Alemannen noch 
in der Ecke des Rheins und dem untern Main sich auf- 
hielten. Den Ort der Volksgrenze hat uns Ammian 18, 2 
genau überliefert. Als Julian noch mal (s. oben) in's Ale- 
mannische einfiel, heifstes: „cum ventum fuisset ad regio- 
nem cui Capellatii vel palas nomen est, ubi terminales la- 
pides Alemannorum et Burgundionum confinia distingue- 
bant castra sunt posita''. Cp. 28, o werden diese lapides 
terminales noch näher bestimmt: Alemannen und Burgun- 
den „salinarum finiumque causa saepe jurgabanf^. Somit 
haben wir als alemannisch-burgundische Grenze das Gebiet 
von Hall, am Kocher, das Jagstgebiet und noch näher die 
Richtung des Limes als uralte Völkergrenze. Stalin I, 122. 
Die Besitzungen der Burgunden fielen aber den Franken 



12 

zu und damit haben wir die alte fränkisch -alemannische 
Grenze nach Norden. Diese Grenze bestand aber längst 
vor 496. Von da an kam fränkisch erobertes Alemannen- 
land hinzu; also mufs dessen Grenze wieder weiter süd- 
lich zu suchen sein. 

Diese zweite Grenze, die Demarcationslinie, wird ur- 
kundlich folgendermafsen angegeben. Chlodowech liefs sich 
auf dem linken Rheinufer nördlich vom Hagenauer Forst 
und TOD der Mündung des Surbaches ungefähr Rastatt ge- 
genüber alles Land abtreten. Auf dem rechten Rheinufer 
beanspruchte er alles, was nördlich von der Murgmündung 
und von dem Punkte lag, wo dieser Flufs den Oosbach 
aufnimmt. Von da galt der Oosbach selbst bis zu dessen 
Ursprung, offenbar um den durch seine heifsen Quellen be- 
rühmten Ort Baden noch in das fränkische Gebiet zu zie- 
hen. Sodann das kleine Wasser der Schönmünz, welche 
südlich von Forbach in die Murg fliefst. Von der Schön- 
münz zieht sich die Grenze an den Ursprung der Schön- 
münz und in östlicher Richtung weiter, so dafs Gernsbaeh, 
Herrenalb, Leonberg, Calw, Marbach (Markbach? Stalin) 
fränkisch wurden. Von da ging die Richtung Göppingen, 
Kirchheim zu, auf die Alb am Münsinger Land vorbei 
zwischen Ulm und Marchtal hindurch, das rechte Donau- 
ufer hinauf. 

Die alten Bistums- und Gaugrenzen haben uns 
diese Linie aufbewahrt. Denn bei Errichtung bischöflicher 
Diöcesen haben immer alte Volksgrenzen zu Grunde gele- 
gen. Laut Urk. v. 1J55 (Stalin I, 188) fällt die Grenze 
des Bistums Constanz nördlich gegen Franken genau 
mit den südlichen Grenzen der* Bistümer Wirzburg und 
Speier zusammen * ). Sie zog sich Murrhardt an Wirzburg 



*) Wie hier die Stämme durch Bistümer geschieden, so im helvetischen 
Alemannien. Der Chronist Rüger (Uno th 311) sagt dem Sachverhalt gemäfs: 
„ein gantze lobliche Eydtgnoschaft ist fümemmlich in zwo provintzen und 
Landtvogteygen abgetheilt gewesen, in HelveUam Alemannicarrij die ist zwü- 
scheut dem Rhin und der Rüss gelegen, diese hat ganz und gar in das Bis- 
tumm Windisch, jetzt in das Bistumm Costanz gehört; die ander Helve- 
tia Bttrgimdica aber, so zwüschend der Ar vnd SafVy gelegen, hat in das 
Wifflisburger hernach Losanner Bistumm gehört*. 



13 

* ■■ ■ ■ 1^—^^™^ ■■■■■ ■■ 

zuscheidend nördlich von der Rems gegen Marbach hin, 
das bereits speierisch war. Von hier über die Höhen der 
Glems, WOrm, Nagold, Enz, so dafs Dizingen zwischen 
Constanz und Speier geteilt war; Heimsheim (Heimbodes- 
heim Pertz I, 627) und Hirschau zu Speier gehörten (Mo- 
nasterium Hirsaugia situm in provincia quae dicitur teu- 
tonice Franda 1075. Mon. Boic. 29, 1, 191). Von da ging 
es südwestlich über die Berge am Enzursprung vorbei, 
über die Murg, den Katzenkopf hin. Im Badischen stand 
unter Speier die Gegend zwischen dem Oosbach und der 
Nordgrenze des Kraichgau's, so dai's das Land von Rastatt 
und Baden an (strafsburgisch) bis einschliefslich Ketsch, 
Eichtersheim und Eppingen noch speierisch war. Eine 
Karte im Künzelsauer Altertumscabinet verzeichnet die 
wirzburgisch- fränkische Grenze also. Von Gundelsheim 
geht sie dem Nekar entlang bis nahe an Kirchheim hin; 
verläTst da den Nekar, zieht gegen Osten. Innerhalb frän- 
kischer Linie liegen Kaltenwesten (Besigheim), Winzerhau- 
sen, Beilstein, Fettenbach, Willensbach, Stocksberg, Wü- 
stenroth, Neufürstenhütte, Hohmegarten; dann läuft die 
Grenze südwärts ziemlich parallel, etwa eine Stunde west- 
lich vom Limes und sind hier die Grenzorte Franken wei- 
ter, Rieselhof, Murrhardt, Fautspach. Dann geht die Grenze 
wieder ostwärts. Grenzorte: Weidenhof, Ganshof, Horn- 
berg, Braitenfeld, Hohekling, Reippersberg; Weiler, Lau- 
fen, Schönbrunn, Hohenberg, Sengenberg, Mangoldshausen, 
Spatzenhof, Hinterbrand, Wayengehren, Dietrichsweiler, 
Dankoltsweiler, Eichenrain, Ringersheim, Steinbach, Wäl- 
dershub, Gansbühl, Riegelbach, Lustenau. Von da gings 
ins Bairische hinüber. 

Ebenso genau lassen die alten Gaue unsere Demar- 
cationslinie erraten. Die fränkischen Gaue : der Glems- 
gau, der Würmgau, der untere Nekargau (der obere ale- 
mannisch) fallen ganz mit diesen Bistumsgrenzen zusam- 
men. Der Glemsgau umfafste die jetzigen Oberämter Leon- 
berg und mit dem fränkischen Murrgau Ludwigsburg, 
Backnang. Der Würmgau mit dem kleinen U%au erstreckte 
sich über Bruchteile der Oberämter Calw und Nagold. 



14 

Der Enzgau umfafste das Maulbronner Gebiet bis Bruch- 
sal. Der untere Nekargau reichte bis GöppiDgen, Can- 
stadt^ Kirchheim. Das Klösterlein Furentouwa (Faurn- 
dau, Göppingen) gehörte nach der St. Galler Urkunde von 
875 noch zum ducatus Alemanniae. Canstadt (so heifst 
heute auch noch seit uralter Zeit der Wisenplan zwischen 
Tübingen und Kilchberg) wird ebenfalls als Grenzstation 
Alemanniens und Frankens aufgeführt. Die Metzer An- 
nalen bei Pertz Mon. I, 329 berichten, dafs Carlmann a. 
746 gegen die Alemannen zog ^cum exercitu fines eornm 
irrupit, in placitum instituit in loco qui dicitur Condistat^* 
Stalin I, 222. 6. Das erstemal kommt Canstatt a. 708 vor. 
Eine etwas spätere Belegstelle für unsere zweite Grenze 
haben wir in Mon. Boic. 31, 160 (ad 1028) ^per limites 
Franconiae et Sueviae ad supradictam fönten Wislaufam^ 
(rivus Wislaffa 1027. Bacmeister 96). Diese fons ist keine 
andere, als der wir in einer Urkunde von 1053 bei Schut- 
tes bist. Schriften S. 436 No. 17 begegnen „hinc ad fon- 
fem ubi duae provinciae dividuntur Suevia et Franconia^. 
Grenzaltert. Grimm, Kl. Schriften 11,40. (Steigerbach.) 
Von Süden aus fällt aber die Grenze der Berchtoldsbaar 
nördlich genau mit den bisherigen Bestimmungen zusam- 
men. Die Berchtoldbaar urkundl. Perahtotespdra und Pirh- 
tilinpdra (bei Stalin, im wirtembergischen und St. Galli- 
schen Urkundenbuch, besonders bei Neugart) bildete Herz 
und Seele alemannischen Wesens, und den Grundstock des 
Constanzer Sprengeis. Bär (vgl. auch Wirtemberg 1863 
S. 10. 11) ist ebenso entschieden alemannischer Gauname 
als Bant (Bracbant, Ostrobant) salisch-fränkisch-friesischer; 
Eiba^ Feld mainfränkischer. Vgl. Waitz 11, 281. Gesch. d. 
Spr. II, 594. (Wie stellen sich die lothringischen, französ. 
Bar zu unserem Gaunamen? Ich glaube an einen ursprüng- 
lichen Zusammenhang.) Bär (mit ä) ist nach Wackerna- 
gel Wb. (2) 20* ursprünglich wol ein eingehegtes Land, 
Grenze; nach Förstemann, Namenbuch: baumentblöster 
zum Gottesdienst bestimmter Waldrauda, nach Grimm Wb. 
I, 1057 eine Einöde, unbebautes Land; 180. Graff 111,344 
führt es an; das mhd. Wb. verweist I, 87* auf das ahd. 



15 

Wörterb. Waitz I (2) 77 und Gfrörer Volksrechte I, 423 
möchten es mit burgundisch-longobardigchem Fara (Ge- •* 
schlecht) zusammenstellen, was ebenso gegen alle Lautver- 
schiebung verstöfst, als wie das zu verlockende Fera, 
got. Gegend. Die Zusammensetzung mit Berchtold und 
Birchtilo, Folkolt, Albiiin, Adelhart geht vor sich, wie 
ähnlich bei dem alem. Huntari. Berchtoldsbär, Fol- 
koltsbär ist wie die andern ein Gerichtsbezirk, worin 
die nach dem Sturze des Herzogtums zu Richtern einge- 
setzten Gaugrafen zu Gerichte safsen, wie wir es von Fol- 
kolt in Oberschwaben genau wissen. (848. 856. St. Gall. 
ürk. Wartmann No. 450. Wirtemb. Urkundenb. I, 63. Stä- 
lin I, 294). — Merkwürdig ist nur das, dafs Männer, die 
längst vom Herzogsstuhle zu steigen genötigt wurden, 
doch als kleine Dynasten ihren Bezirken Namen geben 
konnten, welche trotz Kaisern, Königen, Herzogen bis heute 
sich vererbten. Sie müssen beim Volke selbst den alten 
Herzogen gleich geachtet worden sein. Die westliche Grenze 
der grofsen Bär zog sich vom Ursprung der Donau auf 
dem Kücken des Schwarzwaldes hin bis Calw, Nagold^ 
wo sie wie nördlich bei Leonberg, Stuttgart, Kirchheim, 
ßeutlingeu mit den fränkischen Gauen und Bistümern zu- 
sammenstiefs. Diese alten Grenzen mögen noch bis in's 
12. Jahrb. herein bestanden haben; die berechtigten alten 
Herren der Bär nahmen wol im 11. Jahrh. den Namen 
Zähringer an und starben als Herzoge a. 1218 aus. Vgl. 
Stalin im Ob. A. Freudenstadt S. 1 1 7. — Nach und nach 
verschwanden die politischen Bargrenzen, nicht aber die 
volkseigenartigen, sprachlichen. Die Bar schrumpfte gleich- 
sam ein, erscheint als Landgrafschaft Bär und Beicfaslehen 
von ßudolf den 4. Dez. 1282 den Fürstenbergern gegeben. 
Geographisch genau kann die damalige Grenze der ver- 
kleinerten Bär nicht gegeben werden, weil alle gleichzeiti- 
gen einschlägigen geographischen Notizen fehlen. Man 
kann nur aus den spätem Schlüsse machen ; das ist sicher, 
dafs von jeher Hüfingen, Vöhrenbach, Löffingen, Blomberg 
dazu gehörten. Jetzt teilen sich Wirtemberg und Baden 
in den Streifen Landes, dessen Leute in Kleidung und 



16 

\-^ * Sprache arnaturwüchsig gegen die Nachbarn abstechen. 
Jß Von diesem Streifen Landes sagt Waitz 11, 282 »der Name 
einer dieser Baren hat sich bis auf den heutigen Tag er- 
jlj^ halten durch alle Wechsel des Besitzes und der Herrschaf- 
ten hindurch^. Das Bistum Constanz enthielt noch am 
Schlüsse des vorigen Jahrhunderts in seinen Einteilungen 
auch eine regiuncula Barensis inferior mit Durchhausen, 
Efslingen, Hattingen, Ippingen, Mohringen, Seitingen, 
Weilheim Wurmlingen. Die ßegiuncula Barensis superior 
bestand aus Hohen emmingen, MQhlhausen, Sonthausen, 
Unterbaldingen, Weigheim, 

Das zusammengeschrumpfte Gebiet der alten Bar erbte 
an seiner südlichen Grenze den ehrwürdigen Namen fort, 
ganz genau wie das grofse Land der beiden Rätien an 
seiner ostfränkischen Grenze im Worte Riefs *) nach- 
klingt. 

Aufser der grofsen Bar lagen, anlehnend an sie, östlich 
die Folkoltsbar, die Adelhartsbar (südöstlich) und 
die Albuinesbar. Ihre Grenzen gegen Osten sind die 
alemannischen Grenzen gegen juthungisches, d. h. schwä- 
bisches Gebiet. Ob und in wieweit die fränkische De- 
marcationslinie nachgewirkt, läfst sich kaum bestimmt sa- 
gen; hier haben wir auch genau die alte Bistumsgrenze als 
Volksgrenze. Bis zur Iller ging sie. „Hillara fluvius, 
sicut ab antecessore nostro felicis memoriae Dagoberte 
rege, tempore Marciani Constantiensis episcopi distinctos 
(fines) invenimus*. Urkunde von 1155 (Neugart H, 86, 
No. 866). 

Suchen wir jedoch, bevor wir zu der Ostgrenze ein- 
gehend kommen, eine Erscheinung zu erklären allein 
wichtig für die alte Sprache und Sitte und deren Abgren- 
zung. Konnte das fränkische Element in der kurzen Zeit 
so nachhaltig sich einnisten von 496 — 536? Zwei Momente 
wirkten zusammen. Das fränkisch alemannische Gebiet 



*) Noch am Schlüsse des Mittelalters galt Riefs für augsbarg. Schwaben 
Uberhaapt. Aventin wie fHlher Bruder Berthold nennt Augsbarg als Stadt 
„im Biers*". Sieh auch Bacineister 126. 67. (St. Galler Urkundenb. No. 55. 
872. 373. Wb. Urkundenb. I, 112). 



17 

bis zu der südlichen Demarcationslinie fiel der freien Will- |M| ^ 
kfir des Siegers anheim, das steht fest. I>afs er seine 
Feldherrn und Grofsen des Eeiches mit den besMn Gü- 
tern, jetzt KroDgüter der fränkischen Könige, belehnte un^lp 
beschenkte , ist ebenso erwiesen. Fränkische Colonisten 
entsprechen ganz dem Plane der Einverleibungsart dw 
fränkischen Dynastie. Fränkisdber Sprache und Sitte 
muTste Eingang verschafft werden. Dazu kam der zweite 
wichtige Umstand. Die Franken waren Christen bereits 
als sie jenen nördlichen Teil Alemanniens frankisierten. 
Und das Propagandamachen verstanden die Franken gut; 
hatte ja doch Bischof Avitus von Vienne Chlodowech den 
Rat gegeben: „Missionen an die Heiden abzuordnen : dann 
würden sie ihm zwar Anfangs blos der Religion wegen 
dienen, ihm aber bald ganz zufallen^. Bouquet IV, 49. 
Wenn schon c. 500 ein Missionär Frankens im Breisgau, 
im Glottertal, predigt und tauft, St. Severin, in einem Land, 
das noch zweifelhaft fränkisch sein mochte: um wieviel 
mehr wird der Zwang zum Taufenlassen im unterjochten 
Gebiete gewesen sein? 

Diese 40 Jahre gänzlicher fränkischer Unterjochung 
reichten hin den spezijSsch fränkischen Charakter in den 
Alemannen zwischen der ersten und zwischen der zweiten 
Grenze fortzupflanzen. — Sie standen gewifs schon a. 536 
ihren südlichen Stammesgenossen in Sprache und Sitte et- 
was ferner, vor allem gab der Unterschied zwischen Chri- 
sten und Heiden den. Ausschlag. Als mit dem Jahre 536 
auch noch das von Chlodowech begehrte, aber ihm nicht 
gewährte Alemannien bis an den Oberrhein in Folge Ab- 
tretens der Schirmherrschaft an die Franken von Seite 
der Ostgothen, zu fränkischer Herrschaft kam, ist der Mo- 
dus der Einverleibung, die Behandlung eine andere gewe- 
sen. Dieses Land war vertragsmäfsig und am Ende mit 
Willen der Alemannen selbst an Franken gekommen. Die 
Gothen brauchten eine Schutzmauer gegen die Einfälle der 
Gepiden, Heruler und Longobarden; die Alemannen, die 
freien, konnten diese nicht bilden, wol aber mit Hilfe der 
Franken; auch waren sie aller Furcht von Norden, von 

Birlinger, alem. Sprache. 2 



18 _ 

* pl^ Franken her enthoben. Dazu kommen die aufserordentlioh 
* günstigen Bedingungen des Eintrittes in den fränkischen 
Bund p- denn es ist nicht zu läugnen, dafs die Alemannen- 
^^macht, weil zu bedeutend, mit Mäfsigung, Schonung be- 
handelt werden mufste, wenn sie dem neuen Landesherm 
nicht als ein gefährlicher eiternder Keil ins gesunde Fleisch 
eingetrieben werden sollte. Man liefs den neuen Unter- 
tanen Rechte und Gesetze, Herzoge und Cult. Agathias 
I, 6, 7. Ihre Lage war der der Armoriker ganz gleich : 
diese gaben nach 10 jährigem Kampfe gegen die Franken 
sich freiwillig in der letztem Hände; traten als Gleichbe- 
rechtigte in den fränkischen Staatenkörper ein, nicht als 
Unterworfene, behielten ihr römisches Recht. Bornhack 
S. 205. Diesem Umstände gemäfs lebten jetzt die ehema- 
ligen freien Alemannen unter fränkischer Obhut fast ebenso 
frei fort; stellten ihre Soldaten, bezahlten etwaige Abgaben 
mid damit liefs man sie im Frieden. Dieses freie Gewäh- 
renlassen, diese ungehinderte Entwicklung alemannischer 
Eigenart hatte seit 536 etwa 150 Jahre lang in Wahrheit 
bestanden. Erst mit dem Tage von Testri ((?87), an dem 
der Pipiniden politische Hausmacht gegründet war, sollte 
es unruhiger werden in der Südwestecke Deutschlands. 
Die Metzer Jahrbücher wissen von fränkischen Invasionen 
(ad 689), bei PertzMon.I, 321. Ihre Selbständigkeit hatten 
die rechtsrheinischen Alemannen eingebüfst; und a. 748 
schlag Pipin ihre Versuche selbige wieder zu erlangen für 
immer darnieder: Aufhebung der Stammesherzogtümer, 
Ueberweisung der Herzogsrechte an fränkische Kammer- 
boteu. Schmälerung und Degradierung der Herzogsfamilien 
zu Grafenwürden und der Herzogtümer zu Grafschaften 
u. 8. w. Das waren aber nur äufserliche Dinge; des Vol- 
kes Sprache und Eigenart litt nicht viel darunter, selbst 
als das alemann. Herzogtum mit seiner Geschichte in der 
deutschen Reichsgeschichte aufging. Und wenn auch die 
fränkische Sprache die höhere Umgangssprache wurde, so 
konnte sie sieh des alemannischen Elementes doch nicht 
erwehren, wie Otfrids Sprache, der Ausdruck derselben 
zwar fränkisch -niederdeutsche Milde und Weichheit, aber 



i9^ 

doch aiemannieche Strenge und Kraft aufWeist und beide 
fein verschmilzt. Die Volkssprache dagegen blieb rein ale^ 
mannisch bis an die Demarcationslinie von 496. — Denn 
was in unserem rechtsrheinischen Gebiete noch sehr viel 
zor Wahrnng der Eigenart beitrug den Franken gegenüber, 
war das eigene Christentum. Die Hartnäckigsten nach 
den Sachsen im Christlich werden waren die Alemannen; 
unter der schwachen Merovingischen Dynastie dachte Nie* 
mand an die ernstliche Bekehrung derselben. Daher noch 
im 8. und 9. Jahrh. in der Baar — Heiden! Ist der 
Cult heidnisch und das Recht innig damit verwoben, so 
mufs das bis in^s 9. Jahrh. auch für die Sprache von Ein* 
flnfs gewesen sein. Freilich lebte die alemann. Heidensehaft 
nur strichweise noch fort; denn die von St. Gallen aas 
missionierten Alemannen wollten auch als Christen den 
Franken gegenüber ihre Eigenart wahren. Sie bekämpft 
als Kirchenpatrone die St. Gallischen Missionäre: einen hl. 
Gallus^ Qtmar, Columban u. s.w.*) wufsten nichts von 
den fränkischen St. Martin, St. Remigius, St. Brizins, St 
Theodorus u. s. w. Ebenso wenig wufsten die Franken 
von den alemannischen Heiligen. Ein Haufe Franken 
drang gelegentlieh einer Invasion ins Herz von Alemannien 
c. 720 — 22; brach in die Kirche St. Gallens ein; die Ge- 
flüchteten baten um Gnade in ihres Heiligen Heiligta». 
Die Franken gaben zur Antwort: y^nescitnus sanctum ve- 
strutn cujus patrocinio vos adjuvari creditis^. Aelteste vita 
St. Galli bei Pertz Script, HI, 18. So mnfste also auch 
nachdem die Alemannen grofsentcils schon Christen waren, 
eine strenge Abgrenzung gegen Franken stattfinden. Die 
Franken drangen mit ihren Heiligen nicht weit über unsere 
zweite oder Demarcationslinie. Die Martinskirchen, 
die Remigiuskirchen kommen an der Grenze häufiger noch 
vor, aber an der obern Donau und dem obem Nekar wer^ 
den wir sie als älteste Kirchen nicht mehr finden. Diede 
fränkischen Dedikationen, sagt Mone, Zeitschr. 8, 187, „ge- 



*) Ueber die Patronatschaft dieser Heiligen in Alemanniens CapeUeo 
•ieh bei den einzelnen Namen im Wtb. 

2* 



20 

hören zu den filtern und hängen mit der fränkischen Herr- 
schaft zusammen^. Eine gefährliche Bresche suchte das 
Pipinidenregiment dem Alemannentum beizubringen durch 
öftern Versuch die St. Gallische Priesterpflanzstätte in 
seine Hände zu bringen; Pirmin war dazu ausersehen; al- 
lein die fränkische Beichenau, die er St. Gallen entgegen- 
setzte, die bald fränkischen Aebte von St. Gallen — all 
das verwischte seinen spezifisch abgeschlossnen alem. Cha- 
rakter und es hörten äufserlich die Unterschiede auf mit 
dem 10. und 11. Jahrh. während nach Innen die Eigenart 
in Sprache und Sitte ungestört volkstümlich fortlebte. So- 
gar die Vergabungen an St. Gallen und blos alemannische 
Gotteshäuser von Seite alemannischer Edler reichen nur 
nördlich bis an den mittlem Nekar. Stalin I, 193. He- 
feie, Einführung S. 313. Während die anfangs fränkische 
Reichenau unbedeutende Besitzungen auf alemann. Territo- 
rium bekommt, ihr kein alemann. Edler etwas schenkt, 
strotzt St. Gallen an Gütern. 

Das sind Tatsachen, die auf eine strenge Scheidung 
zwischen Alemannentum und Frankentum schliefsen lassen ; 
wo eine Scheidung, da mufs, wie das Wort schon sagt, eine 
Grenzlinie sein und diese Grenzlinie ist keine andere als 
die Demarcationslinie des 5. Jahrh. Ist sie durch die 
alten Bistumsgrenzen, die alten Gaugrenzen, urkundliche 
Belege gesichert, so verrät sie auch noch die Hausfarbe 
der Greuzdynasten ; von« den Münzen zu reden ist unnötig, 
weil in jener Zeit eine Scheidung kaum damit bezeichnet 
werden kann. — Die Hausfarbe der Calwer und Eber- 
steiner ist Rot auf Silber — also fränkisch; die Tübin- 
ger, Zähringer, Fürstenberger, die von Baden haben ale- 
mannisches Rot auf Gold. Letzteres hat auch schon die 
Breisgauische Leibwache des Theodosianischen Kaiserhau- 
ses (Notitia Dignit. imperii Rom.). Also die letzte und 
genaue Bestätigung der zweiten fränk. Grenze. 

Nur die Sprache hat jetzt noch die Aufgabe dieses 
nachzuweisen. 

Bisher haben vnr an der Hand der ältesten Aleman- 
nen- und Frankengeschichte unsere alemannisch fränkische 



21 

Sprachkarte nach Norden abzugrenzen versucht; weil auo 
diesen frohen Ereignissen das Späte allein erschlossen wer- 
den kann; wenn sich die fast petrefaktischen Gaunamen 
Riefs und Bar bis heute erhalten können, warum soll sich 
nicht die Sprache und deren nördliche Grenze bis heute 
auch noch bald mehr bald weniger ausgeprägt erhalten 
haben? Ich frage nur noch, wie verhalten sich denn die 
spätem politischen Einteilungen zu den alten Gau-, Bistums- 
und somit alemann. Sprachgrenzen nach Norden? 

Es erging dem alten Gebiete genau, wie manchem 
wichtigen Pergamentcodex ; der kostbare alte Text mulste 
sich eine Ueberschreibung unbedeutenden Inhaltes gefallen 
lassen. Der Kenner mit den Reagentien wird trotz regel- 
loser Versudelung seine alten Texte herausfinden; so der 
Sprachforscher; er mufs die wechselnden politischen Gren- 
zen sich wegschaffen, um auf seine alte Sprachkarte zu 
kommen. Die erste Grenzenverderbung erleben wir mit 
dem Herzogtum Schwaben. Conrad, der Bruder Kaiser 
Heinrichs VI, der seit 1 184 das herzogliche Amt über die 
hohenstaufischeu Besitzungen in Franconia verwaltete, wurde 
a. 1191 auch Herzog in Schwaben. So ward das Gebiet 
eines Schwabenherzogs auf jene fränkischen Landesteile 
ausgedent*), ein Sprachgebrauch dem Kaiser Maximilian 
folgte, als er den schwäbischen Kreis abgrenzte. Süd- 
lich grenzte nämlich der schwäbische Kreis an die Nord- 
grenze der Österreich. Vorlande, an die Grafschaft Nie- 
derhohenberg; fallt also mit der Nordgrenze der Berch- 
toldsbar zusammen. Aber nördlich ist der schwäbische 
Kreis sprachlich unzuverlässig; die Stammesgrgnzen sind 
wenig beachtet. Es zieht sich die Linie nördlich von 
Karlsruhe östlich über Bretten ziemlich übereinstimmend 
mit der jetzigen wirtembergischen Landesgrenze bis Wim- 
pfen, einer noch sogen, schwäbischen Reichsstadt; springt 
durch die altwirtembergischen Aemter Neuenstadt und 



*) Auf der andern Seite mofste das helvetische Alemannieir in dieselbe 
Zwangsjacke ; so dafs die linksrheinischen Alemannen die südlichsten Grenzer 
des schwäbischen Herzogstmns waren und mnfsten sich ^schwebische 
Landen** heifsen lassen, wie der Chronist RUger 311 sagt. 



22 

Möckmülil etwas oördlicb in's fräokische vor; trennt dann 
in BüclIicbQr Richtung die hohenlohe'scben FOrstentümer 
von Altwirtemberg und Löwenstein, macbt durcb das 6e* 
bi^t der Beicbsstadt Scbwäbiscb-Hall eine östlicbe Ein«^ 
bucbtung in's FrUnkisobe und läuft, indem sie die Graf- 
schaft Limpurg aus-, die Propstei Ellwangen und die 
Oettingischen Herrschaften einschliefst gegen die Mün- 
dung des Lechs, der Grenze Baierns und Schwabens 
(Frankens) *). 

Mit der Reformation beginnt für die Abgrenzung der 
Difdekte eipe nicht zu umgebende Erscheinung. Merk^ 
urOrdigerweise bilden die sogen, altwirtembergischen Lande 
%a 9weidrittel die Länderstrecke, welche zwischen der er- 
st^ und zweiten fränkischen Grenze ligt, die wir beob- 
achtet haben; also haben wir in Altwirtemberg alemanni- 
siehe Franken; unser Schiller ist somit nach wissenschaft- 
licher Sprache kein Schwabe. Das sogen, neuwirtembergi- 
sehe Land umfaTst hauptsächlich die Grafschaft Nieder* 
bphenberg; diese mit den zollerischen Landen blieben ka- 
tpU^ch; während Altwirtemberg protestantisch ward; ein 
genügender Grund damals um sich nach Sprache und Sitte 
wie in Tracht gegenseitig abzusondern. Aber trotz aller 
politischen und Qonfessionellen Grenzen wird jeder der 
Qlpier die alte Demarcationslinie kommt vor allem die frän^ 
kwphe so wichtige Intonation, das charakteristisch »Sin^ 
gende^ bemerken; wer in^s Leonbergische, Asbergische, 
nach Winnenden, Ludwigsburg, Höfen u. s. w. geht, wird 
das uralte fränkische „Kern^ für alemann. Eear, oder 
Kerr =s: Keller hören; die Felder sind ihm nach Morgen 
abgetheilt, Juchart, wo es sich findet ist jung da, und 
ajemannigches Gewächs. Wir haben somit die Vorposten 
bi$ znr ersten fränkischen Grenze; bei Bietigheim wächst 
das ft'änkische immer kräftiger. Angekommen bei der 
eQbten fränkischen Grenze, welche die Einwohner bis auf 



*} Lechi^d Bc^OQxios ab Alemannia dividit. Eginhard c. 12. «Was der 
Lech lierOib^rlegt ^en Bai^rn, da« 8oU Baiern gehören and was er gen Schwa- 
ben legt, aol Schwaben g^ren«* tagt S^aiser Ludwig. Grenaaltert. 11 , 68 
nach Freyberg. 



23 

die Raochfftnge zu scheiden wissen, bemerken wir noch 
etwas über Bppiugen und Bruchsal rein fränkisches Idiom; 
bei Bretten ist alemannisch-fränkische Mischsprache. Ra- 
statt hat schon fränk.-pfälz. Intonation, während das 
1 Stunde entfernte Muggensturm rein alemannisch ist. In 
Salzbach, Randenweiler, Stimpfach wird Niemand die 
streng -fränkische Grenze fiberhören oder fibersehen kön- 
nen» — Auffallend intonierend fränkisch reden hört man 
schon in der Calwer Gegend, was aber bischöflich speier- 
schen Einflufs verrät. Es mochte aber auch der politische 
Zasammenbang einzelner Distrikte in spätem Jahrhunder- 
ten zur Pflege fränkischer Mundart im Oberamt Calw, 
Nagold, Freudenstadt beigetragen haben. A. 1363 war 
z. B. Wildberg rheinpfälzisch; a. 1377 kam auch die Eferr- 
schaft Vöhrbach dahin. Ob. A. Beschreibung von Freü- 
denstadt S. 54. 119. 

Die Sprunersche Karte, Deutschland II unter den Ka-- 
rölingern kennt die zwei Grenzen nicht, ebenso wenig 
Weinhold in der Grammatik; beide springen in der Rich- 
tung des Welzbeimer Waldes von der zweiten in die erste 
fränkische Grenze Ober. Bemhardi's Sprachkarte kennt 
die erste Grenze richtig, nicht aber die zweite: „die frän- 
kische Grenzlinie fiberschreitet die Wernitz nicht weit wem 
Donauwerd und folgt dem rechten Ufer derselben bis nach 
Oettingen, wendet sich dann westwärts, geht nördlich von 
Schwäbisch-HaU über den Kocher, südlich von Heilbronn 
Ober den Rhein^ S. 111. 

Wir haben somit die nördliche Grenze des rechtsrhei- 
nisch-alemannischen Landes abgesteckt. Gehen wir zur 
östlichen über. Zwischen der Linie Kirchheim, Ulm, Ehin- 
gen stöfst jetzt die alemannische östliche und nordöstliche 
Grenze an schwäbisches, d. h. altjuthungisches Gebiet. 
Wenn Münsingen, das alte Munigismgis huntare^ also rein 
alemannischer Gau; ferner der 854 vorkommende pagelloB 
SwenenhutUare, in pago Swerzen ad 966, die äufsersten 
nordöstlichen Bezirke sind, diese aber die Oberämter Ehin- 
gen und Münsingen zum grofsen Teil um£afsten, so wird 
unschwer die schwäbisch -alemannische Sprachgrenze her- 



24 

auszufioden sein; auch hier geht uns die Constanzer und 
Augsburger Bistumsgrenze an die Hand. — Dazu kommt 
die kleine Albuinesbar, die. nach den Ortschafben bei 
Stalin I, 281 zum Teil das genannte Ehinger Land um- 
fafst, sowie etwas vom Münsinger (Hayingen); Bergach 
(Ehingen); Bettighofen, Rifstissen (Tussa 837) u. s. w. Wo! 
noch zur Albuinesbar gehörig ist der echt alemann. Gau, 
Appha-gau oder Huntare, der sich auf der Alb und 
deren Sfidabhang südwestlieh vom FlQfschen Lauter bis 
an das Donautal hin erstreckt, und im nördlichen Teil des 
Oberamts Riedlingen und im südlichen des Oberamts Mün- 
singen als Cent vorkommt. Dahin gehörten (Stalin I, 281) 
Riedlingen, Altheim, Waldhausen, Andelfingen^ Mörsingen, 
Friedingen, Zwiefalten, Bechingen u. s. w. Mit den östli- 
chen Grenzen der Folkoltsbar, die sich von Ehingen hinauf 
zum Eritgau, hinüber nach Waldsee zogen, haben wir 
auch die Sprachgrenzen alemannischer Zunge gegen Schwa- 
ben hin. Bei Stalin 1,294 ff. sind die Ortschafben ur^ 
kundlich genannt. Damit stimmt heute noch die Volks- 
sprache genau. Die Grenzlinie geht von Ehingen hinauf 
gegen Riedlingen, Hundersingen , von da östlich hinüber 
über Ißraunenweiler auf den Hinterwald; von da in der 
Richtung Waldsee* zu, auf die Leutkircherheide nach 
Mönchroth, wo mit dem Abfall in's Iltertal die alemanni- 
sche Sprach- und alte Bistumsgrenze aufhört; wo der II- 
lergau und Nibelgau die Scheidung machen. Letzterer 
umfafst einen Teil der Oberämter Leutkirch und Wangei> 
nebst benachbarten bair. Orten. (Stalin I, 304). Südlich 
von ihm denen sich in weiten Ländereien der alemann. 
Argen- und Lenzgau aus. Auf bairischem Gebiete ist 
auch die Hier wieder im Grofsen und Ganzen schwäbisch- 
alemannische Grenze. Das alemannische verliert sich mit 
dem Auslaufen der Allgäuer Alpen; einige suchen dio 
Grenze am schwarzen Grat bei Isny, in der Tat ist es 
Krömberg, Legau oberhalb Memmingen. Das Alemannien 
in Baiem umfafst die Bezirksämter Lindau , Sonthofen, 
Kempten, Oberdorf, zum Teil Füfsen; yolks wirtschaftlich 
hört das Allgäu auf, wo die Egertenwirtschaft endet. — 



25_ 

Bis in unsere Zeit herein glaubten die Sonthofer, Immen- 
städter, die von Weiler ihre drei Gerichte und kein Fufs 
breit Land sonst bilden das echte Allgäu. 

Wer sich von der Sprachgrenze überzeugen will, gehe 
nach Apfeltrang: das obere Dorf ist alemannisch, das un- 
tere schwäbisch. 

Die Grenzen des AUgäus scheinen schon früher Ge- 
genstand der Diplomatie gewesen zu sein. Ein Bericht 
des Herzogs Wilhelm von Baiern an den Erzherzog Fer- 
dinand nennt (16. Jahrh.) die aufständischen Bauernhaufen 
bei Nessel wang Niederallgäuer. Jörg, Revolutionspe- 
riode 475. Einmal sagen die Bauern im Bundesrat dem 
Eck, Kanzler, auf seine Frage: das Allgäu gehe bis Min- 
delheim (I), Schongau liege noch im Allgäu. «Törg 463. 
Wiederum, meinen sie (S.. 501) die Grenzen des AUgäus 
liefsen sich nicht angeben. 

Schon frühe mnfs den Schwaben die AUgäuersprache 
als etwas Absonderliches, besonders Schweres, Rauhes vor- 
gekommen sein. Von einem Prediger Karg in Augsburg 
sagt die handschriftliche Chronik von 1634 „er habe eine 
grobe allgäuerische Sprache gehabt ''. 

Aus der Füssener Gegend zieht sich die alemanni- 
sche Grenze in die schon genannten Gegenden Tirols und 
Vorarlbergs; Füssen ist noch strenge schwäbisch; der 
Markt Oberstdorf und die ganze Strecke der bair. -österr. 
Grenze zumeist; der Markt Oberstdorf ist- ein Mischvolk; 
schwäbisch sagen sie gwea, gwecha, fuisse; während eine 
Stunde davon die Walser schon gsi haben; ebenso spre- 
chen letztere Chilche, die Oberstdorfer Kirche; anderseits 
haben sie echt allgäuisch alem. g6ng, stöng (gän, stän); 
ittimma, nur mehr. Das obere Inntal ist schon stark mit 
Bairischem gemischt und sticht ab durch die Intonation. 
Als Hauptgrenze südlich wird Rankwil angegeben, Rä- 
tien zu. Da stiefsen das Constanzer und Churer Bistum 
aneinander. Nach der St. Galler Urk. von 851 (Wartmann 
n^ 38. Mone Zeitschr. 20, 34) werden Romani et Alemanni 
da gefunden. In der ältesten Vita St Galli (Pertz Script. 
II, 13) kommt (in Chur) ein Johannes Diacon v. Grabs 



26 

vor, der Alemannus heifst; das hat blos einen Sinn, wo 
beide Nationen aneinander grenzen; hielt man ja doch noch 
im 13. Jahrh. für nötig den Erzbischof Bruno von Trier 
für Alemannien als Francus natione näher zu bestimmen. 
Für Gesammt-Alemannien bildeten die Alpen die Grenze 
nach Italien hin. 

So viel über die Ostgrenzen. — Im alemannischen 
Gebiete aber gibt es selbst wieder Grenzen; es gibt Ge* 
genden, deren Sprache nicht mit der alemannischen stimmt. 
Diese sieht man als Schwaben an. Andere wollen zu ge- 
wissen Zeiten eingewandert sein, um ihren Unterschied der 
Sprache sich zu erklären. Diese Wandersagen werden oft 
Jüngern Ereignissen, besonders gerne dem 30jährigmi Kriege 
angepafst. So wollen die Steinlacher Schweden, die von 
der Leutkircher Heide Schweizer sein; alP das ^ann tiefer 
gehen und vielleicht dunkle Ahnungen bergen bezüglich 
der Völkerwanderung. Die Sprache löst oft diese Rätsel. 
Welche Grenzen ziehen innerhalb ihres Gebietes die Ale- 
mannen für sich und wohin versetzen sie die Schwaben? 

Es ist eine alte Tatsache: die Völker geben sich 
ihren Namen nicht selbst; er ist von den Nachbarn aus- 
gegangen. So beim Wort Germanen, so bei Alemannen. 
Nie und nimmer haben sich unsere Alemannen mit diesem 
Stammesnamen benannt, wol mit dem Bund)ssnameu Sue- 
ben; als der groise norddeutsche suebische Bund sich auf- 
löste, mufsten natürlich die Stammesnamen in den Vorder- 
grund treten: man hört jetzt auf einmal von Alemanneii, 
Franken, Juthungen. Denn wenn Caracalla's Sieg über die 
Alemannen, bei welcher Gelegenheit (213) bekanntlich der 
Alemannenname das erstemal auftritt, eine victoria Ger- 
manica genannt wird, so beweist das nicht, dafs mao auch 
später noch natürlicherweise den Namen der Nation statt 
des Stammes gebrauchte. W. Brambach (Denkmale der 
Kunst und Geschichte Badens [von Bayer]; Baden unter 
römischer Herrschaft. 1867. Festschrift S. 6). — Wie Hiit 
dem Worte Germanen, so ist man mit Erklärung von 
Alemannen nicht recht im Klaren. Nach Gesch. d. Spr. 
I, 498 enthält es kein neugebildetes Wort, „blos die An- 



27 

Wendung eines schon längst in der Sprache vorhandenen Aus- 
drucks^. Gewöhnlich pflegt man die Deutung des Asinius 
Quadratus, eines angeblich in Deutschland sehr kundigen 
Italieners, wie Agathias I, 6 berichtet, anzuflßhren, der die 
Alemannen ^vyx?i.vdeg xai fdvyddag ävO'Qcanoi^ ein zusam* 
mengelaufenes Mischvolk nennt. Mag sein, dafs Asi- 
nius die alemannischen Verhältnisse kannte, aber ein Misch- 
volk, ein zusammengelaufener Volksbaufe hätte nicht so 
systematisch gegen die Römer im Zehentland vorgehen und 
nie so einheitlich in Leben, Sprache, Sitte und Recht spä- 
ter dastehen können; es mufs das Volk Eines Gusses, 
Einer Sippe sein, das soviel Tatkraft zeigt. Es ist wol 
ala die Verstärkung zu Mann, ganze, biedere, echte Män- 
ner, im Kriege tapfer, im Frieden eines gemeinschaftlichen 
Grundbesitzes, wie es Grimm noch in seinen spätem Schrif- 
ten beibehält. Die urkundlichen Namen finden sich zusam- 
mengestellt bei Weinhold alem. Gramm. S. 2. Merkel de 
republ. Alamannorum S. 25. 1. 

Im 4. Jahrh. kann man schon das künstliche Herauf- 
beschwören des Suebennamens, des alten Bundesnamens 
von Seite der römischen Historiker, Dichter und Literaten 
bemerken. Bis auf Ausonius hat wol niemand einen an- 
dem, als den Namen Alemannen gebraucht. Er heifst 
seine gefeierte Schwarzwaldmaid Bissula eine suevische 
Jungfrau (Sueva virguncula); läfst die Donau durch Sue- 
venland flieisen. Als sich im Anfange des 5. Jahrh. die 
Stammesgenossen die Jutbungen in Rätien und Vindeli- 
zien niederliefsen und so sich östlich an die Alemannen 
anlenten, erscheinen sie alsbald c. 430 mit dem alten Bun- 
deanamen ebenfalls. Und jetzt schon können wir Sueven 
für Alemannen und Jutbungen gebraucht sehen; strengere 
Quellen scheiden aber sorgfaltig. Ammian nennt die Juthun- 
gen eine ftpars Alamannorum^'^ Jemandes 55 scheidet beide 
genau; nennt nur die Alemannen y^Suevis juncH ad invicem 
foederati^. Zeufs 315. Mit dem Auffrischen des alten 
Bnndesnamens kam es auch an Sigambri, Cherusci u. s.w.,, 
die wir wieder hören; auffallend ist aber, dafs es fcfinst- 



28 

Hebe Pflanzen blieben und sogar ihre Fremdartigkeit da- 
durch an sich herumtragen, dafs sie sich der Lautverschie- 
bung entzogen. Holtzroann meint, wir müfsten regelrecht 
sonst Schweifen statt Schwaben sagen (Kelten und Ger- 
manen). Seit dem 6. Jahrh. scheinen beide Namen Sueben 
und Alemannen immer mehr für einander gesetzt zu wer- 
den. Eine Ähnung hinsichtlich des einstigen Bundesna- 
mens dürfen wir nicht mehr als vorhanden denken. Wäh- 
rend innerhalb juthungischer und alemannischer Grenzen 
ein Wechselgebrauch sich mehr und mehr selbst in wich- 
tigen Aktenstücken und Urkunden offenbarte, hielten die 
Nachbarvölker die Scheidung strenge aufrecht. Die ro- 
manischen Völker westlich, die Franzosen, Spanier, Ita- 
liener südlich behielten den Namen für das Alemannenvolk 
strenge bei, wie er schon im Anfang des 3. Jahrh. hiefs; 
ja so strenge blieben sie beim Namen, dafs später ganz 
Deutschland von ihnen Alemannien zubenannt wnrde. (Ala- 
mannos, quod indomitae gentis nomen apud Francogallos, 
Hispanos, Italos postea Germanis omnibus inditum est. 
Merkel de republ. Alam. S. 3. I.) Andererseits kannten 
die östlichen Nachbarn, die Baiern, die Slaven nur Schwa- 
ben, was nach Grimm Gesch. d. Spr. U, 789 ins höhere 
Altertum hinauf rührt. Die Angaben des 8. und 9. Jahrh. 
lassen die Scheidung nur noch selten durchblicken. Wala- 
frid Strabo nennt beider Völker Namen duo vocabula unam 
gentem significantia. Paulus Diaconus, bist. Longob. II, 1 5 : 
Suäma hoc est Alamannorum patria; Sudvorum h. e. ÄlO" 
mannorum gens. 3, 18; womit der Geographus Ravennas 
stimmt, 4, 26: Sudvorum quae et Alamannorum patria. 
Die vita Columbani (Stalin I, 191) heifst die von Tuggen 
vicinae nationes SuevorumI Andererseits gebrauchen die Be- 
richte über Pipin's Züge an den Oberrhein nur Alemannia. 
Fredegar unterscheidet noch klar Alemannen und Suä- 
ven: Alamannosque et Sudvos lustrat. Stalin 1, 181, Anm.4. 
Gegenüber Baiern werden beider Länder, der Juthuugen 
und Alemannen, Alemannia genannt. Enhardi Fuldens. 
Annales bei Pertz, Monum. I, 344 (ad a. 722. 723). Ermol- 



29 

du8 Nigellus b. Pertz Mon. II, 494 (826) schreibt Allm 
Suevorum. 

Es scheint, dafs der Name Schwaben fortan der 
deutschen Geschichtschreibung verbleibt, während Äleman- 
nien der römischen. Nur in Verbindung mit pagus, duca- 
tus, wo die alte Berchtoldsbaar noch nachspuckt, finden 
wir Alemanniae statt Sueviae gesetzt — Das St. Galler 
ürkundenbuch bringt der Beispiele genug von 797. 87i^' 
und oft. Mit dem 9. Jahrh. fängt man auch schon an das 
Elsafs allein xav' ^^oxvp Alemannia zu nennen 890 (St. 
Gall. Urk. 675). Mit dem 12. Jahrh. wechselt ducatus Sue- 
viae mit d. Alemanniae; von der Zeit eben datiert auch 
der Gebrauch Alemannia fQr ganz Deutsehland; wie von 
der Zeit der Staufer Schwaben für „tota Teutonica terra^. 
Stalin n, 640 Anm. Die kirchliche ürkundensprache, die 
Stifts- und Klostersprache behält gleichsam als heiliges 
Wort für Oberdeutschland Alemannia bei, besonders die 
Johanniter Urkunden: prioratus Alemanniae; minorum Ale- 
manniae minister hiefs der Bettelordenprovinzial u. s. w. 

Diese Scheidung in Alemannen und Schwaben hat schrift- 
lich durch die letzten fünf Jahrhunderte aufgehört; in der 
Tat ist sie vorhanden; wissenschaftlich mufs sie strenge 
aufrecht gehalten werden, während im Leben der bisherige 
Brauch beibehalten werden möge, dafs man alles Schwa- 
ben heifst^ was auch in Wirtemberg bis an den Oberrhein 
oder doch Scbwarzwald hin sitzt. Einigermafsen volks- 
tfimlicb wurde der Name ^Alemannisch^ wieder durch 
Hebel*). Sich selbst nennen unsere Alemannen nicht so; 
sie wollen Breisgauer, Hauensteiner, Kletgauer, Hegauer, 
Baarer, Heuberger, Schwarz wälder, Allgäuer sein: Ale- 
mannen ist ihnen fremd. Dafs sie aber keine Schwaben 
sein wollen und augenblicklich die nicht zu ihnen gehöri- 
gen als sonderbare Leute, Schwaben, betiteln, ist eine all- 



*) Wie unrichtig Rttmelin im »Königreich Wirtemberg" S. 368 nrteih, 
Bei hier angeführt: der alemannische Name war -ein antiqnirtes herrenlos ge- 
wordenes Gut, wo jeder zagreifen konnte. Eine wissenschaftliche 
Berechtigung dazu ist nicht nachzuweisen!! 



29 

du8 Nigellus b. Pertz Mon. II, 494 (826) schreibt Alba 
Suevorum. 

Es scheint, dafs der Name Schwaben fortan der 
deutschen Geschichtschreibung verbleibt, während Äleman- 
nien der römischen. Nur in Verbindung mit pagus, duca- 
tus, wo die alte Berchtoldsbaar noch nachspuckt, finden 
wir Alemanniae statt Sueviae gesetzt. — Das St. Galler 
ürkundenbuch bringt der Beispiele genug von 797. 873 
und oft. Mit dem 9. Jahrh. fängt man auch schon an das 
Elsafs allein xav ^^oxrjp Alemannia zu nennen 890 (St. 
Gall. Urk. 675). Mit dem 12. Jahrh. wechselt ducatus Sue- 
viae mit d. Alemanniae; von der Zeit eben datiert auch 
der Gebrauch Alemannia für ganz Deutsehland; wie von 
der Zeit der Staufer Schwaben für „tota Teutonica terra". 
Stalin n, 640 Anm. Die kirchliche Urkundensprache, die 
Stifts- und Klostersprache behält gleichsam als heiliges 
Wort für Oberdentschland Alemannia bei, besonders die 
Johanniter Urkunden: prioratus Alemanniae; minorum Ale- 
manniae minister hiefs der Bettelordenprovinzial u. s. w. 

Diese Scheidung in Alemannen und Schwaben hat schrift- 
lich durch die letzten fünf Jahrhunderte aufgehört; in der 
Tat ist sie vorhanden; wissenschaftlich mufs sie strenge 
aufrecht gehalten werden, während im Leben der bisherige 
Brauch beibehalten werden möge, dafs man alles Schwa- 
ben heifst^ was auch in Wirtemberg bis an den Oberrhein 
oder doch Schwarz wald hin sitzt. Einiger mafsen volks- 
tfimlicb wurde der Name ^Alemannisch^ wieder durch 
Hebel*). Sich selbst nennen unsere Alemannen nicht so; 
sie wollen Breisgauer, Hauensteiner, Kletgauer, Hegauer, 
Baarer, Heuberger, Schwarzwälder, Allgäuer sein: Ale- 
mannen ist ihnen fremd. Dafs sie aber keine Schwaben 
sein wollen und augenblicklich die nicht zu ihnen gehöri- 
gen als sonderbare Leute, Schwaben, betiteln, ist eine all- 



*) Wie unrichtig Rttmelin im «Königreich Wirtemberg" S. 36S nrteiH, 
ad hier angeführt: der alemannische Name war*ein antiqnirtes herrenlos ge- 
wordenes Gat| wo jeder zugreifen konnte. Eine wissenschaftliche 
Berechtigung dazn ist nicht nachznw'eisenü 



30 

tägliche Geschichte. Die Allgäuer heifsen alle Wirtem- 
temberger, Biberach zu abwärts, Schwaben ; wer von Tett- 
nang Weingarten zu in's Aehrenlesen geht, geht in's Schwä- 
bische hinaus. In der Lindauer Spitalrechnung sind von 
1662 auch als Almosenempfänger drei Schwaben nam- 
haft gemacht. Wenn die Viehhändler der Tuttlinger Ge- 
gend nach Riedlingen, Ulm zogen, hiefs es in's Schwao- 
baland. Der Schaff hauser Historiker Rtlger (Unoth 328) 
berichtet, dafs der gute und starke Wein „hinufs in's 
Schwabenland gf&rt werd^. Daneben liegt ihm der 
Klettgau im Schwabenland; die Stadt Schaff hausen auf 
schwäbischem Boden; desgl. im Hegöw; das Hegöw 
aber im Schwabenland zwischen dem Celler und Un- 
tersee; Hohentwil heifst er ein Bollwerk und Vorwehrin 
des ganzen Schwabenlandes. DieHegöwer sind Schwa- 
ben oder Alemannier a. a. o. 307. Die Hegauer verle- 
gen die Schwaben in die Stockacher Gegend. Die Schram- 
berger Obemdorf zu in's Nekartal. Die Schwarzach teilte 
das St. Blasische Gerichtsgebiet im Albgan in zwei Hälf- 
ten, davon die untere zum Wald ; die obere, zum Schwä- 
bischen gerechnet wurde. Mone 7, 104. Der Hauen* 
Steiner nennt das jenseits der Schlucht (die alte Grenze) 
liegende Land im Schwaben. Ja, von St. Blasien und 
dem Hotzenwald aus gelten schon die echten Alemann^ 
in Bonndorf als Schwaben „die denna Widla und enna 
Widla" d. h. die Leute diesseits und jenseits der Wutacb. 

Zahllos sind die Ortschaften innerhalb unseres Gebie-* 
tes, die bei den Nachbarn als Schwaben gelten; gleich bei 
Lindau, auf dem Schwarzwald; ebenso auffallend gibt es 
Orte, die weit ab vom alemannischen Idiome in's Diphton* 
genreich ausarten, die alten Kürzen nicht mehr haben. 

Aus der feierlichen Verwahrung der echten Aleman- 
nen, wie wir sie heute noch hören, Schwaben zu sein, sind 
auch die Benennungen Schwab für Personen, Fluren, 
Tore U.S.W, zu erklären. Schwabenberg bei Hellin- 
gen (Häusergruppe)'; Schwabenwald bei Rheinau; 
Schwabentor in Freiburg und Schaffhausen. Die 
Bchwabenwege (über den Schwarzwald), Schwaben« 



31 

pfade, Schwabenmatten sind häufig. — Man sieht 
hieraus, dafs die Alemannen, ohne dafs sie sich selbst so 
nennen, instinktmäfsig sich von den Schwaben scheiden; 
allein die rechte Grenze legt das Volk aus Mangel an den 
richtigen geographischen Kenntnissen gleich in seine ihm 
noch aus eigener Anschauung und Hörung bekannte Ge- 
gend. Manchmal trifft das Volk genau die wissenschaft- 
lich festzustellende Grenze, wie die AUgäuer und die Fran- 
ken bei Heilbronn; wenn letztere nach Stuttgart reisen, 
gehts in's Wirtembergische ; geht es Neresheim, Ellwan- 
gen, Gmünd zu^ so heifst das in's Schwabenland! Ein 
merkwürdiges Zeugnis für unsere schwäbisch-alemannische 
Abgrenzung. Neresheim, Gmünd, Ellwangen waren noch 
bischöflich augsburgisch. Die StraTsburger Geiler, Bruns- 
wick, Joh. Pauli, Friesen u. s. w. setzen die schwäbische 
Grenze auf den Schwarzwald östlich, wo das Bistum auf- 
hört. Bei Geiler ist Baden-Baden schon im Schwabenland. 
Die schwäbische Sprache zu reden in Strafsburg war sehr 
nobel; schwäbische Kleider sehr gesucht; vor schwäbischer 
Landwirtschaft hatte man groisen Bespekt. 

Dieses weitere Zeugnis des Volkes selbst möge die 
Notwendigkeit dartun, schwäbische und alemannische 
Unterscheidung in Volk und dessen Sprache gelten zu las- 
sen. Hätte Rümelin im geograph.-topographischen König- 
reich Wirtemberg die Sprache und Geschichte näher be- 
trachtet, so hätte er doch wenigstens die noch mangelhafte 
Scheidung im topograph. Grofsherzogtum Baden von Heu- 
nisch-Bader zum Vorbild für Wirtemherg nehmen sollen*), 

Einer Beobachtung halte ich in unserem Alemanniscbeq 
anch die vorkommenden an die Franken gemahnenden 
und wol noch in graue Zeit der Wanderung reichenden 
laut zeugenden Erinnerungen wert. 

Frankenbu (Frankenbuch) heifst ein Wald bei Saul- 
gau; Frankengit zu Toneschingen 1538. 

*) „Namentlich scheint es Sitte werden zu woUen wieder Schv^aben und 
Alemaniien zu unterscheiden und sogar von schwäbisch -alemannischen Mi- 
achungen zu reden** S. 856. In wieweit sodann der Satz wahr ist, „offenbar 
ist nttmlich Land und Volk der Schwaben nichts anderes als der alte schwtt- 
bische Kreis** (a. a< O.) will ieh jedem zu würdigen überlassen. 



32 

Ein wise genant der Frankenbrügel 1373. Monum. 
Hohen b. No. 597 ad 1373. Zu Blansingen und Kleinkems 
im Amt Lörrach kennt ein St. Blasisches Urbar des 14ten 
Jahrh. einen Franken weg. Das Donaueseh. Göltbuch 
(Archiv dort) von 1438 erwähnt einer Oertlichkeit „bi 
Franken bom^. Nachbarlich linksrheinisch seien bemerkt 
Frankenwis, Wst. I, 93 juxta Frankenwege, Nieder- 
hofer (Colmar) Flurn. 1259 Mone Zt. 11,321.- Franken- 
berg im Mönstertal. 

Der Völkername „Sachsen^ erhielt sich kaum rechts- 
rheinisch auf alem. Gebiete. Bei Neubreisach ist ein Sach- 
senweg, Sachsenwinkel, .Obersaashein. Zu Rhein- 
weiler Ob. A. Mülheim kommt noch a. 1526 ein Sach- 
senbrunnen vor. Mone Zt. V,489. 

Gleichalt mögen die vielen Dietfurt, Dietwege auf 
alem. Boden sein. Ich nenne einige wenige: Dietfurt, 
1) oberhalb Sigmaringeu an der Donau; 2) eine Wurmlin- 
ger Flur. Tuttl. uflp Dietwege (Dörrheim) 1251. Mone 
Zt. 8, 268. Donaueseh. Göltbuch 1438. Dietsteg beiWin- 
terthur (aquae transitus) Episcop. Coqst. I, 1 , 542. Vergl. 
die benachbart elsäfs. Dietwege bei Vogelsheim (Breisach) 
1380 u. s. w. Auf die Burg- Orts -Flurnamen mit Bern 
(Verona) zusammengesetzt, alemannisch, hat Uhland schon 
aufmerksam gemacht. Germ. I, 304 ff. Dazu Bacmeister S. 
10! ff. Ich vermag noch etwa sechs weitere Belege bei- 
zubringen. 

Was die Ortsnamen anlangt, hat das rechtsrheinische 
Alemannien wie das südliche linksrheinische Zusammen- 
setzungen, die auf das zerstreutliegende Gehöftwesen deu- 
ten und nicht auf Städte und Dörfer, wo die Westale- 
mannen im Elsafs zu leben pflegten. Die -ingen, hofen, 
kofen, kon walten vor; jenseits die — heim. 

Die auf der höchsten Schwarzwaldgegend ob St. Bla- 
sien, über dem Albtal liegenden Ortschaften haben den 
Namen Schwand: Höhenschwand (Hachinswanda); 
Hep penschwand, Fronschwand, Ittenschwand! 
Menzen schwand; Enten seh wand, Merischwa^nd, 
Wittenschwand, Herrenschwand (uf der Heruns- 



33 

wände 1374) u. s. w. Diese ßenennungen stehen mit un- 
zählbaren alem. ^Reutinen^ im engen Zusammenhang. 
Die Ortenau hat Ortsnamen auf -tung, -tunk, meistens 
Fem. zwischen Rench und Murg häufig. Im Marienauer 
Urbar (Breisach) erscheinen zwei oberelsäfsische Flurna- 
men (14. lö.Jahrh.) zu Wolfgangsheim üfBrunsol tünch; 
zu Biesheim Brunnentunk; bekannt sind die bad. Orte 
der Buchtung, der Halberstung; Kartung; Leiberstung; 
Schiftung u. s. w. hier Masc. Im Niederdeutschen treffen 
wir die donk wieder = Inseln verlassener Flufsbeete; Auen. 
Vgl. Mone Zt. 14, 33b. 

Die ebenfalls entschieden deutsehen Ortsnamen Zim- 
mern — denn der Deutsche baute im Gegensatz zum Rö- 
mer mit Holz — finden sich in einem Haufen beisammen 
am obernNekar: Herrenzimmern, Frauenzimmern, Rothen- 
zimmern, Bachzimmern, Marschalkenzimmern u. s. w. (Ger- 
bert , Hist. Silv. Nigr. II, 119 ff.) ; es kehrt der Name der 
fränkisch-alem. Grenze zu wieder. (Künzelsau, Hall, Besig- 
heim, Mergentheim.) 

Auf dem Schwarz walde, in der Kniebisgegend, kommt 
Zinke, volkstümlich und amtlich vor fQr Ortsparzelle; 
Trauf für Haus z. B. Metlenstrauf u. s. w. (Baiers- 
bronn.) 

Originell sind die oberrheinischen Alemannen auch in 
der Benennung der Himmelsgegenden. Die rätischen ha- 
ben Suna üfgang, Suna niedergang; morgenhalb, 
abendhalb^ pfönhalb (favonius) westlich oder mittäg- 
lich; nördlich: bischenhalb vom alten bise, Nordwind. 
„Seite**, wie die Franken, gebrauchen sie nie. Uralt ist 
wider Wald und wider Rin (a. 1487) = römischem contra 
mare et contra montes. Der Oberluft, der Unterluft gilt 
vielfach noch als Bestimmung. Der Rodel von Zienken 
bei Mülheim (Breisgau) vom 14. Jahrh. nennt die vierGrund- 
stücknachbarn ze Rin (W.), ze Walde (O.), das Land uff 
(S.), das Land ab (N.) (vgl. Mone Zt. 17, 106. 20, J3b). 
Die Meinauer Naturlehre gibt Burus mit niderwint; Au- 
ster mit wazzirwint; Zephyrus mit waltwint. 

Echt allgäuerisch- alemannisch sind die alten geiiitivi- 

Birlingeri alem. Sprache. 3 



34 

sehen, jetzt Domioativisch gebrauchten Ortsnamen, auf die 
schon Albert Schott in seinem Programme, über den Ur- 
sprung der deutschen Ortsnamen um Stuttgart 1843 S. 5« 
aufmerksam macht. Ich kenne folgende im Landgericht 
Sonthofen: Albis, Geigers (2 Weiler) Waitzis, Ottakers, 
Bechtris, Rappolds; Buchis, Wohlfarts, Hemers, Riedis, 
Batzers, Bitteriis, Geräts, Engelpolds; Sterkiis, Wagnerits, 
Gündeis, Wolfis. Andere, meist dem wirtemberg. Allgäu 
angehörende, sind: Hörbranz (bair.), Adelgunds, Diepolds, 
Waltrams, Eckarts; Hofs (Leutkirch), Sigmann's (Wangen), 
Rupprechts (Wurzach), Herbrechts (Bregenz), Wolfgelts 
(Kifslegg), Alberz (Wurzacb), Weibrechts (Waldsee); Seib- 
ranz, Brendlings, Floders, Witzmanns, Allgäuers, Hauerz, 
Bestlis, Dreerz, Guntartz u. s. w. AUbranz, Wollbrechts, 
jetzt Oelbrechts, Feyerabend, Ottenb. Jahrb. ü, 657. Vgl. 
auch Schmeller I, 81, wo noch mehr Belege aus Mon. Boic. 
25. Bd. beigebracht sind. 

Hauptplätze, wo sich alemannische Eigenart und Spra- 
che besonders erhalten, sind der Hotzenwald (alemann. 
hotzenZtw.) der südlichste Waldabhang gegen den Rhein; 
auch das Hauenstein'sche genannt, südlich von St. Blasien. 
Das Wisental, die Baar, der Heuberg samt dem kleinen 
Heuberg; das Allgäu bis herab auf die Leutkircher Haide, 
die südlich von Saulgau und zwischen Ravensburg gele- 
gene Landschaft: der Hinterwald. 



35 



IL 

Jahrzeitnamen. 

In der Benennung der Monate nnd Wochentage 
tritt eine ziemlich strenge Unterscheidung der rechtsrhei- 
nischen Alemannen von den nördlichen Franken und öst- 
lichen Schwaben und Baiern ein. Schon in dem grofsen 
Jahresabschnitte der Sommersonnwende gehen die Baiern 
und Alemannen sprachlich auseinander; jene sagen Sun- 
wend, Sunbend. Vergl. Mythol. I, 584. Gesch. d. Spr. 
II, 853. 1032. Die Alemannen Sungicht „ze Sant Johanns 
Sungichten". gibt entspricht hier dem goth. gahts 
= gressus und läfst ein ahd. sunagaht vermuthen. Mythol. 
a. a. O. Ferner ist den Alemannen der erste Sonntag nach 
Fasnacht der sog, weifse Sonntag von höchster Be- 
deutung; das Funkenschlagen wird den anbrechenden Früh- 
ling bezeichnen. An diesem Sonntag, den die augsburger 
Schwaben ehemals Rosensonntag hiefsen, fand über der 
Hier droben, besonders in Augsburg statt, dafs „zwen an- 
gethan Mann einer in Syngrün oder Epheu, der heifst der 
Sommer, der ander mit Gemies angelegt, der heifst Win- 
ter mit einander streiten; da ligt der Sommer ob und er- 
schlecht den Winter". (Alte handschriftl. Augsb. Chronik.) 
Wir haben hier die schwäbische und alemannische Früh- 
Hngsfeier beisammen. Vergl. über diesen Tag Weinhold, 
Jahreseint. 1862 S. 7. Jn den Monatnamen gehen die 
rechtsrheinischen Alemannen mit den Schweizern. Der alt^ 
schweizerische Novembername „Louprisi" Laubfall hat 
sich rechts vom Rhein urkundlich erhalten ; er entspjricht 
dem böhmisch -polnischen listopad. Vgl. die Slav. Mo- 
natsnamen von Dr. Franz, Ritter von Miklosich 1867 K. K. 
Akad. Abb. 13. Febr. 1867 S. 4. Weinhold Jahreseinteil. 
1862 S. 12. Man rechnete alemannisch nach Laubrisinen 

3* 



36 

wie einst bairisch nach Herbsien (per singulos annos i. e. 
autumnos. L. Bajuw. VIII, 19, 4) Grimm Gesch. d. Spr. 
II, 798 und I, 85. An letzterer Stelle weist Grimm aus 
dem Jahre 1445 ein lawbreisz nach. Ein Hauensteiner 
Weist, b. Mone Zt. 9,363 zählt nach „nun loupris". 
In den Weistümern I, 158. 210: 10 jar loubrysinen; 10 jar 
und 8 loubrysinen; nun loubrysinen (Schweiz.) IV, 
358: zechen loubrisen, — 393: nun louprisen. Frank. 
Laubfall; bei Adelung Laubfäller, scherzhaft= Herbst, 
fall-leaf, Irland. Bergrise, pers. 

Echt volkstümlich erhielt sich bis heute alemannisch 
Hornung, „Hoaning" gesprochen. Erklärung bei Grimm 
Gesch. d.Spr.I, 83. Weinhold 14. Der Herbistmänoth Karls 
d. G. ist der November und heifst echt alemannisch Wolf- 
monat. „Herbst- oder Wolf monat". Kellers Keyserbuch 
S. 131. Grimm Gesch. d. Spr. I, 85 führt aus Mone Zt. 8, 
249. Schmell.IV,68(oben) Wolfmon an. Gersdorfs Feld- 
buch 1528 f. 17* hat es ebenfalls. Mangolts FischbOchl. 
17. Jahrh. sagt, der Leich der Gaugfische sei im Wolf- 
monat S. 35. In Constanzer Chroniken kommt der 1. und 
2. Herbstmonat vor. Bei Miklosich S. 11: vlci mesic. 

Nach diesem kommt der alemannische Weinmonat. 
Gesch. d. Spr. I, 87. Züricher Urkunden bringen viele Be- 
lege; rechtsrheinisch seltener. Vgl. Mitt. d. Zürich. Antiq. 
Gesellschaft 8, 418. In der Edlibach. Chronik oft Reb- 
manot. (S. 191). 

Der Brächet, Brachmonat, ist heute noch echtvolks- 
tümlich flir den Juni. Weinhold S. 13. Der lange oder 
kurze Brächet wird oft genannt. Urkundl. 1331: nach 
Sant Bonifacientag in dem brachode. Freib. Urkundenb. 
V.Schreiber I, 1,268. Vgl. die Schweiz. Belege 1413: am 
17. tag des manods Brachotz. Mitt. d. antiq. Gesellsch. 
8, 418. uf den lezten tag brächet IV, S. 45. Gesch. d. 
Spr. I, 84. 

Nicht mehr so recht volkstümlich ist der Heumonat, 
urkundl. höwat „nach Jacobstag zeHowat'' 1370. Mon. 
Zoll, „an dem donrestage nach dem zwölftentag hömanot 
1282. Preib.Urkb. Bei Miklosich S.18: kositi, howi mänot. 



37 

Der Monat August greift tief in die Sprache der Ale- 
mannen und Schwaben ein. So heifst alemannisch aug- 
sten = ernten; komst im ougste zürn schneida (Mem- 
mingen) = im Äugst- in der Ernte; Augstier frühreife 
und darum nicht so beliebte Sommerfröchte. Vgl. Stalder 
I, 119. Augstwisen, Rotweil. Stadtr. Die Schreibung 
ist ouwest, ougest; sogar ze mitten ochsten. Mon. Zoll. 
I ad 1356. Im ougsten cgm. 736 f. 3«. 6«. Augsb. Wb. 
35«. Vgl. Gramm. II, 369 nnl. ögst = messis a.a.O. ougst- 
bom 1477. Mone Zt. 8, 250 (Villingen), ougstboum bei 
Biengen im Breisgau. Augstacker b. Zinken 1341. Mone 
Zt. 13, 258. 

Der Mai kommt alemannisch sehr oft vor in Zusam- 
mensetzung mit Mai ding, op. Herbst ding. „Uff den 
Mailtag" ist immer der 1. Mai. Eine grofse Rolle spielt 
der „Maigenanken" Maibutter. Sieh anke. 

Dem niederländischen Graasmaand entspricht der 
April. Diesem anpassend sind die Formeln ze grase 
gegenüber dem ze herbste, womit die Aprilzeit unzählige- 
mal benannt wird. Alpirsbacher Vogtbch. b. Reyscher Stat. 
R. 37. Vgl. Diefenbach 269 ^ Gloss. Nov. 

Zur Vergleichung sei noch der den Alemannen unbe- 
kannte Ausdruck Hartmonat angeführt, von dem Grimm 
Gesch. d. Spr. H, 798 sagt: er ist zugleich recht chattisch 
und batavisch, weil er noch heute von Hessen durch den 
Westerwald an den Niederrhein reicht. Er ist aber auch 
bairisch. Vergl. Weinhold, Jahreseint. S. 12. Der cgm. 
223 fg.: November der hartmän oder wintermon und ist 
der ayndleft. in dem hartmon f. 21. Ebenso bairisch 
ist der dem alem. louprisi entsprechende laubprost, das 
derselbe cod. p. 8 bringt: october ist nu der zehent man 
und hayst zu taütsch der laubprost. Ferner: october 
der Laubprost; in dem laubprost ist ain tag an St. 
Gallustag 21. Bei Schraeller fehlt es. — Der erste und 
zweite Herbst ist alemannisch und bairisch. Aber die 
Herbstmähler für die Rebdienstleute sind alemannisch. 
Das Wort Monat ist alemannisch mänat 1351 (Freib. Urk. 
und Monum. Zoll.) iiianet 1355. manott 1363. mänödes, 



38 _ 

genit. 1387. Freib. Urkundenb. II, 35. Im Augsburgischen 
spricht das Volk der maunet. Die Baiern haben noch 
das moned, was so durch und durch volkstümlich, dafs 
es in Münchner Localblättern zu lesen ist. Z. B. ein In- 
serat: „Henschels Telegraph für das Monat April". Ur- 
kundlich ist bairisch moneid häufig. 

Was die Benennung der Woche und ihrer Tage 
anlangt, so bemerken wir mehrere echt alemannische Ab- 
weichungen. Das Wort Woche selbst schreiben die schwä- 
bischen und alemannischen Denkmäler sehr häufig wuche, 
wuchentag. Eine viel ältere Form hat sich rechtsrhei- 
nisch, bis jetzt leider nur uiu Säckingen bekannt erhalten: 
wechtag. Franz Pfeiffer hat zu dem Worte im Habs- 
burger Urbar (l.'^35) folgendes (S. 364) bemerkt: ein Wort 
von dunkler Abstammung ist Wechtag, ein Grundstück 
von geringerm Umfaog; denn während der jährliche Zins 
einer Hube in 2 Schafen, 20 grofsen und 60 kleinen Kä- 
sen, 1 Kinde und 5 Fasnachthünern bestund, zahlte ein 
Wechtag blos 1 Schaf, 12 — 15 kleine Käse und alle 
47 Wechtage zusammen 3 Rinder*. Rochholz, deutsch. 
Glaube und Brauch II, 15: der unter den Alpgenossen 
der Reihe nach jährlich wechselnde Betrieb der Alp- und 
Zinsgüter. Dafs Woche zu Grunde liegt und eine ur- 
alte Form an wecha ahd. sich anschlielsend vor uns ist, 
ist klar. Ist es einer Wandelung unterlegen in Feldmafs 
wie das fränkische Morgen? Die Luzerner Handschrift 
des Säckinger Urbars liest W och tag. Ich führe einige 
Beispiele des genannten Urbar's nach dem bessern Texte, 
den die Glarner bist. Zeitschrift Heft I, 94 ff. (1865) gibt. 
Diss sind die Wächdagen. disse Schaff gond von den 
wächdagen ze mitten Meyen. Humbels wach dag gilt ein 
Schaff, zwen wächdage der usser wach dag; derwäch- 
dage von Tenneberg, von Sol zwen wach dag. der Wech- 
dag von Tahsingen. Hatzinger wechdag. Gundelinger 
wechdag. Tuginger wechdag. ze Mitlödi der vorder 
wechdag. diss sindt die wächtageen, die triebent die 
rinder zu Sant Martins dult. (99) diese wechdag tribent 
die Schaff zu unser fr o wen dult ze herpst. Söllent nemen 



39 

von dem meigeramte den fal uff den wächdagen u. 8.w. 
Volküblich ist wechtag nicht mehr. 

Im Tettnangischen, dem alten Lenzer Alemannenge- 
biete, heifsen die Wochentage: Mentag, mentig; land- 
Yolküblich: Mätag, Zisdag, Miggda, Donnstig, Ffi- 
tig, Sambstig, Sonntig. In der Baar (Trossingen): 
Sun na, Menna, Zia, Mitta, Donna, Freija, Samma. 
Ad der alemannisch -allgäuischen Grenze im Rottal schon 
Mentig, Aftermcntig, Miggda, Donstig, Frei- 
tig u. s. w. 

Der Montag lautet schwäbisch und alemannisch gleich 
mentig, metig. Urkundlich: an den|| nehesten Men- 
dage nach Sante Michelesdage 1309. Mon. Zoll. I, 124. 
mendag. Basler Rechtsquell. 1402. 1,79. Ebenda von 
153h mentag. 

Augelehnt sind die Benennungen: Kornmentage, 
Wst. IV, 41. Habermentage 41. einen mendag ackers 
75. — Im Latein, fälschlich lunadia; sie gehören vielmehr 
zu menen, treiben. In den Monum. Hohenb. No. 172 ist 
eine mittelrheinisch-fränk. Form Meintag zu lesen (Speier). 
Der gelehrte Neugart hat Herrgott getadelt und zurecht- 
gewiesen, der „den guten Tag" fftr den Montag ansetzte. 
Episcop. Const. 1, 1,443. Hirschmäntig heifst der zweite 
Montag nach Fasnachtsonntag. Altglashütten. 

Der Dinstag scheidet die Alemannen genau von ih- 
ren Nachbarn: Zistag, Zeinstig kennen nur Alemannen, 
Aftermentig kennzeichnet die Schwaben. Es ist der 
dritte Wochentag dem Z i u zu Ehren benannt und konnte, 
wiewol unverstanden, vom Volke sich bis auf heute fort- 
erben. Es ist ein unschätzbares Zeugnis fbr die Vereh- 
rung des Gottes Ziu bei den Alemannen, für den sonst 
leider weniges beigebracht werden kann. In einer Wesso- 
bronner Glosse heifsen die Alemannen geradezu Ciuwari. 
Zu Mythologie I, 180 ff. W. Müller, Relig. 97 ff. Rochholz 
deutsch. Glaube II, 19 ff. Grimm Wb. II, 1120 mögen fol- 
gende alemannischen Denkmälern entnommene Beispiele als 
Bestätigung dienen. Zistag 1298 Mon. Hohenberg No. 167. 
Ciestag, Glaruer Urk. 1344. 2. Heft der bist. Zeitschrift. 



40 

Zinstag 1305, Mon. Hohenb. Ebenso 1326. VilHnger Ar- 
chiv, 1348: in Mon. Zoll. 1352. a. a. O. 1356 a. a. O. an 
dem nechesten Zihestage 1320. Freib. Urk. I, 1,237. an 
dem nechesten Zistage vor Sante Jacobsdage 1309. Mon. 
Zoll. 124. Zingstag 1498. Basler Rechtsquell. I, S. 229 
und a. 1433 noch „am zinstag" in demselben Buche. 
Schon a. 1333 (Mon. Hohb. i^. 351) erscheint Dinstag. 
Ebenso a. 1385 und 1387 in den Mon. Zoll. No.396: Dien- 
stag. Die Basler Rechtsquellen haben noch a. 1719 S. 769 
von der Herrenfasnacht bis acht Tag nach dem Hirsch- 
zinstag, Pfingstzinstag. — Wir haben 1) den Wech- 
sel des D für Z ; n^as die ursprüngliche Abkunft des Wor- 
tes verwischte und man dachte an Dienst — Diensttag; 
flam. dynstach,' holländisch dingstag; wobei gar an ding 
gedacht wurde. 2) Der frühe eingerückte Nasal trübte 
auch die Ableitung; es kam jetzt sogar ein dies census 
heraus. Vergl. Schmell. IV, 214. Robert Roesler, über die 
Namen der Wochentage, Wien, Braumüller 1865. Grimm 
Wtb. II, 1120. Rochholz II, 22. Haltaus Calend. S. 8. 7. 

Die echten Schw9,ben innerhalb des alten Bistums 
Augsburg haben kein Ziestag mehr. Möglich, dafs schon 
frühe durch Missionseinflüsse in diesem Gebiete der alte 
Gott, der noch im 3. Wochentage spuckte, ganz verbaut 
wurde. Hier gilt nur „Aftermentig", das sich durch 
alle schwäbischen Urkunden hindurchzieht, wie ein roter 
Faden und sich selbst in alemannische Urkunden einschlich; 
aber so selten sind die Fälle, dafs man fast nicht reden 
kann. In den Monum. Hohenb. No. 738 v. 1386 steht 
Aftermentag. Vgl. Roesler a. a. O. 21. Augsb. Wtb. 20. 
Der Memminger Chronist Schorer schreibt am Dienstag 
oder Aftermontag. — Ein altes Vocab. b. Diefenbach 
134» hat schon alem. dinschtas:. 

Verlassen wir die Grenze Schwabens gegen Baiern 
hin, so tritt der alte Gott Ziu mit seinem zweiten be- 
rühmten Namen Eor, Ear, Er (an Ares erinnernd) auf. 
Die Baiern kennen nur den Er tag, lertag, Erchtag. 
Gesch. d. Spr. I, 508. Mythol. I, 183). In der Nova No- 
menclatura per N. Duesium, Lugd. Bat. 1652 S. 18: Mardy, 



41 

ehrig oder Dinstag, martedi". Dieser Name ist so spe- 
zifisch bairisch, tirolisch, österreichisch, dafs wo er vor- 
kömmt in Urkunden, er als wirkliches Wahrzeichen ange- 
sehen werden darf. Vergl. Roesler S. 22. Im alemanni- 
schen Gebiete kennt man Erchtag nicht, wenn er auch 
noch durch spätere Predigtbücher aus bairischen Gegenden 
oder bairischen Verfassern hätte bekannt werden sollen. 
Vergl. Rochholz, deutsch. Glaube 11, 20. 

Ich will nur noch anführen, dafs Zinstag im Ravens- 
burgischen auch als Familienname vorkommt. 

Der vierte Wochentag, heute Mittwoch, lautet ale- 
mannisch Michda (Belsen), Miggda, Mitta, wie noch 
alte Leute in Wehingen es sprachen. Hier stimmen die 
echten Schwaben und Alemannen wieder zusammen. Ob 
Megedag, wie ich im Augsb. Wb. behauptete, hereinzu- 
ziehen sei, weifs ich nicht sicher anzugeben. Es könnte 
ja zusammengezogen, Mitticha, Midehun, Mitcha sein. 
Diese abgeblafste Benennung, die dem öden Aftermontag 
zur Seite steht, hat sich schon frühe eingeschlichen, an 
der mitchun 1276. Freib. Urkb. I, 1,88. an der mit- 
chun nach St. Qallen mess a. a. O. an der nehstun mit- 
tewochen S. 286 a. a. O. an der nehstun mitchun vor 
St. Cecilientag. Mon. Zoll. I, v. 1349. uf die nähsten 
mitwochen 1399 a. a. O. 

Eine Urkd. Mon. Hohb. 1383 hat Mitwoch; schon 
V. 1358 No. 335 gleichfalls nachweisbar. Eine Oberndorfer 
Urkd, 1375 (a. a. O. 628) hat Midchen. an der nehestun 
Midechun vor dem Balmedag 1340. Mon. Zoll. u. s.w. 
Ein hauensteinisches Weistum b. Mone 9, 360 steht auch 
„an der nehsten Mitwochen''. Vergl. die mittawecha. 
Roesler S. 23. Anm. 2. Der alte gute dem alemannischen 
Volke vor allen neben den Sachsen verbliebene Name ist 
Gütentag; er ist noch spurenweise als heute volküblich 
zu finden und entspricht den westfälischen Godenstag, 
Gonstag, Gaunstag, Gunstag; dem aachenschen Gones- 
dag; dem niederrheinischen Gudestag, Gudenstag. Gun- 
stag fQr Wodenstag, Gudenstag dies Mercurii. Grimm 
Grenzaltert. Kl. Schriften II, 58. Ich habe folgende Bc- 



42 

lege für den Gutentag zusammengestellt: an dem guoten 
tage nach balmdage 1302. Mon. Hohenb. No. 196 an dem 
guoten tag vor pfingsten 1310 a. a. O. No. 220. an dem 
neehsten Gütemtage 1312. Freiburg. Urkb. bei Mone, 
Zt. 12,87. in dem ailiften jar, an dem Guotemtage nach 
Sant Walpurge tak. 1311. Mon. Zoll. S. 126. an dem 
nächsten Guotemtage vor unsers herren Gottes ufferttag 
1337 a, a. O. S. 149. Ebenso Mon. Hohenb. noch vom J. 
1330. 1339. 1341. 1384. Die Mon. Zoll. I, ad 1342: an 
dem nehsten Gu.etemtag nach unserre Frown tag der 
kerzwihi ad 1348. 2mal. 1352. 1355. 1356. 1381. 1403. Von 
1295 kenne ich den ältesten Beleg bei Mone, Zeitschr. 19. 
80. — Vergl. die Sprache des Rotweiler Stadtrechts S. 50*. 
Es kommt Gutentag in beiden Redaktionen des betref- 
fenden Statutarrechts vor. In der 2. Abhandlung über das 
Stadtrecht, Herrigs Archiv 38, 336 kommen mehrere Be- 
lege vor. Die Beispiele liefsen sich aus alemannischen 
Urkunden in's Unzählige anhäufen. In Neugarts Epis- 
cop. Const. I, 1, 343 ist auch vom „Gutentage" die Spra- 
che. „Verum quid obstat, heifst es, quominus Godentag, 
Gudentag vel Gutentag Suevis et Helvetiis eundem diem 
Mercurii significet? In nominibus enim propriis Guerneri et 
Guillelmi solidum reperitur argumentum literam W seu VV 
in Gu saepe fuisse mutatam ; id quod de permutatione litte» 
rarum u et o, d et t sine scrupulo adfirmari potest. Itaque 
quum Goenstag et Woenstag in Wodano seu Vodano, 
autiquo Germanorum tam australium quam septemtriona- 
lium numine altissimam habeat radicem, plane non video, 
qua ratione nomen compositum Gutentag (Gotentag) 
seu ut alibi scriptum est Godentag, Gotentag Lunae po- 
tius quam diei Mercurii sive Vodani attribui possit, vel de- 
beaf. Diese grammatisch feststehende Form Gutentag 
hat, wfe wir oben andeuteten, dem ausgezeichneten Herr- 
got für Montag gegolten; darum enthält obige Stelle eine 
Verwahrung dagegen. Im alten Passiousgebete , das ich 
bei Frommann V, ?60 abdrucken liefs, ist übrigens ganz 
getreu Montag darunter verstanden. Zur Erklärung diene 
bei Rochholz, deutsch. Glaube und Brauch II, 17: „nach- 



43 

mals pflegte mao nämlich jeden Wochentag, auf den stabil 
ein lokales Heiligenfest fiel, mit dem Beinamen des Guten 
zu bezeichnen". In Haltaus Calend. Med. Aevi 8 ist der 
gute Tag = Mitwoch; in der deutschen üebersetzung = 
Montag; vgl. AUgem. Anzeiger der Deutschen 1818 No. 
337. Frommann II, 58'^. In Baiern heifst es am „Mitt- 
woch betet man für die Däjggot'n (Dalketen, Dummen)"; 
in der Baar „ä da miggda kommdt de ögschiggtd". Wurml. 
b. Tuttl. 

Der fänfle Wochentag lautet alemannisch und schwä- 
bisch beinahe gleich: Donnstig. Dunrestag b. Mone, 
Ztschr. 19,80 (1297). Dunrstag 1312. Dunrstag 1310. 
Durnstag 1348. Mon. Zoll. I. Durnstag 1377. Donr- 
stag 1369. Durstag 1380. Dunstag 1384. Dunrestag 
cgm. 6 f. 23«. Tunstag, Voc. Opt. S. 57. Dornstag 
1433. Basler Rechtsquell. I, S. 116. Vergl. Grimm My- 
thol. I, 151 Anm. Wie die fränkischen Alemannen daüra 
= donnern sprechen : daürdwetter, so sprechen sie Daü- 
stig für Donnerstag. Die Allgäuer Alemannen vermeiden 
den Nasal und man hört dorra und durna, düraweat; 
ter. Die Baiern* kennen bereits nur den Pfinztag {neixTf/); 
was voraussetzen läfst, dafs entweder Donar weniger Ver- 
ehrung genofs oder dafs die Kirche ihn schon frühe zu 
verbannen im Stande war, wie bei den Schwaben Ziu 
weichen mufste. Berthold v. Regensburg predigt, man nenne 
den Donnerstag „hie in dem lande ze Baygern pfinstag^. 
Es sind z. B. die bairischen Urkunden in den alemanni- 
schen Sammlungen augenscheinlich am „Pfinztag'^ zu 
erkennen. So haben die Monum. Hohenb. N. 168 eine 
Passauer Urkunde „in dem 98. jar des nächsten pfin5ta- 
ges". No. 816 steht eine solche v. i403 von Brück an 
der Muhr datiert; sie hat regelrecht phin5tag. Ebenso 
da eine Wiener Urkd. 1350. 

Im Wisental, wo Hebel daheim, gilt ein euphemisti- 
scher Fluch „potz Dunstig! Vergl. Rochholz, deutsch. 
Glaube II, 29 ff. 

Der 6. und 7. Wochentag haben aufser den schon 
oben angefahrten Formen aus der Baar nichts besonderes 



44 

Unterscheidendes. Der Sonntag lautet urkundl. „an dem 
Sunnindag nah Sant Martins niess" 1282. Freiburg. 
Urkb. I, 1, S. 106. an dem nähsten Sunnentag vor Sant 
Gregoriantag 1365. Mon. Zoll, am Balmsunnentag 
1373. Was einzelne Tage des Jahres anlangt, so weichen die 
Alemannen, Schwaben und Baiern manchmal sehr weit von 
einander ab. So hat der Baier mit Vorliebe Antlafs = 
= Fest cum indulto und besonders hat er den Antlafs- 
tag, den Fronleichnamstag. Der Alemanne und teil- 
weise der Schwabe hat nur Ablafs (indultum) indul- 
gentia. Vgl den herrlichen Artikel bei Schmeller; Haltaus 
Calend. 85. 

Das uralte Wort Dult = Fest haben die Alemannen 
für Patrocinium bis ins 15. Jahrh. herein gehabt; sieh b. 
Wortschatze ; für Markt, Messe gebrauchen es heute noch 
die Baiern, ohne im mindesten mehr an jene erste Haupt- 
bedeutung zu denken. Gesch. d. Spr. I, 72. 

Der Aschermitwoch lautet alemannisch und schwäbisch 
„an der esclierigen mitwuchen" oder wie in der Hagen- 
bachischen Keimchronik Mone, Alls. HI, S. 324 ff. „an der 
Esch mitwuchen 328". Ebenda ist dfer Montag nach 
Sonntag Esto mihi „der feifste Montag" genannt (1474 
S. 324*). 



45 



III. 

Vocale. 

A. 

Kurzes a und sein Umlaut. Hier gilt für unser 
Gebiet vor allem das Gesetz „altes wurzelhaftes kurzes 
ä hat grofsenteils seine Quantität erhalten im 
An- und Inlaut, sobald das Wort zweisilbig ist; 
selten im einsilbigen^. Das Neuhochdeutsche hat 
längst, mit Ausnahme einiger Beispiele^ die alten Kurzen 
in offener Silbe und geschlossener gedent, während die 
bairische und schlesische Volkssprache alte Kürzen noch 
in geschlossener Kürze aufbewahrt hat (gröbb, gross, Tagg, 
Badd u. s. w.). Schmeller über Quantität in einigen südd. 
Dialekten 1830 teilt dieses Gesetz dem schweizerischen 
Dialekt besonders zu. M. Rapp in der Einleitung zu den 
portugiesischen Sonetten , Frommanu Zt. II , 58 ist über- 
rascht, dafs die Rotweiler Gegend die kurzen Wurzel vo« 
cale noch erhalten hat, wie sie die Schweizersprache 
zeigt*). Schweizer-Sidler in Kuhn's Zt. XIII, 374 findet 
die alten kurzen a besonders als der Gegend von Winter- 
thur eigen. So rein, so echt wie unser rechtsrheinisches 
Gebiet diese quantitätische Messung einhält, findet man sie 
selbst linksrheinisch nicht. Vom Feldberg bis Gernsbach; 
bis Rotweil; von daindieBaar, den Heuberg, bisOstrach, 
im Hiuterwald, AUgäu hört man das Gesetz mehr oder 
minder ausgeprägt sprechen. 



*) Bapp bei Frommann II, 477: ,»das radical Charakteristische ist, dafs 
die Alemannensprache einen Rest der mitteralterl. Quantität an sich hat, 
die das Hochdeutsche in seiner gebildeteren Form verschmäht. Die alte 
rein kurze nicht geschärfte Silbe lautet da, wo sie im Inlaut auftritt, noch 
heute kurz; und da nach heutiger Schriftgewohnung diese Kürze von der 
Schftrfong nicht mehr zu nnterscheiden ist, verlangt die Schrift schlechter- 
dings Gemination — haffo, hasso (Hafen, Hase)^. 



46 

Ich führe von den vielen nur einige Beispiele an. 
Badde (Grofsherzogtum): Badder, Name des Karlsruhe'- 
schen Archivrates; Assa (Äsen, O. N. Baar), Wadda, Bassa, 
Padda, Wassa, Kaibawassa; Wagga in Rot weil wie in 
Krenkingen; Magga, Waddel, auch strafsburgisch. Addier, im 
Addier (Wehingen), .Addlerwiert; Krapp bis Tüb. = Rabe. 
Ladda, am Fenster und an der Hose; Hagga, Ortsfarre 
u.^. w. Von Adjekt. magger, abgmaggert; Zeitw. grassa 
(grasen), nagga, badda (baden), tragga, sagga, gabbla (ga- 
beln), grabba, ladda, schadda (schaden), jagga u. s. w. Adv. 
Partikeln u. s. w. abbi (abhin), abber, abberäzi (schleckig , 
vom Vieh, Furtwangen) u.s. w. — Dem entsprechend haben 
die alemann. Schriftwerke: pfatten, eschpfatten == efaden; 
HassenscUmid, hassenfahen im Lindauer Archiv. In Matte 
f. Made; nammen f. namen; bannen f. Hahn; lammen f. 
lahme u. s. w. die unzähligemal wiederkehren. Nicol. v. 
Basel, Felix Faber's Pilgerböchlein; der Basler Spiegel der 
Behaltnus (Sigmar.). Die Documente des Schramberger 
Archivs, die Basler Rechtsquellen; die Rotweiler Schriften, 
die Schriften der Strafsburger stimmen in diesem Punkte 
überein *). 

Dieses alte Gesetz gibt den Schwaben Anlafs zum 
Spott: Hass schalten die Schussenrieder die Aulen dorfer; 
Hassa bei den echt alem. Ebenweilern fällt den Nachbarn 
auf, ganz wie den Franken das strafsburgische mörr (more, 
Mutterschwein) lächerlich vorkommt. 

Weinhold gedenkt dieses so wichtigen Gesetzes ne- ^ 
benbei S. 75 und S. 34 und §. 156 a bei b. Ohne tiefere 
Kenntnis weist Hausleutner im schwäb. Archiv 11 , 258 
darauf hin; Lauchert S. 3 bringt es. In der Sprache des 
Rotweiler Stadtr. S. 15 habe ich Beispiele angeführt 

Die Kürze hat statt nur vor einfachen Consonanten; 
folgt Doppelconsonanz, besonders liquida cum muta, tritt 



*) Das Schlesische behält die mhd. Quantität ganz rein, blos in ein- 
silbigen aber nicht in mehrsilbigen Wörtern. Zu den heute üblichen a 
füge ich Belege aus einer Passion c. 1500 (incnnabel), schlagk (ictus), 
sagk ( Saccus) u s. w. Tralles, Schles. Riesen-geb. 1750 schreibt noch Glafs 
u. s. w. 



47 

eine dem schwäbischeu und bairischen ähnliche Denun<; 
ein; ebenso vor m und n allein. Das 1 wirkt stark ein. 

Vor 1 allein: stäl, stälbeasa, gangstäl; heustäl (St. Bla- 
sien) u. s. w. I mit Muta: bald, schälta, alt, kalt, schmälz 
salz; schmälzguss (in Beggingen) u. s. w. 

Vor r: gärba (PI. Garben), därba, färb, Schwärzwald, 
z' märgd, äreh u. s. w. teilweise alemannisch ist die förm- 
liche Auslassung des r vor Dentalen. Am mittlem Nekar 
sehr üblich. 

Vor s, sz: fäfs, näs (nafs), ebenso vor z, t und beson- 
ders ch (altem k, h): acht (acht); Acht (Aha, O. N. b. 
Freudenstadt); endlich vor m und n. Diese Denung ha- 
ben die echt alem. Gegenden das AUgäu, Ravensburg, Saul- 
gau, Tettnang, Ostrach, der Heuberg, Schwarzwald. Von 
Obemdorf Nekarabwärts ungebräuchlich; hier ist wie im 
Neuhochdeutschen die alte Kürze beibehalten. 

Während die Alemannen sich hierin von den Schwa- 
ben zwischen Alb und Lech nicht unterscheiden und z. B. 
die Grenzschwaben von Geislingen, Gmünd, Ellwangen ge- 
rade so das ä denen, kennen letztere zum Unterschied von 
erstem (Alemannen) ganz das gleiche Gesetz bei e, i, o, u. 
Die schriftlichen Denkmäler zeigen diese gedehnten ä mit 
aa, ah an: rossbaaren, Dat. Sing. (Forer), staal (Constan- 
zer Schriften noch im 17. Jahrb.); fahl 1264. fahlrecht; 
baals, naasentropf z. B. b. St. Meinrad. 

Ganz echt alemannisch ist ä nach altnordischem 
Brauche nach Ausfall des folgenden h (ch) mit t, s u. s. w. 
nät (Nacht); nätstubet Bregenzer Wald; biet nät (heute 
Nacht) Waldburg, winäten (Dat. PI.) zu wlnäts (a. a. O.); 
gschlät (geschlacht); Oberflät (Oberflacht, O. N. alem. Lei- 
chenfeld); äta (achten); fläs, was u. s. w. So am Boden- 
see, im Schwarzwald, Baar, im Ravensburgischen, Saul- 
ganischen, auf dem Heuberg u. s. w. 

Da dem Allgäaisch- Alemannischen die Nasenlaute ab- 
gehen, so finden wir dort reines ä statt an: bä (Bahn); 
fsibä (Eisenbahn); zä, PI. zä (Zahn), ä (an); mä (vir); kä 
(kan) u. 8. w. 



48 

Andere Striche nasalieren, wo kein Nachbarvolk es 
tut: nät (Nacht); kalt (kalt); bald u. s. w. Dieses sind 
eigentliche Idiotismen; es ist singulär. Altshausen, Eben- 
weiler, Abiachgegend. Es erinnert sehr an die alem. For- 
men senhen, jenhen, geschenhen. 

Die Trübung des a in o meist nasaliert (während bai- 
risch reines o gehört wird) zieht sich bald stärker, bald 
schwächer ausgeprägt durch unser ganzes rechtsrheinisches 
Gebiet hin. Dem Immenstädtischen hondzwehl, abstönd, 
bonk, wönd.l, kolt, wold, solz, schmolz (neben ä) entspricht 
im Lierbachtal onka (anken, im Allgäu (Wirtemb.) holunka; 
im Sundgau glas, städt, ärschkriesa (gemeine Waldweich- 
sel). Ganz damit stimmen die alemannischen altern volks- 
tumlichen Schriften. Ich erinnere nur an won (wan), wond 
in den Monum. Zoll. I. Basl. Rechtsq. Teufels Netz u.s.w. 
Unsere Ortsnamen liefern zahlreiche Beispiele. Charakte- 
ristisch ist old, alder = oder. Auch Nagold O. N. urk. 
Nagaltha, hat o für a. Weinhold §. 125. 

Dieses o, 6 bildet den Uebergang zum au, aü = a, an. 
Dem bregenzischen bauld (bald), sobauld, schmaulz, hoal- 
gasehmaulz (zur Speisung des ewigen Lichtes); däumpfle 
(Dämpf lein) entspricht vor 1, n besonders das aü in der 
Baar, Heuberg, Schwarzwald: gaüns (Gans), gaünser, das 
sich bis ins Illertal hinzieht; auf dem Heuberge gaus, gais 
ohne Nasal; Lindau: gäser, Gänserich; gas, Gans; PI. gas; 
bei dem fränkischen Herrenalb, Loffenau hörte ich es wie- 
der. Ebenso in Rotweil. Hieher gehört das bregenzer- 
wäldlerische schaupel, für Schapel, Weiberkopfbedeckung, 
rauft (Ranft), sauft (sanft) klingt noch in Ulm nach. Im 
Wisental: graussa (grasen), „graussa matta". Die schrift- 
lichen Denkmaler schreiben demgemäfs nausspitz. Voc. 
theod. lat. No. 57 f. 13« (Donauesch). Vergl. Weinhold 
§. 52. In Pleier's Tandar. ist dagen (V. 1287 b. Haupt 
12, 473) verdangen; der Rofskopf heifst urkundl. jugum 
montis Flansen; 17. Jahrb. Flausen; in der Folge Flauser 
und Flaunser. Mone, Zt. 21,96. Dafs auch beim Um- 
laute au in au Obergeht, versteht sich von selbst; vergl. 
unten en zu ein. 



49 

Ein im Bairischen sehr ausgedientes Gesetz o := a 
zu schreiben und zu sprechen, haben wir spurenweise in 
ganz alten alemannischen Winkeln. Ist es bairiseh in der 
heutigen Aussprache, z. B. bei Seon am Chiemsee dem ä 
nahe ( dichter )n so hat das a bei Alemannen einen reinen 
a-Lant: marga, warglen (orglen), „huita marga am walfe 
(11 Uhr) hat ma gwarglet**; Margarethausen zwischen Rot- 
weil und Schomberg; moara marga = morgen früh. So 
sprachen die alten Steinlacher bei Tübingen, Belsen. Im 
Allgäu gibt es noch üeberreste: warden, der Orden, in 
Wohnprechts; in Hopfenbach, Tann, Heimenkirch u. s. .w, 
haben sie noch argel, wardele, ordentlich. Dieses stellt 
genannte alemannische Landstriche zum Montavoner Ale- 
mannisch. Weinhold S. 36, §. 34 und §.11. Den üeber- 
gang zu a vor r haben wir in Oargel, oardeli u. s. w. Im- 
menstadt. 

ä ist festgehalten in van, davan bei Nicol. v. Basel 
gewanen, gewöhnen in Altglashütten am Feldberg: „i häs 
nett gwanet" ganz noch wie im Vocab. teut. v. 1482 bei 
Weigand Wb. I, 435. halen erhielt sich noch bei Bruns- 
wick. 

Reines a für e 1) aus ä umgelautet, 2) aus i gebro- 
chen, ist dem Alemannischen, wie dem Bairischen, nicht 
aber dem Schwäbischen eigen. Vor allem sei har (her) 
gemeint: „mundartlich nicht der höfischen Sprache gemäfs 
ist bar; in schweizerischen und elsässischen Urkunden kann 
man dieser Form auf jedem Blatt begegnen ^. Pfeiffer in 
s. Germ. III, 66. Dazu bemerken will ich, dafs es ebenso 
häufig in unserem Gebiete vorkommt, schalm, halm lebt 
in der Baar; brams, Allgäu (bremse); schal menäcker, schal- 
menhalden, schalmenriet u. s. w. im Stand Schaff hausen 
neben schalmabom, schalmawisli. St. Wandel, Flurn. bei 
Dornstetten; schon in Langendenzlingen unterhalb Freiburg 
sprechen sie a immer für ea echt baslerisch: nabel, da 
rächte wag a» den rechten Weg u. s. w. In den Namen 
Wilhelm, Anselm spricht man in der Baar Anshalm, Wil- 
halm. Die Lindauer Rechnungen haben noch im 1 7. und 
18. Jahrb. Wilhalm. Gundthalm, Leenhart. 15. Jahrb. a.a.O. 

Birlinger, alem. Sprache. 4 



50 

8o die Moniim. Zoll. I. Mon. Hohenb. Vorarlb. ürkd. Bas- 
ler Rechtsquell, (noch 1637: in Saus und Schlamm). Vergl. 
Weinhold, Alem. Gramm. §.11. Bair. Gramm. §.4. Zwi- 
schen Wirzburg und links des Steigerwaldes hin dieselbe 
Erscheinung (a rächte zeit). 

Bei zusammengesetzten, besonders zweisilbigen Wör- 
tern gibt oft das zweite den Ton auf die erste ab ; vor 
allem Tag, Bach, Ach. Diese ursprüngl. wurzelhaften ä 
verflüchtigen sich und verdunklen sich in i, ein häufiger 
Eindringling oder in tonloses c^ z. B. sonntig, metig u. s. w. 
es ist das nicht spezifisch alemannisch; nur der andere 
Fall bei -ach ist zu merken; a tritt hie und da in geden- 
tes über, wie oben gesagt wurde: Ablä (Ablach), Ennetä 
(Enntenlach), Kanzä, Biberä, Unteruffa u. s. w. Bei Rog- 
genzeil, in der Seegegend darf auch ursprüngliches ä in 
den Zusammensetzungen: mätägg, zistägg, fritägg rein er- 
scheinen. 

Ein alemannisches Gesetz, wornach a in ai übergeht 
wie in Aichalm, Mon. Hohenb. aichzig, ad 1281 No 89, 
glaube ich nicht aufzustellen ftlr ratsam. 

An altes ar (ur) erinnert das ar im Anlaut: arfinden^ 
armessen, arfechten, arsehen u. s. w. in Felix Fabers Pilger- 
büchlein und arwachen in Liutgarts Leben 442^ (Mone, 
Quells. III. Bd.). Man hört es heute noch auf dem badi- 
schen Schwarzwald. 

Wir kommen an den Umlaut des ä. Man hat den 
Satz aufgestellt, dafs die ältere alemannische Sprache eine 
besondere Vorliebe ft)r nicht umlautendes ä habe; allein 
ich finde im Bairischen dasselbe Gesetz und Weinholds 
Grammatik bestätigt es neuerdings. Auf der andern Seite 
liebt das Alemannische so sehr den Umlaut, dafs er auch 
unorganisch auftritt und zwar selbst in Vier heutigen Volks- 
sprache üppig fort wuchert. Die Löffinger Flurnamen: die 
Leckerhäld, die Kirchhäld, die obere Häld (Halde); der 
Wäsen (Wasen); pfälhäp (Hape, oben gekrümmtes Messer 
(Beil); ängsten, die Angst; Gras, gräsig (Gras); zärg(Zarg) 
gemein für Hals, Mundhöhle, „! schlä di in' zärga^. Samm- 
let (Sammlet, bevor der Schnitt in Garben kommt). Im 



M 

St. BlasischeD, am See, in Lindau sagen sie längen (lan- 
gen); Säggen (sagen); träggen (tragen); falgen (falgen, 
leicht den Boden schürfen mit der Haue); Hagel (Hagel) 
Ebenweiler; bräffeln (anfahren) Hundersingen ; Mächelbolz 
zur Anfertigung einer bestimmten Arbeit (Bregenzer Wald); 
Wampen, der, Oberstdorf; Warzen (Warzen) östlich von 
Feldberg u. s. w. Im ersten Gwänd, im zweiten Gwänd 
(Gewand) in Flurn. Schömberg. Dazu das wenden in 
Botw. ürbarien = an wanden, stofsen; schef-fel f. 11*, schet- 
ten, sinen, Acc. Spiegel d. Behaltnus f. 1 3* (Basel), wesch- 
vafs f. 35«, der gräba (!) Hauptplatz im Orte, öfters, Mel- 
chingen. (Weinhold's Beilaut.) 

Galt- und Geltvieh, Gelt- und Galtalpen. Geltkäse 
Ep. Const. Neugart I, 1, 663. Wäsen, TorfstOcke. 

Häufig sind die Wengen als Flurn. die hohen, nahen 
und fernen Wengen bei Ulm; das Kloster selbst in Ulm 
trug den weitbekannten umgelauteten Namen. An den 
Wengen, Wehinger Pfarrurbar; Flurn. Bei Ravensburg 
erscheint ein urkdl. Wengin a. 1221 als Hof. Auf der an« 
dern Seite hat das Alemannische in vielen Ortsnamen im 
13. Jahrh. noch keinen Umlaut: Nellingsheim (Rottenb.) 
Nallingeshein 1243. Mone, Zt. 3, 121. Märklingen, Mar- 
chilinga. Wb. Urkb. p. 279. Markelingen 1272. Bilta- 
chingen 1352 (Bildächingen b. Horb.). 

Walde bei Tepfenhard heifst urkundl. Waldo 1213. 
Mone I, 76. 

Der Merkt = Markt ist am Ende lat. mercatus; ge- 
hört also nicht hieher; merkwürdig ist, dafs sich seine 
Form durch das ganze alemann, und schwäbische Gebiet 
hindurchzieht. Auch im Sundgau „3^ märt gsi^. Die 
schriftlichen Belege kennen kein a: so S. Brant, Weist. 
I, 7. Predigtmärlein; Oberndorfer Stat. 14. Jahrb. bei 
Schmid Mon. Hohenb. No. 925; cgm. 6 f. 14* u. s. w. 
M. V. Lindau: ensprechen (ansprechen); entwart, oft; senft- 
mOetig u. s. w. 

Die Umlautsbildungen ei f. äun =3s an v. an gehören 
vor allem dem obern Donaugebiet an: reik (Ränke); beik 
(bänkc); trelka (tränken, das Vieh); zel (Zähne); spet 

4* 



52 

(Spähne); seh welk (Schwanke); weltel (Wäntel, Wandlaus); 
heltschet (heindschu, 1422. Schreiber II, 306) (Handschuhe); 
brel5la (bränzeln, ignem olere) u. s. w. Gegen den mittleni 
Nekar 6: spe, ze u. s. w. Dazu die umgelauteten e mit 
folgendem n: schelkel (Schenkel); melsch (virago), PL mel- 
scher; delka (denken), scheXka (schenken), schweXka (schwen- 
ken^ üsschwelka); DeXkingen, Denkingen O. N. zu Danko, 
Personenn. heXka (henken) urkundl. heinken wir unsere si- 
gel 1281 Freiburg; scheinken 1282 a. a. O. 

Diesem Doppellaute gegenüber hat sich das reine e 
vor den Gutturalen und Labialen, Dentalen selbst vor 1, 
m, r in seiner alten kurzen Quantität wie ä erhalten, wenn 
es im Wurzelwort, dem eine andere Silbe anhängt, erscheint. 
Gegged (Gegend) ; Keffit (cavia), Ebbingen O. N. Wiwed- 
del, aspergillum. Grebber PI. v. Grab; Neggl PI. zu Nag- 
gel; Eggesen, Egesheim O. N. Gresser PI. zu Gras. Echt 
alemannisch ist kegglen zu kegen secum trahere, Teufels 
Netz; besonders ligga, legga haben sich im Volksmunde, 
sehr häufig in Schriften erhalten. (Stalder II, 163). Die 
alten 11 (Ij) in den sw. verb. werden scharf gesprochen, so 
dafs e alte Kürze zeigt: schella (schälen), wie bairischer 
Mundart es eigen. See. Gegen den mittlem Nekar hin 
gedent: schelen, zSlen u. s. w. Nicolaus v. Basel: redden, 
reggen, scheddelich, schemmelich u. s. w. Hieher gehört 
auch hepp, hepp! = tolle, tolle! in der Passion, das die 
alem. Ausgabe des Specul. Salv. v. Basel 1476 hat; von 
dem Gesang in der Kirche blieb es denen, welche in der 
Passion die Juden vorstellen und später ward es Schimpf- 
ruf fOr die Juden überhaupt. 

Uebergang des nicht von n beeinflufsten e- Umlautes 
in ei, erhielt sich bis heute noch spuren weise; früher 
scheint es viel häufiger im Brauche gewesen zu sein: lei- 
gen = legen von der Henne; brä leigen vom Acker; älei- 
gen, älaigen (induere vestem); umleiga vom Webergarn; 
und vom Traschlegen in der Scheuer. Baar. Buhlbach. 
Furtw. u. s. w. Die schriftlichen Zeugnisse sind sehr zal- 
reich. Ganz dem heingst, geinzlich, Leinzburg in den 
Züricher Jahrzeitbüchern 89, 78. 6ö entsprechend haben 



53 _ 

wir keilber, in den Predigtmärlein; keigel, treigt (sieh Hil- 
debrand Wb. V, 387); eilzten sun, hantveisti, leizze (Letze) 
in Freiburger Urkunden ; besteitigen Mon. Hohenb. 279 ad 
1385. Es scheint ei = e mehr dem Rheintal, Breisgau 
und dem südlichen und westlichen Abhang des Schwarz- 
waldes eigen zu sein. — In leigen erstreckt es sich' viel 
weiter nördlich^ wo keilber, cheigelkugel unerhört ist. 

Denung des umgelauteten e zu S in Folge Ausfalles 
von g in age, ege ist echt alemannisch, bevorab ist es 
heute noch vorarlbergisch; so in JoUer's Urkunden (Feld- 
kircher Programm) 1377. Liutgarts Leben, Mone, Quells. 
in, 449^; vor allem der cgm. 358, der cgm. 6, cgm. 384. 
Sagen, tragen, legen sind die drei Zeitworter, bei denen 
es Regel; des Teufels Netz hat ai: gelait, trait. 

Eine merkwürdige Wandelung des e findet in einzel- 
nen alemann. Strichen statt; es wird ie, ganz bairischem 
Gesetze gemäfs, vor r: ierger=von arg; iermel (Aermel); 
wiermer, schwierzer; ierben, lierch u. s. w. So vom AU- 
gäu bis Ebenweiler, auf die Alb bis Huldstetten herab; 
eben so in der Rotweiler Gegend, z. B. in Deifslingen. 

Irrationales i schlich sich zwischen wnrz^hafte Conso- 
nanzverbindung. Mon. Hohenb. 205: veronvasten 1305. ze- 
wai 1308 (No. 213), vorgescheriben, gescheworen u. s. w. 
was ganz an St. Gallisches terawid (minitatur) bei Kero; 
gerindela, cherefti u. s. w. bei Notker erinnert. Gramm. 
II, 702. 6. Kirewihe ist häufig; so auch im cgm. 6. 

Schwäbisch -alemannisch ist unorganisches e im Aus- 
laute: knehte, hienge, der hofe, der bischofe u. s. w. Pfeif- 
fer, Germ. III, 67. Holtzmann Nibel. S. IX. 

Erste Steigerung des ä — a. Beinahe wie reines 
o sprechen altes ä (got. ^) die Baiern; ä haben zum Teil 
die Schwaben und die Altwirtemberger; ao ist den echten 
Alemannen in der Baar, wie den echten Schwaben im II- 
lertal eigen. Von Rotweil, Oberndorf nekarabwärts kennt 
man ao gar nicht. Bis Rippoldsau hört man ao; ganz 
wie im alten Kempten. Dieses alemannische ao hat im 
Forigen Jahrhundert schon die Aufmerksamkeit des Her- 
ausgebers des Schwab. Archives, Hausleutner, auf sich ge- 



54 

zogen II,247flP. Er verzeichnet eine Reihe Beispiele aus 
der Baar. ä und ao wechseln oft auf kleinen Strichen 
alemannischen Landes; gegen die schwäbisch -tirolische 
Grenze, FQfsen zu, wird sogar ou gehört: noud.l, doucht, 
afoucha (fähan). Alemannisch im obern Inntal ist ä: äfacha; 
Schwab, foucha, faocha u. s. w. ao mufs früher allgemeiner 
im Gebrauch gewesen sein, weil man seine Spuren immer 
wieder trifft; sogar die Durlachische Wachtordn. v. 1536 
(Mone, Zt. 18, 52) hat schlaoflfen. 

Die alten Zeitw. gän^ stän, län heifsen altkemptisch 
(ganz wie in Mülheim b. Tutttlingen), alem. gao, lao, stao 
ohne Nasal. — ä hört man bisweilen im Tettnangischen 
s^U da (tan), seil ha (han.); überhaupt hat im alten len- 
zisch -alem. Gebiete sich ä heute noch vielfach erhalten, 
z. B. rl^fs, rasch, schnell u. s. w. Die elsässischen breis- 
gauischen, baslerischen Denkmäler schreiben ö = ä; die 
alemannisch-schwäbischen au; wieder andere aa, ganz wie 
Diethelm Keller's Keyserbuch. Das Rotweiler Stadtrecht 
und die Rotweilischen Akten und Urkunden wechseln zwi- 
schen au und aa. Nach dem alten Leiden Christi c. 147Q 
heifst der Dat. PI. räuten zu raut, consilium. 

Eine Verdumpfung in ü findet sich öfter, vor n be- 
sonders. Der Name der Schaffhauser Veste Unoth heifst 
urkundl. Annot 1392; in der Mundart auch noch erhalten 
Aunaot für ein längst abgetragenes Huthäuslein zwischen 
Wurmlingen und Jesingen. Die Citadelle Annot hiefs 
schon a. 1522 Unot, wenn nicht altes unodi = steil, ar- 
duus, band facilis b. Hattemer I, 140 dahintersteckt, ein 
Unuoth bei Meilen, Zürich. O. N. 310. Ganz so bildeten 
sich die Formen von han: ier hünd, sie hünd; günd, ite; 
stün, ufierstün, gelün, begün, bestün im cgm. 358. Heute 
noch hört man süma (samen), krüma (kaufen, kramen), jü- 
mar (Jammer, desiderium) u. s. w« AUgäu, während die 
Baar o, aü spricht. 

Ganz alt klingen noch die allgäu- alemannischen En- 
dungen ar, hell, voll, rein (ahd. äri) : fehlar, muotar, fiscbär, 
schrinar, mürar, sexar, sibnär, zwelfär, guggar, stopfar, 
sesslar, und fesslar u. s. w. so im hintern Bregenzer Wald 



55 

holzlar, Holzschuhe; Pfarrar, krösar = Schwächling; gug- 
gar u. s. w. Auch die Ortsnameu : Siberawilar für Siebe- 
ratsweiler. Besonders schlagend ist milchar, Ochse im Ge- 
gensatz zu Stier; ^erbar gaots^ sagt der Kranke im Äll- 
gäu, wenn's besser wird. 

Noch im Muckensturm bei Rastatt kewar = Käfer. 

Reines ä ohne Umlaut bezeugen noch roubar in des 
Teufels Netz 2144. Rotwilär mess 1349. zobrär cgm. 
370 f. 99? 102«. Ein Lindauer Urbar 14— 15. Jahrh. hat 
Hans Feldar von Dobellj Schönbuchlar Flurn. mesmär 
u. s. w. Ein Lindauer-Schönauer Spitalurbar 16. und 17. 
Jahrh. eine Flur: im Kemerlar. 

Der Umlaut des langen ä ist, dem au, ao entsprechend, 
äu, äi, ai: schao£P, schaiffli; bairli, straifsli, hairli (crinis) 
ganz wie das Wertach -Schwäbische es hat. Ein alter 
Umlaut ist in spaicheln zu Spächen, Spächen (die spache, 
Scheit, Span b. G. v. Strafsb. Fortsetzer f. 6580) = mit 
Spähnen werfen. Hundersingen; ferner in jaimeren, Sehn- 
sucht nach Hause haben. Im alten Linzgauischen Gebiete 
bis in^s Vorarlbergische gilt ämeren, desiderare; ämer, de- 
siderium; tirol. ömer, ömeren „sä hast n* brockcha, sonst 
frist d'r dV amer a loch im asch^! Tirol. Sonst mit j. 
Die Schriftwerke geben den Umlaut stets mit 6 rechts- 
uod linksrheinisch. Das Rotweiler Stadtr. hat ee; das 
Ziiglöggin e; ebenso der cgm. 358. Ein altes ae hat der 
PI. daecht = Gedanken; ganz mittelhochd. wie b. G. v. 
Strafsb. diu däht, daehte 4 und 1774. Das e ist in den 
alten Personennamen ae geschrieben: Blitgaerus, Rihcgaero; 
Bertgaero 774. Wolfgaer(o), Gaervino 775. Hroadgaer, 
Gaerolt 783. 

Gaerningas O. N. Gaersoinde 797. St. GalL Urkdb. 
S. 10 u. 8. w. Vergl. Weinhold §. 35. 

Während auch bei ä unorganischer Umlaut eintrat, 
wie bei ä; z. B. fragen (fragen) im Südabhange des 
Schwarzwalds, hat sich in alem. Schriften ein gewisses 
Festhalten an ä statt e gezeigt: schwärlich b. Oheim S. 
71. 18. Die Lindauer Urbare schreiben v. 14 — 16. Jahrh. 
järlich, sälig immer; die Basler Reohtsqu. swär; das Zit- 



, 56 

glöggl. noch trägheit; des Teufels Netz sälig 1262 
II. s. w. 

Anlenend an die alemannische Kürze des ä scheint 
sich auch auf ä dieses Gesetz unorganisch bisweilen ans- 
zudenen, wie es die Baiern häufiger haben: ja wärrle = 
ja wahrlich! (Schussenried-Aulendorf); gnäddig u. s. w. (je 
merr in des Teufels Netz ist zu vergleichen). Das aus 
mäne entstandene monn b. Mizaldus-Henisch, Basel 1574 
gehört auch hieher. Hat bei den Schwarzwäldern das 
Wort Elsäfs sich in Elsas (- ^) gestaltet, wie noch andere 
anbetonte Schlufssilben mit ai u. s. w. so erhielt sich auf 
der andern Seite altes ä in dannän (Predigtmärl.), vornan 
cgm. 384 f. 1«. Die Freib. Urkd. v. 1273 I, 1, 73 hat von 
dannön. Wie dem Elsdfs ging es dem alten latein. her- 
übergenommenen altäre; das bald schon Alter lautet 1352. 
Mon. Hohenb. 

Zweite Steigerung des a-Lautes: uo. 

Was die Quantität anlangt, bemerken wir auch hier 
eine rasche Aussprache, die den Diphtongen wirklich schä- 
digt: hat das Elsässische teilweise, das Mitteldeutsche vor- 
herrschend nur ü, so bemerken wir bei unsern Alemannen 
häufig sogar ö dafür. In Lindauer Ratsprotocollen i. 1 5ten 
Jahrh. (1437) Pfrondt, Familienname. Gottig, hurtig, guo- 
tig, Nekar abwärts; „louff gottig^ (Baar), modder. Motter, 
Mutter; die Präp. zu (urspr. Adv.) mit dem Artikel des 
MasG. Neutr. zomm bronna (Deifslingen, Rotweil.); i moss 
ich mufs; ir mond, wir mond, Modd (Mut); Moddissear, 
Muotisheer; es geht herum bis Ehingen a. D. Ganz so 
Mudd (Mut); Gmiss, Dille (Duole) u. s. w. (Baar); das 
Grofsdank = Gruofsdank! gegen den mittlem Nekar hin 
ist hieherzuziehen; selbst Schiller braucht es. Ganz zu 
i, e oder Mittellaut 9 herabgesunken finden wir uo : bärfiss 
(- ^) = barfufs. Wiesental. Dormettingen O. N. urkundl. 
1228. Mone, Zt. II, 89 : Tormätingen ; Sulmetingen, Sul- 
mendingen heifst urkdl. 853: Sunimötinga; 1258: Söne- 
mfltingen Zt. III, 9. Emmendingen O. N. Anemätingen 
11. Jahrh. Bermatingen a. 780: Perahtmuatingas vicas. 



57 

St. Gall. Urkundenb. No. 109 u. s. w. Das Mitteldeutsch- 
schlesische: klugg, galt, geuugk (Incunabel, Pass.), trugk 
(a. a. O.), ruffi;e u. s. w. huttvieh b. Tralles; zu mutte (alte 
schles. Leichenordnang 17. Jahrb.) blutt, gemött, behütten 
u. 8. w. kennt das Alemannische nicht, wiewol Anläufe 
dazu in Modder vorhanden. Anderseits haben wir in der 
Aussprache z. B. noch reines brüelen, brüllen; das ausge- 
fallene ch (h) kann hie und da denen, aber nicht auffallend 
wie bei ä: su9t, Sucht; fru9t (Frucht). 

Auffallend ist der echt alemannische Umlaut üe (ie 
gesprochen, da nur wenige südliche Alemannen ü haben). 
Hat der Schwarzwald schon fQr jedes u einen dem Franzö- 
sischen ganz ähnlichen ü-Laut, so haben wir bis weit nörd- 
lich herein üe: mi brieder; mein Bruder; bliet, blüet, Blut; 
blüeten; so in Ebenweiler, Baar fast bis Ehingen -Ulm, 
gerade wie im Elsafs. Lauchert S. 13: „blieten ist noch 
jetzt in der Rotweiler Mundart allgemein gebräuchlich^. Im 
Hinterwald: mei brfteder; Waldburg, Ravensb. ming brieder. 
Damit stimmen die schriftlichen Denkmäler. J. Ruefi 
blüet : gmüet in Adam und Eva 2564. brieder und tech- 
ter, Sing, in der Ueberlinger Polizeiordn. Mone Zt. 12, 49. 
Hadloub LVI, 7: wüetet : blüetet. „da man jetzt blüetet 
nicht bluotet spricht^. Ettmüller. Mitteil. d. Antiquar. 
Gesellsch. I, 50*. 59 *. Sohmell. I, 231. 

Merkwürdigerweise findet man blieten im bairischen 
Walde wieder, ebenso im Duxertal, einem Seitental des 
tirol. Zillertales. 

Nicht umlautend: nao küel! nur stille, sagt der Schöm- 
berger. muod, muad = müde, allgäuisch. 

Ebenso alemannisch ist eu, ei f. uo, ue. Die Baar 
bat bleiha = blühen; breiha, brühen; sogar in Tuttlingen 
breiha, keiha (Kühe); ganz so im Sundgau: wenn der bäum 
bleit In Waldburg (Allgäu): des ist a guete brei = 
Brühe; breiknöpf le u. s. w. i lass a hen breita =ss brüten. 
Dieser Umlaut stimmte beinahe zum fränkischen oberpfälz. 
kaa, PI. keiha = Kühe u. s. w. 

Das groin ( ahd. gruoni ) bei Brunswick und grön im 
cgm. 384 f. 1^ weist eher auf den Sund- und Breisgau; 



58 

um Breisaeh beute noch oi gesprocheo. Einige breisgaui- 
sehe, elsässiscbe Schriftwerke setzen ü = uo, ganz mittel- 
deutsch; um den Nasal zu vermeiden, hört man im Tett- 
uangischen du = tun. Wielandsweiler, 

I. 

Wie bei ä alte Quantität beibehalten wurde, so bei i 
und seiner Brechung e. »der kurzen i haben wir noch 
recht viele behalten" sagt Schweizer -Sidler in Kuhn's Zt. 
XIII, 376 vom helvetischen Alemannien; ganz so rechts- 
rheinisch. 

Der badische und wirtem bergische Schwarzwald, die 
Baar, zum Teil das Allgäu, haben diese Kurzen: birra 
(Birnen), birrabomm; rigg.l (Riegel); igg.l (Igel); digger 
(Tieger); gibb.l (am Dache); schmidde, schiniddebach noch 
in Wurmlingen; schidda (Korb); strigg.l (Strigel); widdbö 
(Wald); widdam (dos; Pfarrgut); hirra, stirra, wissa, fridda 
(pax); glidder, gliddet Partie, u. s. w. bissen (bisön). Be- 
sonders sibba (siben); disser, disse, disses u. s. w. Dem 
alten Verb {-{• ligjan), liggan entspricht immer noch das 
heutige liggen, ligg (Imperativ) u. s. w. Die alemannischen 
Schriften wimmeln von Zeugnissen für dieses beibehaltene. 
1. Nicol. V. Basel: unfridden, friddelich; bidderwe; nid- 
der, harwidder. Die Weist. IV oft liggend gut, liggende 
gueter S. 275. wissboum 394. Also noch ganz wie in Amt- 
zell im Allgäu und im entfernten Simonswald es üblich. 
Ganz besonders ist i im alten alem. digge aus gedigene 
= Gau; sieh Wb. nidder und widder keren wie im Volks- 
munde, so in volksmäisigen alemanischen Schriftwerken an- 
zäligemal wieder. Die Pforzheimer Flöfserordn. v. 1501 
(Mone, Zt. 11,270) hat Nidderlande. Das Habsb. ürbb. 
wissinen S. 113. Die Mon. Hohenb. die niddern veste 1395 
(778 u. s.,w.). Ganz so die schles. Sprache widder, nydder 
u. 8. w. (Passion). 

Wie durch Kürzung neue a aus ä erwuchsen, so neue 
1 aus i. Vor allem nenne ich die aus lat. 6 entstandenen 
ie, i in Ziegel, Spiegel die zigg.l, spigg.l, wie das obere 
Saartal sie ebenfalls erhalten hat. Vergl. Mone, Anzeig. 



59 

VII, 120. Ferner Hille (ahd. huliwa) vereinsamt; bill (ahd. 
bubil) „im holzbill" schreibt das Wendelsheimer Urbar. 
17. Jahrb. frittig (Freitag); witter (weiter); Nicol. v. Ba- 
sel belegt dieses Gesetz oft: friggen willen; darwillent; 
onne lidden; siddar, aidder; von dem wibbe lidden u. s. w. 
Mündlich hörte ich dissel (Deichsel); ghitt (gheit, gereut 
verdrossen, Part.), zitt, witt, diewill u. s. w. Baar. bitt 
(Beicht) ist häufig. 

Die Worte milli und killi, zwill (Ebenweiler), kille 
(Nendingen) = Milch, Kilch, Zwilch sind echt aleman- 
nisch verkürzt (milli ist auch bairisch). 

Diese Kürze hat aber wieder als Gegengewicht eine 
Denung, wenn n folgt; den Nasal vermissen die Allgäuer, 
daraus entsteht l: zis (Zins); i bl (ich bin); schlhut (Schin- 
hut); gwl (Gewinn); kl (Kinn); zl (Zinn); ftster (finster); 
wissela (winseln); lisa (Linsen); bisa (Binsen) u. s. w. so 
im AUgäu, in der Baar spuren weise; Deifslingen, vor m: 
ftf (fünf); „dear kä me afs fife zella'^ Tettnangisch. Ein 
Teil des Seegebietes, des Allgäus bis Saulgau (Königsegg- 
wald) sucht bekanntlich die Nasalierung durch angehenk- 
tes g an n zu verhindern und reines t bleibt (ming, ding, 
sing zu vergl.): zings (Zins); lingsa (Linsen) u. s. w. Das 
Gebetbuch von 1454 (Kloster Stetten b. Hechingen) hat 
anbeging, was vielleicht ebenfalls auf diesem Gesetze be- 
ruht. Ein dritte recht alemann. Fall ist die Diphtongierung 
des in, so dafs welter (Winter) Nendingen; reisa (Rinsen); 
keid (Kind) a. a. O. Tuttlingen; bei*) (Bine) erscheint; i 
bei = sum geht vom Heuberg bis in die Nähe von Ro- 
tenburg und Horb. 

Daneben besteht alemann, und fränkisch -alemannisch 
e: ked, stemm, denta, semmere (Simri), lenk; weter (Win- 
ter) u. s. w. Das Saulgauer Gebiet versteigt sich bis zu 
ä: fänster, känder und vor r: kärcha, kärbe u. s. w. was 
einem beinahe fremd klingt. 



*) Neben mhd. bie, ahd. pia stf. gab es nicht nur die im Althochdeut- 
schen neutrale Nebenform mhd. bin, ahd. pini, sondern weiter auch mit sw. 
fem. Form ahd. pinä (bin&! Lorscher Bienensegen). Pfeiffer Germ. Neue 
Reihe I, 81. 



60^ 

Ebenfalls wie bei ä schädigt ausgefallenes h, ch die 
alte Efirze: rlta (richten), bita (beichten), bit (Beicht), 
gsit (Gesicht); grit (Gericht), s hit (hiebt, sonat) zu jehan 
(haihan +)) briia (berichten), schllta (schlichten), glter 
(Gichter), gwlt (Gewicht) u. s. w. Deifslingen. Rotweil. 
Baar. Vor ausgefallenem r: wit, witl (Wirtel) n. s. w. mehr 
bekannt. 

Man suchte vor r die Denung mit ie zu geben; da- 
her die alemannischen hiern, hierzin (Adj.) schmierb; ge- 
schierr, gierstin u. s. w. cgm. 384. ierrung in Vorarlberg, 
ürk. (Joller 20) ad 1388. Ob mit dem ü statt i vor r 
wol auch eine Art Denung oder eine Verdumpfung ange- 
deutet worden sein dürfte? Alem. Denkmäler lieben es. — 
Vgl. Rotweiler Stadtr. 31. 32. Ebenso in Liutgarts Leben: 
würt. Weinhold §. 32. 

Eine echt alemannische Eigenheit ist § für i zu setzen 
in vech, veah = Vieh (faihu got.) ; es lassen sich so ziem- 
lich die Grenzen darnach abstecken. Ganz entsprechend 
haben es die rechts- und linksrheinischen alemannischen 
Schriften, z. B. Jünger rech 1322. Mone Zt. 13, 241. veche, 
Mon. Zoll. I, 1379. Müllifäch 15. Jahrb. Züricher ürk. v. 
Frauenmünster. Weist. IV, 305. 309. 317. 339- 1, 205. EUd- 
loub XXII, 2: v6 : ^. Die Edlibacher Chronik : fech (70). 
Die Constanzer Schirmred 1524: fach, fe und föch, Schwei- 
zer-Sidler in Kubn's Zt. XIII, 375. Dieses bildet den 
Uebergang zu der 

Brechung von i — e.. 

Dieses e sprechen die Bewohner des südlichen und 
westlichen Schwarzwaldabfalles wie a; sieh oben; z.B. 
echt: öbrangete gierfta, unberegnete Gerste; i will dier zug- 
sangotta = Gesegne Gott trinken u. s. w. Frafsa (ELrot- 
zingen), die auf der Höllensteig (Staigemer): „du bist a 
Drack^, worüber sich die östlichen Nachbarn lustig ma- 
chen; also hier die Grenze zwischen ea und a. Auf der 
Alb begegnet uns heute Zwifalten O. N., das urkundl. Zwi- 
veldea 1255, Zuwivildea 1274 lautet. Mone Zt. in, 199. 
Man kann die Breisgauer und Markgräfler nach drak, na- 
bel und spack abgrenzen. 



i 



61 

Die zweite echt alemanniscbe Aussprache ist ia: mial 
(Mel), Rotweiler Gegend: mialverderber, Spottname des 
Bäckers; iassen (Itan) im Allgäu, Ebenweiler, Waldburg 
und von Tuttlingen bis Ehingen; iassbeeri, Erdbeere, 
stiarnli; dähiar; wiart (wert), giarn; wiar (quis), siazgi 
(sechzig), niana (nirgends), diar (der); hiard; zö gscbiana 
Sacha u. s. w. biarhämmisch (sieh Wb.); fiald; all wiag; 
es iacht mV nüt (Bodensee), stimmt mir nicht, iabba, eben; 
Qberzwiarets (überzwerchs) u. s. w. Daran lent sich der- 
selbe Laut fär ä aus a in iägger, jägger (agri), Nendingen. 

Die dritte Aussprache nicht mehr spezifisch, aber doch 
vorherrschend alemannisch ist ea, während die Schwaben 
und die Baiem reines 6; die alem. Franken am mittlem 
Nekar meist ä sprechen, ea bekommt alte Kürze wie e, 
1, ä; daher weabba (weben) leabba; seagga, eassa, neabbl, 
neabbl mändle, geabba u. s. w. neben dggga (Baar), seggiss 
(Sense); beattler, residuae mensae; Oberstdorf. Schwab. 
loibete. gleanna (Gleve, gläne, lancea) hat sich diesem Laut- 
gesetz unterzogen, als ob i zu Grunde läge; die Hetzen 
gebranchen das Wort fQr Spiefs bis heute, schefia (sili- 
qaiae), Weingarten ; Sbba nia, ebba woU ; lebba, lessa, bessa 
in Engen; sureggert, Flurn. von Äsen; 'n lebbiga schobba 
(schäumendes Glas Bier), in Oefingen (Baar). „Zum ebba 
hin^ auf Besuch (Lichtstube) lene ich hier an. Bei fol- 
gendem n: i häs gsenna = gesehen. Tuttlingen. Die schrift- 
lichen Belege fOr e (i-e) sind zailos. Z. B. vessen, Villin- 
ger Chronik II, 90 <* (Mone, Quellensammlung); lessa, Mo- 
num. ZolLI, S. 110 (ad 1302), verwesser bei Joller S. 107 
ad 1423. Scherr, talpa, Incunab. Voc. 429. Regensb. alem. 
DiefenbachNov.Gloss. 126 u. s.w. Lebba, gebbaNic. v. Basel. 

Für ia, ie: die Mon. Hohenb. bringen gieben, miesses 
(Messes) siebzehn, gieltes, riechtes; in diem riecht, wielt- 
liches geriechtes; Wiermenwag, gegieben u.s. w. (vgl. Wein- 
hold S. 61). Aus einer Kirchberger Urkunde von 1304. 

Das alem. Steag = Stiege (Tandarois und Floridibel. 
Hamb. Hs.) ist der Ref. Schrift, Schirmred von 1524, Con- 
stanz, auch eigen „Stegenfetz^ = Stiegenhader. 

Der Brechung entgangen gibt es alemannisch mehrere 



t)2 

i: liderin sehr häufig; im Rotweiler Stadtr. lidern, gerben; 
liderer, Freiburger Körschnerordn. 1510. Mone Zt. 17,55; 
sticken, Stickholz = Stecken, Rebpfäle. Breisgau. Lindau 
„Stickelzoller«. Forer hat Gefüll v. Fuchsfell f. 56«. wich- 
sein, verwichsein. Freib. ürk. 1327. visiner Garben in der 
Constanzer Chr. Mone, Quellens. I, 337 *. — Oestlich vom 
Feldberg haben sie Schmirzeler, geiziger Mensch, zu 
Schmer. 

Die Brechung in ei, ai ist vereinzelt. In den Weist. 
IV, 311 erscheint fey (Vieh); der baslerischc Spiegel der 
Behaltnus (echt alem.) hat „smeylzet^ (schmilzt); die Baar 
spricht sogar noch bairgli, Berglein; schmale waigle; beim 
hairter (Hirten) u. s. w. 

Erste Steigerung des i — i. 

Das alte i erhielt sich bis heute mit kleiner Ausnahme 
in unserem ganzen alem. Gebiete. Die Baar gibt auch 
hierin wieder den Ausschlag, wtnäta (Weihnachten); bita 
(beichten); in Lofienau noch hufisen als Flurname; schntder 
in Rotweil wie im AUgäu und westlichen Schwarzwald. 

wi, Rhi, di, mi, si neben wing, ding, sing u. s. w., das 
selbst noch Tuttl. in minger zu haben scheint = niemer. 
'n äwis gea (Anweisung geben) Heuberg, Wehingen, ^ger, 
Weingarten, zit, wit, ghit (verdrossen) libli, liblisdascbe 
(Westentasche); libe (Walkmühle) majapfifa (Engen); 
wiehseln, Weichsein (Schramberg), bigl (Beil); risbli, bir- 
karis (Waldburg) u. s. w. Eigentümlich ist die Abwechs- 
lung: gsi Tuttl.; gsel schon in dem eine Stunde entfern* 
ten Nendingen. 

Merkwürdigerweise spricht man alemannisch lieber 
Eisna für Isny, O. N., urk. Isinun, ze Isinin (1300). Wie 
nachhaltig dieses i in den Schriftwerken und Volksmund 
Alemanniens wirkte, ersieht man aus der Tatsache, dafs 
es sich spuren weise bis Rastatt und Baden-Baden, links- 
rheinisch sogar bis in die obere Saargegend hin sich be- 
wahrt hat. Hier ist noch mide, nid, ifer, bi, schin u.s.w. 
volküblich. In Oberschwaben reicht es bis Anlendorf, den 



63 

Hinterwald. Auf dem Schwarzwald ist ohnedies i erhal- 
ten östlich bis Öberndorf ins Nekartal; die volkstümlichen 
Schriften weisen es bis in's 18. Jahrh. herein auf. Die 
Rotweiler ürb. strotzen bis an's Ende des 16. Jahrh. da- 
von: das Stadtr. 2. Redakt. 1545 wechselt schon mit ei. 
Bis Kempten erhielten sich die langen 1, ü; nördlich da- 
von im Schwäbischen kommen frühe ei, au an deren Stelle. 

Im allgäuischen Gebiete vermied man die Nasalierung 
des t durch Auswerfung des folgenden n oder Anhängung 
des g an n, wodurch eine Kürzung entsteht, wie oben an- 
gedeutet ist. Die Alemannen des westlich vom Allgäu 
liegenden Gebietes machten gern aus in = ein e(n): dre, 
ekouffa; efafsen; we (Wein); (gwe Gewinn läfst ein Volks- 
reim der Baar reimen); fe (fein); oder aber, es wird rei- 
nes ai gesetzt, das einen grofsen Teil des Schwarz waldes 
sogar den Hinterwald bei Aulendorf beherrscht; beide sind 
oft neben einander landüblich: mi vadder und mai vadder; 
wai (Wein), [:;sai; ganz so in Königseggwald, Waldsee, wie 
in Triberg; bai Gott und bt Gott! rai, herein. Diesseits 
des Hinterwaldes wib, gsi, jenseits waib, gsai. Das alte 
gesin, der Merker für alem. Sprache, machte also die Ge- 
staltungen in gsi, gsai, gse, gsei durch; wo gsi aufhört 
nördlich und gwea anhebt ist alemannisches Idiom zu Ende. 
Daher mufs man einzelnen echt alemannisch gelegenen Or- 
ten wie Oberstdorf d. Markt ihren reinen alem. Charakter 
absprechen; es sind Mischleute schwäbischer und alem. 
Zunge. Das ai für t auf dem westlichen Schwarzwald und 
im Sundgau intoniert fast fränkisch. Das Neuw Testament 
(vor 1521) von ChristoflTel Froschouwer gedruckt hat dem 
gemäfs: auf baytt f. 7^, glaichnufs f. 41^, wayn (vinum) 
f. 82», raych f. 124* (dives) u. s. w. 

i tritt im Schwäbischen bisweilen, im Alemannischen 
häufig in Schriftwerken als ie auf: wienachtbrot Wst. IV, 
285. tiechsel 117. 415 (ad 1469); diechsel, Keyserbuch D. 
Kellers, viertag, des Teufels Netz ; ziett cgm. 384. wieche 
(Weibe), Spiegel d. behaltnus f. 27. Vergl. Gramin. 1(3) 
163. 223. Mündlich: diessel, diechsel, diexel oft, südlich. 



64 

und westlich. Schwarzwald. In der Höllenstaig reines disla; 
wie diseln Wst. IV, 509 (ad 1432). Vgl Schweizer-Sidler 
in Kuhn's Zt. XIH, 380. 

i statt ie bei den redupl. Ztw. : verfing, ging, empfing, 
hing u. s. w. weist mehr auf breisgauiscbe und linksrhei- 
nisch-elsäfsische Schriften. Sieh Flexion. 

ie haben die Fremdwörterendungen im Rotweiler Stadtr. 
und cgra. 6: gestudiert f. 20*. 

Die bekannten i leben noch vollauf im Schwarzwald 
bis Oberndorf, Rotweil. Z. B. Schnuderbeeri (Mehlbeeren), 
Steinbeeri (Preisseibeeren), Nusterbethli (Rosenkranz) in 
Höchenschwand. Sübli, echt rotweilisch; Franzili, Eil- 
kli u. s. w. 

1 wird oft sehr kurz gesprochen, als ob es ursprüng- 
lich 1 wäre, gittig (mhd. ebenso) gierig, rasch, schnell im 
Essen; der gitt, Gie;*, Geiz. Altglashfitten. 

Zweite Steigerung des i — äi. 

Die Baiern haben mit den Alemannen die Aussprache 
oa für ai gemein ; während die schwäbischen und fränkisch- 
alemannischen Sprachgesetze oi aufweisen. An der ober- 
schwäbisch-alemannischen Grenze wechseln oa und oi. 
Spricht der Alemanne oa auch noch so gut, so echt wie 
der Baier bringt er es nie über seine Lippen. — Beispiele: 
Oach (Eiche), Soach (Saich), woach, Loach (Fischlaich); 
Schloach, Handel (Heuberg), wetterloachna, bair. himmlizen. 
Waldburg : Roas, Rinne von Wagenrädern, Geleise ; Rinn- 
graben als Wisengrenzen. Häufiger das Diminutiv Roasle. 
roasa, solche Rinnen ziehen; groaslet gefurcht, besonders 
von Zeugstoffen auch üblich. Horber Gegend, bloata, be- 
gleiten, floaschlaos, einen immerwährenden gierigen Ap- 
petit habend (Horber Gegend). Oacherle (Eichhörnchen) 
Moassaschlagg (Maisenschlag) ; Hoaterbach, O. N. koab; 
koaba- Wetter; Hoaddla (Heidelbeeren), oaschen (eisc5n 
ahd.) Gitzastoag, O. N. bei Lainmau; im Riefs ebensa 
Diese oa werden alemannisch sehr kurz gesprochen. Folgt 
n, so ändert sich die Aussprache. Ein Teil der Aleman- 
nen haben 6a, nasaliert roä (Rain), boä (Bein), stoä (Stein), 



6 5 

alloä (allein), i moä (meine), koä (keinen), gmoäd (Gemeinde) 
u. s. w. Laimnau der O. N. heifst Lomma. Die Wasser- 
burger sagen böa (Bein), stoa, kloa u. s. w. ohne Nasen- 
laut. 

Echter alemannisch ist ua = äi: duag (Taig), kibüa 
(Kinnbacken), schibüa (Schinbein), Wielandsweiier. kuan, 
nuUum, da gmüana a. a. O. duaget (taigicht), zuachnet 
(zeichnet) ; fuass (faifst), fluasch (Fleisch) ; ua (Ei), guassa 
(Gaifsen), huafs (heifs), huam (heim), muaster (Meister),- 
wuafsts (weifst es), wuassa (Waitzen) u. s.w. So die Baar, 
die Rotweiler Gegend. H. Wolf tadelt den Suevus, dafs 
er nua (nein), nagga spricht. Pfei£P. Germ. I, ] 62. Aus der 
schnellen Aussprache des ua mit oder ohne folgendem 
m, n gestaltete sich gar ö allein und &, z. B. hoggäta, 
häggäta = Heimgarten „z' häggäta gau^. Ebenfalls ä: 
hällaos (heillos), hälgle; mit folgendem n: kö hurig häsli; 
ko schand; kö pfaffer; we onn (ainer) ist, schaffte u. s.w. 
Dieses o, ä lebt neben ua in dem östlich vom Schwarz- 
wald gelegenen Lande. 

Wo kein Nasenlaut statt hat, im Allgäu treffen wir 
ui = äi. Uidirna, Einthürnen. O. N. bui, stui, allui, rut 
(Rain): a ruile nä trola (hinabrollen); a hüsli am rui, nui, 
uifältig, kui, muitweaga, huigadda, verbuit (verbaint), huinza 
(Heinzen, zum £[leedörren), zuina (Zaine) u. s. w. „Ulam 
ist uyna, kempta die and^ sagt der Schwab in der Wette 
zu Frankfurt. Schorer Chronik v. Memmingen S. 7. In 
dem Kletgauischen treffen wir ä — &i. Flurn. aus dem 
Schaffhauser Bezirke: Achberg (Eichberg) in Unterhallau; 
Atlingen (Eitlingen), Rä (Rain), Hangarte, Lägrueber in 
Trasadingen, manad, fal, lätere, beim Hädabom (Beggingen) 
Stamfire, Stäwise, Schläpfe, Gmändhus, Stäg u. s. w. Die 
Talkletgäuer so, während die benachbarten Schaffhauser 
ai behalten. Im Loffenauischen , in der Gegend von Hei- 
ligkrenztal noch Anklänge von ä: raniga (reinigen), i wafs 
nett (weifs nicht) u. s. w., wozu die Stellen kanam bruder, 
an äner wisun; hämstör, mit anander. Mon. Zoll. 1310. 
1319. zum bälgen römschen rieh, Hist. Volksl. 11, 26, 20. 
Des Teufels Netz 1541.2382.2593 ebenso. Vergl. dazu 

Birlinger, alem. Sprache. 5 



66^ 

die elsässischen haiig, urtäl im Hohenlied v. Haupt; Feo- 
dor Lech Germ. 1. e. Weinhold S. 37. 98. 

Echt alemannisch ist e — äi, obwol fast nur mehr 
aus Denkmälern erhalten. Das Vorarlbergische und spu- 
renweise die Baar haben heute noch e: gme (gemein), da- 
hem, gment (gemeint), emer (Eimer, z. B. Milch) rS (Rain) 
alpmester u. s. w. Frommann II, 565. helgle. Heiligen- 
bildchen noch da und dort, klen, klein Wielandsweiler. 

Felix Faber^s Pilgerbüchlein hat a neben e : loid, hoim, 
stoin, geschroi, noin neben holig, vom holgen stul u. s. w* 
und e : heligfart u. s. w. Das Zitgloggl. hat heiige Schrift, 
die heiige cristenheit u. s. w. Agnes H^ligenstain Mon. 
Zoll. 1258 S. 73. Wecelo comes de Hegerlo. S. 7. Das 
Dienstmannenrecht v. Basel heiig; Rotweiler Urkd. 1487: 
Heligencreuzort. So die Weist. I, 43. 128. Züricher Mit- 
teil, d. Antiq. Gesellschaft III, 4. IV, 1. Die Strafsburger 
lieben e in heltum (Geiler); Brunswick schlgger (Schleier) 
seh weis, dryerl^g u. s. w. Das Rheinfelder Stadtr. gelScb 
(Glaich), gescheden, bescheidenhet u. s. w. zanflesch, Vo- 
cab. (Donauesch.) hs. No. 56. 

Ai in den Zeitwörtern säjan, dräjan, majan erhielt sich 
alemannisch und schwäbisch: im Alemannischen gegen dem 
mittlem Nekar zu erscheint ä, im Schwäbischen wechselt 
ai und ä oft auf ganz kleinem Gebiete. 

Die echten Alemannen legen den Ton auf ä oder äi: 
drä-ja, nä-ja, ma-ja^ sä-ja oder dräi-ja, säi-ja u. s. w. So 
z. B. in der Gegend von Allerheiligen, in Buhlbach, auf 
dem Allgäu, Waldburg u. s. w. Man meint darum in 
Baiersbronn schon, man habe pfälzische Anklänge und In- 
tonation dort, na-in wird ganz wie sä-ja gesprochen. In 
Altheim bei Horb ist noch äi zu linden, während in Wurm- 
lingen schon ä vorherrscht; dafs es aber auch hier ge- 
wesen, ersieht man aus Saigoafs.l = lange Gaisel beim 
Pflügen; Saigät = Sä-egert. Auch die Aussprache um 
Lindau stimmt ganz mit dem Rotweil, gnaiet, s waidd uffer 
(Westwind) u. s. w. Aber kaum eine Strecke westlich am 
Bodensee haben sie reines eij = sei-ja, mei-ja. 

Die schriftlichen Zeugnisse fliefsen zahlreich. Geiler 



67 

schreibt ey: anweyeo, umbweyen, seyeD, kreyen; im Kirch- 
bergischen bei Haigerloch mufs ei vorherrschend gewesen 
sein; eine von dort stammende Aureliuslegende 17. Jahrh. 
hat geseiet. Die Weist. IV, 82, 212 = ey. — ay ist so 
ziemlich den meisten Schriften gemein. Rotweiler Stadtr. 
1,33. 

Das tonlose -heit ist bekanntlich zu ot herabgesunken; 
alem. Schriften und Landstriche haben volles a dafiir, wie 
Vorarlberg und andere: krankät, hoilkat, foulkät, waorat, 
bosat; oft 6: krankot u. s. w. Ganz so der cgm. 358: 
warhat, hailkat, hailkäta, gotthät u. s. w. Sprache des Rot- 
weil. Stadtr. I, 33. Die Predigt im Archiv f. neuere Spra- 
chen 49. Bd. S. 357 £P. hat diese Gesetze. Ein Gebetbuch 
V. 1454 aus Stetten bei Hechingen hat -ke: süfsike, mil- 
tike, hochwirdike, gerechtike u. s. w. 

Ai, unorganisch begegnet alemann, flir uo, o: Sairg 
Liutgarts Leb. 452«. tairggel, torcular, Constanz. Chronik. 
Mone Quells. I, 347« und Vocab. hs. 57 f. 9« (Donauesch.); 
kairn, Ueberlinger Statut 15. Jahrh. Mone 17, 159. gebai- 
ren (geboren) 1467. St. Blasien. Mone 6, 111. herbsthain 
(uo), vasnachthain. Weist. I, 406. (Burbach),- die Lindauer 
Fischerordn. 1574 haben zainft (Zunft) u. s. w. hirz hairn. 
bs. 20291, Germ. Mus. f. 9«. Unser Vaihingen (Enz) heifst 
1297 Vogingen. Pfalzgrafen 309«. (Vergl. Augsb. Wb. 
362*). Unsere Staatswaldung Schönbuch, oder wie der 
gemeine Mann sagt Stoäbach hat ursprünglich ein ai: in 
Silva Schainbuoch 1191. Schaienbuch 1298. Schaigen- 
fouoch 1304. Scainbdch 1301. Schaienbuoch 1334. Schon- 
buch 1320. 

Der Schaichhof ebenda hat ai aufbewahrt. Das alte 
&\ (schon ei im 9. Jahrh.) in Spaichingas 817. W. Urkb. 
No. 79 soll nach Stark, Germ. Neue Folge I, 116 auf 
Specius (colonus) einen Personennamen gehen. Heute oa 
entsprechend altem ki: Spoachinga. 



5» 



68 __ 

U. 

Kurzes u. 

Auch hier alte Kürze erhalten gleich a, e, i: glaffa, 
buddili (Händehen), tugged (Tugend), nuddla, Seela-nuddla, 
ein Art Backwerk, am Charfreitag um den Gekreuzigten 
gelegt, um so die Weihe zu erhalten; ruffa (pustulae), stubba 
(Stube); strudd.l, strfiddele, uffer (Ufer), kugg.l, küggele; 
ebenso die Umlaute, um sie hier abzumachen die Quanti- 
tät anlangend: dürre (porta), schöbble (Schub), übber; 
Mulla O. N. Mülheim a. D. Der O. N. Thürheim (Baar) 
lautet Dürrheim; Fürrhopfa ein Oefinger Flurn. Baar. 
Leirakibb.l (Kübel), Spitzname mehrer Orte. Daher ge- 
hört das hauensteinische hurren (mhd. huren, hier ü volks- 
etymologisch angesetzt) = niederkauern. Elsässisch tritt 
auch bei einsilbigen Worten Kürze noch ein: stubb, kun- 
kelstubb, Maistubb, Gweltstubb u. s. w. Aehnlich bair. 
stubbn. Zu Stubbe sieh Weinhold §. 156«. 

Dieser beibehaltenen alten Kürze gegenüber gibt es 
ursprünglich kurze u, die einer auffallenden Denung erligen, 
besonders vor ausgefallenem h, r: früt neben früet (Frucht); 
züt neben züet (Zucht), süt und süet (Sucht) ; brü (Brauch, 
usus) bü und büo (Buch, Wald) sieh unter ch (Baar). 

Im Allgäu mufs der Nasenlaut vermieden werden; n 
fallt weg und u wird ü. Dieses Gesetz herrscht sogar 
noch um Rotweil, „üversucht schmeckt itt* Red. Art. 
(Deifslingen). üglaiti uar, ungelegte Eier, du üflätl im 
obersten Schwarzwald, Schelte, übfitändig, schü (schon) 
üverständig; nüz, nüdz (nunz, nichts) üheil, üglück üver- 
nünfbig, üwealtle (Allgäu) superl. Adj. = sehr; üdreafser 
kneat, wilder, roher, unzufriedener Knecht (Tettnang). 
ümenschle, nü (nun), üruhig (unruhig); d' süsfrou des Sohns 
Frau (Donauesch.). Die Wasserburger sind d' Nüaza. Spott 
(nunz). Wielandsweiler. Oder aber ü bleibt kurz und an' 
n tritt g wie bei ming, ding, sing u. s. w.: ung-gschickt ; 
ung-verläfslich u. s. w. 

Alemannisch -schwäbisch ist die Denung des ü, wenn 



t)9 

folgendes r ausfällt, dann vor r überhaupt, wenn es stehen 
bleibt: hüt (Hürde); besonders von F^ldgrenzzäunen alem. 
üblich; büt (Burd, BQrde), i hö mar gfücht, gefürchtet. 
Guotachtal, Triberg. Rein bleibt u wo andere o haben in 
sumpf, strumpf, hung, suma, gwunet, sogar Künrad das 
vom Volke für u betrachtet und nordalem. Ö9 gesprochen 
wird: Köaret. Anderseits hat selbst die Baar o =: ün: 
pfond, höd, ston; öglik, öheil, höaner (uo) Tuttl. 

Eine Denung des ü in Position hat das Alemannische 
mit dem Schwäbischen und Bairischen gemein, wogegen 
nordalem. Gebiet nichts mehr aufweist, grüsten (in der 
Rumpelkammer herumarbeiten), grüstkammer; grüshess; d' 
schüsa (die Schüssen, das Wasser) küza (Kotzen), Tett- 
nang. s^ dürnet, donnert. 

Der Efslinger Druck von Peter Nigers Stern Me- 
schiah durch Conrad Feiner 1477 gibt diese echt schwä- 
bische und nur teilweise alemannische Eigenheit mit ue, 
wo e die Positionslänge andeutet: luest, gekuest, suest^ 
thüer u. s. w. Besonders bei e und i betonen es die 
Schwaben. 

Wie bei a so fehlt auch bei ü der teils organische, 
teils heutige unorganische Umlaut: g'schmuckt, g'schupft, 
verrückt. Altglashütten, mugg, muggagift, muggaschnap- 
per, nufea (Nüsse), stuck, kru^ga, rucka, lufta, drucka, 
nutza, kuche, ruckroafs (RücJcreise) ; alem. burdi = Bürde 
(Sonthausen, Baar), Personenname in Saulgau; ruckweg, 
ebenfalls im Wisental. ruckenwald b. St. Blasien^ rucka- 
krebs, Rotweiler Urkd. 1567 (militärisch); a-n-alte krngga 
in der Baar = altes Pferd; fauen, kreuz krucken getra- 
gen. Rotwei^er Gftltbuch 17. Jahrh. by zwayen rugken 
lf»79. Waidbuch a. a. O. der stain hat ain krugken a.a.O. 
ain »it stainlin mit aiuer krugken a. a. O. Muckenloch, 
Fiurn. Alpirsb. Urkd. ain brugk Über die Eschach 1526. 
Schramb. Urkd. Ebenso des Teufels Netz und das Zit- 
glögglein. Augsb. Wb. 418. 8. Vgl. Grimm Wb. H, 415, 
Mhd. Wb. I, 266. Anzeiger für Kunde d. Vorzeit, Nürnb. 
1858. Sp. 81 (Keller). Als Flur- und Waldname heute 
noch sehr üblich ist Saurugga. (Deilingen). Der Umlaut 



_7n^ 

tritt oft ein, wo die Schwaben oder sogar Alemannen selbst 
ihn nicht haben: das, klumsen heilst im badischen Schwarz- 
wald glömsen. Guide (Gulden) Kinzigtal, wie bairisch 
(^ildej); in Rastatter Gegend gilt Guide schon als frän- 
kisch. Ueberhaupt sprechen die badischen Schwarzwälder 
u gerade wie die Franzosen ihr u; es däucht jedem als 
Umlaut. Der die Alemannen kennzeichnende Umlaut Qns 
(uns), unser, is, eis beschränkt sich nur auf unser Gebiet, 
nicht auf Schwaben; noch bei Landeck im obern Inntal 
haben sie uns, unser. Wackernagel in s. Bruchstücken 
„Nibelungen'' macht auf die Umlaute Günther, kürzewile, 
sfln wende, uns u. s. w. aufmerksam S. 42. 

Folgt n auf ü, so mufs entweder i daraus werden 
oder ei: deikle (Tünklein) in d. Baar = Suppenschnitten; 
keista (Künste); was zu Graund, Flurn. in Grosselfingen 
(Grund), aünner (unser), Muggensturm; raünsen (Rinsen), 
braust, kaust gehört, das mehr der nördlich alemann. Grenze 
zu üblich. Oder ün = en: spreng, kenstle, sed (Sünde) 
u. s. w. Sogar ü zu e: zwao therra (Türen) Tuttlingen^ 
ferrfuefs, schelten die Lautenbacher die Schramberger = 
Fürfüefs! ür — eir in deyr birra = dürre Birnen. Ganz 
wie in dem Neuw. Test, (vor 1521) feunf, feünfzig 101«. 
zukeunftig 17«. 29«. Kifslegger Klosterrodel; zu ie, ia: 
dier, dürre, dem entsprio^t ttire, = dürre b. M. v. Lin- 
dau; sonst auch scherb in der alemann. Küohensprache 
(Berner Kochbuch), gfiat (gefarcbtet) fiata, fiarta Zeitw. 

Einige unorganische u statt i, o treffen wir alem. in 
bussen (Bissen, Brotbissen) vom obern Nekartal bis Wurm- 
lingen, Rotenburg; kunder (Kinder) zerstreut alem. furella 
(Forellen) Weingarten, Ravensburg; vor r treffen wir u f. o 
auch bairisch oft sehr rein gesprochen. Die Rotweil - 
Schrambergischen Urbarien und Gültbücher haben krundte 
f. krinne, fissura häufig. Sieh Wortschatz. Wuche, wn- 
chentlich ist so gut schwäbisch wie alemannisch. Eine 
auffallende schwäbische Analogie haben wir in fusch, Fisch; 
bis Böhmenkirch heraus üblich. 

Das Wort Zollern heifst schon a. 1111 Zulrä. schmur- 
ris neben schmorris, sieh Wb. Echtalemannisch ist hug- 



71 

gen = sich niederkauern, niedersetzen; Schwaben kennt 
nur hocken. Schmeller führt ein hucken aus dem Gebirg 
an ; niederdeutsch auch nur u. Besonders ist alem. einhug- 
gen, eingehuggt von Liebschaften landläufig. Im Hinter- 
wald bei Guttl Gupfer sprich, d. h. Gutt (Gott) versprich 
(ut ita dicam) in Deifslingen, Rotweiler Gegend; dusa(Dose) 
buUa mä (Geist) = Bollenmann; bis nach Ehingen auf 
der Alb hinab, futt (fort), gunna (gönnen); wulken noch 
spuren weise, ganz wie Weifsenbach und D. Keller's Key- 
serbuch schreiben: schwum im St. Gallischen und im Stand 
Schaffhausen, sowie im cgm. 384 f. 85*. Vui^gel, Vuggele, 
gerne in der alemann. Kindersprache für alle geäderten 
Haustiere. Unser Spur heifst alemannisch noch alt gspor 
(Ebenweiler); hudderlen neben hodderlen, niedersitzen, Kin- 
dersprache, busch imd bosch; schmutz und schmotz; Fo- 
renboschen Bettenreutner Flurn. Wolfsbosch, Königeggwald. 
Schork neben schurk, Göge. blutter neben blotter, Mist- 
jauche. Sieh Wb. vermurggeln und vermorggeln (ver- 
ninzeln); burzerle neben borzerle (Aha); schnudern neben 
schnödem; urbet und orbet (Oberling, Gmünd, oberster 
Scheuerteil) urbetenloch; alemannisch ist schupf; fränkisch 
schöpf, wagenschupf. 

Urkundliche Belege: der urkundl. Ortsname Mosberg 
heifst Musberg und Mosberg. Wormelingen (Tübing.) in 
Mone Zt. 14, 373. 1275 jetzt Wurmlingen, wogegen das 
Wurmlingen bei Tuttlingen schon im 8. und 9. Jahrh. 
Wurmaringas lautet. Das echt alem. Hofskirch oberhalb 
Saulgau heifst Hussenkirchun, de, Pilgrin 11. Jahrh. Mone, 
Anzeiger VI , 6 ; neben Ussenkilichun S. 7 a. a. O. prae- 
dium in Hussarchirche 1143. 1153. Das züricherische Hu- 
zikon hat u bewahrt (Huzzinhoran 873. St. Galler ürkb. 
No. 571). Grieshaber's Oberh. Chronik schreibt Franken- 
fort. Dutzend haben alemann. Belege mit o: von eime 
totzen pherret gürtel, Freiburger Seilerordn. 1378. Mone 
15, 284. Ebenso Forer f. 32*. So im Wisental. Das 
Badener Stadtrecht v, 1507 hat Kottelbenke. Mone Zt. 
4, 295. Bodnegg spricht das Volk Burnegg. Trochtelfin- 
gen spricht man gemäfs der Urkunden Truchteliingen. 



72 

Mon. Zoll. I, (1309). Truhtolvingen. Das alte o f. u hat 
heute noch vielfach das aleraannische forcht = furcht; die 
Schriften weisen es bis 16. Jahrh. herein auf. Die Con- 
stanzer Schirmred 1524 hat groch, wolgroch (Geruch, odor). 

Anlautendes un und -ung im Auslaute werden in alem. 
Schriften der Aussprache vieler Gegenden gemäfs mit on- 
und -ong gegeben. Besonders haben die linksrheinischen 
Städterechte on-, 5-; wie das Stadtbuch von Baden (lö64) 
in der Argovia I, 38 ff. beweist: onvertreibenlich, onsched- 
lieh, onclaghaft u. s. w. Rueffs Adam und Heva fährt on 
ganz durch, z. B. : onstärblich, onergründtlich, onbstendig, 
onentlich u. s. w. Oheim in der Reichenauer Chronik 
ebenso: onformlichs, onwarhaftigs, ongevar, ongehoramy, 
onwissenlichen u. s. w. (Zu Weinhold S. 27). Ebenso die 
Freiburger Statuten onwissend u. s. w. Das alte alemann. 
Leiden Christi (c. 1470) hat durchaus -ong: erfiUong, ver- 
haissong, uffrichtong, nidertruckong , hinderong, kronong, 
belonong, rechnong, ubertretong, staphong, wainong u. s. w., 
sogar jezond, fonden u. s. w. — Auch M. v. Lindau hat: 
wondem, verwont (S. 78), wortzelen u. s. w. 

Eine grofse Ausdenung hat in unsern alem. Schriften 
das irrationale u (Weinhold §. 30. 32) und sein Umlaut 
ö. Eine Urkd. v. 1310 in den Mon. Zoll. I, 124: guwe- 
san, gumanlichan, gumacbale, gusetzet, sel-gureth, vor-gu- 
oantes conventes, gudinge, guswechern, guminran, guvellet, 
gu wonlich, guhangeth, guborn u. s. w. furgihe, fursigelt 
u. s. w. bugau,' buliabe, bukerth u. s. w. Ebenda Urkd. 
1334 (S. 148): furjechen, furkophene, zu fursetzene u. s. w. 
Churrätische Zeugnisse V. 1359: büschaiden, gühebt. Mone 
20, 149. Auch der alem. cgm. 6 (elsäss.) hat fürgezzen, 
filrderben, fürslinden, ftlrscnken, furfluochen, fQrbrinnen, 
fürblichen. Grieshaber's Oberh. Chronik: zubrach 39. 
Schon so der Engelberger Hofrodel 13. Jahrh. Wst. I, 1: 
gQbicten, güschriben, bOklagot, husgünossen, gfislehteu. s.w. 
Ebenso die brei$gauischen Urkunden. So v. 1322 (Freib. 
Urkl).): vorgünanden, bfilibüt, gümachot, gümainlich, gü- 
lobt u. s. w. Endlich führt dieses Gesetz Nicolaus von 
Basel durch: furlorne, fursuomete, — urhoerte, urschrag, ur- 



» 73 

kuele, urfror, urgangen, urtrcnket, urbarmete u. s. w. 
Dieses ur ist wol kaum eine Fortführung des alten ur 
(us), sondern erst wieder aus er verdumpft, wie Felix 
Faber's ar aus er. 

Als Zwischenlaut erscheint u im St. Gallischen Ur- 
kundenbuche aus dem 9. und 10. Jahrb. öfters. Wolfbu- 
ruc (soror) II, No. 384. Wanpuruc 851. Purucharti co- 
mitis (906). Clatapuruhc (788). Wurumheri(o). Hasab- 
burue (824). Wazzarburuc (784). Theolvestoruf O. N. 
(861) u. s. w. 

Verdumpfung: Epurhart (779). an St. Michels abunde. 
Mögginger ürkd. 1307. an dem palme abunde 1316 
Freiburg, ürkdb. I, 1, 210. an Sante Michels abunde 1317 
(8.222). an Sante Bartolom. abunde 1321. an St. Ambro- 
sien abunde 1326. an Sante Mathias Abunde 1324. Mone 
12, 373. Diese Formen erinnern an die bair. Part. Praes. 
(-und). Ferner antwurch (Freib. ürkd.), schultussen. Mone 
18,53. bedunthalp 1302. Mone 4,56. Dazu das volks- 
übliche munzig, klein munzig f. winzig. Echt alemannisch 
ist der Name Einunger und Eininger, heute noch Strafherr. 
Hotzenwald. 

Kurzes o, die Brechung'von u. 

Hier ist die alte Kürze bei weitem am häufigsten 
wahrzunehmen. Das Allgäu und Schwarzwald wetteifern 
bierin. Offa (Ofen) Offabänkle bis nach Gernsbach und 
Loffenau. 

Galle mit 'm Offaglotz 
bringt da winter uff^m köpf. Baar. 
Voggel, voggili, voggelbeera; bogga (arcus); in Wehingen 
zum Gras heimtragen; bodda, boddabirra, — salät; mar- 
rabodda, guter, feuchter Boden. Waldburg. Boddasea. 
Hoffa O. N. Höfen b. Spaichingen; Koller, Köhler: so der 
Dr. Koller in Tettnang. s' domm (Dom), Göge. BoUa, Po- 
len, lobba, laudare; nobbel; der bott noch bis Tübingen 
hin; modde, Wehingen, krossaier, Aldingen; im Obbir- 
land, Schramberg u. s. w. hobbel, gf tolla, holla (noch bis 
Wurmlingen) woU, woll sss ja, ja; allgem. hossa, dobba, 



bschworra; flodderbeassa z. Bachofen ablöschen (pflodem 
sonst) ; trogga, trogga, Viehruf, d. h. zum Trog (Amtzeil.), 
loss (audi), dossa (horchen). Andere Zeugnisse för die 
noch lebende Kürze: z' bodden üfs. Rochholz S. 240. 
Alem. Kinderl. Rapp schreibt in seiner alemann, lieber- 
Setzung portugies. Sonnette: foggol, oddor, drobbo, her- 
zoggo II, 60 b. Frommann und 111,71: lobbo, lobbst, 
lobbt u. s. w. Die Kürze hat sich gerne in zweisilbigen 
Wörtern erhalten; spurenweise in einsilbigen. Am Mittel- 
rheio, im Bairischen, Fränkischen finden wir zerstreute 
Anklänge an das alte Gesetz, das die Alemannen noch 
ziemlich rein bewahrt haben. (Vgl. SchmelL §. 397. 439). 
Zahlreiche schriftliche Belege vermag ich aus alem. Schriften 
seit dem 13. 14. Jahrh. beizubringen. Offen in Liutgarts Le- 
ben S. 448«. Predigtmärlein, bonnen cgra. 384 f. 21^. Ni- 
col. V. Basel: obbe, odder, Ossewalt, gelobbet u. s. w. hossen 
Weist. I, 290. zu dem roggen (Fischrogen) 1428. Mone 
12, 305. Ganz damit stimmt die linksrhein. Edlib acher Chro- 
nik, offenwnsch, geborren, geschworren u. s. w. Die Ueber- 
linger Schneiderordn. v. 1426 (Mone 13, 296) hat hossen. 
ellenboggen, Vocab. Hs. Donauesch. No. 56 f. 47«. Gerne 
ist bei kole, die alte Kürze augezeigt: kolls, Gen., der 
koll. Mon. Zoll. 1,442. (1410). uff dem Kollenberge; Bas- 
ler Rechtsquell. 1469 (S. 199 L). Im Sollesch, Trossinger 
Flurn. 1626. uff kollen, Brunswick f. 217*. — Kurzes o 
hat dobbla, der, 22 Fl. Stück. See. Wielandsweiler. 

Der Umlaut bewahrt dieselbe Quantität: böggle, der 
Vogelfangbogen, gebogene Rute; hölle (Höhle) höffle z. 
hoff; Mörringa O. N. mögga, mögen; aushölla u. s. w. 

Diese Kürze wird beeinträchtigt durch die Denung 
des o, wenn folgendes ch ausfällt: ösa (Ochsen), ösnen nach 
dem Stier verlangen (Sprache des Rotweiler Stadtr. 59); 
Bulbach; gflöta (geflochten), gföta (gefochten), i möt (ich 
mochte), mi döter (Tochter) u. s. w. 

Der Umlaut des ö, ö tritt alemannisch sehr häufig 
ein, wo ihn die Schwaben nicht kennen: göUer (GoUer 
Brustlatz mit Halskragen), schwarzwald- alemann, scböber 
(Strohhaufen) Hunders. Delle, döUe als häufiger Flur- und 



bschworra; flodderbeassa z. Bachofen ablöschen (pflödern 
sonst); trogga, trogga, Viehruf, d. h. zum Trog (Amtzell.). 
loss (audi), dossa (horchen). Andere Zeugnisse für die 
noch lebende Kürze: z' bodden üfs. Rochholz S. 240. 
Alem. Kinderl. Rapp schreibt in seiner alemann, lieber- 
Setzung portugies. Sonnette: foggol, oddor, drobbo, her- 
zoggo II, 60 b. Frommann und 111,71: lobbo, lobbst, 
lobbt u. s. w. Die Kürze hat sich gerne in zweisilbigen 
Wörtern erhalten; spuren weise in einsilbigen. Am Mittel- 
rhein, im Bairischen, Fränkischen finden wir zerstreute 
Anklänge an das alte Gesetz, das die Alemannen noch 
ziemlich rein bewahrt haben. (Vgl. Schmell. §. 397. 439). 
Zahlreiche schriftliche Belege vermag ich aus alem. Schriften 
seit dem 13. 14. Jahrb. beizubringen. Offen in Liutgarts Le- 
ben S. 448«. Predigtmärlein, bonnen cgm. 384 f. 21 ^ Ni- 
col. V. Basel : obbe, odder, Ossewalt, gelobbet u. s. w. hossen 
Weist. I, 290. zu dem roggen (Fischrogen) 1428. Mone 
12, 305. Ganz damit stimmt die linksrhein. Edlibacher Chro- 
nik, offenwüsch, geborren, geschworren u. s. w. Die Ueber- 
linger Schneiderordn. v. 1426 (Mone 13, 296) hat hossen. 
ellenboggen, Vocab. Hs. Donauesch. No. 56 f. 47«. Gerne 
ist bei kole, die alte Kürze augezeigt: kolls. Gen., der 
koll. Mon. Zoll. I, 442. (1410). uff dem Kollenberge; Bas- 
ler Rechtsquell. 1469 (S. 199 I.). Im Sollesch, Trossinger 
Flurn. 1626. uff kollen, Brunswick f. 217*. — Kurzes o 
hat dobbla, der, 22 Fl. Stück. See. Wielandsweiler. 

Der Umlaut bewahrt dieselbe Quantität: böggle, der 
Vogelfangbogen, gebogene Rute; höUe (Höhle) höffle z. 
hoff; Mörringa O. N. mögga, mögen; aushölla u. s. w. 

Diese Kürze wird beeinträchtigt durch die Denung 
des o, wenn folgendes ch ausfällt: ösa (Ochsen), ösnen nach 
dem Stier verlangen (Sprache des Rotweiler Stadtr. 59); 
Bulbach; gflöta (geflochten), gföta (gefochten), i möt (ich 
mochte), mi döter (Tochter) u. s. w. 

Der Umlaut des ö, ö tritt alemannisch sehr häufig 
ein, wo ihn die Schwaben nicht kennen: göUer (GoUer 
Brustlatz mit Halskragen), schwarzwald- alemann, schöber 
(Strohhaufen) Hunders. Delle, döUe als häufiger Flur- und 



75 

Waldname bekannt in Rotenburg (I der dölle), Sonthausen 
(Baar), Aarau (Delli) bei Freudenstadt (Löffingen); in der 
Regel sind römische üeberreste da; also = Dohle, Aqua- 
duct. Am auffallendsten sind die Umlaute des rechtsrhei- 
nischen Gebiete mi döchter, döter, das bis Marchtal, Ehin- 
gen hinabgeht. 

Schweizer-Sidler macht in Kuhns Zt. 13, 377 döchter, 
frösch namhaft. Man findet es im Hotzenwald, wie auf 
der Leutkircher Haide; am Feldberg bis nach Landeck 
im obem Inntal. Die Binger b. Sigmaringen und die Ge- 
gend V. Rotenburg, Hechingen kennen ö nicht; jene spre- 
chen noch dochteren. Vom Umlaut durchaus aleman. er- 
griffen ist neuhochdeutsch dort: dert, dort, det. Schwei- 
zer-Sidler det und dort 13, 375. dort (dart), dert ist ahd. 
tharot, thorot, deret in darawert seinen gemeinsamen Ur- 
sprung, dort in Wäckernagels Nibelungen Bruchstücken 
öfter; ebenso in den Predigtmärlein; Schmid 524 verweist 
es in den Schwarzwald, umedört immerfort erscheint in 
Zusammensetzung ebenso echt alemannisch; des Teufels 
Netz 126. 4259: doert. Sogar o in so (so) wird bisweilen 
davon ergriffen und das sothaner lautet sotter und sötter; 
ebenso ob — ob. Auffallend sprechen sie in Höhenschwand 
ö wie ä: Mäsle = Mösleiu. — Eine Anzal ö datieren 
bekanntlich auf e (Umlaut von a) zurück; auch im alem. 
Oelkofen in der Göge finden wir urkundlich e, a: Ellin- 
chouin. Mone Zt. I, 338. Alchouen 1235, II, 90. Ellin- 
kovin 1254. Elnhoken 1282. Die Oe in Oedenburg bei 
Oberstetten (Münsingen) und bei Hirschau haben sich aus 
uo verschlimmert. Sieh wirtemb. Urkb. v. 1134. Mone 
Zt. III, 101. Letztere Oedenburg urkundl. 1323: Oudun- 
burg; schon 1291 Odinburg. 1370. Schmid Pfalzgrafen. 
Der O. N. Oedendorf b. Mone Zt. III, 101 urkdl. Uoden- 
dorf. Oetwyl ist Uttinwilare. Zt. III, 101. 

Anderseits hat das Volk manche o dem Umlaut, wie 
ihn das Hochdeutsche hat, entzogen, köstli sagt man um 
Rotweil; ganz wie Faber's Pilgerbüchl. hat; ebenso das 
Zitglögglin. Heustoffel und Heusteffel wechseln stets. 



76 

Die oe (von 6, au) schreibt Nieol. v. Base] mit e: 
frellicheit, detlich, serelich, schenne u. s. w. 

Folgt auf o ein r und entspricht das o dem got. aü, 
so sprechen die Schwaben oar, -oan: zoara, hoara, doan 
u. 8. w. soarga, oarning, oargel, foarm, moara u. s. w. 
Ebenso die Alemannen im Grofsen und Ganzen (Baar). In 
Ebenweiler waltet diese augsburgisch-schwäbische Ausspra- 
che ob; sehr oft tritt Schärfung ein: monn (morgen), konn 
(Korn), zonn u. s. w. Allgäuisch oft rein: zorn, sporn, 
morn (Waldburg); gleich 1 Stunde davon sporra, zorra u.s.w. 
(Der Umlaut davon e und ea). Echt alemannisch ist auch 
ua dafQr: duarsa (Dorsen), Baar. Heuberg; kuarn (Korn), 
wuara, vuar, souuarning; ä,fuadra; so um Rotweil, Baar. 
Heuberg spurenweise im Allgäu. 

Eine den alem. Schriften bekannte Erscheinung ist der 
Dopppelaut ou für ö, vor 1, p, t u. s. w. Im ülenspiegel: 
soud, bout U.S.W. In Geilers Evangel. Buch f. 189«: koupf. 
Nicolaus von Basel voul (heiters lichtes) 146 und oft Ein 
handschriftliches Gebetbuch des Klosters Stetten bei He- 
chingen aus dem Jahre 1454 hat hochgeloupte. Der Spie- 
gel der Behaltnus (Basel): von dem houltze Ictim f. 36<>. 
koupf, Antiq. Gesellsch. Mittoil. Zürich III, 4. Die Dorf- 
ordn. V. Achern lö. Jahrh. (Mone 14,285): houlzprougt. 
In einer Urkunde aus dem 13. Jahrh. (1297 Mone 14, 449) 
fouthag. Vergl. des konigs koupf cgm. 259 f. 7«. loubsang 
cgm. 454 f. 15«. 

Das Herabsinken des urspr. !,> ö zu einem Zwischen- 
ton von a und e oder zu e ist in unbetonten, in der Sen- 
kung stehenden Silben häufig, wiewol das Alemannische 
die vollen a, ä, o, 6 gerne beibehält. So der Bregrenzer 
Hinterwäldler; er macht die tonlosen e zu o: bindol (zum 
Sackbinden), spindol und die Infinitive lauten vergeasso, 
gsungo, gspruugo, ganz wie Rapp sich die Sache dachte. 
Auch die Baar liebt diese Infinitive. Das unbetonte o in den 
Eigennamen (-olf), ist längst e oder 9 geworden: Winol- 
fisheim O. N. Wendelsheim; Antolvingen O. N. Andelfin- 
gen (843); St. Galler Urkundenbuch. Galloni, Glaroni, 
Oberoneswangen (8ü4) baben längst o eingebüi'st. Ebenso 



77 

Andelspach b. Denkingen urkundl. AndoÜBiach; Mone Zt. 
II, 76. 

Langes ü. 

Den Baiern, Pranken und Schwaben heute fremd. 
Ganz frühe, erweislich schon im 12. Jahrh. von den Baiern 
und Franken, in ou, au, ao, von den Sehwaben im 15. und 
10. Jahrh. in ou verwandelt. Das ü geht noch bis in die 
Nähe von Oberndorf bis Schramberg, sogar spuren weise 
bis Gernsbach; merkwürdig hört man es noch 1 Stunde 
von Rastatt, in Muggensturm, wo sü (Sau) volksöblich. 
Ferner habe ich es in den zoUerischen Landen bis Hai- 
gerloch stellenweise gefunden. Der Heuberg, die Rotwei- 
ler Gegend bis Saulgau und von da hinüber in's Leutkir- 
chische hat es sich erhalten: *sür (sauer), Iura (lauern), 
trür (Trauer), bür (Bauer), bürahoff; schür, bü (Bau), ruh 
(auch), buch, brüt, brüch, dura (dauern), fül, hüs, jüchert, 
hüba (Haube), krüt; krütschisser (papilio), lüs, mül, müs, 
süga (saugen) u. s. w. Diese Wörter hat Hausleutner II, 249 
aus der Uaar verzeichnet. Kiiit im garda (Weingarten); 
dübaschlagg a. a. O. süstall um Saulgau; düchentle (Tauch- 
ente) Tettnang; Clüshund, der gespenstische Hund bei 
Bregenz, um den ganzen See bekannt. Tettnang. Clüsa- 
wald b. St. Blasien; Flöfsereireservoir. Clißisgarn, clüsfi- 
sche, Gangfische am See, Lindau. Süreassa, Saueressen 
Wehingen; ruggüssa neben ruggoussa (bis Tübingen) v. 
Turteltäuber, mit 'm mül, mit deam ma beatet, bis vor 
Freudenstadt hin. Güren, sonst gouren, das Knarzen der 
Wagenräder auf dem gefrornen Schnee. Küt (Wildtaube) 
noch in Schwenningen ; in Villingen schon ou: in Rotweil 
der „Koutenwald^. In St. Blasien: kchrüshär, Locken- 
haar; tübastöfsel, Raubvogel, hüsli, weidli! schnell! a.a.O. 
hüseri, Haushälterin; süre schwemm und rehling (See. Tett- 
nangisch). Süwinkel, Flurn. in Wielandsweiler; bOrler 
Kleinbauer, Kleinhäusler (Hinterwald). Während die 
Schramberger schon viele ü zu ou umgestalten^ haben die 
1 Stunde entfernten Lautenbacher fast alle ü, ö beibehal- 
ten. Daher schelten jene diese Lütabacher stumphos! und 



78 

diese jene Schramberger ferrfuefsl d. h. blos in Strümpfen. 
In der Gegend von Herrenberg und Nagold erkennt man 
die Altwirtemberger an dau, dül Es wechselt an der fränk. 
alem. Grenze au mit ü in diesem Worte stark. Während 
die Jesinger dau sagen, haben die Wurmlinger du; ganz 
alte Leute sprachen auch hier noch dou. In Wendelsbeim 
hat dou schon eher sich erhalten; ebenso in Hailfingen; 
Nagold du, das nahe Mätzingen dau. 

Die schrifUichen Belege unseres Gebietes gehen noch 
bis ins 17. und 18. Jahrh. herab. Die Schrambergischen, 
Rotweilischen Denkmäler haben noch spät ürhanen, nach- 
bürschaft, hüsgenossen, üsgenommen, hüsfrowen, hüsrat, ze 
Hüsen uf Verenen. Das Rotenmünst. Urbar hat noch 
a. 1551 alle ü; das Zitglöggl. ebenfalls. Ebenso Wendeis- 
heimer Urkunden; auch Walter Ryff gebraucht noch häufig 
ü neben au. 

Eigen ist es mit ücht^ üchtwaid, auchtet u. s. w. dem 
echt alem. Wort, dessen ü got. ü entspricht. Nebenbei er- 
scheint ue, uo: Uechtland; mhd. uohte, ahd. uohta. Ich 
setze fiir das rechtsrhein. Gebiet ü an ; denn die nördlich- 
sten Belege lauten Auchtet, Auchtert. 

Grieshabers oberrheinische Chronik hat Priburg im 
Ouchtlant und Oechtlant (S. 34). Vergl. Weinhold S. 83. 
Schmid 31. • 

Der Umlaut von ü ist ü; .eigentöml. Umlaut in der 
Baar ist: mi deuret etwas, mich dauert etwas; da dnreft, 
mi, am See. 

Der badische Schwarzwaldalemanne spricht ü und sei- 
nen Umlaut beinahe wie fi also gleich aus. Der echte 
Schwabe hat ou, der fränk. Alemanne au. Kurze Aus- 
sprache des ü tritt oft ein, wie bei t: a sübbers Mensch, 
Waldburg. Sieh oben hürren. Kutter, kötti {Bodensee. 
Breisgau), sieh oben Küt. 

Die erste Steigerung von u — iu. 

Im Mittelalter dürfte dafür nur Q höfisch gesprochen 
worden sein. Bis heute erstreckt sich dieselbe Aussprache 
spurenweise bis an die fränkisch-alemannische Grenze: stfir 



79 

(Steuer), für neben für (Feuer), schür neben schür (Scheuer), 
g'sprür (Spreuer); das Adj. furig neben fürig. In Waldburg 
im Allgäu ebenso: färgabel; in Lautenbach bei Schräm- 
berg echt linksrheinisch Krüzer, wogegen die Schramber- 
ger Kreuzer eingeführt haben. Die Villinger (b. Rotweil) 
heifsen im Volkswitze Kchr&zvogel; Schramhergisch aber 
Kreuzvögel; duor itt so grüle! (gräulich) Allgäu. Wald- 
burg; s' grfilet mir, eckelt mich an a. a. O.; schu (scheu, 
schüchtern) a. a. O. ; arme lät säfza in krtiz und Uda gar 
gräle a. a. O. Ganz ebenso auf dem kleinen Heuberg und 
auf dem grofsen bis nach Horb. In Altheim sagen sie 
noch dru (drei), fticht (feucht), lut (Leute), dür (teuer), 
gröba (gereut), löten u. s. w. verlfimbda (verleumden) Hor- 
gen; das allgäuische süra (pustulae) erstreckt sich herüber 
bis Rippoldsau. Das alte Bären in Ortsnamen: d'Megga- 
burer (Tettnang), d'Oberstbörer (Oggelsbeurer) u. s. w. Cha- 
rakteristisch ist zöstig (Zius-tag), zistig, zeistig (Tuttl.), 
zeistig* schon nasaliert in dem eine Stunde entfernten Nen- 
dingen. Freilich läfst die reine Aussprache nördlicherseits 
viel zu wünschen übrig; es gleicht mehr dem ü. Auch 
hier macht sich öfter unorganisch alte Kürze geltend : hÖlla 
(heulen) Höhenschwand; grülle (gräulich), förrli (Feuerlein) 
u. s. w. rütti (Feldberg), Almandstück. Die Constanzer 
Schirmred hat hirren (heuraten), unverhirret. Die aleman- 
nischen Schriften, besonders Urkunden belegen 6 zallos; 
man darf nur die Monum. Zoll, und Hohenb. aufschlagen. 
In der Regel die alten Kürzen darin gegen das Gesetz 
erkennbar, gezüggnüst 1347. ze Börron, ze Börren 1348 
neben Burron (Beuron im Donautal) 1306. Mon. Zoll, 
bfillen (Beulen) cgm. 247 f. 7«. suren cgm. 736 f. 7*. was 
nüt und nagel nitt heit. Schramberg. Briefe 16. Jahrh. 
der cgm. 384 hat trüben, söden u. s. w. Zünstag schrei- 
ben schon alte Urkunden, in ein süttig heifs bad, Dieth. 
Keller, Keyserb. 334. knöbs hoch, Weist. IV, 51. 

Andere alemannische Gegenden, wie Ebenweiler der 
Ausläufer des Allgäus haben noch einen Nachlaut 9; also 
diphtongisieren sie: ziag (Zeug), hier (heuer), schfar 
(Scheuer), fidr (Feuer), friand (Freund), nianze (neunzehen), 



_80_ 

scbia (scheu) auch in der Rotweiler Gegend (Borgen); 
in Saulgau kniel (Kneuel) u. s. w. liechter (Leuchter). Rei- 
nes ia sagen die Leute sei pietistisch um des Wortes 
Nachdruck recht zu äufsern: z. B. Habe. — ia entspräche 
also der Schreibung io, iu mehr. 

Echt alemannisch ist ü, verdichtet aus iu. Noch in 
der Rotenburger Gegend sagt man für, schür, düfel (Teu- 
fel), fürloch, fl^rgabel; besonders in Zeitwörtern, mi früts 
(friert's), i büt 'm s^ ä (biete es ihm an); knübia (knien); 
in Binsdorf knüb (Knie); noch in Bondorf sü (sie), drü 
(drei); iu Deifslingen schnüza (schneutzen), nübbacha (neu- 
bachen) bis Wurml. in Hailfiugen oberhalb Rotenburg blü- 
müle (Walkmühle); ja sogar so alt herkömmlich ist dieses 
ü zwischen Rotenburg, Nagold, dafs benachbarte Ortschaf- 
ten seit Alters spotten: a Bondorfer Weib ist a Sü; ein 
Wortspiel zwischen Sau, Schwein und dem Demonstr. pron. 
sie (althd. siu); flüg. Fliege, Binsdorf; in der Baar und 
an andern alemann. Orten haben sie schwäbisches ui wie- 
der: fuir, gruiba, nui u. s. w. So hat das Allgäu ür = 
euer neben luiga, lügen, a nuis hüs, Amtzeil, Allgäu; 
zuig, fluig, gruiba, Suira, struir, buitst u. s. w. Der ale- 
mannisch häufige Ortsname Neufra b. Rotweil, bei I^eip- 
ferdingen, an der Enz, bei Salem, bei Gamertingen u. s. w. 
wird bald Nüfra, bald Nuifra, bald Nüfra ausgesprochen. 
Für das N. an der Enz hat der Cod. Hirsaug. Nieueren, 
Nievern pag. 33. 35. 95. 96 (1 186 Mone Zt. I, 106) de Niu- 
feron 1189. Andere Formen: Nivurun, Nuivran, Nüfron, 
Nüfren, Nifren ( 1 1 7 1 — 1 299). Mone I, 323. Nvferon 1204. 
1225. Dietr. de Niunveron 1244; Mone II, 217. Nie- 
vern 1281. 11,217. Auch im Thurgau oberhalb Stamm- 
heim ein Geschlecht de Nüfron. Mone Zt. III, 230. Nd- 
vron 1283. üeber diese Verdichtung ü f. iu sieh Wein- 
bold §. 47. Pfeiffer Arzneibücher S. 5 ff. : rüden, zühit, 
crütern u. s. w. Vorarlberg. Urkunden bei Joller: drüzeheu 
hundert 1309. in dem nünden-jare 1218 (S. 31) Lütgart 
öfter; noch in Bebenhaus. Urkd. Mone 13, 103. Das 
Rotweiler Stadtr. hat ü. 

Das Habsb. Urbar hat die pron. und adjekt. iu sorg- 
fältig bewahrt. 



81 

Eigentümlich ist Nuakiloh f. Neukirch b. Tettnang. 
Die alten Urkunden und Texte alem. Ursprungs be^eich-^ 
nen die u mit ü und die iu mit ü; so der cgm. 6 (1362 
Legenda Aurea). 

Der neuhochdeutschen Aussprache des iu — i ent- 
sprechen schon die Formen: genissen bei Brunswick f. 312<> 
und eine Reihe anderer, die sich jedoch meist auf das EI- 
safs beschränken. Das heutige Liptingen b. Stockach 
heilst urkundlich 806 (St. Gall. Urkdb. 190) Liubdeinga. 
de Luobtingen, Mone Zt. I, 335. Liubitingen 1220. Luptin- 
gen 1240. Lippertsreute (Salem), Liuprechtsriuti Mone 
Zt. n, 75. 

Allen übrigen Alemannen klingt als unerhört ui in 
luibst mi; 's gschicht 'm a luib =s Lieb (== bequem); 
O. N. Luibistol Liebenstein, im Allgäu. — 

Ganz zu e, 6 herabgesunken begegnet iu z. B. hie 
und da um Rotweil : kne (genu), ne (neun), schneza (soboeu- 
zen), fred (Freund). Ganz besonders trifit die Regel das 
wie (alt hweo): we v.l sond'r kind? ear haot geld we loub 
u. s. w. 

Eine durchaus echt alemannische Eigenheit ist, dafs 
mittelbochd. iu in ei, eu verwandelt wird. Vgl. Scbweizer- 
Sidler in Kuhn's Zt. 13, 380. Schlagwort ist kneu (genu)^ 
Höhenschwand; uff da kneia im Sundgau. chneupletz, 
ein dünner Kuchenteig. Rochholz, Kinderlied 127. knöu 
Schweizer-Sidler a. a. O. Um Rotweil knei, kneiben (Deifs- 
lingen), fleiga (Fliegen), fleigawadd.1; ateiffvater (Baar), da- 
her gehört neisen (naschen), neiser, neisig u. s. w. Im 
Daves: dem d' chneu gezittert hain. Bergmann Beiträge 
(2®) 138. Ein Wort bietzen = nähen, flicken, echt ale- 
mannisch heifst um St. Blasien daneben beitzen, beutzen; 
Bettzieoh heifst da bettzeucha. Daher gehört der alem. 
O. N. Beitzkofen (Göge) urkdi. Buezekoven 1263. Mone 
Zt. I, 76. Büzikoven 1295 (80). Bizinhovin, Biucichoviu 
(1,338), Biuzekouen 1282. — Ganz so im Wisental: aoe- 
chneut. 

Schriftliche Zeugnisse. Forer hat kneuw, steir (Stier) 
f. 116». auf die kneuw. Keller's Keyserbucb S. 50. Die 

Birlinger, alem; Sprache. Q 



82 _ 

Strafsburgiscben Polizeiordnungen und aodere Schriften 
bewahren ei: iafszeiher u. 8. w. Noch Reuschel, Hippo- 
pronia, Strafsb. 1599 hat zeihen = ziehen, zeihe die inn 
die höhe u. s. w. In den Jahreszahlen der Urkunden er- 
scheint frühe dreuhundert, dreuzehen ; allein die Fälle sind 
selten und die zwei Documente in den Mon. Hohenb. 326« 
327 gehören über die Grenze nach Augsburg. Der cgm. 
736 f. 36* hat creucifix. Das Neuw Test. (Froschouwer) 
hat verleuren, verlieren 77«. kneuw 83«. kneuwet 54». 
zerbleu weten 74«. schreuwen 63*. sie schreuwen und 
sprachen 12*. verleurt, III. Ps. Sing. 6«. nateurlich 25*. 
Die Legende von Karl M. 16. Jahrh. Mitteil, der Antiq. 
Gesellschaft in Zürich III, 4£f. hat leybe (Liebe), vodreis- 
sen (verdriefsen), zeirt (Zierde); sogar die redupliz. Verba 
weisen statt ia ein ei auf, was zur Yergleichung hier ge- 
nannt werden soll: leyss (liefs), heyss (hiefs)^ beyltend 
(hielten), steiss (stiefs) u. s. w. Vergl. Fedor Bech z. Ho- 
henlied (elsäfs.) in Pfeiflers Germ. 9, 359. Hildebrand im 
Grimm'schen Wb. V, 1661. 2,«. 

Dem alten eo (eu, iu) entspricht ö in Dodriss = St. 
Theodorichs, d. h. Kapelle b. Rottenburg. Dödriss&cker. 

Die bairiscbe Sprache hat schon frühe iu in ei und 
jetzt in ai umgewandelt. 

Zweite Steigerung des u — äu. 

In der Aussprache des alten au gehen Alemannen und 
Schwaben mit einander. Einerseits wahren die Alemannen 
den alten Doppellaut, wo ihn schon das Althochdeutsche 
einbüfst; anderseits entbehren sie des Doppellauts, wo ihn 
die Schriftsprache heute noch hat, sowie das Althochdeut- 
sche und Mittelhochdeutsche. Steht das wurzelhafte au 
vor h, r, n und den Zahnlauten d, t, z, s, so wird es alt- 
hochdeutsch schon ö: ödi, röt, köz, lös, hoch, öra^ Ion 
o, 8. w. In diesem Falle haben wir alemannisch und teil- 
weise schwäbisch den Doppellaut gewahrt: d'fraü die 
Frohne; Frohndienst; fraüna, frohnen; lau, Lohn; laüna. 
Ztw. baüna, Bohnen; sübaüna, Saubohnen; üdank ist der 
wealt lau; baraü, Baron, der schuoster ist a bechbaraü. 



83 

nS der ebni scbaün-mi nitt und da berg nab dreib mi nitt, 
sagt das Pferd. Deifslingen. 

Noch die Durlacher Ordnung v. 1536 (Mone Zt. 18, 
52) hat louü, Lohn. 

Wo man den Nasal vermeiden will, sprechen die 
Leute fraona, schaona, baona, lao; im Allgäu oft geradezu 
reines ö: lo, Lohn (Tettnang). Oder man hört u, uo, 
zum, rümma, büm PL zürn, büm, trüm. Im Bregenzer 
Hinterwald luo, kruo, Lohn, Krone (Felder). 

In diesen Fällen haben die Baiern geschärfte an altes 
kurzes ö erinnernde Aussprache: kronne, lonn, baronn, 
bonna u. s. w. oder a. 

Vor m pflegt stets alem. o zu stehen und ganz ge* 
schärft kurz wie bairisches o (au) vor n gesprochen zu 
werden. Ich nehme als Schlagwort alem. bomm (Baum), 
das urkundlich und mündlich besonders hervortritt. Es 
geht vom Feldberg bis Gernsbach, Loffenau, Wildbad, wo 
ein Wald bei da sibba bomm heifst; ebenso im Allgäu : 
wisbomm und wizbomm, Waldburg, Weingarten; bomm- 
stark, ebenda. Bommvnrt (Wangen), griefsibomm, äpfel- 
bomm a. a. O. Bommen heifst ein Weiler b. Sonthofcn ; 
Bomms, Bommsland, sind um Weingarten sog. Kütina, d. h. 
mit Obstbäumen bepflanzte Almandstücke; endlich heifsen 
so die Baumpflanzungen überhaupt (Schmalegg u. s. w.). 
Der O. N. Bomms bei Saulgau wird dasselbe sein. Bömm, 
St Blasien; in drei bömma, Drasadinger Flurname. Be- 
sonders in Doddabomm, das bis Hobentengen und die Alb 
hinunter kurz gesprochen wird. Ebenso in der Baar, 
Wurmlingen, bomm, verbomma, vergaumen; noch in Un- 
terrot, der Schwab, alem. Orenze am Ulertal sprechen sie 
bomm; von da ab nimmer mehr. Schriftliche Belege: holz 
und bomme. Monum. Zoll. 1343. S. 160. zu den siben 
bommen 1268 (Wildberg), birenbommen, bei Brunswick 
f. 231<>.. Daneben erscheint natürlich mehr hochdeutsch: 
zft den siben bonmen (Wildberg.) 1268. (Sieh vorher). 
Eine andere Form desselben Wortes erscheint als bön-, 
besonders in Zusammensetzungen. Vergl. Haupt's Zt. 4, 
548, wohin auch trön (Traum) heute noch in Waldburg 

6* 



84 

und alt in Diutiaca 3, 6, Pfeiff. Germ. III, 150 vorkommend 
zu zählen ist. Das Freiburger Statutarr. beifst den Fa- 
milienstammbaum einen sipphaftigen bom f. 77^. 

Die vielen urkundlichen böngarten mögen hier erwähnt 
werden. (Das Habsb. Urbar). Ein anderes Schlagwort 
ist gomma, mhd. goumen wachen, hüten; sieh Wb. gom- 
mede, eine von den Haushütenden zubereitete Speise (Wald- 
burg). Ebenso geben: verbommen (vergomen, -gaumea)^ 
der domma (Daumen), pflomma (Pflaumen), versemma 
(versäiimen), schomm» äscbomma (Schaum, abschäumen) 
u. 8. w. 

Das alte Doumbach (urkundlich) Ob. A. Freudenstadt 
zugleiqh der Name der Höhe und des Baches beifst heute 
Xhonbaoh« Da9 Botw. Stadtr. hat lönn =» Lohn, ö für 
4u mufs 9ißb auch yor den Lippenlauten alemannisch schon 
frßhe aog^etzt haben, so wurde schon im 13« Jahrb. in 
den Bodens^egegend^n rege](paäfsig urlöb, höbet, löf nicht 
nv^r geschriebep, sondern gewifs auch gesprochen. Pfeiffer 
in s^ German. lU, 66. Diesem IJebergang des ou in o 
eqt^pricbt a ?==> au in der österr. bairiscb. Mundart a. a* O« 
Einzelne Beispiele wie verkäffen bei Brunswick f. 46^ kön- 
nep nichts für das Alemannische beweisen, -r-r Im Worte 
Haupt erhiflt sich o bis beut^, z. B. \n Furtwangen, Göge. 
3aar. höppneten, pflegelböpt, ebenfalls kur^ gesprochen; 
gegf>n den pittlerQ Nekar hin noch üblich neben Haupt; 
fürhöpta, OeQnger Flurname, Baar. hoptstädel, capulum; 
Vocab. 57 (Doqauescb*), Die Handschriften des Habsbur- 
ger ürbars haben rochhaber 235, 20. 23. rofet 141, 3. 
iöp^chaf 130. 18. gom, some 238. 1t), 229. 7. 235, 32- 
Weitere Beispiele *agt Pfeiffer in der Germ. HI, 67 kauQ 
die nächste bßßte Urkundeusamu^lung die FüUß lieferq. 
Des Teufels Netz: och, f^rköffen, heroben, glöbeu, ogen» 
blick, epthöpten u. s. w. cgm. 358: böip, ögenblick, tof 
u. 8. w. brötlöbeq, Rptweil. Stadtrecbt. Per cgp. 384 hat 
loch (Lauch) oft f. 25«. des löohes trink, löches saft, w}- 
röch f. 42«f bß^öbra f. 65». Am I^echrain haben sie ea 
schwäbisch ebenfalls öga, köfa, ]öb u, s. w. 

^[Qusleutner, schwftb* Archiv II, ?49 bat schon im vo* 



85 

rigen Jabrh. auf hopt, hopdet, a höprple Vieh aufmerksam 
gemacht. 

Auch der alem. O. N. Bachötta, Bachhaupten (Ostnacii) 
mufd hiehergestellt werden. Für das linksrhein. Odbiet 
bringt Stalder I, 22 Beispiele. Der elsäss. cgm. 6 hat 
ogestes f. 17^. Wie genau heute noch die aletn. Mmidacrt 
ZQ scheiden sucht, ersieht man aus dem Namen Froiihofen, 
dem Gottesacker v. Webingen; einstige uralte Pfarrkirche; 
die Leute sprechen genau Fröhofen; daneben aber fraüna, 
öffentliche Gemeindedienste tun müssen. Fronhofen ist 
altes Frauenhofen (Kloster); ganz desselben Ursprungs wie 
das St. Bfasische Fronloch. Mizaldus-Henisch haben noch 
Ostern f. Austern. S. 72. Sieh Grimm Wb. s. v. 

Die Umlaute zu den bisherigen Beispielen sind ebenso 
einfach oder doppellauüich. Wo lau = Lohn bräocbig 
heifst der PL lel, z. B. auf dem Heuberg, obem Donautal; 
Nendingen; sehet, schön; deiffa; döfa, taufen; wo der Na- 
senlaut fehlt, haben sie ä: a schäs bäss (schöne Kleider), 
Waldburg; a schäs iloascb u. s. w. AUgäu auch ei: leibelef 
▼on Laube. Die schriftlichen Belege erscheinen mit d, 
oi geschrieben: glöibigen, fröilen^ boiggen; underkoiffer, 
k6ife, höipter (Basler Kechtsquell^). Clausen von Loeffett 
(Nicol. von Lan£fen) list man hei NicoL von Basel S. 58 
und oft. 

Am Kaiserstuhl haben sie oi burgondisch^atemanniscb 
fQr ou, au: vorchoiffen, loiffen ganz wie die Urkantone. 

Geileres Evangel. Buch bat den Umlaut enthenpten 
f. 201<>. Das Rotw. Stadtr« schreibt den Umlaut eu. 

Vor den Zungenlauten wurde bekanntlich althoch- 
deutsch schon du zu o; hier hat das Alemannische altes 
CO gewahrt in Schrift uftd Volksmund. Obenan ist Gabssi^ 
Gofsheim, O. N. (Heuberg) zu stellen, urkundlich Caozes«^ 
beim od^ Cozesheim 792. Haupt Zt. 7, 570. Oostertag, 
Mon. Zoll. I, No. 429 (1393). Granf Onstertag (1397) u.s. w. 
naeh irem tonde 13B1. No. 377 (a. a. O.). Eine Salmanns« 
weiler Glosse, Mone Ans^ IV, 234: {Victor, ein toutengra-» 
ber. der acker stousset uff deagraben; stonsset an Hösch'* 
\tb geeeft&y an des Boutin wisun u. s. w. Mon. Hoheobe^. 



86^ 

593(1373); trwloos, erlous 1410. Zoll. M. krafUous 1411. 
ledig und loas 1418; toade, Dat. (1381) mit toud abg&t 
1531, der toud, zA toude erschlug u. s. w. Mitteil. d. An- 
tiq. Gesellschaft in Zürich ü, 42. 43. VII, 123. grouis ei- 
lend. Liutgarts Leb. 453». Rotweil und Rotenburg (spr. 
ao) lauten Routwil, Routenburg 1330. 1335. 

Der Cod. palat. 346: bousheit, I0U3, mit grou&er rit- 
terschaft u. s. w. Die Hs. germ. Mus. 20291: stoussen, 
halb blous, stoufs das höpt u. s. w. our, cgm. 384 f. 26. 
32». Wie vor m erscheint o vor t geschärft gesprochen 
worden zu sein: Rottenburg; Rottenmünster, Rottenstaigle; 
bi einer Rott-dannen; 1579. Rottenweyer (Rotweilische 
Schriften). 

Vor h (ch), und r, w: N. de Houraburg 1216. Mon. 
Hohenb No, 23. N. de Houhenburg 1213. No. 21. Hou- 
chenzolr 1413. Mon. Zoll, strouw, strauw, Wst. IV, 42. 
274. — Vergl. Augsb. Wb. 361 *. Auch hier ist der Um- 
laut ei: deib, verdeiba (verdauen), fi'^iele (Fräulein), fir^ie- 
linn u. s. w. beis (böse), leisa (lösen), greisse, erleisa; ge- 
gen die fränk. Grenze ai: bais, laisa. Im obern Inntal bis 
Landeck e: V hat mi gfrebt, gfröbt u. s. w. Vergl. jung- 
ftelen, fr^dt, aufgleff cgm. 437. 

Während die Alemannen am See, am Oberrhein gerne 
vor ZuDgenbuchstaben , vor h,'r, w, ou sprechen: blou, 
groufs, grou, jungfirou (Kranzeljungfrau) im ougfta, brou- 
semen, lous (Schwein) haben die im Lierbachtal, bei Al- 
lerheiligen k als ob es k wäre: gräCs, brät, frä und spre- 
chen die von Ebenweiler kläa (Klaue). 

Die echten Schwaben scheiden sich strenge von den 
Alemannen, sie haben äa: groafs, jungfiräa u. s. w. Vor 
den Lippenbucbstaben haben sie beinahe alem. ou, während 
die Franken o, die Baiern a haben. 

Mangel des Umlautes, unorganischer Umlaut findet 
sich bei au, ebenso wie bei a, o, u; besonders kann man 
es bei Schriften des 1 6. Jahrh. bunt neben einander sehen : 
erlostest, böslich, tröstest, boren (bekorer sogar) ; Zitglöggl. 
die St. Georger Hs. b. Mone Anzeig. 8, 505: houhste, 
schouni, irlouser, vrouliche, nouten, troust, bousewicht. 



87 

schounste u. 8. w. Der Umlaut: froilich, loise, hoichi 
(a. a. O.) ; gout und geit neben einander üblich (= Ente). 

Ein au entstand aus ag in baslerischen und benach- 
barteo Denkmälern: mederthauwen, höwer thauwen 1539. 
S. 371. Basler Rechtsquell. So sol er von der müli und 
den ackberen von jedem thauwen tun u. s. w. 1611. 11, 114 
a. a. O. 

Ou zu 9 herabgesunken: scblittla, Schnittlauch. Feld- 
berg. 

Ö =B au in Liodauer Schriften : Laimn6, Elmö, Bettnö, 
Bätznö, Apflö, Hiengnö, Selbnö, Ynderayttnö u. s. w. fElr 
au. Nicht f&r au stehen die alem. oi, oy in Fiastenoy 
(Sonthofen), Einöde; Oy, Dorf. OymQhle, Oundsoy; Bis- 
seroy, Weiler. Das alemann. schomm heifst anderwärts 
schwoim. 

Eigentümlich ist, dafs sich im Laufe der Zeit gewisse 
Wörter dem Gesetze der Volkssprache entzogen und 6, 
(hochdeutsch) behielten; ich meine grofs, Brot, rot, Rose 
u. s. w. Auf Orund dieser Aussprache machen Seeale- 
mannen sogar ihre Nachbarn lächerlich, welche diphton- 
gisch oa sprechen. — Das Wort brot schreibt der Spiegel 
der Behaltnus (Basel) brott, brottes und so fast alle alem. 
Schriften; brout fand ich nie. 



88 



IV. 

Consonanten. 

L, M, ist, Bn 

h. 

Dot Wechsel von r und 1 spielt im Alemannischen 
eine grofse Rolle im An-, In- und Auslaute in «inheimi- 
sohen und eingebürgerten Wörtern. Vor allem bemerken 
wir sehr und schl anlautend bald neben einander, bald fQr 
einander gebraucht: scbranz und schlanz, scissura veetis. 
Sieh Wb. und Weinbold S. 162. Dem krangel. Streit, 
Wirrwarr am mittlem Nekar entspricht im Bregenzer Hin- 
terwald klangL Das heutige Pfrundorf bei Nagold beifst 
urkundlich Phlundorf: euriam nostram in Phlundorf. 1277. 
Mon^ Zoll. 74. A. 1281 (No. 90) erscheint es wieder als 
Pbruadorf. kremmen und klemmen (sw. t.) gebrauchen die 
Akmannen oft neben einander fQr zwieken, drücken^ wie 
schon das mhd. Wb. I, 842^ ee aufweist. Lachmann, An- 
merkungen zu Nib. S. 10. Vgl. ferner mhd. krimpfen und 
klimpfen; schles. klamp, hochd. krampf. 

Im Inlaute. Der alte Karpfen berg in der Baar er- 
scheint urkundlich als Ralphen bei Hüsen 1302, Neugart 
Cod. II, 359. Schon lOöOCalphen; 1090 de Calphe. Kal- 
phin. Pertz, Mon. II, 39. Mone, Quellens. I, 308. Arx: Ca- 
lapha, Sigehardus de Kalphen. Cod. Hirsaug. Quellens. II, 
184. 217. Maulburg bei Schopf heim heifst urkundlich 
Mürperch, villa publica, 786. (St. Galler ürkdb. 105) Mül- 
berch, Mülberg 13. Jahrb. Mone Zt. 2, 497. IV, 234. 362. 
8, 307. Der Ortsname Amerigschwand heifst urkundlich 
Anielgeswand. Mone Zt. 6 ,.103. Gerlingen urkundl. Ger- 
ringen 1300. Mone Zt. 15, 113. Der uralte Ortsname Wurm- 
lingen bei Tuttlingen und bei Rotenburg wechselt mit r 
und 1 ab. Wurmaringas, Wurmaringen, Wurmelingen 



89^ 

(Tuttl.); Wormeringen (1263) sind die am häufigsten vor- 
kommenden Formen. Tegerstein neben Tegelstein, eine 
urkundliebe Oertlicbkeit bei Lindau. Der alte alero. Per- 
sonenname Folkolt (sieh S. 16) erhielt sich heute noch 
als Volkertshausen ; nrkundl. Volcholtshüsen 1249. Mone, 
Zt. II, 83. Schwäblinshausen am Andelsbach urk. 1264: 
Hugo de Schwabericbshusen u. s. w. In das Wort Hei- 
Stilingauwe (805) hat sich später ein r geschlichen, näm- 
lich der Ueberrest des alem. Gaues um Waldsee ist Hei- 
sterkirch. Der alte Calverbühl bei Dettingen (Rotenb.) 
heifst heute E{u*pfenbühl, wie oben Karpfenberg. Bei Alt- 
hengstetten ist der Teferberg urk. 1381. Mone 9, 102, jetzt 
Täfelberg. Tafelschweiler O. N. und Tafertsweiler urk. — 
Tigerfeld auf der Alb hiefs urkundlich Tigelfeld. Dem 
Hudel entspricht bei Ulrich d. T. huderwat. V. 2231. 

An diese alten Stellen schliefsen sich vom Volks- 
munde folgende an: härgele für hälgele (ür Heiligenbild- 
eben; Bodensee. Härgental O. N. neben Hälgental. Agal- 
ster neben Agerster sieh Wb. Angorschen neben Angle- 
schen sieh Wb. Almut, armut Weist. IV, 286 hat sich 
da und dort Tolkstümlich erhalten. In Wurmlingen erhielt 
sich dagegen r in übedrdörpett, übervorteilt. 

Das aus dem Italienischen herübergenommene Wort 
Scharmützel (Weigand II, 562) erscheint schon frühe mit 
1 bei alem. Schriftstellern. So bei Tschudi, Letsch, Con- 
stanzer Chronik, Mone Quellens. H, 45« : mit schalmutzen. 

Da8 Hauptsehlagwort ist das aus dem griechischen 
Kirohentum nach Deutschland verpflanzte kilche {xvgiaxTJ). 
Neben dem Chilicha der Sanktgaller (Weinhold S. 162) 
trefiPen wir im 9. Jahrb» ad Nuichilohun {861) bei Keugart 
Cod. Diplom. 402. Eis ist Nennkirch im Klettgau. Dane- 
ben ad Liutchirichnn 84a St. Galler Urkdb. 405. Poles^ 
chirichun 855 No. 445. Lutpoldeskirichnn 857 No. 455. 
in Chiricbeim 865 Now 534* 886. in Waldchiriohnn marche 
879 No. 611. in loco Feldcbirieha 909. 

Im 12. Jahrii. überwiegt 1: Eberhardus comes de Chi- 
lioherg 1142. Mod. Zoll. I, S. 12. Harlmannus de Chilch- 
pero 1160 «. «. O. Wtede» dabei Eirchberg 1170. Mon 



90 

Hohenb. I, 1. Cfailchberg 1183. Mon. Zoll. I. 34. Comites 
de Chilchperc 1 185 a. a. O. No. 36. Curtem de Chilchho- 
ven 1139. 14. April. Herrgott I, 162. TrouiUat I, 274. 
Waltcbilicba. Rotel. 1113. Mone Zt. 21, 102. 

13. Jabrb. Hier überwacbert 1 das r ganz in unserm 
Worte. Mesecbilchi 1202. Mone Zt. 1,325. 328; ebenso 
▼. 1261: Messecbilch a. a. o. v. 1211. Lintechilche, Mone 
I, 343. 3, 460. Yeltchilechen 1222. Beiträge zur krit. Gesch. 
Vorarlbergs 1853, 2^. S. 64. ecciesia parocbialis Chilchperc 
1254. Episcop. Const. I, 1, 629. N. Capellanus dictus de 
Kilwilar 1255. Mon. Zoll. S. 72. Conventus sororum in 
Eilperch 1270. S. 88. Meskilhe 1296. S. 103. OberkUcbe 
sive Boltringen. O. N. 1299. Bebenhaus. Urkd. Mone 15, 
86. In den Mon. Zoll. I steht Eilperg noch v. 1237. 1246. 
1253. 1250. 1260 u. s. w. 

Auch Zusammensetzung : Kilchensatz 1277. Mon. Zoll. 
No. 77. 

14. Jahrhundert. Die heutige Flur nördlich am Wurm- 
linger Bergabhang Kirchholz erscheint a. 1301, im Archi- 
vium Wurmlingänum : vinea sita in loco dicto Kilchholz. 
Lenzkilch 1316. Mone 12,228. Obernkilch (oben) erscheint 
öfter wieder. Mone 14, 341. Grave Friedrich von Zollre 
Eilchherre derselben Eilchen 1352. Mon. Zoll, an der ni- 
drun Eilchun 1352 a. a. O. du Eilch zu Wilhan, du Eilch 
ze Schlat; und du Eilch ze Oberstetten 1362 a.a.O. an 
Sant Afrun Altar in der nidem Eilchen 1381. Das EIo- 
ster Eilchberg bei Haigerloch erscheint urkundlich unzäh- 
ligemal wieder nur mit 1 geschrieben. Des klosters ze 
Eilchberg 1352 (Mon. Zoll.). Eillperg 1383 u. s. w. Mess- 

" kilch in der Ueberlinger Spitalordn. von 1362. Mone Zt. 
12, 47. der kilhun ze Pfullingen 1314. Mon. Zoll. Ein 
Botenb. Urkd. 1380 hat kilchun zweimal. Häufiger werden 
in diesem Jahrhundert die Zusammensetzungen: an dem 
nechsten Samstag nach der kalten kilwtn. Basler Bechts- 
quell. I, 1, S. 27. kilchunsatz 1342, 1372 und oft in Zoll. 
Urkunden, ane die kilchun und den kilchunsatz 1355. 
liechtmaister und kilchunpfleger 1356. kilcherr 1372. 1313. 
1325. kilchherr 1384. der kilchunsatz der kilchun ze Wald. 



91 

Glarner Hist. Jahrb. 2. Heft 151. kylchspell ze Torrenbar- 
ren 1318 (Joller) an kilchsatzen 1388. üf dem kilchreine 
sieb später. Tuomkilchen 1387. Kilwar 1377. Ebenso 
das Badener Stadtrecht. Die Belege liefsen sich in's Un- 
endliche vermehren. 

15. Jahrh. Aufser den schon genannten Ortsnamen, 
die ihre Schreibweise beibehalten, sind noch etwelche, die 
bisher alemannischen Urkunden nicht so geläufig. Die veste 
Altkilch 1443. Mone Zt. 7, 182. apud Ostra Huskilche 
1476. Mone 9, 195. Hieran reihen sich die Beispile aus 
des Teufels Netz: ze allen kilchen, zu der kilchen gan, us 
der kilchen, kilwi, zö den kilwtin lonffen, kilchtür u. s. w. 
kilchzehenden, kilchmaiger, kilchenbrecher. Botweiler Ur- 
kunden haben Messekülch 1485. in die külchen 1485. Das 
Stadtrecht das ältere wie das jüngere des 16. Jahrh. haben 
waltkilch, belOten in die kilchen. Oheim: uf die kilwi 
baider kilchen S. 98. Grieshabers Chronik vomOberrhein 
sowie die noch über das 15. Jahrh. hinausgehenden Schrif- 
ten von Geiler, Seb. Brant, das Zitglögglin haben kilchof 
(oberrh. Chron.) kilche, kilchweih (Geiler, Evangelienbuch) 
kilchwth (Seb. Brant), kilchengang, kilche (Zitzlögglin) 
u. s. w. Die Basler Kechtsquellen haben üf dem kilchen- 
reine 1401 (77). kilchhoff 1409 (90). St. Urli's kilchen 1469 
(197). kilchspil 1494 (222). Ebenso bringen es die Weis- 
tümer lY: kilchhoff (6), Martinskilchen (17), kilchherm- 
recht (a.a.O.), kilch warter 23 , Tamerkilch (28), killwart 
(28) u. s. w. Ebenso die alte Edlibacher Chronik kilbe 
(S. 42) vor kilby (44). Der alem. Vocab. 57 (Donauesch.) 
hat kilch, kilchoff, kilchenfenster, han uff der kilche, kfll- 
chenbrichel u. s. w. f. 8^. 8^. 20^ u. s. w. Das Habsburger 
Urbar hat kilchensatz, kilchherre, kilchhoeri, kilchspel 
u. 8. w. Aufser den Freiburger Urkunden haben die Frei» 
burger Statuten, erneut 1520 kilche, kilchhof u. s. w. Der 
Meierrodel von 1433, Unoth I, 15 ff. hat kilchweg, kilch- 
stig bei den Flurbestimmungen unzähligemal. Diefenbach, 
Nov. Gloss., teilt aus alem. Glossarien mit: kilchoff voc. 32 
f. 96^ kilchenfenster 160^ kilchlich f. 143^ wo Diefen- 
bach auf den Wechsel des 1 und r aufmerksam macht. 



92 

— E. Sommer hat in der guten Frau (Haupt Zt, 2, 385 flP.) 
kilche gestrichen und kirche gesezt! — 

Das 16. und 17. Jahrh. weist kilche in volkstümlichen 
Schriften sehr oft auf. Die Basler Recbtsquellen haben 
noch kilchgang 1533; kilchthüren a. a. O. Letschos Con- 
stanzer Chronik (Mone, Quellens. II, 46^) bat kilchwybe^ 
kilchenzürden S. 64*. Neunkilcb O. N. bei Rotweil; S. 6S*. 
Die Villinger Chronik (a. a. O. S. 89«) kilchle, kildiof 
S. 103*. kilcbbörei haben die genannten Basler Recbts- 
quellen noch a. 1556 (II, 88) kilböri 1611. kilchmeier 160ä 
In einem Aktenstück von 1637 S. 539 ebenda mofs schon 
ein Beisatz gebraucht werden : auf kein kircbweyhe — kyl- 
wyh gebeifsen. Die Schramberger Schriften, die Rotweiler 
Wald- und Holzbücfaer haben wie die Lindauer 1. Der 
Beschreiber der Landschaft Schaffhausen Rüger (Dnoth 
I. Bd. 309 ff.) bleibt noch strenge bei 1 : kilchgnössig, pfarr- 
und kilchgnössig S. 312 wird zur hohen Kilchen genamset, 
8, 314 und oft. 

Diesen urkundlichen Belegen entsprechen die münd- 
liehen. Eilcha und Kilbe hört man in Furtwangen wie im 
Wisentale; und Iner ist z. B. in Zusammensetzung Chilbe- 
böch, Peterschilche so echt wie im Sundgau Chilbi; Chil- 
bigiger. Kilke geht weit über den Schwarz wald hinab; ja 
sc^ar ohne dafs das Volk es weifs heifst das alte Eirck- 
berg bei Tübingen heute nur Killberg; eia Kirchberg ken» 
Den sie dort nicht« Um Rot weil istKilka (Gölsdorf, Deifs- 
lingeu) Kilbe ganz volksüblich wie kilbig in Aldingen. Die 
Deifslinger singen 

kilbi bleib dao, bleib dao 
kilbi bleib dao! 
's sind no 3 batza dao 
kilbi bleib dao! 
Killwis ist ein Scfaömbei^er Fluename» Schramberg bat 
es ebenfalls. Im Argengau, Lenzgau nimmt es sehr ab im 
Volksmunde. Die alteo alem^ Wasserbarger sagten : in d' 
kilcha gaü. Neukirch am See heilsen sie Nuakill oder KiH 
sohlecbthin; ebenso Eriskill (Eriskirch). Kill bentteilt das 
Volk selbst als altmn Herkommen gemäfs gespfodben; 



93^ 

während sie schon Kilch sagen und meinen es sei moder- 
ner, während die junge Generation Kirch bereits einführt. 
Ebenso reicht kilch bis Aulendorf; der Hinterwald hat es 
noch. — Die Flurnamen des Standes Schafifhausen weisen 
unser Gesetz oft auf. Chilchstette (Beggingen), Chilchefeld 
(Opferzhofen), Chilchara (Schieitheim), Chilchstig (Trasa* 
dingen), Chilchagraba, Chilchaweg (Unterhallau), Chilcha- 
gründli (Merishausen) u. s. w. 

Die alem. Allerweltschilbe ist am S.Sonntag im Oktober. 

Auslautend und in Ableitungen erscheint gerne alem. 
1 statt r. Zu den bereits oben genannten Ortsnamen kom*- 
men die Ableitungen. Hammer- und Hammelmoos, Wehin- 
ger Flurname; das Urbar: eine wis die Hammerna und 
jetzo Hammelwis u* s. w. das pfarrwidum Hammelwis. Der 
heutige Ortsname Gruol (zollerisch) heifst urkundlich 
Gruorn 1311. Mon. Hohenb. 221. Vergl. Wb. s.v. Wit- 
thau. Im Worte Triel in der Hagenbachischen Reimchro- 
nik, Mone Quells. HI, 287» bei Oheim 115, haben wir die 
Stadt Trier; ganz darnach geht priol, priolin 1369. Mon. 
Zoll, der Priolinin 1352. Mon. Hohenb. 1300 No. 184 
and noch oft. Auch im Leben Liutgarts steht briolin. 
Desgleichen im Vocab. teut. lat. Donauesch. 57 : priol. — 
burgelschaft ad 1552. Mon. Hohenb. S. 500. Das Beben- 
baus. Passional hat kärkl (1439). Der Wechsel von r und 
1 iq Mörser, Mörsel beruht schon im althochd. morsari 
und morsali; cgm. 384 f. 51^. morsel, f. 62^. morselstain. 
Eb^pso hat des Teufels Netz morselstein (9892). raigel 
(1280). Das Zitglöggl. kerkel f. 79«. cörpel, Hist. Volks- 
lieder U, 33, 10; wie in Rueffs Adam und Heva. In Liut« 
garts Leben kommt kener und kenel vor f. 450. Grimm* 
Hildebrand Wb. Y, 161. 4: kenner ist alemannisch neben 
sohweiz. kenel. Gramm. H, 119. der tretz in fünf kenner. 
Constanzer Chronik bei Mone Quells. I, 346^. Ein alem. 
Vocabularius b. Diefenbach Nov. Gloss. s. v. casula hat 
messacher für das gewönliche messachel. Ganz so er- 
klärt sich das echt alemannische girtel und gertel, sieh 
Wb.; Schröter und schrötel (Hioterwald) in Bornschrötel; 
d93 stapdel) ständel für Kinderwagen zum Gehenlernen 



94 

heifst auf dem Heuberg scblecbthin Stander, weser neben 
wesel; mesel, wisel, sieh Wb. Im alten Lenzergebiete 
haben sie r; in der Baar 1 bei diesem Adjeetivum. Statt 
Wehr sagen die Heuberger wuor, uor, die Leutkirober 
Grenzalemannen gegen das Illertal hin wuol, Oberstaufen 
ebenso; statt Anger in der Baar angel, sürangel, eine 
Wise, Oefingen. Fischanger und -el (Wurmlingen, R.), 
anwandel, Ackernachbar für Anwander, aber selten; wo- 
gegen es in alten Urbarien häufig; z. B. im Donaueschin- 
ger Göltbuch v. 1438. In Ebenweiler lingar und lineal. 
Die Zeitw. schlaudeln und schlaudem, schnodeln und 
schnödem sind häufig. Im Wisentale sperbelouga statt 
Sperbersaugen; echt alemannisch (Ebenweiler) ist fpruiel 
statt fpruier, Spreuer; der Kifslegger Elosterrodel 45 hat 
spreiwel. — Eine Wolfacher Ordnung v. 1470 (Mone Zt. 
20, 46) hat das herkömmliche Kirchspiel mit kilchsper ge- 
geben. 

Ein Freiburger Ratsbeschlufs v. 1402 (Urkb. II, 177) 
hat grempery := Gerempelwerk, wo eher n stehen dürfte. 
Fischart grun;ipelmarkt. Vergl. Zarncke zu Braut S. 448 
No. 78. 

Wechsel des 1 und n zeigt sich bisweilen, doch bei 
weitem seltener gegenüber dem von 1 und r. Der ale- 
mannisch-schwäbische Grenzort Sulmendingen heifst ur- 
kundlich Sunnimutinga 853. Sünemutingen 1258. (Mone 
Zt. 3, 69). Bierlingen, der alem. O, N. bei Horb heifst 
urkundlich Pirningen, Petrus de Birningen 1291. Mon. 
Zoll. S. 101. Birningen das dorf 1385. Das Wendeis- 
heimer Pfarrurbar schreibt meinen Namen a. 1548 Birnin- 
ger neben Birnlinger. Das heutige Hirrlingen ob Boten- 
burg heifst urkundlich Hürningen 1.^94. Mon. Hohenb. 
No. 775. Hürningen 1398. Rüdlingen, im Stand Schaff- 
bausen urkdl. Ruodiningen 827 wozu der Herausgeber im 
Unoth S. 4. 233 den Wechsel von 1 und n bemerklieb 
macht. Berlingen urkdl. Bersiningun 846. 1094. Lönin- 
gen urkundl. im Kletgau spricht man Lonlingen. — Das 
alte belvet. alem. Wirnaningun lautet heute Wirlingen. — 
Pott, Personennamen 471 ff. Die oberrbein. Chronik von 



95 

Grieshaber S. 36 ff. schreibt Engenland oft; für England. 
Der cgm. 384 f. 81» : bassennufs. Holzgerlingen an der 
firänk. alem. Grenze heifst urkdl. Holzgimingen 1352. 1400. 
Mon. Hohenb. No. 497. 798. Ober-Iffiingen (arae flaviae) 
heifst urkdl. Ufeningen 1005. Ob. A. Beschreib. S. 279. 
Das ahd. ganeistra scintillae heifst an einigen Orten der 
Alb bis Ehingen gäloister. Das alte alem. pfulment = 
Fundament, sieh Wb. — Augsb. Wh. 343. 

Eigentümlicherweise hört man Namen für Fluren: 
Santengraben neben Seltengraben (Baisingen), altes Schlacht- 
feld. In Yölkofen wohnt einer Namens Seltenstein, den 
Niemand anders denn Sentcnstein heifst. Der heutige 
O. N. Bamlach lautet im Thennebacher Urbar 1341 (Hs. 
Karlsruhe) Bamenach. Das sprechendste Zeugnis ist in- 
defs Ueberlingen, das alte Yburninga. Im Anlaute wech- 
seln 1 und n im Ortsnamen Nielen und Lielen (Birmens- 
dorf) an der Strafse naoh Bremgarten. Mone Zt. V, 109. 

Assimilation. Obenan steht der Name des Einödho- 
fes Bulliten für Burgleiten (Sonthofen); Hallwangen O. N. 
urkdl. 1075: Haldenwanch; 1320: Haldewang. Freuden- 
städter Ob. A. Beschreib. 243. Im Sundgau, Wisental ist 
die Assimilation sehr gebräuchlich: so ball (bald), gellet 
(geltet); sundgauisch (Oberlangen): boll (bald), soboll; 
wäller, Wälder. 

Verdoppelung des 1 erscheint nicht selten um den 
vorausgehenden Vocal kurz und scharf in der Aussprache 
zu bezeichnen. Sogar lange Vocale sollen damit oft als 
kurz angezeigt werden: z. B. guot wtU (hveila, got.) cgm. 
384 f. 3^ die wfll im Zitglöggl. Sieh unter ! (oben). Die 
11 im Rotweiler Stadtr. im Zitglöggl. habe ich in der 
Sprache des R. St. S. 34 namhaft gemacht. 

Ausfall von 1. Hier mufs ich vor allem wieder auf 
die uralten Ortsnamen mit — wilar zusammengesetzt auf- 
merksam machen. In einer päbstlichen Urkunde von 1179 
Episc. Const. I, 1, 588 ist von Neugart (Mone?) bemerkt: 
sunt plures villae in eadem praefectura quae weier appel- 
lantur. Das heutige Ottersweier. heifst Otterswilre 1148. 
Mone Zt. 1, 96. Remetswil urkundl. Reinboltswtler. Retsch- 



96 

weiler bei Saulgau urkundl. Keginoldsweiler, Reinholdswei- 
ler Ob. A. Beschreibung v. Sauig. S. 321. Bemerkenswert 
ist ker = Keller, alem. neben kerr; fränkisch kern. Mone 
V, 192. Allgemeiner ist ass ss als, also; aso, Weist. IV, 
213. Pilgerbüchlein von Felix Faber S. 61. Vgl. Grimm 
Wb. m, 1157. I fehlt in Schwemmle, Swalawa ahd. 
Schwalbe; Ebenweiler (Swemmelin?); ferner in Agester 
und Agasteraug. Sieh Wb. Das ahd. chumil (chumin) 
heifst in Ebenweiler kimmi. — Im Anlaut fiel 1 ab in ila- 
chen, Leinlachen, St. Blasien. Höhenschwand. 

Echt alemannisch ist der Ausfall des 1 in den Zeitw, 
sollen, wollen. Ich habe in Wbl. z. Volkst. 55 darauf auf*- 
merksam gemacht. Die schriftlichen Belege stimmen noch 
ganz mit denen im Volksmunde. Infinit, sun, sollen 1352» 
Mon. Zoll.; sont, sollen sie 1370. So der cgm. 358. sot- 
tend, wottend; wot, wet u. s. w. Ebenso die Hs. des germ. 
Mus. 20291. Ulmer Urkunden weisen dieses Gesetz bis 
in^s Ende des 15, Jahrb. auf; vgl. Flexionslehre. 

In pfluchsen, niesen. Höhenschwand ist 1 eingeschoben. 

Vgl. die eingestreuten alem. Lautgeseze des bair. All- 
gäu's im Augsb. Wb. S. 298—303. 

R. 

Dieser Halbvocal spilt im Alemannischen durch seine 
an^s Niederdeutsche, Sächsische anstreifende Umsetzung 
eine Rolle. Im Elsässischen Hauptgesetz kommt sie rechts- 
rheinisch nicht selten auch vor; scheint auch früher viel 
verbreiteter gewesen zu sein. Das charakteristische Wort 
ist kriese sfs 1) wilde, 2) ^ahme Kirsche, Sieh Wb. Bis 
Freudenstadt, Forbach, Baden -^ Baden kann ich es spuren- 
weise noch nachweisen; bei Rippoldsau ist der Wald 
Chriesihorn. Der Aldinger in der Baar hat kriesewasser 
für Kirchengeist. Ebenfalls lebt es noch in Schömberg. 
Sieh Wb. Wie kilche bestimmt es die alemannischen 
Grenzmarken. Eine andere nicht seltene Umsetzung ist 
dirte, der dritte, ich kann es mündlich beute nicht mehr 
nachweisen; schriftlicb erhielt ea sich unzäligemal und 
auch nur in Document6n die hart am Oborrhein^ . besonders 



97 

im Breisgauischen abgefafst worden sind. u£P die dirten 
sprossen Weist. IV, 242. Der freilich mehr elsässische 
cgm. 6 (München) hat es durchaus: die dirten werden ge- 
urteilt; in der dirten vröge f. 7*. — Stärker ist rechts- 
rheinisch verbreitet burne ss Bronnen. Seebronn bei 
Botenburg a. N. heifst urkundlich Seburn (1301). Mone 
15, 116. burnen Wst. IV, S. 245. z& des küniges humen 
1264. Mone 15, 70. die burnen der wasser; den burnen 
des ewigen lebens. Spiegel der Behaltnus. cgm. 384 : bom 
f. 3**. burne, Oberrhein. Chronik v. Grieshaber 39. Bur- 
nematte, Flurname 1360. Mone 13, 457. burne schreibt 
auch Nicolaus von Basel. Der cgm. 6: ein burne mit 
wasser f. 9^. ein tieffen burnen f. 13^. Ebenso bQrnen :n3 
verbrennen, brennen. Der Spiegel der Behaltnus hat f. 11«: 
in dem bQrnenden husche, so wir bürnende kerzen tragend 
f. 12<>. Die Predigtmärlein: ein höllisch burn, one alles 
bQrnen, die bürnent mich u, s. w. Besonders reich sind 
die Belege aus cgm. 6: so verbürnet des mer f. 3«. so 
verbürnet himel f. 3^. die bQrnende weit f. 4^. das hfts 
mit den heiligen verburnen f. 5<<. es ensol kein licht in 
dirre kirchen enburnen f. 8». begunde das mer burnen 
f. 9» u. s. w. In der heutigen Mundart kenne ich fs nicht. 
Das beutige bornatrog (Alsatia 1852 S. 85) würde rechts- 
rheinisch kaum verständlich sein. Ich erinnere hier an das 
echt sächsische born; borre, eichsfeldiscb ; säohs. kest au9 
ker^t, kirst, Krist. burst — brüst, borst; ags. hors. imao 
— rinnan; ferner bersten, bresten u. s. w. 

Eine volkstümliche heute noch gaqgbare Umsetzung 
ip erget sas ßgert trifft man im sog* Hipt#rwa)d; im K^- 
vensburgiscben! Der O. N. G^msbach ist urkdi. Genres«- 
pach 1297. Mone 12, 2t6- Altes r erhielt sich dann und 
wann ip schrirun bis ins 16t Jahrh. herab; wogegen in 
kies^p s noch spät berein haftep blieb. Das Rotwei}er 
(a und ß) Stadtr. hat erkosene; erkieste leut 1577 (jEtot- 
weil); die Basler Rech^squellen habep im 15, Jahrh, ppch 
8. Eip merkwürdiger Ueberrest sehe^pt aqch reckoHer ss: 
Wacbholder zu sein. $ieh Wbi w dürfte abgefallen ppd 
statt wrack- nur mehr rack-reck erhalten sein. 

Birlinger, alem. Sprache. 7 



98 

Einer falschen volksetymologischen Art und Weise 
verdanken wir auch alemannisch verlurst, Verlust. Wie 
die Edlibacher Chronik S. 65 und öfter verlurst schreibt, 
so die Basler Rechtsquellen verlurstiget 1679. 1705. An- 
schliefsend hieran sind die rein willkürlichen, aber in Ge- 
brauch allgemeiner geratenen r in hursten, Husten, was 
sogar das volkstümliche Receptbuch rein alemannischen 
Ursprungs Hs. 20,291 im Germ. Mus. f. 9* bringt: fiör 
den düren hursten. Andere Belege: heuströffel, Heustöffel, 
locusta; Wielands weiler; lenzisch -alemannisches kramillen 
Kamillen, Saulgau, Haid; gerstem; karnone, carnaille; 
vergl. volksmäfsiges kartun, kartolisch, carnikel, carnalje, 
carnone, Grimm -Hildebrand Wb. V, 278. In der Baar sa- 
gen sie arzen == atzen. Auffallend ist r in den alten Super- 
lativendungen -orst, erst, sieh Flexion. 

In der Gegend von Furtwangen setzen sie in das 
franz. chandelles^ das als Schandelliecht auf dem Schwarz- 
walde sehr verbreitet ist, schrandelliecht. In einzelnen 
Gegenden des Allgäus kommt werkhalter, juniperus vor. 
Ein Wechsel zwischen r und n ist in der alten Aussprache 
von Ravensburg zu erkennen: alte Leute sagten Rabers- 
bürg. Umsetzung oben. 

Ausfall. In manchen Verbindungen sucht der Bre- 
genzer Hinterwälder r stets auszumerzen: nasche, närrisch; 
im hebft, im Herbst u. s. w. Das Denen des voraufge- 
henden Vocals bei Ausfall des r: ät, bat, Mät (Martha) 
ist schwäbisch -alemannisch; letz (link), mhd. lerz haben 
Schwaben und Alemannen. An der alem. Grenze gegen 
das lUertal: fend, fernd; dem dann brcisgauisches (Frei- 
burg) fendrich = voriges Jahr entspricht; vorfend (Roth) 
u. s. w. Echt alemannisch ist getel und geter , sieh ger- 
ter, Wb., ebenso speissen = Spreifsen, Baar. Weilheim. 
EHe Ebenweiler sagen Georg statt Chirurg. Der O. N. 
Guntmadingen im Kletgau lautet urkundl. Guntmardingen. 
Unoth S. 282. In gfpän, Spatze fiel r aus, so gesprochen 
bis Tübingen, wie auf dem Hinterwald : gfipäna, swm. Im 
Jahre 850 begegnet der dazu gehörige O. N. Sparawares- 
tannon. 



_ 99_ 

Statt fladen, erscheint im Ravensburgiscben flärrla 
(Waldburg), was weniger Wechsel von r und d als ein 
ganz anderes Wort sein möchte. Es ist alemannisch, sieh 
Örimm Wb. IH, 1724, unten. Bei Stalder 1,377. Das 
Volk hält es för Verhunzung von fladen. 

Alliterierend: ruowen und rasten; Teufels Netz 1031. 
mow noch rast 1440. reren und rynnen. Rotw. Stadtr. 

M. 

Im Anlaut begegnet m wo es heut nicht mehr vor- 
kommt in Mortungou wa, Mortenaugia ; Mortenowa (Ortenau) 
1184. Episcop. Const. 1,2,593. Bei Aulendorf ist der 
Mahlweiher oder Aalweiher. Aalenbach im Glotertal bei 
Freiburg, ein Bergwasser heifst urkundlich im Mallenbach, 
in Mallinbach 1113. Adelberg 1275 madelberg. Der alem. 
O. N. Orensbach urkdl. Morinesbach und Mörinsbach 1454. 
Schon 1588 Ohrensbach. Akams 1275Makams. Morenspach 
1563. Zt. 122. Der Wechsel in wir und mir ist allgemein 
süddeutsch. Wechsel zwischen w und m ist häufig: der 
alte kletgauische Ortsname Wunderklingen lautet 892 : Mun- 
dichingen. Neugart cod. dipl. No. 599. Munichinga 912 
a. a. O. No. 680. Das Dorf MahlspQren b. Stockach lau- 
tete urkundlich bis in^s Jahr 1580 Walspüren, -peuren 
zu Walchen gehörend. — Noch in Hildritzhausen bei Her- 
renberg ist mä = was, w& üblich: m& witt? ml = 
wo? Das bufiper = heiter, munter, besonders nach einer 
Krankheit wieder hergestellt, das Hebel gebraucht, heifst 
östlich vom Schwarz wald, schon am obern Nekar mu^per; 
allgäuisch ist: as hat be gfrait = mich; be mich; ber 
= mir. 

Im Inlaute und Auslaute, in Ableitungen. Vor allem 
fällt häufiger Wechsel mit n aufl Schon bei k\x habe ich 
(bom), bon = bäum erwähnt. Das Thennebacher Güter- 
buch 14. Jahrh. Mone 13, 268 hat hüttebon. boungarten: 
pomerium, pomarium, pomeretnm; ist in alem. Schriften be- 
sonders Urbarien etwas gewöhnliches, bongarten 1340. 
Mon. Zoll. S. 151. Eine Freib. Urkd. v. 1272, Schreiber 
I, 1, 69 boungarten. böngart. Wst. IV, 4. Der cgm. 384 

7* 



100 

f. 12^: boDnufs, bon wollen f. 22^. Eine Salmansweiler 
Glosse hat sogar im 12. Jahrb. schon bounwoUi, Motte 
Anzeiger IV, 96. Hadlaub : boun, boungarten. Der O. N. 
Bombach lantet urkdl. Bonbach 1184. Episc. Const. 1, 1, 
593. M. V. Lindau schreibt: ö höcher zendelbön 150. die 
zederböo 110. 

In 6ontfaausen, Baar, ist bunggert = Baumgarten alt^ 
hergebrachter üblicher Ausdruck. Pfeiffer in der Germ. 
III, 66 sagt: bon ist eine zwar auch andern Dialekten 
nicht völlig fremde, doch vorzugsweise ostschweizerische 
und oborscbw^isch noch heute in diesen Gegenden ge- 
bräuchliche Form. 

Im Auslaute, in Bildungssilben, Flexionen erscheint 
gerue n ^Mt des organischen m, doch hat es rechtsrbeiniscb 
nie HO Oberhand genommen wie linksrheinisch. Das ng, 
0^ T= nahmen bat sich bis auf den Heuberg herab ertial- 
teq im Volke. In kommen ist n bekannt: er kunnt; sogar 
Weist. IV, 271 : knnt. Die dem ch6 entsprechenden Be- 
lege: ir sind kon, furgnon, qen (nehmen), hingnon, gott 
willjkun gehöF^üü sqhweiz, Denkmälern besonders an (EueiQ^ 
A«dam uuä Heva u. s. w.). Ebenso im St. Meinradspiel. 
Die Constanz. Beform. Schrift Schirmred 1524 hat kpn, Inf. 
Das Teufels N^z: neu, Inf. 4404. nend 3379 u» s. w. 
Diffes n vor t im Inlaute: er nint, er kunt u. s. w. bat 
Bonar unztäUgemal. brötigan cgm. 82 f. 38». brütegon, 
Prodigtmärl. FfeüQ^ Leseb. 199, 46. honigsain cgm. 384 
f, 4fif allun, allionwas(B(er f. 4^. 5<> (alum^n). Im Worte s&- 
boara, samentragender ^anf ist m zu n geworden, obwol 
vor b m sich hätte hinten können. — Ferner: flun £ 21^ 
=: Flaum (pluma), wie schon mhd. flun b. Ulrich v. T. V. 
1265. 

Wie im Anlaujtie Ist der Wechsel von m mit Labialen 
ßi^g^. So steckt w in den eoht alemannischen Formen: 
nii{^e(D), nummet, autnma (dumma), d^ bis Schussenried 
reicht Die Beispiele bei Weinhold aus Documenten S. 132^ 
gebfiren alle noch der jetzigen rechtsrheinischen Volks- 
sprache an, neiimmifs, etwas, in der Baar wie im AUgäu, 
wo nammes vorherraeht; Weingarten nämes. numen, Kirch- 



J Ol 

berg. Klosterakten 1556 (bis KDittlingen so). Des Teufels 
Netz numene u. s. w. 

In Waldburg, Ravensburg hat sich diese Erscheinang 
durch und durch volkstümlich erhalten: gond iez 9k> cM 
neama nä oder neama neue; neannar, Jemand; sonst schwft- 
bisch-alemanuisch ebber. 

Wechsel von m und b in: armetselig = elend daran 
(oberer Nekar) statt des richtigen arbeitselig. Grimm Wb. 
I, 544. Echt Undauisch ist gilperglich := gilt mir gleich. 
Im Leben Liutgarts heifst es von einem, der mit dem 
Bitten behaftet: di^ er siech wäre und lieblofs und arbent- 
selig f. 446^. Rüger, Beschreibung des Landes Schaffban» 
sen (Unoth 315): die von Balm oder Balb. Auf der Alb 
wird b in (huliwa) Hülbe, Zisterne bei Zusammensetzun- 
gen gerne m: Hülmenbeck f. Hülbenbeck, Ebnat. Durch 
Assimilation ging altes p in m über im Ortsnamen: Lom- 
mis urkdl. Loupmeisa marca. 854. St. Gall. Urkdb. 428* 
Ebenso in den alem. Namen Rammert (Rabenhart) b. Ro- 
tenburg, Wald; Ramswag (Rabenswag), Rammisberch. 
Mone 1,69. Rammesheim 1071. 1100 ff. Ramesperg 1141. 
1142. 1150. 1155. Ramsbach, Wald bei Lindicb. Ganz 
wie Sammestag cgm. 6 f. 22^. Bammert = Bannwart 
Echt alem. ammete Dat. z& dem ammete. Freib. Urkd. 
1293. gschwälmle statt Schwälbele dim. v. Schwalbe, 
schwemmele, Wielandsweiler, im Allgäu, Ebenweiler gehört 
wol auch darunter. Vergl. umme, darumme (umbi). Moii« 
Zoll. 1384. zendumma, überall umher (Baar), durnmmaf 
durch und durch; umma, dumma immerwährend; er iat 
ummedär so gsl (Wolfachtal), wofQr die alten Wurmlinger 
noch üiqbder — ümbidar, immder gebrauchten. 

In Simelberg ( strafsburgisch ) O. N. 1320 steckt Sin- 
welberg. Mose Zt. 7, 368. \^almen und Walben sind 
bekannt; arfel = armvoll, linksrheinisch (Stalder I, 111) 
hat sich auch auf unserem Gebiete erbalten. 

Auslautend erscheint m : hüserm, Eni; Höhenschwand, 
St. Blasien. heubarm, Heubam, Tuttl. Forer hat noch 
narm, härm winde f, 46^. Dürfte aichbarm s^ Eiebbom 
Ueber gezogen werden? 



102 

Einige inlautende m will ich noch anmerken. Bekannt 
ist mesmer, das allgemein süddeutsch; allein das Lindauer 
Spitalurbar y. 14. Jahrb. hat schon mesmer und mesmär. 
Die Obemdorfer Statuten aus demselben Jahrhundert ha- 
ben mesner. Mon. Hohenb. 891 ff. (mittellat. mäsionarius, 
mSsinarius). Das Schrambergisch-Trossingische Lehens- 
urbar y. 1627 hat noch mesner. Die alemannische Bins- 
dörfer Sprache sagt firamsa für Fransen. Das lindauische 
Beginenkloster heifst urkundlich dort die Closmen; clos- 
menpfleyer (1271). 

Altes m lebt in dem an fadem angelenten f&semlen, 
zu einfädeln anheben, anfangen etwas zu tun. Altglashüt- 
ten, üs den fädemen der Sennen und Adern. Feldbuch 
(Her) f. 1. Gädemler heifst eine alte Villingische Patri- 
zierfamilie. Mone Ztschr. 8, 236. Gademer ist jetzt noch 
sohwarzwäldisch der Zimmermann. Die Weingartner Pre- 
digten in Pfeiffers Leseb. 183,2: busim. Die Predigtmär- 
lein 194, 31: gadem u. s. w. 

Vor Lippen- und Zungenbuchstaben steht süddeutsch 
gerne m f. n; alemannisch hat sich das Gesetz besonders 
ausgebildet Die alten Ortsnamen Antparinga 861 heute 
Ambringen; yergl. das St. Gallische Centipratis 863 jetzt 
Kembraten. Das alte Gruonbach (Freudenstadt), urkundl. 
1075, heifst Grömbach. .1355 noch Gruenbach. 1367 Grün- 
bach. Sconenberg marcha 1085. Schömberg. Freuden- 
stadt. Ob. A. Beschreib. 312. Heute üblich sind: rampfle 
= Ränftlein; Wielandsweil. Waldburg. (Brotanschufs). 
bimbsel (Pinsel); beambühl, Bernbühl (Wurml.); hampfl, 
allgemein; mumpfl, ebenso; jenes kommt Weist. IV, 314 
yor, ein hampfel; dieses gesellen mümpfelin; Austrius^ Col- 
mar 1539. 

Das echt alemannische zömpferli und züpperli = de- 
center y. ziemen, kommt auch bei Pictor. 520* yor: ze 
zimpffer, ein fleyfs, yil zu sorgfeltig Lindauisch: zuprile. 
Der endlosen emb £ entb in den Schriften des 14. — 16. 
Jahrb. will ich kurz gedenken; Zitglöggl. strotzt dayon^ 
emphahen, empfenknus, empfand, offembart, embort u. s. w. 
Das Schlagwort imbifs kehrt oft wieder. Im Leben Liut- 



103 

garts ist enbifseD noch gewahrt. In einer Hs. 14. Jahrb. 
(Salem.) in Karlsruhe steht: in der hanpelgassen (st. mp) 
ze schafbsen; arenbrust f. armbrust u. s. w. Die Predigt- 
märlein ia Pfeiffers Leseb. 194,28: jnbifs. M. v. Lindau: 
künbemde (kümmern), enphindet; entphahe, sogar lenbelin 
(84), enbrant(9t), küubernisse 116. sinpel sele 41 u. s.w. 

Die Ortsnamen Thumlingen und Darmsbach (Pforz- 
heim ) will ich noch unter m aufführen. Jenes lautete im 
8. Jahrh. 782: Tungelingen; dieses hat sein m noch am 
Schlüsse des 16. Jahrh. nicht 1584. Mone Zt. 13,82. — 
Das alem. Kloster. Lenzfried (Kempten) hat heute noch 
sein m im Volksmunde Lämpfrid, das ihm die Schrift* 
spräche seit 200 Jahren genommen. 

Das fremde Tinte (ahd. tincta, mhd. tincte, tinte) be- 
gegnet alemannisch mit m: diempten, Incnnabel 15. Jahrh. 
Karlsruhe (Mone Lat. und Griech. Messen 164); dimpten, 
Zwifalt. Recept. a. a. O. Ebenso in Wackernagels Koch- 
buch b. Haupt Zt. 9, 370. 

N. 

Anlaut. Fürs erste tritt echt alemannisch n vor a, 
e, i, o, u: naft, Ast, PI. n6$it; Astbeil ist der naster. 
Göge. Die Redensart: 's ist a nast z'vil am bom in der 
Göge = s sind Schindeln am Dach, nägemen PI. zu nä- 
gem = Agen, Achlen, Abfall vom Werg. 
Jungfrau will se bitta 
Die nägema will i ihna schüttla. 

Dieses n reicht weit in's schwäbische und sogar in's 
fränkische Gebiet hinein. 

Alem. Schwab. Grenze gegen das Illertal. neber, Alt- 
glashütten, neaber, Eber. Waldburg. AUgäu. Horb. 
Was alemannisch agester, aglaster, ist in Binsdorf adel- 
hätze; in Wurmlingen (R.) nagelhätz, wo adel und nagel 
misverstandene volksetymologische Anlenungen sind, nig- 
gel, Igel, Haid, Saulgau; nösch, Esch (atisk), Allgäu. 

Der O. N. Oppenau (badisches Städtchen) heifst ur- 
kundl. Noppenowe 1225. Mone Zt. 9, 237. in dem kirch- 
spel zu Noppenowe 1336. Mone 13, 205. Eratskirch, ur- 



104 

kundl, Nerbarteskirchun. Mone 9, 196. Vgl. Äugsb. Wb. 
346. 6«. 

Abfällt D im Anlaut: apf s= Napf, Zigerapf (mit Lö- 
chern) an der schwäb. alem. Ghrenze b. Roth; idel, nidel, 
sieh Wb. (vergl. ilachen :=: lilachen), aeres statt Naeres 
oder hoorwurm, ekcematöse oder herpetische Ausschläge 
im Gesicht und Kopf. Königseggwald. 

In- und Auslaut. Ausfallt n wieder in Ortsnamen: 
das heutige Rasbach heifst urkdl. Ransebach 1340. Mone 
13, 242. Die heutige Metzenbacher Höhe heifst 1184 
(Episcop. Const. I, 1, 593) Menzinbach. DOrrwangen (Ba- 
lingen) a. 1293 Dumiwangen; a. 1403 aber schon Dürwan- 
gen. Atzenweiler a. 1320 Anzenweiler. Mone V, 172. 
Sogar das urkdl. Egesheim, Egensheim, Eginshaim 127. 
Mon. Hohenb. No. 25: Engeshain 1305. Mon. Hohenb. 
204. Das heutige Bräunungen hat n eingeschoben, urkund- 
lich Briulingen 1154. Episc. Const. I, 1, 629. A. 1326 
und öfter Brülingen. Mono 20, 33. Laimnau, am See 
heifst urkdl. 769 Limauia und Laimaugawilare. A. 839 
in pago Argungoge ad Leimowe. Der alte O. N. Affra- 
ninga a. 902. Wtb. ürkb. No. 173 wol aus dem gall. Per- 
sonennamen Affi*anius, heifst jetzt Effringen b. Nagold. 
Echt lindauiscb (Augsb* Wb. s.v.) ist Isel; Iselbrunnen, 
wo die Fische verkauft wurden; in der Isel, altes Perga- 
ment. Urbarbrucbsttlck Spitalarchiv 14. Jahrh. Aehnlicb 
erscheint Iffel, Infel = Inful. Der Basler Todtentanz: 
Herr apt ich zieh euch die Yfflen ab! (Weinhold §. 200). 

Den vielen Belegen wie veruuft, vernuftig u. s. w. 
(z. B. im Leben Liutgarts) setzt die beutige Volkssprache 
in der Baar die Krone auf; sie spricht noch ebenso: un- 
vernuftig (Sunthausen), 

Ausfall des n, d. b. gänzlicher Wegfall der Nasalie« 
rung ist eine der Haupteigeaschaften des Allgftner Dialek- 
tes. EJs ist bei a, i, u darauf hingewiesen worden: Isibä, 
üverstandig, Astean (Unstern), üitagig, üinar, einer; üb^ 
ftendig; kdst, Kunst, (^wealtle u^ s. w. m&tig (Mentag, 
Montag), »pft (Spähne), z& (deos), zäe (Zahne), bd (Bflne), 
m6(Mond), 16 (Lohn), h&li, Hünlein (Waldburg); hOlastall; 



105 

junge hüla (harn, Wst. IV, 25), ritersmä, ne (nehmen), ä 
(an), gme (gemein), brü (braun), sonnaschf, gsi u.s. w., 
(Gewinn), bi (bin) oder brau, kläi, näi u. s. w. Sogar die 
Vorarlberger bestreben sich den Nasal zu vermeiden. From- 
mann II, 563 ff. Um den Nasenlaut fem zu halten, sagen 
die Alemannen 's Pferd wielet, was gegen die fränk. Grenze 
wellet ( Roten b.) lautet (winhelt in der Glosse^ hinnit, Mone 
Anz. 6,436); ebenso biet (heinet, heut Nacht), sch&s häs u.8.w. 
Daher gehören die -ing, die schon bei den Vocalen genannt 
sind. Sie müssen den Nasenlaut hindern: ninglouffa, hinein- 
laufen; ingspannen, einspannen; ingfart, inggwaid; ling, 
Lein; in offa ningwearfa; schingt (AUgäu), scheint n.s.w. 

Dem südwestlichen Schwarzwald gehören die der Bil- 
dung -ung entsprechenden ig an: geinnig, bedittig; nah- 
rig, ordnig, spötlig, meinig, scherig, chleidig, nechnig, 
achtig, früehlig, verehrig, bstimmig, stiftig, bsoldig, mah<- 
nige PL mahnige; empfindig, in uibig, Uebung. Dieses 
Gesetz reicht vom Wisental, wo es hauptsächlich zu Hause 
bis St. Blasien und weiter nördlich, Furtwangen zu. ka- 
merlig b. D. Keller, Keyserbuch S. 185. Ganz entspre- 
chend finden wir in alem. Schriften des 15. Jahrb. verdie* 
nes (Verdienst), des Mayes (Mai's)^ des mages, des lebes, 
des willes u. s. w. Leiden Christi c. 1470. des morges 
cgm. 384 f. 24 <> und oft. Rumashorn 14. Jahrb. JoIIer 
S. 61. 

Auf der andern Seite tritt n mit Nasalierung ein, wo 
sie geradezu auffallend ist. Ich mache da auf die Gegend 
bei Ostracb, Ablach, Mengen, Hundersingen aufmerksam, 
die es am weitesten treibt: eise. Eisen; etsschemmel, bfi- 
gelelse u. s. w. Hundersingen, Göge; diese sagen auch kalt, 
sieh Lautlehre des a. Das stimmt genau mit eyns, Eis, 
glacies in der Meersburger Reimchronik v. Heldt, Mone 
Quells. III, 4.'^7'. 

Echt alemannisch ist die Anzeige der Nitöalierung 
in folgenden Beispielen, die ich zu Weinhold S. 170 fQge. 
kiosche ist besonders davon erfafst. Sogar höfische Dich« 
tungen weisen das n auf. In der guten Frau setzte Som- 
mer (Haupt Zt. V. 215 ff.), statt des künsobe der Hs, kiu- 



106 

8che! So hat des Teufels Netz unküuschait 216. 745. 
küDSch 608. 747. 754 S. kflnschi mater. Histor. Volksl. 
n, 26, 23. Oleicherweise im St. Meinradspiel. 

Ein anderes Wort ist jehen: verienhen 1373. wir 
vergenhen 1352. Mon. Zoll.; ebenso eine Rotenb. Urkd. 
verienhen. Der cod. pal. 346 f. 52 und oft: neben senhen, 
iench (oft) f. 56 u. s. w. Ganz so geht es den Zeitwör- 
tern sehen, geschehen, seufzen, und dem Subst Faust. 

Beschenhen 1369. ensenhent 1371. gesenhent 1314 
in den Mon. Zoll. S. 129. Der cgm. 138 hat funst (Faust), 
er sunfzit f. 4S<< ersunffzen u. s. w. schlugen in mit fiinsteu 
a. a. O. Die Oberndorfer und Kirchberger Stat. 14. Jahrb. 
geschenhen, senhen. brotbsenher, fOrbesenher u. s. w. Mon. 
Hohenb. Des Teufels Netz: funst 2975. 7763, wie Keller's 
Keyserbuch, ebenso der cgm. 384 (funst) und cgm. 358 
u. s. w., ebenso cgm. 138. Das Zitglögglin: mit tiefem 
sünfzen f. <}3*. 69*. mit sönfzender brüst f. 84« u. s. w. 
Weist. IV, 285. mit der funst. Die Kacheler, Edle, sind in 
den Mon. Hohenb. 732 ad 1388: kachenler geschrieben, 
vierzenhen 1385. Joller. Im AUgäu stecken sie in Jast 
ein n: Janst. Unser Wort Mutschel, eine Gattung Brot, 
schrieb Brack, Vocab. mündschel, arthocopus, quia artus 
panis. appentegg. cgm. 384 f. 22*. 

Echt alemannisch ist die Einschiebung eines n in — ec- 
lieh (Weinhold 8. 268). Die Basler Rechtsquellen weisen 
viele Beispiele auf: einhellenclichen 1382 S. 81. ewencli- 
chen 1400 S. 61. zornenglich 1457 S. 178. kunstenclich 
1504. hartenclichen 1530 S. 258. wurdenclich 1533 S. 
259 u. s. w. 

n eingeschoben in — ic( Weinhold S. 170): wening cgm. 
168. einhelling 1541 a. a. O. cgm. 358 hat die ussetzingen 
f. 11« neben gnung f. 2«. wening, Pfeiffers Leseb. 138, 21 
und öfter. Vergl. mhd. wening (wenec); grimming u. s. w. 
Gramm. II, 297. 2. Augsb. Wb. 345. 

Eigentfimlich sind die Reime in der alem. Handischrilt 
von Fleiers Tandarois und Flordibel zu Hamburg: ir sint 
: zit; linse : wise. V. 3408. 11271. zfnselin f. ziselin. V. 
426. Der im Parzival öfter vorkommende Name Liz : vliz 



107 

ist in Lins verändert. Haupt Zt. 12, 473. — Im Worte 
Ziastag haben wir bei den strengen Alemannen auf dem 
Schwarzwald keinen Nasal: zistig; dem mittlem Nekar zu 
zelstig mit Nasal. Ganz so bei uns: streng alem. is, iser, 
eis, eiser auf dem alten alem. uns fufsend. In Ztsli = 
Zeisig wieder also; nördlich zelsle, sieh unter i. zelsli- 
sägger sind in der Oberndorfer Markung. Herrenberg; 
10 Stund südlicher zislisäggcher. In der Baar haben wir 
manchmal beide Formen die nasalierte und die andere bei- 
sammen; so erinnere ich nur an kräzen und krezen = auf 
dem Rücken tragen, Sonthausen. ziseln neben zelseln, al-- 
licere, locken. 

Assimilation: Burgunn. Hist. Volkslieder II, 32, 3. 
69, 7. die Burgunner S. 69, 8. Dekenpfronn, der O. N. 
heifst noch 1268: Tekkenphrunde. 

n an hochd. nüchtern fehlt noch in den alem. Schriften 
beinahe bis in's 16. Jahrh. herab, nüchter cgm. 384 f. 11«^. 
Platonici Arzneib. 16. Jahrh. 

Im Worte Fronleichnamstag läfst die Volkssprache 
am obern Nekar (Horb, Rotenburg) gerne n weg: fröleich> 
namstag, während die Baiern lieber m einsetzen: from- 
leichnamstag; ohne n schreibt es Th. Platter: vrofasten, 
sieh Grimm Wb. s. v. 

Die Versetzung von n und g in Mang = Magnus, 
gseng Gott, gesegne es Gott u. s. w. ist echt alemannisch. 

Wie heute im Volksmunde, so steht n in waidnen, 
Leiden Christi 1468, alem. kranknen leuten (Dativ)^ Blan- 
cardus S. 63. Das Keyserbuch: den todtnen cörpel S. 3* 
auf den wägnen u. s. w. Vergl. Augsb. Wb. 343*. 

n als Alliteration: nutzen und niefsen. Rotw. Stadtr. 
nacht und nebel a. a. O. Im St. Meinradsspiel: ir nurren 
und narren! 



108 

K, G, GH, H. 
K. 

Die erste Frage ist: hat sich die bekannte linksrhei- 
nisch-alemannische Aussprache des alten k als Gaumen- 
aspirata auch rechtsrheinisch festgesetzt? Der badische Süd- 
und Westschwarzwälder, der Hauensteiner^ der Sundganer, 
Breisgauer, der Algäuer, Vorarlberger, Oberinntaler hat 
das bekannte ch (x); kaum spuren weise bemerkt man ea 
noch in der Baar, am obern Nekar und an der obern Do- 
nau. In der Gegend wo Schwaben und Alemannen an 
einander grenzen, bei Füfsen, sprechen jene es fast noch 
rauher, echter linlfsrheinisch ; das Lechtal, das Wertach- 
gebiet gibt noch in Augsburgs Nähe Zeugnis davon. Die 
Alemannen im obern Inntal haben es, auch wo schon bai- 
risches Idiom stark hereinragt. An der schwäbisch -ale- 
mannischen Grenze bei Aulendorf kann man nach n beson- 
ders ausgeprägtes ch (k) hören: din;^a (denk^, schenkchl 
u. s. w. Dafs die schriftlichen Belege dieses Gesetz be- 
kunden, wird kaum gesagt werden dOrfen. Weinhold 
hat §. 219 S. 186 Beispiele beigebracht Ich erinnere ne- 
benbei nur an die khinder, verkhünden, khnecht^ kbrefti^ 
u. s. w. im Rotweiler Stadtrecht. Die schwäbiscb-augsbur- 
gischen Schriften belegen kh . aber ebenso häufig und voll- 
ständig wuchern sie in bairischen volkstümlichen Denk- 
mälern vom 13. Jahrb. ab. Yergl. Augsb. Wb. 259 ff. In 
den alemannischen Schlagwörtern cbriesa, chaib u. a. w. 
und besonders cbilcha geht ch weit herein ins rechtarhei* 
nische Gebiet. Auffallend ist in der Gegend von Gmünd 
und Weifsenstein noch spurenweise ch, ;^: kilkch, dik;^, 
dikch, was an das Wertachgebiet erinnert. 

Im Inlaute begegnen wir dieser echt alemannischen 
Erscheinung in unserem Gebiete oft. 

Die Gaumentenuis scheint aber wie die heutige Volks- 
sprache noch aufweist die Oberhand im In- und Aus- 
laute bekommen zu haben; die Baar: lunka, lunkche, lun- 



109 

kag^l, in Waldbarg: a eure lanka (Lunge), ZwinkbrÜcke 
b. Weiler, Haseltopf. Oberstdorf; ebenda schrieben sie 
früher Berktold, noch Familienname. Vergl. des Teufels 
Net25: lunggen 9481. lungkmus Wst. IV, 136. 203: lOng- 
kemnus. Dem volküblichen yerdilka entspricht das vertil* 
ken in J. Ruefis Adam und Heva V. 4381. 5118; in He- 
dion's Chronik (1543), bei Oheim S. 110: verdilggot; 
ebenso in einer Legende des Klosters Kirchberg 1 7. Jahrh. 
verdilken. 

Anlehnend daran mache ich auf alte längst ch gewor- 
denen k in dem Yolksmunde aufmerksam: milk, Milch; 
zwilk, Zwilch neben zwilka; kilk, Kirche; so in der Baar 
wie in Ebenweiler, in Deiüslingen u. s. w. Dem Kilikheim, 
das Weinhold §. 208 S. 177 aufführt, setze ich v. 1178 
schon Waltchilka (Episc. Const. I, 2, 584) an die Seite. 
Forer bat milk f. 163^. Milkling f. 46<> (Heufslin) u. s. w. 
Die Constanz. Schirmrede 1524 schreibt vertilken. Wein- 
hold fQhrt aus Pict. schleiken an; sieh Wb. geröukt (z. 
Rauch) bei Forer, sei genannt; ebenso weiken (waichen), 
düssel und alles das man weiken mufs. Heufslin f. 60 a. 
bleiker (Blaicher) Forer f. 96^. die waike. Donauesch. 
Eb. No. 797 f. 52^. hamauken neben hamauchen, sieh Wb. 
Das oberdeutsche uffbächerlen, ein Kind, das krank, mit 
allerlei zarter Pflege erziehen, ißt breisgauisch ufbäckerlen 
genannt (Freiburg). Dem althochd. truha, mittellat. truca 
entspricht alemannisch echt druk, drucka, die Kleider - 
Schachtel, Trog (Höhenschwand); Brotdrucke ist im hin- 
tern Bregenzer Wald üblich; Weinhold nennt dieses k ei- 
nen Ersatz f&r die weichere Gestalt von ch S. 178. Echt 
alemannisch erhidt sieh das richtige melcben, mulgere, 
Schwarzwidd, Titisee, Baar, Ebenweiler; vergL mulichen, 
gemalcher, Wst. I, 4 wie bei Hadloub: malch, Mhd. Wb. 
1, 170«. 

Ferner erscheint k fQr mundartlich allgemeines und 
hochdeutsches g, altes h (ch), und ist teilweise echt, dem 
ahd, k, c entsprechend: fiekwarze (fitga ahd.) oft bei Bruns- 
wick; teigk a. a. O. klangk des bekens; verssuck, stülgangk, 



HO 

genöck, langk, ingangk, schlack a. a. O.; dannerschlack b. 
Geiler u. 8. w. scfaarsack; Donauesch. Hs. No. 797 f. 52^. 
Hackstolzen, Donauesch. Akten 1 598. — Vergl. St. Galler 
Urkdb. No. 387 (ad 843)^ wo ein Hagastoldi unterzeichnet. 
Hagestolt 888 No. 665. hagestolzen 3281. Episc. Goost. 
I, 2, 553. 

Eine merkwürdige Erscheinung ist aber die ganz 
weiche Aussprache eines g statt organischem k (c). Die 
heutige Volkssprache spricht g in einheimischen und frem- 
den Wörtern für k: birge, Birke; Dirgen, Türken, dege, 
Theke; Inrgen (lurken, stottern), Altglashütten. Jogeli 
(Jokeli) Höhenschwand; Ofagugis (Guckifs), Backwerk 
a. a. O. balga, der, Balken; dungel, dunkel, denga, den- 
ken u. s. w. (Göge und anderwärts). Diesem Gesetze ent- 
sprechen die zallosen Beispiele aus alem. Schriften; die 
besonders im Auslaute g aufweisen. (Weinhold §. 214). 
ane wang, Sal. Hs. 14. Jahrh. (Karlsruhe), angen (Anken), 
Weitenauer Hs. 14. Jahrh. storg, Vocab. Arium b. Mone 
Anzeig. VI, 345. kräng, Strafsb. Vocab. a. a. O. stog, 
Wst. IV, 157. 14 Jahrh. Eine Salmansweiler Glosse bei 
Mone Anz. IV, 232 hat Schnegenhaus. Die alem. Hs. No. 
20291 (Nürnb. Germanisch. Mus.): snegen. Der cgm. 383 
hat lingen, linken oft. Die Chronik des Pet. v. Hagen- 
bach, Mone Quellens. 3: Frigthal; vermargten, geschmag 
S. 323 <*. volg, populus Mone Quellensammlung III, 508^ 
glogen 512^. Die Meinauer Naturlehre hat: uf der lingen 
siten. 

Die Predigtmärlein b. Pfeiffer (Germ.) haben werg, 
erschrag, gedang, marg, strig, krangheite, starg, kalgofen 
u. s. w. ein kranges lehen, Habsburger Urbar 57, 11. Ni- 
colaus V. Strafsb. kräng, Frangrich. glogen, Mitteil, der 
Züricher Antiquarischen Gesellschaft III, 4. Die Ober- 
rheinische Chronik (Grieshabers): erschrag. Die Basler 
Zunfbakten (14. Jahrh.): antwerg, Mone Zt. 17. 44 ff. Ni- 
colaus V. Basel: stog, dangber, erschrag, werg, schalg, 
starg, folg u. s. w. Der Spiegel der menschl. Behaltnus 
(Basel): erschrag, gesmag, liechtstog u. s. w. Forer hat: 
hirzenmarg. margweg, marg, sag. Wst. IV, 162: sog u. s.w. 



111 

Ich vergleiche hiezu aus dem elsäss. cgm. 6 : werg, gedang, 
rog, erschrag, volg, trang, krangheit, ertrang, starg, ge- 
trang, sag (Sack) u. s. w. 

Wechsel von k und ch, g, im In- und Auslaute 
(Weinhold §.224): werch, Werg (Titisee); lech, leck; 
Ebenweiler; wozu um Rotenburg: verlechern zu zälen. 
Machari, Macarius. Altglashütten. Ganz altbairisch spre- 
chen sie auf dem höchsten Schwarz wald (AltglashQtten): 
drack, morddrack, sonst nur Drach. Oheim: balche (ahd. 
balko neben palcho) S. 91, 15. Socher neben Socker, krän- 
kelnder Mensch; ch mehr alemannisch, verlachen und ver- 
locken = abgrenzen. Werben wag erscheint 1305: Wer- 
benwäch. Mon. Hohenb. No. 204. Falsch ist ch für k, g 
in Ganchvische 1268. Episcop. Const. I, 2, 639 (pisces 
usuales). 

Ausfall des k. Schlagwort ist märt, mercatus, Markt: 
a märt (Wisental u. s. w.) z' märit, Rochholz, Kinderlied 
44 (84): bifit uffm mart gsing, Waldburg. Vergl, Stalder 
n, 198: märig, märt, märten, vermärten, märtele u. s. w. 
werg, Werg, ahd. werc, werch. Das Wort mill, miUi, 
millnapf gehört ebenfalls daher; es ist bairisch und ale- 
mannisch; fdlet, Faulheit, am obem Nekar faulket. Hat 
sich fbr k im Anlaute g besonders vor r nicht häufig er- 
balten (vergl. grot = Kröte, cgm. 6 f. 23«'), so begegnet 
umgekehrt k f&r geh — des öftern : korsam, Leiden Christi 
c. 1470 u. s. w. In der Hs. Marq. v. Lindau: schonkeit, 
edelkeit, (dekein durchaus). 

Eine eigene Bildung ist hostik, Hochzeit, Furtw. Für 
schlnrken sagt man am Feldberg schlurpfen, schlurpen. 

gg fQr k im Inlaute begegnet schwäbisch ebenso häufig: 
das Rotweiler Stadtr. hat marggt neben margkt; agger die 
man heisset stoegge. Alem. Urkd. 1344; 1347 ebenso ag- 
ger; in ainer heggen, Rotw. Waldbeschr. de Smaleggi 
1207. Mon. Hohenb. No. 20. 

G. 

Im Anlaut steht echt alemannisch g fbr j was heute 
nur noch spurenweise in unseren Gebiete sich erhalten 



112 

hat. Al8 BilduDgsconsonant wuchert g för j ftberaue 
üppig. 

gerlich, jährlich 1311. Mod. Zoll. No. 233. genre 
Wst. IV, 74: giohalb, gimme, 14. Jahrh. a, a. O. 208. 
ginre 264. ginthalp 104. genhalb meres cgm. 6 f. 20 a. 
In den bekannten Monatreimen des 15. Jahrh. steht oft 
Genner bin ich genannt f. Januar. Nicol. v. Basel schreibt 
sogar gömer, jomer. runcare, gctten; runcacio, getttung 
bei Brack, Vocab. Vergl. Weinhold §.215 S. 182. 

gh für g weist Weinhold §.211 aus dem 8. Jahrh. 
auf; ich füge bei: Ghisalberto 752. Ghisalmunde 757« 
Ghato 759. Ghervino meo 764. Ghislamundo 772. G 
für d im Anlaut: giessel, Diechsel, Deichsel. Allgäti, 
Atntzell. 

Im Inlaute, Bildungssilben, ist g für j allgemein. 
Heute noch ist g deutlich vernehmbar, z. B. in der Göge: 
ägsaigt, angesäet; gmaigt; draigt, kraigt, gnaigt^ baigt 
u. s. w. gerade das Gegenteil vom Sundgau, wo j statt or- 
ganischem g eintritt: lojel, lägel. Colmar: luja, Ingen 
u. 8. w. Dieses g statt des weichern j, wie Wackern<ig0l 
in den Nibel. Bruchstücken sagt, wo maige, vigent, vigent- 
sohaft steht, will ich im folgenden als Beigabe zu Weio- 
hold 6. 183 belegen. Die Donauesch. Hs* No. 792: klyg^n 
(Kleien), besage, gebaygt u, s. w. Der cgm, 384: bayge 
f. 19«. bägt f. 20«. das saygen 36*. brüege 77*. sayge 
96«. Bekannt ist das Sleigorbuchlin des Hermann v. $4ch- 
senheim. schreigen, Hist. Volkslieder 11,18,261 (1476). 
Eioe Strafsburger Handschrift, Altd. Bl. S. 164: kreigen : 
meigen (krähen, mäen). Des Teufels Netz: sigend, ^ig; 
laig, laigen; sie thugei^d, das er tbüge, tbOg^t^ thüg, vi- 
gertag, saegeq, schrigiin, kftsprüge, frQg, maigir, ^igir, 
aiaigenregen, blügen, kfigen (Kühe) u. s. w. Ebenso das 
Zitglögglin: des f rügen opfers, blügeod, g^schreigs, schley- 
ger, arznig u. s. w. Das Rotweiter Stiidtrecht: thüege, 
thüegen, thüegent, küegen, segen (sajan); übermaigte. 
Ganz so die Basler Rechtsquellen. Der Nürnberger cod. 
(germ. Mus.) 20291: ba3ilgeQ, einen glOgenden »ta^Pi gra- 
milge»; sfigs, trig t^g u. s. w. In dep Wst. IV, 75: an- 



113 

schriget; bnlgel (BrQhl) 125. Vergl. dazu scfaleger bei 
Brunswick f. 214». weigen (Weihe), Habichtart a. a. O. 
212*. Mangolt's FischbOchlein (17. Jahrh.) hat gepleiget. 

Dazu kommen die urkundlichen Belege aus den Mon. 
Zoll, und Hohenb. mayger v. Wurmelingen 1347. mayger 
V. Rotenburg 1383. bruegel a. a. O. früegen mess 1373. 
frfigmesser, frigheit u. s. w. (Mod. Zoll.). Der heutige lin- 
dauische O. N. Hojers heifst urkuudl. Haiggars. Vergl. 
Zarncke z. Brant S. 384. Gramm. I, 968. 7. 3. 

Merkwürdigerweise hat sich altes g in aigg (alt aigis) 
erhalten = Ei, auf dem badischen Schwarzwald ; Neustadt. 
In den Denkmälern sehr häufig, z. B. Weist. IV, 76: eige- 
ren; ayger, Mod. Zoll. 

gh im Inlaute: Adaghiliniswillare 754. Aghinsulaca 
764. Sighiheri 772. Aghine 772 Aghino, presb. 776. 
Haghico 773. Sighimundus 778. Sighiman 782. Reghin- 
pert 782. Adalghero 787. Vom 13. Jahrh. ab spuren- 
weise; zu Weinhold §.212. Ich fäge diese gh im Aus- 
laute nebenbei an: eine Urkunde v. 1192 in den Monum. 
Hohenb. No. 13 hat Berchtoldus de Hohenbergh; N. de 
Heuembergh; N. de Abenbergh, de Eirchbergh u. s. w. 

Echt alemannisch ist der Ausfall des g, sei es orga^ 
nisches oder aus ch (h) entstandenes. Vor allem nenne 
ich Domstetten, den Ortsnamen, dessen urkundliche Schrei^ 
buDg Tomigestat, Tornegestat, Tornigestetter marca ist, 
nach dem Cod. Lauresh. Ob. Amtsbeschr. v. Freuden- 
stadt S. 218. Das alte Maginga, Maengen 1275 lautet 
schon a. 1204 Maingen, gerade wie es das Volk heut^ 
ansspricbt; in der Schriftsprache jetzt Mengen. Mone Zt. 
I, 80. Die älteren oberrheinischen Schriften werfen sogar 
g in Augsburg aus. Neben den schwäbischen Beispielen 
sei Auspurg in der ältesten oberrhein. Chronik v. Gries- 
baber genannt. Der O. N. Manzell, Weiler b. Fischbacb 
am Bodensee, heifst urkundlich Magincella. SchQnbuch 
der Reichsforst zwischen Herrenberg und Stuttgart heifst 
urkundlich Schainbäch 1310. Schaienbucb und Schaigen^ 
buch kommen ebenfalls vor. Schaiach 1310. villulae See- 
genbfich. Mone Zt. I, 3 1 6. Sohagenbuch. ^t.6, 92;bei 

Birlioger, alem. Sprache. 8 



JI4 

Neugart: in saltu Ska* Ubland in Pfeififers Germ. I, 2. 
Anmerkung. Der O. N. Balingen heifst urkundlich (wie 
Waginga, Wehingen) Balginga. Foutesberg O. N. urkund- 
lich: Hugo de Vogetesberg 1276. Mone Zt. I, 492. Hen- 
ricus ädvocatus de Voitesberg 1288. Voudesberg 1312. 
In Polayen, Pelayen f. Pelagius ist der Ausfall in den 
Klosterurbarien und Urkunden alt. Ein Schlagwort ist 
morn, moan u. s. w. in dem g schon frühe ausfiel, mons 
= Morgens cgm. 358 f. 3*. mornent, enmornent in des 
Teufels Netz S. 35. 3316. bis moren, in St. Meinradsspiel 
84. Bekannt ist die Form morndis. Aus dem 14. Jahrb. 
momun 1352. Mon. Zoll, enmomen 1385 a.a.O. gnA« 
same buofs. Manuale Basil. curat. 1508 f. 91^; ganz ent* 
sprechend dem gnua (ganöhs) im Volksmunde. Im AUgäu 
(Waldburg) haben sie lüa (Idgen). Ein weiteres Wort echt 
alemannisch ist tawan (sieh Wb.) f. tagwan rechts* wie 
linksrheinisch tawen, frontawen. Wst. IV, 69. 72. (Wein- 
hold §. 212 S. 181). 

Ich mufs ferner an die Zeitwörter mögen, sagen, tra- 
gen, schlagen, legen erinnern, die alle teilweise echt hö* 
fisch schon g in der Flexion auswerfen: belaitten (glaigt, 
noch neben glait), gelegt; darufip gelegt cgm. 384 f. 27^ 
und oft. Im Sundgau: schlöt (schlägt), schlät, sät, trat 
u. s. w. Dem mandartlichQu i mä, du mäft etc. entspricht 
du mäst cgm. 6 f. ll«. so mästu f. 222. Dafs ai an 
Stelle des ag tritt ist gewifs; mitunter e. Dieses ai veiv 
wandelt sich im bairiscben Wald in oa ebenfalls mit Aus- 
fall des g. 

Wechsel von g und w belegt die dem 15. Jahrh. an* 
gehörende Dorfordnung v. Aohern (Mone 14,285). blflgel 
f. blüwel (bliuwan); houlz hougen f. houwen. flofs und 
nogen (nawen), Mone Quells. III, 505^. Zu Weinhold 
§. 216. 

Häufiger wechseln d und g. Volküblich sind: gotza* 
bilg, hoiiigabilg (Ebenweiler), a bügle (Schussenried), Bild- 
chen; sigeltruch ftlr Sideldruche; Einsideln heifst aleman- 
nisch und oberschwäbiscfa nur Olsigla, Uisiggia; Asigler- 
weg, ünterhallauer Flurname (Schaffhausen). Ofsigler heifst 



115 

auch ein Schneider in Ehingen a. D. Ainaig, Einöde und 
einödig. So auch b. Pfaff, Efsl. 216. hingerm hüs echt 
schwarzwäldisch ; da hingere gäts (binterhin), hinggaf&era 
(hinterför), Simonswald; z^ hingerst im Gängli. Rochholz, 
alem. K. L. S. 27, 17. hängli, Händchen (Rochholz), hun- 
gert a. a. O. 254. Mechtilg, Personenn. Binsdorf. Hin- 
gala (Himbeere) sonst Hintela, Heintela. Tuttlingen. Das 
verspeideln, mit Keilen Holz auseiandertreiben heifst alem. 
verspeigeln; speigel = Speidel, Bissen. VergL Schmid 
499. Hinterwald. Vergl. thusing (-ent) urkdl. und münd* 
lieh. 

Das alem. schälken, schalken (sieh Wb.), das Haus- 
leutner als Wechsel von t und g — er schreibt schelgen — 
mitteilt, gehört zu schalk. 

Ob das bilgay, das die alem. Hs. (v. St. Blasien) Con* 
rads von Megenberg enthält (Mone Anz. 8, 495) Wechsel 
von d und g ist? (wan es ist der hennen ain bild ze 
ayeren). 

Ob nicht gar Hochzig (gg) ein Wechsel von t und g 
ist? Schon der cgm. 6 hat f. 10^: hochgezigl 

Dieser Wechsel von d und g, t und g hat sich bei- 
spielsweise in der Oberlarger Mundart im Eisafs recht 
ausgeprägt: gfunga (gefunden), u%8tanga; zu 'n anger, dV 
hinger, verschwunga, ungewegs, gschwing, stung (hora); 
halsbänger u. s. w. Alsatia 1852 S. 88. 

Umgekehrt sagen sie im Wisental landsam (langsam). 
Eine Urkunde 1296 Mon. Hohenh. 59: mit unser beder 
ingesidel (Sigel) ; mit der stetten ingesidel n. s. w; Ebenda 
ist almig sust = allemal sonst? (allweg?) 

Schon bei n ist eines alemannischen besonders allg&ni- 
schen Gesetzes gedacht worden, nämlich ein g auf n fol- 
gen zu lassen, um die Nasalierung zu verhüten. Ich teile 
noch folgende Beispiele mit: hong (han); bei Ravensburg 
fibigt aber Schweiz, i hö an; gong^ Imper. (geh, gan^; mit 
der licht gong, gonge, g^ns, foafste gongs; gengele^ di- 
min. junge göngsle; gongsblOemla. king, BinswangensrKinn. 
ing a= hinein; in d^ Stadt ing. ungartig, unartig (We- 
hingen); fungst, Faust; mit der fongfit gschlagga. An der 

8* 



116 

tintern Schüssen sind die gong (i geh), ming, ding, sing, 
TJng (herein), wing (vinum), ning (hinein); 's ist ming kerle 
ssB Schatz u. s. w. ganz einheimisch; sie ziehen sich bis 
in's Sauigauische, bis Aulendorf, hinüber bis Riedlingen 
nnd von Königseggwald, Ebenweiler auf den Heuberg, denn 
ifi Wehingen trifEt man es wieder sehr ausgeprägt. Die 
Breisgauer haben anlenend daran: wangst, Wanst, Bauch; 
ganz so die Leute um den Feldberg, Ältglashütten. Im 
bairischen AUgäu z. B. Immenstadt wieder sq.: fungst. 
Echt alemannisch ist rungs, Runse, sieh Wb., wo wangst, 
fhngst heimisch. Schriftliche Denkmäler tragen dieses Ge- 
präge: die Kaufbriefe in der Bathauslade in Hundersingen 
b. Riedlingen schreiben ringsegraben zu rünse, runse, rüngse 
gehörend. Das Kloster Kreuzungen bei Constanz heifst 
1253 (Episc. Const. 1,629) Cruciling, während die mei- 
sten übrigen Belege Crucilin lauten. 

Eine eigentfimliche nur locale Erscheinung ist das 
rechtsrheinisch -kletgauische (Rüdlingen, Buchberg) tu, tm, 
fbr gp, gm: tm^nt, tmüret, tnaget, tnegi, tnappe u. s. w. 
Es kommt am obern Nekar in der Kindersprache ebenso 
vor. 

Alliterierend: grisgrammen und grinen. Teufels Netz 
386. grinen und grauen 471. gespilen und gesellen 1540. 
girran und garran 11731. gar und ganz; gar und genz- 
lich. Rotw. Stadtr. 37« 188*. 

Ch. H. 

Im Anlaute hat sich altes hr erhalten in der aleman- 
nisch-schwäbischen Grenze bei Füssen^ am obern Lech: 
hross, hrapp u. s. w. 

Der Vortritt des hauchenden h, den alle Mundarten 
Deutschlands mehr oder weniger kannten, den gewisse 
schlesische Gegenden heute noch beibehalten, der aber in 
Schriftwerken sehr vielfach nachgewiesen werden kann, ist 
auch in unserm alemannischen Gebiete daheim. Ich fOge 
zu den im Augsb. Wb. 209 ff. und bei Weinhold aufge- 
ftkhrten (§. 230) Beispielen folgende. Das bekannteste Wort 
ist: beidox, lacerta; beidex u. s. w. Fiscfaart: beidox; in 



117 

Her's Feldbuoh: heydechs. Das andere Wort: haischeü 
(eiscoo ahd.), hoaschen, verlangen; ähoascha, anfordern 
(Ertingen) u. 8. w. herdöpfel, headöpfl, Kartoffeln. Hanselm 
U.8.W. herdwible im Sundgau auch sehr verbreitet; bo- 
meisen^ Ameisen. Schluehsee. Alte Belege: Hegingas O. N. 
(Ehingen oder Engen?) 787. St. Gall. Urkdb. No. 111. 
Heiingas neben Ailingas O. N. (Ailingen) 771. Hebingen 
O. N. (Ehingen) 843 No. 386. Hasumwang (Ausnang) 
O. N. 856. in pago Harboninse neben Arb. 78ö. Hanselmi 
Personenn. a. a. O. Aurich O. N. Urach heifst 1 147 Hüra; 
1157 daneben Vraha. Vgl. das schwSb. Ummendorf, urk. 
Hummendorf. Feyerabend Ottenb. Annalen U, 179. Die 
Züricher Jahrztb. haben herd rumen (Erde). Die Ordnung 
von Baden 1486 (Mone Zt. 9, 151 ff.) schreibt herkennen, 
herkentnis u. s. w. ganz wie noch die Constanzische Schirm- 
red von 1524: nach herfarner warheit, herschieslich, her- 
wegen, herwüsch u. s. w. Weist. IV, 166 ff.: hersuchung, 
herloubung, hermant, hernuweret, herkantnufs, — herken* 
Den, henpfieng, henpflohen u. s. w. Interessant ist auch, 
wie sich zu den hunden (ze den ünden mhd.) erhalten hat 
am Rheine; hermurdert Leb. Liutg. J. Rneff: Habel = 
Abel. 

h fehlt im Anlaute: imbere, Himbeere, Buhlbach. Der 
Fall ist vereinzelt. In omelie hat der alem. cgm. 168 b 
weggeworfen. In Zusammensetzung bQfst -hart sein altes 
h ein, z. B. statt der vielen Beispiele: ßeinerzau urk. 1255 
Reinhardesowe u. s. w Ebenso ergeht es dem h in Zu- 
sammensetzung der Ortsnamen in -haim. Die mit Mutis 
verbundenen h im Anlaute mögen bis zu den ältesten alem. 
Denkmälern hinauf verschiedenes bezweckt oder auch nicht 
bezweckt haben : bald Aspiration, bald fUr d, bald Denung 
u. 8. w. Ich setze gleich hieher eine Anzal Beispiele von th: 
Theoto, Thancho 842. Thiotbert, Thiotger 843. Theot- 
mttnt844. Tbingolf, Thigenhart 853. Thanchrat854. Theat- 
hart 861. Theotwin, Theotirih, Thietwin 886. Theotram, 
Theotrot, Theotoloch 761. Piri-thorf (Bimdorf) 874 und 
oft. Thalaheim 776. Thuningen 1 1 92. Mon. Hohenb. Tha- 
gesburg 1197. Mone Zt. I, HO. Thisindorf 1202, a.a.O. 



S. 325. Therdingen 1247. I, 123. Vgl. theheme, Dehme, 
Waidgelt für die Eichelmast 1296. Mone Zt. 14, 380. 

kh dürfte wol keine Erklärung mehr verlangen: es ist 
offenbar Aspiration damit angedeutet, khindt, khein (1302 
Mon. Zoll.), das Rotweil. Stadtr. khinder; khrinne häufig 
in rotweil, ürbarien. Vgl. Weinhold §.170. Die Verbindun- 
gen mit j? jhenthalb 1339. Weist. IV, 188 und öfter; bes. 
Jhesu. Denung in ahnsprach. Mon. Zoll. 1302 S. 111. 

Im Inlaute^ Der Ausfall des dem alten h entspre- 
chenden ch im Inlaute vor den Zungenbuchstaben und 
Verlängerung (in vielen Fällen bleibt alte kurze Aussprache) 
des voraufgehenden Vocals ist echt rechtsrheinisch aleman- 
nisch. Die Baiem und Lechschwaben unterscheiden sich 
wesentlich hierin von den Alemannen : sie haben ch streng 
gewahrt, freilich nicht in allen Fällen, meist nur wenn ch 
vor t, s steht ; durchaus aber darf man sagen in den Aus- 
lauten. Am obern Lech, an der alemannisch«schwäbischen 
Grenze wird ch sehr stark gehört, desgleichen in Baiern; 
ich erinnere nur an Büchl (Bühl), Schuch, Schuecherl, 
Rech (Reh), ßeichl (Beil), Floch u. s.,w. Sieh Augsb.Wb. 
210 ff. So hat der halb alemannische, halb schwäbische 
Markt Oberstdorf noch alle bichl (colles), gwecha sogar = 
gewesen« Schriftwerke wie das Rotweiler Stadtrecht ha- 
ben noch schuch. Doch gibt es im Allgäu und am See 
Beispiele, die den alten alem. Gebrauch der ch-Aussprache 
bekunden : 's ist gre(a)chet == fertig (gerecht), wo der Lech- 
und Wertachschwabe, nicht aber die alem. Franken am 
mittlem Nekar einstimmen; am obern Nekar grea. Des 
Teufels Netz: gräa. Daher ist in der Rotenburger Gegend 
das Seelgrecht (selgeräte) üblich, offenbar eine volkstümliche 
Anlenung an recht. Seelgrächtwisa, Flurn. daselbst. Merk« 
würdig, auch in Waldburg kann man bichel hören = col- 
lis, aber es ist ein weiches ch, ein Mittelding zwischen 
bairischem ch und dem Hauch -h. Das sind Ausnamen: 
echt alemannisch ist der Ausfall des ch. Ein Hauptsohlfig- 
wort ist das wirklich niederdeutsch, sächsisch klingende 
nat (Nacht), am Bodensee wie auf dem Heuberg, und 
S^^hwarzwalde: nätig, übernätig (Baar), hienät, bienet (-^} 



119 

heute Nacht, hiet Dat, hienet nät (Waldburg), faschnät 
(Bregenzer W.); z' nät; nät, gestern Abend. Die schrift- 
lichen Zeugnisse zu dem Worte: näthraben, noctua. Sai- 
mannsweiler Glossen. Mone Anz. 17, 96. in dem ersten 
wichnaten. Liutg. Leben 455«^. von Sante Martins nät 1311, 
unterelsässisch. Mone Zt. 10, 307. — Ein anderes Wort 
ist fläs, Flachs, fläs, fläses gän^ noch bis an den mittlem 
Necar. Der Vocab. 56 (Donaueschingen) hat f. 55 a: fläfs. 
fläszehenden, Mone Zt. 10, 347. — Vergl. holländ. fläs. 
äsel, Achsel, assel, humerus, Vocab. b. Mone Anz. 7, 297. 
uff der äsenen, Wst. IV, 5. assle, Vocab. b. Diefenbach 
Nov. Gloss. f. 206*. Die oberrhein. Chronik: uf sinre as- 
seien S. 15. was. Wachs; wässe = wächsern, PI. wäser 
(Göge), ein halb taveln wäszes zu lichte. Wst. IV, 127* 
wäsz 212. mit wäase. Basler Dienstmannenrecht p. 19 
§. 12 (ed. Wackernagel), misbweses (Gen.) 1308. Mone 
11, 455. säsle (safaselin mhd.), ist echt alem. Reisachsape, 
im Siindgau, auf dem Schwarzwald reissäsle. Sieh Wb- 
unten. 

Den O. N. Sachsen weiter spricht das Volk um Tc^V 
nang Sässenweiler. 

wäsa, wässa = crescere, wachsen, i was, du wS&- 
-ft, ear west; mier wäse, iet wäset, se wäset, Part, 
gwäsa. wesset, crescit 1344. Mone Zt. 7, 488. usgewä^ 
sen. Nicol. v. Basel 125. wässet crescit. Basler Dienst- 
mannenr. S. 1 (Quell, v. Basel, Schnell.), entwässea (: mas«- 
sen), cod. pal. 346 f. 6. gewässen (Part,), Edlibaoher Cbron* 
S. 181. wuos crevit, cgm. 6; ebenda wuosent creverunt; 
wogegen gewagsen wieder in Liutg. Leb. 445^. Vergl. 
Brunswick (1512): es wefst; gewäsen, wäfsent, zä wä$i909 
gewSfs u. s. w. Bei Lor. Diefenb. Gloss« Nov. f» 38^: waes 
ÄS acutus (wahs, scharf). Vergl. Weinhold §. 191. V*^ 
senried O. N. b. Mone Zt. I, 321 urkunddl Vahsriet 1 183 
und Vaehsriet. gewässen (vom Samen), Kirchberg. Le«- 
gende Hs. 17. Jahrb. dät (Docht) am liet. Tettnang; brät, 
bracht, wo brät b. Mone Zt. 10, 307 zu vergleichen. Mone 
Anz, 8, 40 ff.: bräth.; slät, väth (accipit). Das Zt^. schla» 
gen (slahap) verliert sein in cb vor t umgewandeltes b eben- 



120 

falls, ear schlet noufs wie a lamer essel. Ertingen. Um 
Tübingen, Rotenburg ist h stark in diesem Falle betont, 
sblät, peroutit, Wst. IV, 285. Das Reinfeld. Stadtr. (1290) 
hat slät durchaus. Daher gehört donderschl^tig, in keinre 
släte (slahte), allem menschl. geschlSte ; der allmStige Got 
u. s. w. im cgm. 6. Im St. Meinradsspiel schiät und gluckh 
darin u. s. w. All das stimmt mit der jetzigen Schwarz- 
wälder Sprache, wie sie das Wisental besonders kräftig 
pflegt: schläts sibini. — Sollte in den O. N. Zuhescblacbt 
eh eingesetzt sein? Sollte slate die alte Form aufweisen: 
AUislate 868. St. Galler ürkb. No. 540. 

ch fällt femer aus vor t, s nach e, ea, e, im Inlaute 
in kneat, Knecht; reat, recht; schleat, schlecht; z. B. in 
Amtzell: de reat kirbe und d' Eapellakik'be. Dem wtsla 
SS wechseln entspricht in den Baseler Rechtsquell. I, 8: uf 
dem weselbanke, weselherre, wesseler; echt alem. wiassla. 

Brunswick hat: eidSfs, Eidechse. Das Zalwort sechs 
Yerliert ch in zaireichen Beispielen: sSs swin, Rast. Dorf* 
recht 1370. Wst. I^ 438. in dem sesten jar an dem nd- 
sten zinstag. Mon. Zoll. 1356. sesse, Wst. IV, 125. shes 
j&che, Mone 10,307. Der cgm. 6 hat das sSste f. 13<>^. 
sSs Sachen f. 19^. ses stainine kruege f. 250 <> u. s. w. 
Vgl. auch Germ. Neue Reihe I, 84. durchettung cgm.. 6 
f. 23*. 

Das nest von nehst trifft man auch hie und da in 
schwäbischen Urkunden; doch ist es nur alemannischen 
recht eigen (== nächst). 

Nach kurzen, langem i und iu: grit =s Gericht; rita, 
richten; üfiita, aufrichten; auch urkdl. ufgerit 1346. Mon. 
Zoll, des ackerits (-iht-)etum. Basl. Rechtsq. II, 79. (1529). 
Heute: a dicket (dickicht), Immenstadt u. s. w. gwtt, Ge- 
wicht; schlita, schlichten; brita, berichten j giter. Gichter; 
dogar glaubt man ie (Baar) zu vernemen; bita, beichten; 
bit, beichten. So vom Schwarzwald bis zum Bregenzer- 
Wald. Das alte alem. Sungiht erscheint fast nur ohne b: 
Singtten, Oppenauer Hubrecht 15. Jahrb. Mone Zt. 3, 468. 
zä Suo^ten 1336. Zt. 13, 20 (Mone). nach Singften, 
Wst. IV, 511. Sungiden, Wst. I^ 318. Das Wort Liebt 



121 

(Liecht) böfst h ein in vielen Gegenden: liet. (kilt wurde 
bei Frominann III, 12 in Zusamnaenziehung von kienlit 
(Licht) angegeben; sieb aber Hildebrand - Grimm Wb. 

s. V.) 

St. Josefstag 

Nimt ^8 Liet da Bach nabi 

Eine alte Sitte in der Baar kleine Scbiflflein mit Lich- 
tern schwimmen zu lassen. An der Liemess, Lichtmesse 
(Amtzell). Lietental urkdl. 1347 b. Mone Zt. g, 80 und 
öfter für Liechtental O. N. liethsterne, Mone Anz. 8, 46. 
Temo: dissel (Deichsel), Anz. 6, 838. dtsel, Salzbach. O. 
1432. Zt. 8, 151. mttelig = meichtelig: in iserem kerr 
ist^s mitelig. Wurml. weissei b. Brunswick. Vergl. F. Bech 
z. Haupts Höh . Lied in Pfeiffers Germ. IX, 361 

Nach o, u, uo: hier ist Schlagwort öss, Ochse. Am 
mittlem Nekar, wo man nur den Stier noch kennt und 
den Hagen, hat sich össnen erhalten = nach dem Stier 
begehren, von der brünstigen, rindrigen Kuh oder Kalbin 
gebraucht, össnerin alemannisch eine unträchtige Kuh. 
Vergl. s. V. in der Sprache des Rotw. Stadr. ösa (Buhl- 
bach); von da dem Rheintal zu gibt es ein Adj. öselig; 
(össnerin) eine überloffene Kuh ist nicht mehr öselig. Den 
Ochsenbühl, ein Wendelsheim -Seebronner Wald nennen 
die Leute Osenbühl. 

össen, Freib. Urkd. 1340. Mone 13,222. össenhüs, 
össenherde in n. Vocab. alem. b. Diefenb. Nov. GIoss. 58^. 
61». 55^ Ossenwerd, Strafsburg. O. 1449. MoneZt. 4, 85. 
Die Strafsburger wie Geiler gebrauchen össen wiederholt. 
Evangel. Buch 1515 f. 151 ^ Brunswick: össenzungen oft. 
Der Vocab. teut. No. 57 in Donauesch. f. ll»: buglossa, 
Osenzung. 

Femer gflöta (geflochten), gföta (gefochten), mi döter^ 
döter, Tochter; sogar urkdl. thötermann 1346. Mon. Zoll, 
i möt, du mötist, er möt u. s. w. ist noch bis auf den 
Heuberg herunter volküblich. Füsloch, Fuchsloch, Dorn- 
stetter Flurname; heute füs = Fuchs nicht mehr bekannt, 
süt, Sucht; züt, Zucht; jüzen, jauchzen; frftt, Frucht; so- 
gar ue, ua: 



122 

BartoloiDä 

käst früdt so sä u. s. w. Baar. 

Scbluosee, Schluoss = Schluchsee; Schluch's. Bei 
Moue Quells, m, 521« steht bussenmeister. üten, üten- 
gasse, autengasse (Aucht, Ucht), sieh unten Wb. truosesse 
in den Basler Bechtsquell. Nach r: fürt, Furcht, oder 
gar firta, sich fQrchten, Heuberg, Wehingen ; a fierti thier; 
i hö mi gfirrt u. s. w. die firrt 'r, der firrt 'm ; ebenso auf 
dem Heüberg, in der Baar, wie in Waldburg, im AllgHu. 
Nicol. V. Basel hat genau so: furthende Partie. Gans so 
steht es mit Furche das für lautet, PI. furren wie heute 
noch in der Schweiz (Tobler), so auf dem Schwarzwalde. 
Die Basler Rechtsqu. ad 1611: für, furrep, ebenso furinen, 
Wst. V, 165. färlin f. färchlin, mi förli! Marchtal O. N. 
urkundlich fast nur Martelle ; so das Habsb. Urb. Hier 
mufs das alem. kilbe, killwi (sieh oben) angeführt werden ; 
in Zusammensetzungen verliert es regelmäXsig cb; wogegen 
eine Selzer O. b, Mone 10, 308 (1325) schon g setzt: kirge, 
kirggang, lutkirge. nüt, nönt, nuezig u. s. w. haben alle 
ch längst eingeböfst. 

Ein Wort, ich meine befehlen, empfehlen etc. hat im 
Alemannischen schon frohe ch verloren. In Wst. IV, 182. 
279 und oft empfelen, enpfolt wirt (c. 1400). zu mime lip- 
bevile. Spiegel der Behaltnufs f. 336*. . Basel 1476. Der 
cgm. dagegen hat wieder lipbevilhede f. 26* und öfler. 

Ganz so im altern Schlesischen. Die Pafsio deutsch 
c. 1500: entpfelen; entpfolen; befolen. bevele mich, be- 
velnifs. 

Anderseits erscheint im Inlaute h, wo wir es nicht 
erwarten: sollte es blos Denungszeichen sein? Spurenweise 
rechtsrheinisch; die meisten Belege gibt der cgm. 6 freilich 
mehr elsässisch. die grohssen gobea f. 3*- eine grohssen 
fursten 7^. grohsse pin a. a. O.; von grohsseme schrecken 
7*» iu einem grohssem siechtage; den grohssen siechtum 
8^; einen grohssen schätz u. s. w., sodann lobssen (lassen) 
4^. lol^ssenst f. 6*. lohssent u. s. w, uffe der strohsseu 
7 a. iXher 4ie mohsse u. s. w. Dem entsprechend schreibt 



J123 

Brunswick wehsera (wässern), fahsecht (fasicht) ""). Ich 
halte diese h mehr für ch und müssen gewifs zu einer 
Zeit in der Aussprache hörbar gewesen sein. Sicher nur 
Denung ist h in folgenden Beispielen: wohnde f. 23^ cgm. 6. 
ihr hand a, a. O. 24 ^ Vehringen O. N. 1170; im Rotw. 
Stadt, behr, beier, porcus; fehl, pellis, Behrunthal 1308. 
Mon. Hohenb. 

fnlhin im Rotw. Stadtr. a. rihsel, rihses in ß S. 54. 
rohs^ Rofs. Gloss. Augiens. bei Mone Anz. 4, 92 scheinen ch 
zu haben und sind keine Denungen. 

Als Trennungszeichen zwischen zwei Yocalen erscheint 
h: in atrio Sancti Michahelis 885. No. 641. St. Gall. Ur- 
kundenb. in festivitate S. Michahelis 895. Servus Sancti 
Michahelis 776 No. 8J. Die Oberndorf. Stat. 14. uf Mi- 
chahelis Mon. Hohenb. 384. Der cgm. 384 f. 64: Micha- 
hel Raphahel cgm. 358: Israhel, Michahel u. s. w. Wein> 
hold §. 232. 

Die Aspiration im Inlaute deutet h an in Gothefridus 
1192, Alberthus 1268. 1269. Mon. Hohenb. Wetthingen, 
Kloster 1283. St. Gall. ürkb. 11, 35. in pago Untharse 
860 u. s. w. Das Rotweiler Stadtr. underthanen, jrthung; 
das Zitglöggl. gethan u. s. w. Ebenso des Teufels Netz. 
Ruthi 1299. Althensteig, Ruthelingen, Rothwile 1310. 
Bei Nikol, v. Basel oft etthelichen, Marthel, seithe (dixit) 
S. 109. 

Grieshaber's oberrh. Chronik hat die Formen fuerthe, 
sasthe, bisthtumes, forthe^ welche Beispiele zugleich oben 
den Ausfall des ch vor t teilweise bestätigen. 

Ebenso folgende Fälle. Mone Anz. 8, 40 ff.: vorthlich, 
brath, mathe (Macht), nieth^ niweth u. s. w. Sollte hier 
th ftür ht stehen, was seit dem 11. Jahrh. in md. Denk* 
m&lern (zuthlich z. B.) erscheint ( Diemer). Nach Wein« 
hold §. 173 stünde th für ht. 

Das h, ch in ahe^ aohe, herab, abe z. B. ahahola hat 



*) Weinhold §. 226 S. 192. Vergl. auch Altbflehser, urkdl. für AltbU- 
fser (-strafse), Breslau. 



124 

bair. Charakter; wird aber schon bei Landeck, wo ale- 
mannisches noch Yorberrscht, gehört statt b. 

Im Auslaute ist der Abfall des ch aus altem k als 
auch aus h sehr häufig. Schlagwort ist vea, Vieh; mi 
vea; was spezifisch alemannisch; gegen den mittlem Ne- 
kar wird Vieh sehr deutlich gesprochen; veanuddla = 
Kuttelflecke. Allgäu. Da = Dach, däkener. Dachger- 
ner. Tettnang. Bätobel, Bachtobel b. Unterhallau, Stand 
Schaffhausen. Bou, Bauch; all stroa, Straiche; rou, Rauch; 
dua, Tuch; Buo (Buch- Wald) häufig; Buori bei FJeisch- 
wangen; Buo, Wald bei Unterdigisheim ; Fankabuo bei 
Saulgau. Pea, Pech; Immenstadt, Sonthofen; sehr gang 
und gab ist kölöffel, das sich so ziemlich auch rein bai- 
risch ausnimmt; als FamiUenname kommt Kölöffel in Ra- 
vensburg Yor, ein Beweis dafs ch schon frühe nicht ge- 
sprochen ward. Ich mufs hier auf den misverstandenen Aus- 
druck Kohlenlöffel bei Hildebrand in Grimmas Wb. V, 1595 
aufmerksam machen: es ist Kochlöffel und ist Kohlen- 
löffel geschrieben. Die södd. Lautgesetze besagen das vor 
allem und dann der Sinn der dort angeführten Beispiele. 
In weich- ist ch ebenfalls alemannisch ausgefallen, nicht 
aber bair. wiweddel, Allgäu; Waldburg. — Vgl. dazu das 
esse, Essig; gnua(g), wear(g), äwear(g) im alemann. Eben- 
weiler. 

dur, dürr, dürre, überdurre = durch, durchbin, ent- 
behren sämtlich schwäbisch und alemannisch des h, der 
cgm. 6 hat oft dur. In hö, Honberg, Homburg ist h eben- 
falls schon frühe weggefallen. Zu Weinhold §. 236. 

Die Aspirierung der End-t, k u. s. w. mittelst An- 
hängung des h ist allgemein schwäbischen und alem. Denk- 
mälern eigen: Szuzenrieth (Schussenried). Mon. Hohenb. 
No. 1. gueth, rath, im 15. und 16. Jahrh. wollen nicht 
viel mehr sagen. 

Gänzlich verschwunden ist das altem k entsprechende 
ch in ipanchen Ortsnamen. Hörschweiler O. N. heifst im 
Cod. Reichenb. Herricheswilare (1080) neben Heringiswilar; 
das ch in zwerch büfst das Wort ein, besonders in Zu- 
sammensetzungen. Sieh Wb. unten. 



125 

Das qu, kw mag als unselbständiger Laut hier abge- 
tan werden. Schliefst sich in quiman Baiern dem Goth. 
strenge an, wie in noeh so vielem, indem es kimma heute 
noch spricht; hat das Mitteldeutsch-Schlesische noch jetzt 
quam and in seinen Schriften immer, so steht das Ale- 
mannische davon ab; es es hat schon frohe kuman (kom- 
man). Ein echtes kw, gw haben einzelne alemannische 
Gegenden: kwargia, gwargia :=: orgeln; quersack sb Zwerch* 
sack; hier sind wir an dem Wechsel von zw und qu an- 
gekommen, der schon althochdeutsch bekannt ist. Heute 
noch kenne ich zwetschken neben quetschen; Zwerenbach^ 
-Berg urkdl. Quimbach, Quirenbach 1186. Querenbach. 
Mone Zt. I, 107. An der Südhalde des Buckenhorn, am 
Hornkopfe ist ein Zwerenbach der a. 1112 als ad Twerin- 
bach vorkommt, Mone 21, 97. Z wiefalten Bp. Const. I, 2, 
153: Quifildea. quin und ban, Wst. IV, 105. querhweg 
139. quinge (PI.) und ban 162. über querch nacht (zwei 
Nacht). Zt. 14, 84. 

T, D, S, Z. 

T. D. 

Rapp nennt bei Frommann 11,59 die Unterscheidung 
von d, t; b, p in unsem süddeutschen Mundarten blos 
convenzionell, da die Laute weder hart noch weich, son- 
dern indifferent gesprochen werden. Da die Baiem sprach- 
lich grundverschieden von den Alemannen und Schwaben 
sind, so können sie auch nicht in den Lautverhältnissen 
hier miteinander gehen. Bald glaubt man die wichtige 
Unterscheidung der Tennis und Media bei den Baiern, bald 
bei den Alemannen besser wahrzunehmen; aber da wo 
beide aneinander stofsen und sich zum Teil vermischt ha- 
haben, wie im obern Inntal (Landeck z. B.), da haben die 
Alemannen harte und weiche p, t und verdanken es dem 
bairischen Tiroleridiom. Die Schwaben kenneu die Scbei- 
dang nicht. Während die Baiem sich oft noch strenge 
an's Gotische anlenen und väda, = Vater, bed sprechen, 
hören wir bei den Alemannen starkes t mitunter; in der 



126 

Ebene dd ; nach n, 1 spricht der Baier t der Schrift stark 
ans; während Alemannen und Schwaben dasselbe bei den 
Gutturalen tun u. s. w. Das steht fest, dafs alemannisch 
am Oberrhein thät (Fach, Schublade), schwäb. dät; alem. 
thenga (prOgeln) schwäb. denna gesprochen wird. Das 
obere Inntal spricht z. B. loipdete^ wo der Schwabe loi- 
bede hat, = residuae mensae. Dahin wird Rapp's Angabe 
geändert werden müssen. 

Im Anlaute haben die Alemannen das reine t nie ge- 
habt, weder in Sprache noch in Schrift. Ob das soge- 
nannte Strengalthochdeutsche nicht seine t, k, p gar von 
den lateinisch gebildeten, erst deutsch lernenden St. Galler 
Gelehrten hat? Weinhold §. 169 sagt, dafs diese alten t 
für echt alemannische d stehen im Anlaute. Alemannisch 
ist überwiegend d im Anlaut : dag, dragen, drinken, dutte, 
dächt, dan u. s. w. So schreibt schon Otfrid. VgL Wein- 
hold §. 179; so steht es im 14. 15. Jahrh. Gerne schlich 
sich in Schrift und gewifs auch im Leben t vor r ein statt 
d: Trochtelfingen, Trupert u. s. w. Sieh die Beispiele §.169 
bei Weinhold. 

Das echte alte d erscheint als t in: unbetwungenlich 
1303 Mon. Zoll, mit einem twehellen cgm. 168 f. 59». Dar- 
aus ward dann gar Zwehl: thürzwelle, Handtuch. Furt- 
wangen, zwagen, zwagnen (twahan) ist jetzt allgemein 
oberdeutsch. Vgl. twingnüst. Weist. I, 5. 

Echt alemannisch ist das alte träher, Träne, in der 
Göge noch erhalten: 's hat ui träher dd-n-andra gschlagga. 

Anlautend mit s in Verbindung gibt es ein alemann. 
Stritzen = spritzen: mit dem wiwedd.l gstrizt, in der 
Kirche; im Allgäu bis herunter in die Nähe von Saulgau, 
Ebenweiler. Ebenso in der Baar. Hausleutnerl, 336 kennt 
eine Stritzbüxe I ) Spritzbüchse, 2) hoff&rtiges, wildes Mäd- 
chen. Schmeller III, 690 gibt es ohne Beleg als schwä- 
bisch an (d. h. bei ihm = alemannisch). Schmid 514 ver- 
sezi es auf den Schwarzwald: also haben wir wieder das 
ganze rechtsrheinische Alemannien als des Wortes Heimat 
Schwaben kennt es nicht. Das sehr rerbreiteie sohabelle 



j27 

= scabellttm, durchbrochener Sessel, wird bisweilen 6ta- 
belle genannt (Scha£Phau8. Glarus). 

Anlautendes t in Tiberius wirdimAllgäu in z: Ziber, 
verschoben. Sieh z. Etwas gewönliches in der Mundart 
ist avicat = Advocat; Abvent, Advent. 

Im Inlaute hat sich das dem got.-sächs. d entspre* 
chende t alemannisch in der Aussprache als t erhalten ; 
eben wieder im obem Inntal, auf dem höchsten Schwarz- 
wald. Gewönlich im übrigen Alemannien ist dd: modder, 
vadder, wedder u. s. w. In der Schrift bezeichnen die tt 
nur dd und wollen die kurze Aussprache des vorhergehen- 
den einfachen oder Doppellautes (Weinhold §. 172) anzei- 
gen, z. B. Rottenburg O. N. 1370. tott, nott, kott u. s. w. 
Nach den flüssigen n, 1 etc. erscheint gerne ein t, weil die 
Sprache ein weiches d in manchen Gegenden hier nicht 
herausbringen kann. Schriftlich angedeutet ist dies bei 
Forer: wiltelen = nach Wild riechen f. 112«. Vgl. ver- 
dilken s. k. Das irrationale t in mentsch für eine Weibs- 
person hört man scharf sprechen; wie denn die Schrift- 
werke es oft und auch noch das Habsburger Urbar so 
schreiben. Rintpach, Oertlichkeit 1148 f. Rennbach u. s.w. 
Renqnishausen O. N. heifst urk. Rentqitshusen. Sieh Wein- 
hold §.171, wo eine Anzal Beispiele steht. 

Die oberrheinische Chronik von Grieshaber hat dohder 
für libchd. t. Die Nellenburger Namen Uto 1066 tind Udo 
1078 sind dieselben; also Wechsel schon im 11. 12. Jahrh. 
Mone Zt. I, 73. 74. 

Ausfäll des T und D findet durch Assimilation statt. 
Pripperg (Pridberg) Pridberg bei Sauig« Calend. Aulen- 
dorf. Hs. 15. Jahrh. Luppriester, Leutpriester, sehr häufig 
in alem. Urkunden so auch in den Basler Rechtsquellen 
1169. Lipriester, M. v. Lindau. Dahin gehört auch in 
einem Kempter Urbar (München, Archiv) Leykircher pfarr. 
1500. LOckilch Aug%b. Wb. 103. (Vgl. Weinhold Gramm. 
§. 174. e.). Liütgart steht in den Mon. Hohenb. als Lug- 
gart; ebenso im Leben L's. Mone Quellens. III, 442^. Da- 
neben Lücklin 445^. Schwöster Lnggi 448<». Liggeringen 



128 

O. N. 1283. 1303 für 1079: Liutegeringen. Ep. Const. 1, 1, 
676. Mone XI, 212. Anz. 6, 5. 

Ein echt alem. Beleg ist Kleckgau ftlr Kietgau. Roger, 
Beschr. des Standes Schaffh. Unotb S. 314 sagt: Kleckgau, 
es werde aber nach unserer obern tütschen Sprachgewon- 
heit das c oder k fär t (vor I, lettgau v. Lette!) und das 
t auch in ein c oder ck verändert kleckgöer geheifsen. 
Ich nehme hieher gleich Sunkau, Sunggau wie (bes. im 
Wisental) mundartlich heute noch üblich, und es in Peter 
V. Hagenbachs Reimchronik auch steht. Mone QuellenSt 
III, 258^. haupwe (hauppwe), Hauptwehe. Brunswick, ganz 
wie heute noch hopp, Pflugbalken mit hoppete, Kopfunter- 
lage in der Bettstatt. Das edle Geschlecht der hegäui- 
schen Hundbifs nennt sich später Huropifs. Walpurg für 
Waldburg 1219. Schreiber Urkundenb. I, 45. Der alte 
O. N« Vesper Weiler heifst im 11. Jahrh. Vasburwilare. 
Freudenstadt. Ob. A. Beschreibung 205; im Cod. Hirsaug. 
Vastpurgiswiler, Vastepurgswiler. A. 1211 schon Vesper- 
wiler. — Auf dem bad. Sehwarzwald z. B. in Simonswald 
sagen sie keschezen für Kastanien, Kästezen. Der Name 
Trudpert kommt öfter ohne t, d vor : Monasterium St. Tru- 
pert, in Nigra Silva 1281. Mone 10, 97. Der alte dürin- 
gische Graf und Einsidler im Allgäu Rätperonius heilst 
im Volke nur St. Räbis. (Petershaus. Chronik.) d lassen 
die Chroniken bes. die Edlibacher sehr oft aus in Eigg- 
nossen. woille =s woidle ist allgem. seealem. aibber, aib- 
bere, Erdbeere, eabbera, Ebenweiler. 

Ausf&Ut d, t überhaupt gerne. Das Trochtelfingen 
O. N. heifst a. 1256 Trochelfingen. vogbaren, acc. adj. 
msc. Freiburg. Stat. R. f. 4^. In den Mon. Zoll, oft lieh- 
miss. d weg in: vereara, vererden, in pulverem reverti. 
Horgen. Rotweil, voara, fordern. Ganz wie schon Not- 
kers Psalmen t in ant-, entr- auslassen, so M. v. Lindau, der 
immer Aufenhalt schreibt. 

Diesem manchmal sehr willkürlichen Verfahren steht 
die Einschiebung von t, d zur Seite: doarfitla, doaft.l = 
Dorse. Rosenfeld, Oberndorf, wohin auch draoft.1 »s 
Drossel (alt drossel), gehört, alem. schwäb. In Oberweier, 



129_ 

Eichelberg kiersehtä = Kirschen. Sehr oft list man da« 
echlesische t an selbert. In krindten, krundten, althochd. 
chrinna, Einschnitte in die Marksteine des Feldes (rotwoi- 
lisch) hat d, t sehr überwuchert. Das d in bildren von 
biler^ bilher, Zahnfleischerhöhung kommt oft vor: schwae- 
rend bildren; item so ir die bildren erswerent, Hs. 20, 291. 
Nfirnb. Germ. Mus., schwäbisch und alemannisch selbst bai- 
risch assimiliert hie und da billerlen. — drützehen, Mon. 
Hohenb. No. 200. Das Rotweiler Waldtor steht für Walltor, 
wie es früher hiefs. 

Wildtal O. N. bei Mone 21, 97 Anmerk. für Wülptal. 
Rintbach ist Rennbächle am Fufse des Rennbergs 1148. 
Mone Zt. I, 97. Das urkundl. Tusfeld 1178. Ep. Const. 
1,2,584 heifst jetzt Tutschfel den (Kenzingen); Waidstadt 
st. Walstatt. Eeyserbuch 345. Eigentümlich ist hoafta, 
heischen, eiscön ahd. Baar. Das urkundl. Walenulm b. 
Achern heifst jetzt Waldulm. Salmandingen urkdl. Salbe- 
ningen 1245. Mone Zt. 3, 127. Renningen b. Leonberg 
mufs Rendingen heifsen 1266. In Wendelsheim d einge- 
schoben: Winolfisheiro, Winalfishain 1243. Zt. 3, 121. 1224. 
erindem häufig; so auch schwäbisch, z. B. Memm. Stadtr. 
Gut erhalten ist d: wein winden, Alpirsbacher Vogteibuch. 
vindemiare, das sonst per assimil. wimmeln alemannisch 
heifst. 

d wechselt mit g. Das heutige Wendungen (Heiligen- 
berg) heifst urkdl. Wengelingen, älter Wengilingen 1283. 
Der (zergangene) Salemitische Hof Vllisegel (1187) heifst 
später urkdl. Vollinsedel. Sieh übrigens unter g. Mendlis- 
hausen, Weiler an der Strafse von Salem nach Maurach 
urkdl. Mencilshüsen 1189. Zt. I, 320. 1184 S. 322. Men- 
zilshüsen 1219. II, 85 Windesie soll urkdl. Winzeln sein. 
Mone Zt. I, 331,2. Sollte k und tt wechseln: rückein 
and rütteln? denn jenes ist statt des letztern am obern Ne- 
kar üblich. 

Im Auslaute wuchert eine Masse t, d teils organisch, 
teils unorganisch. Der O. N. Landschlacht heifst 865: 
Lanhasalahe ohne t. Das alte sus = sonst haben die 
Alemannen unseres Gebietes noch, im Allgäu und Schwarz- 

3irlinger, alem. Sprache. 9 



130 

wald. Id den Wst. IV, 44 : sudsz. Die hiet. Volks!. II, 
70, 15 (1475) auch noch sus. Teinach (1345) a. 1610 schon 
Deynacht. Ach, Aha b. Freudenstadt spricht man weit 
um Acht: in der Acht; zugleich O. N. urk. Aha 12. Jahrb. 
Cod. Reichenb. 37«'. in der Ahe 15. Jahrb. Grimm Wst. 
I, 381. gestert auch häufig. Mitteil. d. antiq. Gesellsch. 
III, 4. Liutg. Leb. 459 <^. Forer schreibt gerucht. Das 
Keyserbuch 284: hamischt. der tropft b. Geiler, Evan- 
gelb. 149<* (Schlaganfall). Das Constanz. Rosengärtl. 1611 
(Straub): zwifacht. enthaltnust 1410. Mon. Zoll, hinder- 
nust 1411. sampnust u. s. w. ebenso die Wst. 4, 303 ff. 
verdampnust, verhengnust, gezugnust, erkantnust, kumber- 
nist 1369. Mon. Zoll, zfignüst neben denocht cgm. 358. 
allwegent^ zwfiscbent. Mon. Zoll. 1341 S. 111. Das Man. 
curatorum Basil. v. 1508 hat f. 91 »: geschwdstert oder 
gebrQdert. nuwand 459 «. Liutg. Leb. wo in die helde, 
in der held (Hölle) steht. Vergl. Weinhold §. 178. 
§. 182. 

t abgefallen: wie die Edlibach. Chron. vasnacb, wie- 
nach, mark, fischmärk schreibt, Manuel Ach (Acht) auf 
nach reimt, und ebenso das IdabOcbl. (v. Toggenb*) 1612, 
kaiserl. Ach bat,- so filnden wir's rechtsrheinisch oft. — 
Weinhold Gramm. §. 177. 

Das t von molta, Staub, fällt alemannisch und schwä- 
bisch gerne ab; so an der obern Donau mau(d)wearfer, 
talpa. 

In Schriftstücken kommt für die bekannte Strafanstalt 
bald kefit, oft kefi neben kefyge vor. 1515 Basler R. Q. 
Mundartlich heute k^fbt. karsch neben karst. 

In St. Blasien d weg: guoten obe == guten Abend. 

S. Z. 

Die Alemannen und Schwaben werden von ihren 
Nachbarn bevorab von den Baiern mit dem sch-Laut statt 
s besonders vor t aufgezogen und geneckt: V isoht, du 
bischt, mischt, lischt u. s. w. Im Schreiben bezeichnet 
man wissenschaftlich dieses seh mit fi. Die Baiern Spra- 
che scheidet sich hierin genau von der alemannischen und 



131 

schwäbischen. Am breitesten hören wir seht statt st im 
Wirtembergischen; aber fast eben so breit nur nicht vor 
t im bairischen Tirol, was unsern yorhingenannten Satz 
aufzuheben scheint. 

Ein den rechtsrheinischen Alemannen eigenes Gesetz 
ist das Beibehalten gewilser scharfer ß, die anderwärts 
längst seh u. s. w. geworden sind, ß ist erhalten in earßa 
= Erbsen; wo die Nachbarn äscha haben. Hirß für 
Hirsch noch im alemann. Hinterwald bei Aulendorf. AJU 
tes z erhielt sich übrigens auch z. B. in alten Flurnamen 
Manbirzle, Bonndorf. Wald. Baden. Hirz, Name des Leh- 
rers in Waldkirch. Bei Luther lesen wir noch Hirs V, 
Mos. 1, 5 der Bibelausgabe letzter Hand v, 1545. Das 
alte reine s Erhielt sich im AUgäu, Waldburg in doarsla 
sss Dorsen^ sonst doascha. 

Finden wir gewisse Fälle, in denen die Alemannen 
in der Lautverschiebung einen Schritt weiter g^angen als 
ihre Nachbarn, so blieben sie in andern vor diesen zurück. 
So finden wir fast durchaus woaßa = Weitzen, woaßa- 
keanetle = Weitzenkorn; so auch im Vorarlbergischen, 
im Walserlande, äßen ^^ ätzen, Aeßsauen, Atzsauen. Wir 
finden die Vorgänge schon im 15. und 16. Jahrb. Schrift- 
liche Belege: waissen cgm. 384 f. 10«. Schmell. Gramm. 
§. 688. Weinhold, Dialektf. S. 80 (oben). M. v. Lindau 
schreibt reißen f. reitzen. hessen = hetzen, Lindauer Urb. 
15. Jahrb. Anderseits ist grüezen, grüez di Gottl wie 
linksrheinisch üblich. Des Teufels Netz: grützend V. 6970. 
Vergl. J. Rue£b Adam und Eva Y. 4717. gruotz. muots; 
grüetz dich Gott! V. 4615. 

buetzen = nähen, flicken, büetzerin, Flickerin« Vgl. 
des Teufels Netz: bützen V. 2133. 2454. 697. Sieh Wb. 
unten. 

Das alte bitz = bifs hat sich bis heute erhalten, wie 
es bei Geiler (bizhar, im Spiegel der Bebaltnus 1476) biz 
OB usque f. 34^ noch st^t. Vergl. bize in den Predigt- 
märlein; Wst. IV, 113. 519: bitzle, bitzeli echt alemann. 
Watzen, im AUgäu = Dorfwasen, wie Hatz, Haatz bei 

Stalder U, 25. 

9* 



1 32 

seazzen, gseazza, seazzl = setzen, sitzen, Sessel. Da- 
neben eatza, eazza, geazza u. s. w. Vgl. Weinhold S. 149. 
In Weingarten gebrauchen sie schwitz f. Schweifs, flotzen, 
flotzgraben, flotzbach bei Wisenflöfsereien geht bis an den 
mittlem Nekar; flaitzer = Flöfser. 

Dem alem. verdrutz entspricht verdruz in des Teufels 
Netz (: nutz) V. 5464. 

Binze, dessen altes z längst hochdeutsch weiches s, 
wird noch alemannisch mit z oder doch mit scharfem ß 
geschrieben und gesprochen. Hinterwald, binza, Aha. 
Schaffhausen. Wie die oberdeutschen Schriften überhaupt, 
so schreiben auch die alemannischen z: Binzbauten, kleine 
Schleimfische im Bodensee; Mangolt 36. weiherbinzen, 
bintzecht bei W. Ryff oft (1540). Vergl. die arauischen 
Ortsnamen: Binzenhof, Binzhalde, Btnzenmühle. Zum oben 
angefahrten eazzen =: essen stelle ich: zu imbitzende, im- 
bitzen, Wst. IV, 83. 85. hirz, das noch sehr spät schrift- 
lich vorkommt erhielt sich neben Hirß (oben) noch da und 
dort, s . und z : Miseli und Mizeli , Kosename f. Katzen, 
s und ß wechseln z. B. in spreisen, schleifen, das ganz 
weich gesprochen wird (bes. in der Göge), wo die Schwa- 
ben und übrigen Alemannen Schleißen, Spreißen haben. 
Diese weiche Aussprache deuten auch waser, wasersucht 
an, das in der Hs. 20291 im Germ. Mus. in NOrnb. oft 
steht; ebenso steht da stosen, genosen, meser, esich. 

Die Baiern, die Lech- und Illerschwaben haben alle 
ß wie weiches s zu sprechen in Gewonheit: wosa (Wasser) 
bair., waser (schwäb.); was dann den voraufgehenden Vo- 
cal gedent erscheinen läfst. 

Ausgefallen ist ß im O. N. Flunau, der 1092 Plufsnau 
hiefs. 

Eingetreten weiches s statt t in fazangsle, fatzenetle 
sonst, Furtwangen^ wie in der Göge hausnacket för haut- 
nacket. Nach n: kloinses = kleines (Haid). 

s im Anlaute wird seh: Schalmanschwiler. Vocab. 
lat. teut. Hs. 57. Donauesch. f. 7«. Der cgm. 6 hat sogar 
f. 225*: schachent. Im Davosertal, bei den Waisern im 
Vorarlbergischen ist anlautendes seh Gesetz: schi hain = 



133 

sie haben; schim, seinem; schieb, sich; schins, seines 
u. s. w. 

Im Inlaute wuchert seh für s vor t und einigen Cons. 
und Vocalen. Vor t wird jedes s zu seh. Bolschtra, Bol- 
stern; O. N. Otterschwang, Aoschtrach u. s. w. Mörsel 
neben Mörschel, Holzaxt Kascht, Karst u. s. w. Schrift- 
liche Belege: Der cod. palat. 346 reimt lischte : wüste 
Bl. 7. der lischt f. 51. etschwa f. 34. Wie der echte 
Wisental-Alemanne nur den blaschbalg kennt, so der Hin- 
terwäldler, der auch sehe spricht für sie (Weib); ganz die- 
sem gemäfs schreiben die Urbarien fast jedes einfache s 
mit seh. Das Adj. gaischlich ist sehr übliche Schreibung; 
z. B. Mon. Zoll. 1327. Im Leben der H. Liutgart ebenso: 
mit boschlich; letzteres hat cgm. 6 f. 212^; der alemann. 
Druck, Incunab. Leben und Leiden Christi c. 1470: bosch- 
lich. 

Wackernagels Nibel. Bruchstücke: egeschlich, freisch- 
lich, böschlich. Diesem stehen nicht seltene Formen wie 
gaislichen (1351, Mon. Zoll.) entgegen. Häufig seh auch f. 
88: Eptischin, Wst. IV, 301 ; ebenso hat es die Glotertaler 
Ordnung immer. Mone 20, 486 ff. geischlon, Brud. Nie. 
V. Strafsb. mit geischeln gegeischelt cgm. 6 f. 10«. Es 
scheint die Elsässer haben das seh -Gesetz in's breiteste 
ausgedent. mit der segeschein (55) Wst. IV, 185. meschin 
bekk. Donauesch. Hs. 792 f. 1 1 3<*. die urschach, eine dem 
17. Jahrb. angehörige Hs. Legende des H. Aurelius; ehe- 
mals im Kloster Kirchberg, anderschwa ist ebenfalls viel- 
fach vorkommender Beleg. Z. B. Liutg. Leben 451<> cgm. 
384 f. 97«. Mon. Zoll. Hohenb. 14. Jahrb. schon. Zu An- 
fang des 14. Jahrh 1308 z. B. haben die Glarner Urkun- 
den noch st in anderstwo. Der cgm. 384 hat schon scb, 
z. B. f. 97«*). Noch der Biograph A, v. Haller's, J. G. 



*) Das Fränkische hat viele an- und inlautende seh statt s in der heu- 
tigen Mundart. — Das fränkische Kochbuch Hs. 18909 im germ. Mus. bringt 
a. B. immer schischel , f. 6 -. 7 «. 11«. schal 7 *. muschat f. sc. 7 *. Das 
Brinng'sche Kochbuch Hs. 1594 ebendort hat immer morscher ^ Mörser; 
morscher brott f. 18\ 



134 

Zinimermann (1755) schreibt Bischtum S. 55. seh för tz: 
malaschig cgin. 358 f. 12«. Vergl. Augsb. Wb. 381. 

Auslautendes scb fQr s u. s. w. begegnet in wambesch. 
Freiburger Urgichten 14. Jahrh. b. Schreiber II, 62 ff. Bert- 
schi der wambescher S. 146 a. a. O. Wambesch, Ida Wam- 
beseherin im Habsb. ürb. 32t. Brunswick (1412): kebscb. 
Auch im Auslaute kommen die elsässischen breiten scb oft 
vor: isch. Mone Quells. II, 493. — seh lautet an: schmaun- 
kelbrauu vom Hirsche. Köni^seggwald, was an schlesisches 
Idiom erinnert. Weinhold Dialektf. S. 82 (oben); lautet 
gleichfalls aus in gweisch = Geweih. Hinterwald. 

Diesem seh gegenüber trifft man oft an der Stelle des 
organischen scb einfaches s. man wäst, wascht, cgm. 384 
f. 22^. gemOst, gemischt f. 97*. saü = schon, in Weiler 
in den Bergen. Ursprüngliches s in griese, chriesi (ce- 
rasus). 

Eine Eigenschaft hat unser Alemannisches: es schlägt 
manchmal ein seh im An-, In- und Auslaute an als ob es 
tsch hiefse, sowol vor organischem seh als vor seh aus s 
geworden. Ein Beispiel habe ich oben aufgeführt bei t: 
mentsch. So hört man es in Altschhausen O. N. urknndl. 
Aleshusen; in Albertschweiler , Tafertsch weiter, Armert- 
schweiler denkt das Volk nicht an einen dazwischen aus- 
gefallenen Vocal (e), sondern an sein alem. Gesetz, als ob 
Albersweiler, Tafers weiler etc. ursprünglich stünde. — 
Dagegen ragt vom linken Rheinufer aus der Schweiz, vom 
Elsafs her im Sundgau, von Innsbruck her in's obere Inn- 
tal ein tsch das grofse Verbreitung hat. 

Weinhold nennt S. 159 dieses Gesetz eine palatale 
Modifikation des seh in der heutigen Schweizermandart. 
Im Sundgau sagen sie: so abscheulich als es ein warhaft 
tschaderet ss schaudert. Tschoppe, Tschöpple = Soho- 
pen gehört hieher; tschuppesser Wst. IV, 51. Auch der 
Name Tschudi ist nach diesem alem. Gesetze gebildet. In 
einer Urkunde von 1128 steht noch Schudi; so hiefsen die 
Meier von Glarus, die Lehen trugen vom Stifte Säckingen 
am Rhein* Weinbold S. 159. 160. Dialektf. S. 82. Zin- 
gerle hat in Frommann's Zt. III, 8 ff. diese tsch im Tirol 



135 

besprochen. Schöpf Wb. 573. 763 ff. Weiohold bair. 
Gramm. S. 163. 

ImAUgftu heifst das Füllen buitscher; in Scheer, Enen- 
tach buitter; anderswo buischer. Nach der Urk. v. 1253 
(Mon. Zoll. 69) sollten wir jetzt statt Renquishausen O* N. 
(Heuberg) dem ßentquitshüsen gemftfs Rennquitschhausen 
sagen. 

Im Auslaute haben Wst. IV, 303: hamatsch. 

Vor p und t hat sich bekanntlich in der neuhochdeut- 
schen Sprache das verbundene einfache s nicht getrübt; in 
den Dialekten trat aber auch hier seh ein. sc mag die 
älteste Schreibweise dafür sein; Weinhold §. 90 hat eine 
erkleckliche Reihe von Beispielen aufgeführt, denen folgende 
rechtsrheinische Belege beigefügt sein mögen. Sogar aus 
dem 15. Jahrh. steht auf eingelegten Zetteln von Lindauer 
Ratshändeln (1437): gescriben. Die Hs. Marq. v. Lindau 
in Lindau hat noch (15. Jahrhundert) scrip. Eine Urkunde 
Mon. Zoll. V. 1347: gescriben^ von 1348: vorgescriben; 
ebenso V. 1352. 1385. 1402: verscriben. 1342. 1381. Augsb. 
Wb. 379^ *). schl (schm)^ schn^ sehr, schw beginnen schon 
zu Anfang des 14. Jahrh. in unserem Gebiete und gehen 
neben sl, sm, sn, sr, sw bis in's 16. Jahrh. herab. Noch 
das Basler (1512) Zitglögglin hat: verslaffest, beslossen, 
sla£Pen, gesiecht, slofs, smerzen, versmach, smyden, besny- 
dund, snell, snöd, uberswenklich, swytzen, sfvygen, swere, 
swanken, geswulnen ruggen, Sweden, geswetz u. s. w. Eine 
Eilchberger (Tübingen) Ord. vom 16. Jahrh. (Mon. Hohenb. 
927) hat ebenfalls noch swieren, geswornen. Brunswick 
1512 gesmack (nur vor m). Weinhold Dialektf. S. 80 
weist selbst sogar ein Opitziscbes slange auf. 

15. Jahrh. Der cgm. 358 hat schon beschlussen, sehne, 
beschwert; M. v. Lindau aber wieder beslossen, sweben, 
smerzen. Wst. IV, 197 sl neben schl; ze snitte, soittem 
u. 8. w. Der O. N. Sobliengen kommt 1475 Sliengen ge- 
schrieben vor. Die alem. Hs. 20, 291 (Nürnb.): sweren 



*) In Peter Nigers Stern Meschiab, EfsUngen, Conrad Feiner (v. Ger- 
hausen) 1477 steht noch scrihft, was ohne Zweifel zu jenen archaistischen 
Launen gebort, die Weinhold, bair. Gramm. §.157 aus dem Ring anführt. 



136 

(eitern) neben schweren, ges wellende neben geschwellendew 
Myusinger Vogel — , Rofsbuch z. B. wechselt mit beiden ab* 
Die Basler Rechtsquellen des 15. Jahrh. haben schon Mi- 
schung: totschlag 1403 (S. 73). geswornen, geslagen 1401. 
underslagen 1419. gesmelzt 1427. schnider 1457. 

Die histor. Volkslieder II, 34£r. haben meist noch sl, 
sw: slussel, 34,64. geslagen 35,97. siechte 111. gesli- 
ehen 64^ 40. us S woben 40, 11. Swarzes 39, 10. slofs 
41, 24. switzen i)4, 29. slihten 39, 3. 

Der Spiegel der Behaltnus 1476, Basel, gleichfalls: smo-^ 
cheit, snoke, beslossen, gesmak, swester, snebeln, swerlieh, 
slofs uff! besniten, swanger, gesiebte, geslagen, swert u. s. w. 
Daneben auch Schwester. 

Lindauer Ratsprotocolle v. 1437 u. s. w. haben noch 
vorherrschend swin, swester, Swabelsberg u. s. w. 

Wolfacher Schriften 1470 (Mone Zt. 20, 42 ff.) haben 
verewigen neben schweren, umgeslagen u. s. w. Vergl. Ny- 
tharts Terenz Ulm 1486: sling, siegregen, geslosen, swei- 
gen, gesmuckt. Der cgm. 384 hat bald swarz bald schwarz. 
Des Teufels Netz: smeckeud des tüfels smack 4041. — ^ 
Hahn neuhochd. Gramm. 49. 

14. Jahrh. Auch hier wuchern die sohl, schw u. s. w. 
Zoll. Urkunden: swester 1310 (Mon. Zoll. S. 124). ver- 
schworen 1302. ab der swelli 1334. gesworn 1362. swe- 
stem 1372. geschwister 1349. schlacht 1350. slachen 
1374. Swarzgraf 1370 (S. 217). Die Mon. Hohenb. Swig- 
ger neben Seh wigger 1383. geslossen 1384. sweher, Swa- 
ben a. a. O. swebischer haller 1391. angeslagen 1398 
(No. 793). Swarzgraf 1399. Swaldorf 1383. 

Ganz so die vorarlbergischen Urkunden, z. B. 1391 
smalz neben schwinpfennig. Vergl. Glarner Urk. 1302: 
geschwornen (bist. Ver. Ztschr. Heft 2, 103). schlachte 
a. a. O. 

Der elsäss. cgm. 6 (1392) hat swetzer 4«. swarz 16«* 
versmoht 13^« geschlossen etc. smerzen 18^. geswollen 
21^. fQrslinden, sweben, snelheit, smekende, gesmag, 
switzen, swester, swert u. s. w. 

schm ist wie ersichtlich kaum belegbar im 14. Jahrh. 



137 

Diese Belege stimmen vollkommen mit dem was Waeker- 
nagel Nibel. Bruchstücke S. 43 sagt. Noch vor Ablauf 
des 14. Jahrhunderts aber waren die breiteren schl, sehn, 
schw zunächst für das alemannische Sprachgebiet herr- 
schende Regel geworden ; erst später kam dazu noch schm, 
das vierte derart und schlofs sich das sonstige Oberdeutsch- 
land der neuen Lautgebung an. Die Nibel. Bruchstücke 
haben altes gutes sw, aber schon schl, sehn. 

Wenn ich recht beobachtet habe, so überwiegen die 
seh im Alemannischen durch das 15. Jahrh. durch bei 
weitem vor denen der bairischen Handschriften; blos bei 
schullen, schulen (sculan, alt) haben auch die Baiern frühe 
seh. Der cgm. 640 behandelt die Leidensgeschichte bai- 
risch-sprachlich, der cgm. 480 alemannisch : jener beslussen 
(15. Jahrh. beide), dieser beschlussen. 

Die Schweizer müssen schprechen schon frühe breit 
gesprochen haben, wie aus ihren Weistümern erhellt ; I, 45 
ist jeden Augenblick schprechen zu lesen. Augsb. Wb. 

:^80 «. 

Alliteration: schimpfen und schallen (in des Teufels 
Netz); sing und sag 1608. 1712. schreuzen und schrinden 
12934. stigel und stapfen. Wst. IV, 309. 

Z erscheint statt einfachem s im Calwischen Ortsna- 
men: Würzbach, urkdl. 1084: Wirspach;^ in Wörmizhau- 
sen 1290: Wermeshausen. In Salzstetten b. Horb 1228: 
Sallinsteten , Mone Zt. 3, 111, Sallestetin (Schmid, Pfalz- 
grafen 58) ist z unberechtigt eingedrungen. 

Im Auslaute: nujQz = nichts; nuaz, noaz (Nonnen- 
hörn) neben nünt, nüt. Die Constanz. Chronik in Mone's 
Quells. (324) schreibt Zentbach für Sempach im Anlaute. 

Das Unterbrot zwischen Morgen und Mittag heifst 
im Allgäu (Waldburg) Zunding neben Sunding. Sidel und 
Zigel; Zidel habe ich schon im Augsb. Wb. angeführt. 
Zant Josef; Zant Anna, Zopfei; Zilvere, Silverius; Zilve- 
ster (Silvester); mizantem (mitsamit) u. s. w. 

Altes zz ward seh: Oescheibronn urkdl. Ezzenbron- 
nen 1297. Mone 14, 450. Eben so wird tz= tsch i zwit- 
scherlen. 



j38^ 

Dem z hängt gern meist unorganisch ein g nach: 
binzge = Binse. Schluchsee. Aha. verhizgen, erhitzen. 

Unverschobenes t f&r z lebt wie mittelhochdeutsch 
noch im Vorarlbergischen : githals zu mhd. gtt = Gier, 
Habsucht. Vgl. Weinhold S. 135. 

Im 16. Jahrb. heifst das Kinzigtal Kinskerthal. Diö- 
cesan-Archiv II, 44. 

W, B, P, Pt F. 
W. B. 

Anlautendes w ftbr b vor Vocalen, sogar in Verbin- 
dung mit Zungenlauten ist bekanntlich altes bairisches Ge- 
setz in Schrift und Wort gewesen; beschränkt sich heute 
nur noch auf Eigennamen: Wastel, Walthausser, Wene- 
dict, Waberl u. s. w. Vergl. Schöpf, S. 24 (zu Weinhold 
bair. Gramm. S. 130 §. 125). Auffallend sind daher die 
echt alemannischen Belege: bisbomm = Langbaum, Wis- 
bäum, in Binsdorf: ber = wir; börm, Ohrenwörmer im 
alemann. cgm. 384 f. 1^. Weinhold §. 158. Das Hofgut 
Banzenreute b. Mimmenhausen heifst 1204 (Mone Zt. I, 326) 
Wanzenriuti. Ein anlautendes w aber für b finden wir 
z. B. in dem Wurrstall = Burgstall b. GrQnmetts^tten. 

w : m: alt ist das aligemein oberdeutsche mir und 
wir. FOr meser, mesel : weser, wesel, sieh Wb. wixtur : 
mixtur. Der O. N. Malsbüren bei Stockach heifst urkund- 
lich 129: Walsbiuron. Mone Zt. I, 79. Sieh oben S. 99. 

w : h: dem alten bairischen Woadhaos^n für Haidhausen 
bei Mönchen entspricht Wuete und Huete, das ein Unter- 
hallauer Flurname ist. Witenowe undHaitenowe O.N. 1275. 

w : g: uralter Wechsel bevorab in Guotach und Gä- 
tentag. Jenes für Wuotach, dieses f&r (Godens-) Wodans- 
tag. Sieh Jahrzeitnamen S. 41ff. Die wilde Guotach l)im 
Simonswaldertale; 2) bei Triberg und Hornberg; 3) im 
Glotertale; 4) zwischen Feld- und ¥itisee. Die urkundli- 
chen Namen sind fast durchaus nur WAtach, Wuot&. So 
kommt die G&tach (3) im 12. Jahrh. in rivum WAta vor. 
Mone Zt. 21, 99. Grieshabers oberrh. Chronik hat Gelfen 
= Weifen. 



139 

Ohne w erscheint Wohnprechts, der alem.-allgäuiflche 
O. N. im Volksmunde als äpreats. Wainbrechtis 1275. 

Alemannisch und zum Teil schwäbisch ist schwoima, 
abschäumen; Riedl. Alb; zweck = Zecke; Schwab = 
Schabe, Käfer; allgem. Läuberzweck. 

In- und auslautendes w. Ziemlich reines w ftar b be- 
gegnet am Westabhange des Schwarzwaldes, besonders in 
der Lahrer Gegend, im Eanzigtal: stüwli (Stüblein); büawli 
(Büblein), blauwer husär; raow (roh). Vergl. growa gmur, 
Vorarlberg. Frommann II, 573. In Heuwet ist w auch 
in der Göge erhalten, z^owe (Abend); awer, halwewett, 
newell, fiawer, kanonafiawer u. s. w. Kilwental neben Kil- 
bental bei Waldkirch ; der alte O. N. Egibetinga, Ewatin- 
gen jetzt, bei Bonndorf, Baar (863). 

Diese sanfte Aspirierung des b ist elsässisch und darum 
auch im Breisgau heimisch. Weinhold §. 166. Auch ha- 
ben sich noch einige Fälle von w erhalten, die inlautend 
(zur Bildung gehörig) altem w entsprechen: 's hat mi 
gVouwa, i hö gschrouwa; ja sogar: 's hat gschnouwa. 
Schriftliche Belege: noch das Dietinger Urbar v. 1551 hat 
stets: N. büwt a=s grenzt an; oder des N. Acker ligt da 
und da; bawe cgm. 384. lowes herze, I6wekeit bei M. v. 
Lindau, nouwe vel nak (jetzt l^ouba). Vocab. Straüsb. bei 
Mone Anz. 6, 340. Andere Rotweiler Urbare, be vorab 
das Holzbach v. 1579 hat gehauwen 17^. gehauwner stain; 
frouwenholz u. s. w. kröwel, ( 1 385) Mon. Hohenb« (Ghrai- 
bei, Botenb. Flum.). mit zwain sparwem 1481. Vorarl- 
berg. Urk. Joller 185. Des Teufels Netz hat gerwen, fer- 
wen ; entferwt, Zitglöggl. rosenfarw, farw. Daher sind die 
unzäligen mit melwe, snewe, bi den sewen, horwe zu zie* 
hen. Der cgm. 384 hat kerwol f. 2^ neben kerbel f. 36<'. 
mit melbe und mit melwe; arwissen 105<>. ärwifs blust 78«'. 
bäwe (bäje) 95^. Der cgm. 138: glüwender ofen f. 38^. 
(dem horb, aus dem horb, von dem horb daneben), spuw 
f. 52<>. schruwen f. 72^. 97<». Vergl. einen Fastenküoben- 
zettel 15. Jahrh. Antiq. MitteiL Zürich 8, 436: erbare 
Schüsseln mit gelwem pfeffer. Sie haben sich in alem. 
Urkunden bis In's 16. und 17. Jahrh. herab erhalten. Der 



140 

zolleriscbe O. N. Owingen, wie man beute schreibt, aber 
AobiDgen gesprochen, beifst urkuDdlich stets Owingen 
1254. 1344 (Mone). Sodann erscheint huliwa mit seinem 
w noch lange angehalten zu haben. Im 15. Jahrb. (1411) 
kommt ein Tribergischer Vogt Dietrich der Hülwer vor. 
Mon. Zoll. Bildendes auslautendes w tritt besonders in 
Knie hervor: uf dine knüw, Zitglöggl. knüw Dat. PI. cgm. 
358 f. 7^. knuwen cgm. 168. Damit stimmen auch viele 
augsb. Schwab. Belege, an die knüw; kneuwes. Wst. IV, 
60. 213 (zu Weinhold §. 165). Das Büchl. v. guter Speise 
(alem.) hat immer row. = roh. strouw Wst. IV, 60. Der 
cgm. 138 hat spuw, schruwen. Rotweiler Urb. am mitel- 
houw (Wald) u. s. w. 

Ich mufs hier noch des auslautenden w in Calw ge- 
denken, das amtliche Schreibung, während das Volk w zu 
b verhärtet. Im Anfang und durch mehrere Jahrhunderte 
des Mittelalters urk. Kalewa 1156. 1 137. Chalawa, Chalwa 
1075. Ferner führe ich das inlautende w im Namen Tü- 
bingen an. Tuwingen 1170. Tuwingin 1183. VI solid. 
Towingensis monetae; Twingen 1188 u. s. w. Vergl. Wör- 
terbüchl. z. V. 15. 90. 

Die Verhärtung des w zu b im Inr und Auslaute hat 
sich in der lebenden Mundart ein weites Gebiet erobert. 
Bald sind die Schwaben, bald die Baiern hierin wieder be- 
merklicher, allein die Art und Weise wie die Alemannen 
verhärten, scheidet sie wieder streng von den Baiern. 

Ich mufs vor allem der auffallenden Verhärtung ge- 
denken im echt schwarz wäldischen, besonders dem Wisen- 
tal eigenen Hamberch, Handwerk; Hamberchsmann. Vgl. 
ferner andersby Wst. IV, 394. Botbar für Botwar O. N. 
1301' (Mone). Berbech hiefs das Volk nach dem Schwarz- 
wälder Beschrieben (1733, Mone 15, 63) den General Ber- 
wick. — Das alte schellwerken = als Gefangener Fron- 
dienste tun, hiefs schellaberga (oberer Nekar). Wbl. z. 
Volkst. 15. 

Aligemein rechtsrheinisch-alemannisch hat für altes w 
b Platz gegriffen; sogar oft wo es nicht organisch ist. — 
Alle Beispiele oben haben im Volksmundc b: bouba, 14b 



141 

(lau), Douba, gbaoba, kraibel, hülbe, kneib u. s. w. Ein 
Schlagwort ist sü, söbli (Sau), mi saub *) bis nach Ro- 
tenburg herab, mel saub driet = gedeiht gut; saubstall, 
soubsteig; in der Stiblere ist ein Oefinger (Baar) Flur- 
name. — Das andere Wort ist kneib (Knie), kneiba, 
knübla, Knie, knien ( Deifslingen. Wurml.); auch kneibli 
= Knäuel, neub, nuib, nüb: neiba wl; Rippoldsau. a 
nuibs bar scbuo (Heuberg); fraiba (freuen), straiba, 1) dem 
Vieh Streu legen, 2) vorsäen beim Wergbrechen, wenn 
einer vorübergeht, straibi, die Streu; draiba, dräu wen, 
drohen; besonders haoba, ähaoba, Brot schneiden, sieh Wb. 
bschaoba, uff bschaobede, gschaobede, Brautschan. Zu 
hauen ist ein Adj. in der Baar üblich: durrhaibig (-hauig) 
= sich durchhauend, haobe. Haue, haob, haible, Wald. 
Im Heubet**) (in der Heuernte), ze mitten Howat 1347. 
Joller S. 10. Echt volkstümlich ist Hirschaob, Aobingen, 
Nidemaob, Imnaob; im aible, Wurml. Flurn. = in der 
kleinen Au. Im Haohilbawald (Heuberg); in d^ Stoinhül- 
bere u. s. w. Das dem alten phulwen (1227, Mon. Zoll.) 
entsprechende heutige Pfulben hat b schon sehr frühe auch 
in alemannischen Schriften. Im alem. Büchlein von guter 
Speise (181) noch buobenpfulwe, eine Speise; in der üeber- 
schrift blos buobenpfulen ohne w. Kilbi = Kirchweih ist 
echt alemannisch, raob: a raobs eazza = rohes, nach ro- 
hem Kraut, z. B. noch riechendes sog. gekochtes Kraut, 
raibelen ss Ztw. dazu; Heuberg, kläb, Klaue; bearglaibig, 
eine Krankheit der Schweine, sieh hammen im Wb. pfäb^ 
Pfau, da bläba Störka in der geala brfieh, ein altes Volksl. 
eib (!we), uib, eiber sind echt rechtsrheinisch. Vgl. Wbl. 
z. Volkst. 90. 

Zu den Belegen aus altem Schriften, die Weinhold 
§. 155 bringt, seien noch folgende gefügt: ftir den fallen- 
den wöben (wewe) cgm. 384 f. 22*; sogar den fallenden 
waibel f. 236; wö der Baier noch w^ der Alemanne hie 
und da noch b spricht, wenn er's überhaupt beibehält. 

*) Bed. A. dear singt wie brau n&tigall im saubstalL Hailfiogen. 

**) Im obern und untern Ileubat in der Himmelschrofenalpe. Oberst- 
dorf. 



142 

Dem gmoben (gruobstoan) =s ausruhen entspricht im Le- 
ben der Liutg. S. 462^ : betten gerAbet. knübs lang. Wst. 
IV, 51 u. 8. w. raben in dem Gebetbuch des Frauenkl. 
Stetten b. Hechingen 14)4 (Hs.). 

w wechselt mit k im alten Flurnamen Valwinsteige, 
nachher Falkensteige 1166. Mone Zt. I, 318. 

Mit g: Serben (sSraben verhärtet) wird saulgauisch 
sergleu. 

Fällt aus: öfters im Worte Tübingen: Tuingen 1189. 
1193, in Pfrungen: Pfrüwanga 1121. Episcop. Const. I, 
2, 25. Simelholz f. Sinwelbolz. 

Alliteration: in des Teufels Netz: windlen und wi^en 
5272. weggen und würst 5313. wüschen und waschen 
5279. witwan und wib 751. 

B. P. 

Was ich bei T und D bemerkte, dafs alemannisch 
im Grofsen und Ganzen kein t vorhanden, sondern d, so 
bei P. B. Hat der Volksmund sich auch die Anfangs -P 
der fremden Wörter in b zurecht gelegt, so werden doch 
neben brior, briorin, bäderen (Patemoster-Kfigelchen), Pan- 
ter, Perser, Peter, Paul, Pacht, packen, Pater, p&dern, 
Patriot, Patronat, Pöbel, Pins, pur ( puren tig noch stärker), 
wie p*h ausgesprochen, so weit sie schon in's Volk ver- 
schleppt sind. Dagegen p kann man wieder hören im 
obern Inntal, da wo Bairisch und Alemannisch in einander 
übergehen (Landeck, Vlis). 

Altes p-h in krump = krumm, haben die Allgäuer, 
Waldburg; übrigens ist es ein Hauptkennzeichen der bai- 
rischen Mundart. Ebenso gewinnt man durch Assimilation 
annäherndes p: Haipper und Haip-beer, Heidelbeere. Furt- 
wangen; ebenso in Stepperg, Stettberg bei St. Blasieu. Ein 
eingeschobenes p in gschplofsen, partic. p. (noch bis Ro- 
tenburg) zeigt den Mittellaut zwischen p und b an. 

Unser p fiel aus in Bachötta = Bachhaupten bei 
Ostrach, O. N. Bachoptun 1275. Lib. Dec. 

b erhalten in Scherben, Schorfel, nackte, öde Stelle 
in Feld oder Wald; Simonswald, Eaiserstuhl; dorben. 



143 

Torfstücke, Hegau. Durch AnlenuDg entstand scbnitlonb 
= Scbnitlauch. Allgäu, Waldburg. Ecbt alemanniscb 
ist hemb, bembet PL hember. Tuttlingen, Baar, wie im 
Tettnangischen fremb, fremben. Echt allgäuisch: homba- 
leo und bommalen s= Himbeeren. (Ravensburg). 

Ausfall: in Wearawäg, Werbenwic. Hug v. W. 
ear&a, Erbfsen, knola (Allgäu) Knoblauch. Aeweiler, Eben- 
weiler und per assimil. Emmet. *). 

In der Baar wechselt b und d im Anlaute bäxel, Zt. 
b&xeln s=5 däxel, dahseltn, Reisachhape. 

Merkwürdig; die zollerische Ortschaft Hefendorf heifst 
1095 (Mon. Zoll. S. 2) Hebindorf; schon 1101 Hevindorf. 
S. 3 ; dazu die Nelbenburger Ebirhardus, Eberhardus 13. 
14. Jahrb. Everhard 11. 12. Jahrb. Erbstetten urk. 1275 
Erfstetten. Lib. Dec. 

Alliteration in des Teufels Netz: braten und brennen 
335. brinnen und braten 525. büfsen und bicbten 722. 
bücken und bi^en, biegen und brechen 4393 u. s. w. 

B. F. 

Die oberrheinische Chronik schreibt stets: fatter, fer- 
ralen, folk, forth, (Grieshaber). 

Was vor Allem und echt alemannisch hier hervortritt 
ist süfer für verderbtes süber, das schon daneben auch 
gebraucht worden sein mag. Im Wisental, im Elsafs, im 
Breisgau so recht einheimisch: nit gar so fin, doch söfer 
dur und dur. Usstich. a süferer bua, Ortenau. süver- 
heit, Meinauer Naturlehre, unsüferkeite, Predigtmärlein, 
süferen stal. Wst. IV, 145. ein junger süver starker man; 
unsüfer, Nie. v. Basel 8. 128. die lufit ensfiffert in mit 
sterbunge. 

Spiegel der Behaltnus; was zä sfifferen; was dar sfif- 
ferte a. a. O. 

*) Der Schaff hauser Landsehaftbeschreiber Rttger im ünoth führt auch 
eiDen Ausfall von b an, dan ich Minar Cnrioait&t haibar hieherstelle: by 
dem dorff Donasehingen entspringt der edel nnd verrttmt Flnfs Tster oder 
Abnobins, off Ttltsoh die Abnow vnd mit verkürzter Spraach d' Abnow; 
aber durch Verboesening des Gesprttehs hat die zyt das b faUen lassen und 
wttrt nachmals genennt Danow. Ab diaem zerstörten nammen haben auch 
die Römer ein zerstört Latin genomen und dis Wasser genennet Dannbinm« 



144 

Vergl. auch das heute noch übliche süferi = Nach- 
säuberuDg der Köhe. 

Vergl. nuefer = lebendig, tätig, bei Kuhn Zt. 13, 382 
(Schweizer-Sidler). 

Ebenso hat der Spiegel d. Beb. zouflPerer (Zauberer) 
f. 33«. Weinhold §. 161 S. 126. 

Echt alemannisch ist werftig i= Werktag, zu werben 
stehend. (Hundersingen). f för p: Rufertshofen, geschrie- 
ben Rupertshofen ; Wolfei'tsch wende, geschrieben Wolperts- 
sch wende. Salfaiter, Salpeter (Gäu). Steif bügel, Steig- 
biegel. Althergebracht ist oflate, Oblate, Hostie, wozu 
Weigands Wb. s. v. zu vergleichen, der die mittellateini- 
schen Formen aufzält. Oflaten b. M. v. Lindau (Kirchen- 
schmuck Bd. 23, 21 ff.). Diethelm's Keyserb. Das We- 
hinger Pfarrurbar hat ein Feld Plahen, das vom Volke 
unter dem Namen Flachen bekannt ist. Esefes, Eusebius 
(Göge). Allgemeiner ist schraub und schraufe; letzteres kennt 
der Alemanne allein. Altes durch Assimilation entstandenes ff 
in affentörlich ist herkömmlich, so besonders cgm. 384. In 
Ebenweiler kennen sie nur wäfa, Wappen (das Manuale Au- 
gust, cgm. 92: Stolzhirfswaben). Vgl. Rüokert, schles. Mund- 
art (IX. Heft von GrOnhagens Zt.) S.33. Mhd. Wb. 3, 455. 

Anderseits kehrt Rebental, Rebentflr für refenter, re- 
fectorium oft wieder. — Vergl. Augsb. Wb. 41. 

Die Form arfel, arfele, dim. ist um den Feldberg üb- 
lich = Arm voll. Sieh oben 101. 

F. Pf. 

Hauptkennzeichen besonders auch der rechtsrheinischen 
Sprache der Alemannen ist die Schärfung von f in pf im 
An-, In- und Auslaute. 

Anlaut. Obenan steht pfarre = Farre. So hat es 
das Rotweiler Stadtrecht ß = Wucherstier. Das jüngere 
Ex. hat f. (pfaren, Wst. IV, 186 (!339) ist verschärftes f 
V. faren = vehi). pfarre, Habsb. Urbar 20S. 23. ein pfar« 
reu und ein eher, Wst. IV, 191. 209 (14. Jahrb.). 211 
(1513). der pfor, eher S. 237 (1368) pfarre, Wst. V, 30. 
Das Donaueschinger Arzneibuch Hs. No. 792 hat ochseo 



/ 



145 

odder pfarren f. 55*. Auch die Benfelder Ordnung v. 1538 
bat pferr = farren, pfarre ebenso der Vocab. Hs. 57, 
Donauesch. Die St. Blasische Handschrift Conrads von 
Megenberg, Mone Anz. 8, 496 belegt pfarr. 

Der Ortsname Pfarenbacb (Ravensburg) urk. Pharri» 
bach (Mone Ztschr. I, 337) gebdrt wahrscheinlich auch 
hieber. — Phlueren 1275: Fluorn. 

Ein anderes Schlagwort mit verhärtetetn f ist pf(5n, 
favonius; pfe volkäblich am See, bis an die schwäbische 
Grenze bei Schussenried^ Biberach: pfön und fön; pfen 
bei Diefenbacb Nov. GIoss. 169^. Bs scheinte mir dei* 
pfön leis in ein Ohr zu sagen. SchnQffis, Mirantisches 
Fldtlein. 

pflettersch neben flettersch; pfifolter neben feifolter, 
sieh im Wb. unten. Diese zwei Formen sind heute noch 
üblich, wie einst, anpfremma == anfrummen; Hotzenwald, 
Hegau = bestellen, pfriesaxt for Friesaxt, sieh Wb. (Alt- 
glashütten), pfladder = Kuhfladen; pflatteren = fladern 
neben pfladern und fladern. Echt breisgauisch ist pfunst 
= Faust, pfipfis wird selten fiffis gehört. Vergl. pfazz<Hi 
und fazzen bei Geiler; pfinsterli bei ßochholz; das Schweiz, 
pfacht und facht bei Kuhn Zt. 13, 382 (Schweizer-Sidler). 
pfludda und fludda; ersteres echt rechtsrheinisch wie el- 
s&ssisch, eine Art eingeröhrter (Mehlklöfse) Knöpflen oder 
Spätzlen; nicht verschärftes fludda ist mehr schwäbisch. 
Femer pfurz und furz (Göge); pflegel, Flegel; pfahna, 
Fahne; pfaden, Faden. Interessant: Esch-pfatten neben 
-faden, sieh Wörterb. unten. Vergl. Zwirnpfaden. Wst. 

I, 80. 

pfnitschen und fnitschen; pfuselnagget und fuselnagget 
neben fiselnagget; was beinahe an Fisch und füsch schwä- 
bisch erinnert, pfletz hat Oheim =s Kirchenatrium; an- 
dere: fletz (mehr schwäb. augsb. bair.). pfulment und ful- 
ment; fulemunde, Mone Anz. IV, 434. das pfulment der 
betrachtung, unzäligemal im Zitglögglin. Bei Veit Weber 
ebenfalls. Es ist die Grundlage, der man traut, pflö = 
neben flomm^ flö ^= Flaum, neben pflomm. 

Das Wort -fort in Zusammensetzung mit all- spricht 

Birlinger, alem. Sprache. \Q 



146 

der Alemanne besonders der Allgäuer sehr verschärft aas: 
alla-pfort = immerfort. Ebenso hemet-pfitz und -fitz. 
Waldb. (nasser Furz). 

Beachtung verdient der O. N. Pforen (Donaueschingen) 
und südöstlich von Hfifingen ein Sumpforen. Urkdl. in 
villa et in marcha quod dicitur Ferra. — in villa Forran. 
St. Gall. Urkb. No. 384. ad Forrun 817. Neugart Cod. 
Alem. I, 163. Sumpfohren urkdl. 883 Sundphorran. 821 
und 821 kommen pb und f in diesem Namen vor. Es 
dürfte wol röm. Forum sein, wie denn ad fines Pfinn ward. 
Bacmeister 1,23. Was ist heute: in Forachero marcha? 

Haben wir hier fremdes Anlautwesen, das sich das 
oberrheinische Spraehorgan zurechtlegte, so ebenfalls phaat 
aus pactus. So die lex Alem. a. 867 im Argengau. Neu- 
gart Cod. Alem. I, 105. 362. 363. — Mone, Urgesch. Badens 
I, 123. Augsb. 148. 147. — Vergl. auch hieher Pfäffikon, 
das 867 in FafHnhovun lautet. 

p und pf: pätera, pf&tera, Paternosterkügelchen. 
pfacht = Pacht, Riedhausen; dazu In- und Auslaut: 
schumpen; schumpfen, junges Rind: (Allgäu). kripfe : 
krippe. Forer. Weist. IV, 155: zappen : zapfen. 

Im Inlaute. Apfolter und Affolter. Sieh Wb. Affai- 
trach 1241 neben Apfeltrach O. N. Saipfe heute üblich 
wie ehemals. Donauesch. Hs. 792: Saipfen. Schopf heim 
urkdl. 807: Scofheim. Das heutige badische Alpfen urk. 
885: in Alolfun. Mone 9,365. beustapfel und heustaflfel, 
locusta, sieh Wb. So Scaphhüsen und Scafhüsen; Egil- 
wart de Kaifun: Karpfen, schürpfa: schürfen. Mone Anz. 
VI, 6. sürfeln, obenweg süpfeln neben sürpfla. Altglas- 
hütten. Der Rotweiler Fischerfachausdruck straipfen kommt 
dort neben straifPen schon im 1 5. Jahrh. vor. In der Baar 
ist ersteres noch volküblich. In den Monum. Zoll. 1356 
erscheint eine Straifienwise. Die alten termini für Was- 
serscheide sind bald Snesleifi 1101. Mon. Zoll. S. 3 (quae 
fluit ad Wolfahe), bald wie im Attentaler Rodel 13. Jahrh. 
Schneschleiphina Mon. Hoheub. No. 48 u. s. w. Unser Hefe, 
im Vocab. Opt. und anderwärts hebe, lautet echt rechts- 
rheinisch heapf, heapfa, heapfanudla u. s. w. Bierheapf. 



1*1 

Heuberg. Schwarzwald. Allgäu. — 8charpf, scharf; Harpf, 
Harfe kehren in oberd. Dialekten vielfach wieder. Schöpf 
112. Vergl. mein Augsb. Wb. 148 ff.*) 

f : z: faser alem. zäsem die, dim. zäsemle, was auch 
ebensogut augsburgisch-schwäbisch. Sieh mein Wb. 437<*. 



*) Das Neueste was Über ph and pf gesagt ist, findet sich in 
H. RUckerts trefflicher Arbeit, im jüngsten Beitrage Bd. IX , von Grünha- 
gen's Ztschr. S. 41. 42. 



10 



I 



t48 



Substantiv 

1) Wortbildung. Ich beschränke mich hier darauf, 
einige Eigenheiten hervorzuheben. Das Allgemeine, worein 
sich alle oberdeutschen Dialekte teilen, ist reichlich behan- 
delt bei Weinhold von S. 204 ao« 

Die in uneigentlicher Ableitung mit den Suffixen t 
und d gebildeten Substantive, dem alten -ipa entsprechend, 
sind häufig: a danzed, danzet = ein Paar, gleichviel ob 
auf dem Tanzboden oder in Haus und Feld; besonders 
auch ein Pärlein Kinder. Obere Donau. Beuron. Hun- 
dersingen. a wimmied, -ede ^ Herbstzeit, Traubenlese; 
allgäuisch-alemannisch. a koched, -tle z. B. Bonen, Erb- 
sen, Linsen, besonders Kartoffeln = eine Portion, dafs es 
langt, malet, maled, eine Mühlfuhre. gou£Fed, Handvoll, 
a beigede, ein Haufen, wie Holz aufgebeigt ^ über ein- 
ander gelegt, hudlommede, ein Durcheinander, alles in 
Bausch und Bogen genommen, d' scheifsede hau; a dra- 
ged, -etle, Aepfel, Holz u. s. w. a gommede = ein von 
den haushütenden Kindern meist heimlich veranstalteter 
Schmaus 9 aus Eiern bestehend; a heilede, a graüzede, a 
machede, a drielede (Essen verschütten von Kindern etc.), 
a knnklede, soviel als das Mädchen Werg an die Kunkel 
legt, a naotede, eine Nötigung. Alle sind weiblichen Ge- 
schlechts. Weinhold §. 247. 

Auffallend ist, wenn sie dem -ipa entsprechen sollen, 
dafs unsere Bildungen keinen Umlaut aufweisen, der doch 
erfolgt sein müste; sollte nicht auch an die Bildungen 
-od, -odi, -ad gedacht werden dürfen, die doch im altem 
Alemannisch so massenhaft vorhanden sind? Wenn sich 
das Geschlecht änderte, so mufs man bedenken, dafs 



149 

gerade bei sdcben Wortbildungen sieh &h^ gröSse Frei- 
heit zeigt. 

Eine ähnKcfae doch innerlieb versebiedene Bilduüg ist 
die mit dem Infinitiv zusammenfällt: dief fressed^ foiMTe^, 
renned^ schiefsed, sterbed; wieder a^ers Hai^ (hiö^at), 
Brl^hed, OeiAbdat, Weisest (weisat) u. e. w. In der Häiyf^d^, 
die Zeit des Gerstel^- und Hafersäens im Frübjahf«'.^ 

Häufig sind die mit i, ie gebildeten Wörter: li^retei 
(Narrheit), spitzenei (Anspilung) u. s. w. büdlei^ei, huUer€fi> 
südlerei, teuflerei, lumperei, stinkerei, hauderei,' l^irerei 
(Nachlässigkeit), saurei (Unflat), Schweinerei; d^t hat d'l* 
sebeifsereia gmäoht = Geschichten = dunütties Zeug ge- 
macht! kheiereien machen = Verdriefelicbkeiteb dtift^a, 
Unannehmlichkeiten wie den Staub aufifirii'beln. DeM ^t- 
spricht auch das schrambergische waidnei (Urb. 1540) ^ 
Jagdband werk ztr abd. waidaüon; mt hab^ki' deutdclies i 
oder roin^niscbed ie anttisetzen. 

Beki^nt sind die söhwei^^ridchen Bii<ftfägeDf auft' Ad- 
jektiven : mfiedi , sfiefsi , sfiri , b>l6edi'^ gi*örsi, bittri' u. s. w. 
Ganz so noch auf dem Schwar^wald; ja Bildungen wie 
Oele == Oeltrotte, Oelmfible reiben sich eben so häufig 
daran an. Ich föhre hier gättere tax ms Gifter, Gögie^. 

Die Zusammensetzting^b mit -saini, -saih mufs ich 
vor Alleitf nennen. Die St. Galler gebi^aacben sie reteb- 
lieb. Im übrigeä Deutschland spärlich. Enttl^dier IJgettr 
Stibstantivbildungen aus AdjektiVeir for^htsäinni% genos- 
samm^ u. s. ^. vory oder sh)d es Büduägeü« wi6 bursäme^ 
geb^damie == Bauernschaft, das' auch iü andeiKif Gegenden^ 
als aM' Oberrhein heimatlich ist, niitteld.; Adj^tive ligen 
wo) zu' Grnttde dem gehorsamy, Zftglöggf. genoi^öämiy si^h 
Wb. nicht wol aber dem gelobsami 134«; zttgsiatfiii lä02 
(Glarrtei* Ürk.). fluchtsaitoi' 14t6^ (Möbe Zt. 6, llt). ge- 
warsatoy^. Baster R. Q. 1472 S. 200. kuntsami, Habsb. 
ürb. Vgl. Weinhold §. 295. 302. Eigetitifttolich ist au<jb 
hi^r der ]ä[ange1 des Uäiläuteb. Allein ^hi -s^fiii hätffer 
leicht das gewichtige Wort seiöfei* Kraft iliraübt und alles 
hätte sich auf den ersten Teil der Zusammensetzung ge- 



150 

lagert: alle Bedeutung wäre verloren gegangen. Wir mos* 
sen also hier einen innerlichen Grund ansetzen. 

kundsame und gVeachtsame sind heute noch übliche 
Ausdrücke, so häufig wie ghor8amm\ 

Die gutturalen Bildungen wie Enterich, Entenhändler I 
Schramberg; Nonnerich, spafshafte Bildung (Schwarzwald) 
= Nonnenbeichtvater seien hier berührt. 

Altdeutsches zuhti erhielt sich bis heute als züchti 
=B Nachzucht, Nachwuchs. 

Bemerkenswert ist die (ganz mttteld.) Bildung a-n- 
ärfele, arfell. 

ärfele geht zurück auf ein urspr. armvulli neutral. Di- 
minutiv, Gen. -vuUtnes, daraus der Umlaut, der sich wie in 
Wächter aus wahtäri über das ganze Wort verbreitet hat. 
arfel ist blos armvol. 

Von Nacht ligt mir eine ungrammatische Bildung 
vor: die links der Wuotach bis gen Stühlingen, Löffingen 
u. s. w. hin wohnenden Alemannen werden von den Nach- 
barn z^nachter genannt; offenbar, weil das ihre Redeweise 
ist. Am obem Nekar sagen sie: am nächza = in der 
Nacht; am middagsa, um Mittag, sonst alemannisch auch 
mitachte, um 11 Uhr, weil da das Mittagessen statt hat. 

Die Verkleinerung wird am Oberrhein mit »li; nörd- 
licher in unserm Gebiet mit le gegeben: mi büewli, mi 
süblt, mi hüsli u. s. w. Ehedem mag auch das echt schwei- 
zerische -tschi, -schi landüblich gewesen sein. Spuren des 
alten -tschi sind in -tsch: in Bertsch (Rotweiler Gegend); 
wahrscheinlich auch in Butsch zu suchen. Das Wurmlin- 
ger (Tuttl.) Seelbuch hat Bertschi Nadler, f. 8. Für den 
echt alemannischen Berthold im Diminutiv. Ebenda kommt 
noch Bürki, Bürkli vor, f. 10. 16. Uhland in Pfeiffers 
Germ. I, 333. Anmerk. Dahin dürfte im obern Inntal wol 
das verkleinerte beartsch = kleines, junges Schwein, männ- 
lich, zu zälen sein, aus ber, beier, peier, porcus. Schwilcb 
ist sein Gegensatz, es ist der grofse Ber. (Zu Schöpf 662). 

Das Wort Mann kommt am obern Nekar und an der 

*) Vergl. die Outtural-Diminution in dem alemannischen Mundarten von 
Fr. Becker. Neues Schweiz. Mus. VI, 698 (1866, Basel). 



151 

obern Donau häufig als Diminutiv Mändle vor, ein Lieb- 
kosenamen, wie oft die riesigsten Bursche beifsen; man 
kennt sie unter ihrem eigentlichen Taufnamen nicht; weil 
sie im Zusammenhang gerne mit des Vaters Gewerbe ge- 
nannt werden. 

Das Dim. Sunneli für Sonne wird im Allgän gern 
gebraucht: ^s sunneli chö schö, kommt schon. Sonthofen. 

Echt allgänisch-alemannisch sind die Genitive mit aus- 
gelassenem Hof, Haus. Braucht man auch bisweilen in 
hochdeutscher Umgangssprache Formen, wie: i geh zu Pro- 
fessors, zu (in's) Ludwigs, (zu) in's Apothekers, (zu) in^s 
Pfarrers u. s. w. (Herrenalb.), so ist doch unsere Eigen- 
tümlichkeit wieder anderer Art; sie kann bis an die Nahe 
bereits verfolgt werden; alemannisch -pfälzisch will ich es 
fQr dort nennen. (Mainz, Worms). Im Allgäu sagt man 
in's Schreiners, Schneiders, 's Lippeis u. s. w. Der Re> 
frain des alten Blauen-Storckenliedes heifst: voar's Michels, 
Tonis, Plaudermanns, GrethPs u. s. w. Doch zu unsern 
genitivischen Gehöft- und Flurnamen. Im bairischen All- 
gäu bevorab gibt es: Freitags, Beyrlings, Heberlings, 
Wenglis (Durach), Höflings, Kreiners, Luipolz, Reinhards, 
Senners, Somers, Sterklings (Lenzfried); Schnattens; Recht- 
ris (Ottaker), Akams, Hellengers 1275 (Hellengerst), Geigers 
(Peterstal), Burgraz, Haibels. Raigger's (Untertingau) ; Her- 
ings (Wald), Holzmann's, Kaufmannes, Neupolz, Wezles, 
Raupolz, Hinnes (Gönzegg); Hemkels, Neners, Prier's, 
Glaser's, Stielings, Willofs, Albrechts, Steigers, Winklers, 
Ehnnanz, Engelwarz, Escberes, Haberanz, Wiflings, Herbolz. 
Der O. N. Eglo£b, wirtemberg. heifst mundartlich Eglets. 
Soviel zu den oben S. 34 genannten Ortsnamen dessel- 
ben Schlages. Todris bei Rotenburg ist St. Theodorichs 
Kapelle. 

2) Das Genus bietet mitunter alte Sprachreste. 
Wie gemein mittelhochdeutsch begegnen wir dem Mascu- 
linum der slang noch spät; bei Oheim, M. v., Lindau, 
J. Rueff. der hier heute noch üblich wie cgm. 384 f. 120<*: 
den nuwen hier. Wst. IV, 212. — der trQb und dick hier. 
Ryff f. 9^. Auf dem badischen Schwarzwald allgemein. 



152 

der schäf ( Mutterschaf ) ; der Traub. Allgäu. Tettnang. 
der butter; der beil, beiel, Beil; bei ungeschlechtigen lelv- 
losen Dingen mehr Genuswechsel der luft, der ober luft, 
der unter loft (mhd.): Wind, der gwalt noch heu?te (Göge). 
der bank, der wölk, die sarg, das bar (Bahre'), d«s ripp, 
's greaeht ripp, auch Schimpfwort für Weiber, das thau, 
das ktifer (Koffer), das eck (die Ecke); der fabway föhna 
2s= die Fahne; die Basler Recbtsq. v. 1339 habe»: der 
einung =■ die E.-Strafe. M. v. Lindau: swm. der suime; 
an dem sunnen cgm. 736 f. 7*. Mhd. Wb. II, 2, 743ff. ein 
liechter gylg. St. Liutg. Leben 443^. ein wiser ro«e a. a.O. 
ein rotter rose a. a. O^ Der alem; Flurname Stelz ist beute 
swm. in den alemannischen Grenzbeschreibungen wie mhd. 
(Wb. II, 2, 619«) swf die stelz, die stift = das Stift. 
St. Liutg. Leben 454«. die bach abe 1349. Flurn. (Mone 
Zt. 7, 67) die bach, Mon. Zoll. I, 242. (1410). bi der bach, 
Wst. W, 189. Paul Flcmming und noch Alb. v. Haller 
schreiben die Bach^ die wag = wac =s gurges, mhd. 
Auffallend ist auch der kannt = die Kante, Kanne; einen 
Kaatten b. J. G. v. Bbdma 1572. Pfeififer's Germ. IV, 57. 
Hüldebrand in Grimms Wb; Y^ 173. Das bis weit na€b 
Mitteldeatsehland in^s Düringische reichende Hart: Wald 
kommt in allen drei Geschlechtern vor: der hart in Speh- 
teshart. Das mhd. Wb^ kennt nur das Msc. I, 640^. Im 
Düringischen. steht das Fem. kn Gebrauch; unzälige Wäl- 
der dort sind dae Hart genannte Dagegen alemannisch ist 
bevorab das Bart, sieh Wb. Schmeller U, 242 bringt das 
Nleutrum aus alemannischen Quellen. Die Basler R. Q. 
D, 72 : die hart. Das dem mhd. stn. molbhen (Habsb. Ur- 
bar: Mukfaen) entsprechende heute geltende Molken ist 
jetzt hochd. Fem. im Bregenzer Wald noch das Molken*, 
Butter und Käse, überhaupt alles was aus Milch bereitet 
wird. (Felder). 

Das fremde Wort: der Miserere, d. b« Psalm^ kommt 
im Lebctfi Liutgarts öfters Yor : und sprachen» dem miserere 
458^. liebi kind, do' ir hat den miserere sprachent n. s« w. 

dias zik ist noch eeht alemannisch ; im Rcrtweiler Stadt- 
recbt: im hitisefaleiohendisot 7M^ ganis wie beute im Virikv- 



153 

munde: 's ztt in der St. Blasischen Gegend (= borologinm); 
ebenso im Leben Liutgarts: von dem zit, da« zh. Die 
St. GaHer haben fast nur daz zit; hie und da blickt ein 
diu zit verstolen heraus. 

das löt, leut^ Sing, erhalten: ist des* a fetsa leut, du 
bist a gspässigs leut u. s. w. Obere Donau; aucb biswei- 
len noch mitleldeutscfa in Uebung, so schlesiscb, aiber meidl 
m halb tadelndem Sinne. Nicht wenig auffallend sind die 
echten breisgauisehen : der Käther (Katharina)» der Biber 
(Bibiana), der Berbel, der Peter (Petrooella), der Franz 
(Franziska). Ganz so am Bodensee. Der kuo, hcnn. Botenb. 

3) Casus flexion. Zuerst mufs man den, manchen 
ans Hebel bekanntenr Gebrauch anfahren: den Nominativ 
fär den Accusativ zu setzen. Diesem Knksrheinischen be- 
sonders elsässisehen Gesetze begegnen wir auf dem Schwarz- 
wald und am Bodensee bis herein Tuttliagen zu ;* Stockacb 
spricht noch genau der für den. Stöber sagt bei From>- 
mann II, 561: unsere Mundarten kennen keinen Accusativ 
Im Hinterwald, bei Aulendorf sagt man noch: gib mer der 
Stecka, ganz wie am Feldberg, Altglashfitten: ich glaube 
an Gott der Vater, an. G^ott der Sohn und an Gott der hl. 
Geiet, an- Gott der allmächtigen Schöpfer u. s. w. Gib 
mir der Aepft; trink mir koan Bier uff der Wi; der Fuchs 
hat 'n schöner Beiz. In der Göge: hast der stritza = 
Spritze;- ear hat der Vatter schau lang verlorn; de)ß hennt 
80^ Imid^m an' der Schinhöt. Wisental. Der cgm^ 384 
f. 9»:' zerstört der natnr u. s«. w. Die benachb^ten Schwan 
ben heiilsen das irrtfimlieh Judensprache. 

Gewisse* Wörter mit dem sog. Beilaut hält manr flltjcfa- 
lich fär Pluralia; es sind Singulare: ängsta, die Angst; 
mi döter, mi brieder u. s. w., sieh Lautlehre; wogegen die- 
ser Laut in mä = Mämier Nom. pl. unregelmäfsig' und 
dem^ Angelsäebsiscfaen entspricht. 

Andere Pltirale sincP wieder alemannisch ^ deter PK zu 
Tau, ros; afad. Neutr.-; essena PI. zu : das Essen; wasseren; 
bierer, messera, häber PL zu Hafer u. s. w.; umseitige, 
böse Tod, alte Constanzer Schriften 17. Jahrh. 

Bemerkenswert sind Pl«iridia wii* : Malereiena, Kircbsni^ 



154 

Kuglena, Glockeua, RoufFena, Triicbina, Maidlena u. s. w. 
(Wisental), was zu dem Capitel der organischen und unor- 
ganischen Plurale auf -na gehört: leitina, nienina, vestina, 
flufsgüssina, rütina aus Urkunden des rechtsrheinischen 
Gebietes, besonders Freiburgischen. 

Hat sich alemannisches Gebiet auch nicht zur Hälfte 
die Pluralia auf -ir, -er angeeignet, wie die Baiern getan, 
so gibt es doch eine ganze Anzal an Fem. und Msc. an- 
gehängt, die nicht nach den Gesetzen der Sprache sich 
richten. Sehr häufig fallt r ganz weg: i ho 6 kind, der 
goist PI. d' geäst (Gespenster), d^ Döan (Dörner), 2 kalb, 
2 rind u. s. w. 

Reh 1546 reher; in einer hauenst. Urk. 1546 (Mone 
Zt. 7, 125) steht im Plural wieder reh. 

Das Bairische ist bekanntlich echt volksfiblich gewohnt 
an alle -en der Plurale noch -er hinzusetzen: gschriftener, 
gschreibener etc. 

Mit folgenden Pluralcn, deren a heute im AUgäu ganz 
rein noch gesprochen und in Schriften uns aufbehalten 
sind, streifen wir so ziemlich an^s 9. 10. 11. Jahrb. an: 
döträ (Töchter), muoddrä, moddra, guete muetträ mond 
ihrena tochterä guete lehra gea. AUgäu. swesträ Mon. 
Zoll. 1340. 1311. Mon. Hohenb. No. 225. Conventswesträ 
a.a.O. (Weinhold S. 446). Die St. Georger Homilien, 
Mone Anz. 8, 503 ff. haben wurza, ruta, tohtira, sela, zunga, 
wunda, minna, arma u. s. w. £ine gute Ausbeute für die 
ä aus der Urzeit gaben die altdeutschen, alem. Predigten 
Grieshabers ab, vor denen selbst die Hauptkenner des 
deutschen Altertums wie vor einem verriegelten Tore 
stunden. 

An diese Altertümlichkeit reiht sich eine andere: die 
vollen schwachen Nomina, die in den Flexions-un auffal- 
lend von den schwäbischen und bairischen abstechen. Z.B. 
schwaches Masculinum (sieh Pfeiffer, über Wesen und Bil- 
dung der höf. Sprache, freie Forschung 1867 S. 333): her- 
run, erbun, salmun (beider erbun Mon. Hohenb. 1314), 
wasun u. s. w. Schwaches Femininum aus den Monum. 
Zoll, von S. 152 an: der priorinun 1342. in der pfingest 



155 

wöchun 1341; die wis die man nempt die streglun 1347 
n. 8. w. Mon. Hohenb. v. No. 187 an: an der nehstan mit- 
wochun 1300. miner basun tohter 1303. in Ortgassun 
a. a.O. Eirchunsazze 1303. neggerhaldun (Rotenburg) 1315. 
Henlinshaldun a.a.O. kilchunsatz 1316. Osterwochun 1319. 
ze mitter vastun; in der absitun (No. 311); in der andenm 
kilchan (a. a. O.) Egerdun 1354. Schmidewisun 1358. wisun 
1373. ein pletzli ze der widun, zu der Buechun 1383 (Ro- 
tenb.) one boson 1465. Gehört mehr in die Lautlehre. 

Aus dem Freiburger Urkundenbuche: similun acc. sg. 
(1276). in der salzgassun (1291). von der obrun badestu- 
bun 1318. in der kindestubun, der siechmeistrinun ; umbe 
die kornloubun 1319 u. 8. w. 

AufTallend häufig und mitunter lange herab anhaltend 
8ind die sw. vollen Flexionsformen bei Eigennamen: de 
Winzelun 1192. (Mon. Hobenb. No. 15) ze getrittnn 1 245. 
No. 30 in Dahun (curtis) 1246. No. 32 ein fletzli ze der 
widun ze Underachun. Mon. Zoll. Agnesen der Recherinun 
gut 1347. der Römetterinun gät 1352. ze Sant Margare- 
thun 1369. hof ze Frumernn 1370. nach S. Eatharinun- 
tag 1373. nach Sant Agtuntag 1381. Mon. Hohenb. an St. 
Margarethun tag 1308., ze Villingun, Behruntal u. s. w. 
der Bucknunhof 1313. Irmelun 1314 u. s. w. Freiburger 
Urkundenbuch : vor St. Margarethun 1319. — derjungerun 
a. ä. O. vor St. Marien Magdalinun; nach S. Anferuntag 
u. 8. w. Der seit dem 13. Jahrb. sehr lim sich greifende 
Gen. plur. der schwachen Hauptwörter f&r die starke Form 
zeigt sich auch in rechtsrheinischen Schriften unzäligemal. 
Den Genitiven der liuten, dingen, buochen, tieren, schallen, 
sinnen u. s. w. bei Boner entsprechen die Vielen Belege in 
den Basler Rechtsquellen: der fischen 1458 (S. 187). win- 
lüten zunfte 1441. S. 126. Besonders im Zitglögglin: der 
dingen, der geisten^ wolffen, aller seligen geisten ; kunigen ; 
der gesten, diner henden u. s. w. Mangolt Fischb. ebenso 
die sw, adverb. Genit. plur. der tagen, echt alem. Pfeiffer 
Germ. IH, 67. Weinhold S. 415. 

Sehr lange erhielt sich und ist heute noch da und 
dort volksQblich die starke Form: Nack, Nutz, Schad, 



156 

Fried, Stamm. Friden haben wir schon im Anfange des 
14. Jahrh. stettefriden 1381, Basler Uechtsq. 38. zeitliche» 
friden frowen cgm. 6 f. 1 4« und oft. Weist. IV, 284. nrit 
grofdem nutz, des nntzes im Zitglögglin^; schad, kol,' gen. 
(Mon. Zoll.) koies, gemaities nutzes wilkn. Rotweiler Stadtr. 
Schwach decliniert eben diese Quelle Korn; Jabr: m dritten 
jaren, in sinem zarten körnen u.s.w. grade 6gmv 384 £*16^. 
Weinhold S. 413. 414. 

Der Uebergang in die i-Declination ist allgemein: äl 
(Ale); hämmen und amböfs Rotw. Stadtrecht. 

Uralt klingen noch Formen (Genitiv): der selobails 
willen 1348; Mon. Zoll. Eigen ist, wie man in d^r Göge 
den Dativ bezeichnet. Frage: wem gehört das Bneb? &f 
en d^r wiathe (Wirtin); i sags en der niotterw 

Was die Flexion anlangt, so läfst der Alemaime wie 
der Schwabe das End-e der Masicul. und Netttra im Dtft. 
sing., ebenso im Nom. und Acc. plur. masc. und fem.r weg* 
— Das echtalem. vea bekonimt plur. ch: veacher,* veache- 
ner; das Rotw. Stadtrecbt hat den Acc. sing, davon: vibe. 

Das Wort man wird echt aleiUL plur. so dieklinierK: 
d' mä^ von deana mä; wo der Iller-Lechsehwabe mand 
hat. (Weinhold §. 410). Am Nekar alem^ manna^ 

Den Artikel setzen die Alemannen und Schwaben Tor 
Namen der Länder, Völker;, vor jeden Eigennamen. Die 
Lieder aus den Befreiungskriegen sind hierzu die besten 
Belege: in's Tirol, von deam> Ruofsland; dear Dirlewang. 
(General Deroy), der Vreade; ganz so schreiben die volkg- 
tfl-mlicben Schriften. 



157 



VI. 

Adjectiv und Adverb. 

Adjectiv. 

Bildang der Adjective mit -achtig, -afati, -Shte ist, wie 
mit -oefat^ auch recbtsrbeinisoh sehr üblich gewesen, und 
8<^r heute noch. Ich füge zu den Beispielen bei Wein- 
hold S. 210. 211 einige. Der Gart der Gesuntheit: run- 
zeleeht, striffelecht, krostelecht (von Föfsen), schopfeeht- 
igenHals; zinkechtig; sternecht (Mund) stechlechtig u.s.w. 
Ebenso im Feldbueh: klotzecht, aderecht, schlösselecht, 
grubecht, fellecht, knodecht, hoferecht (mit Buckel), büU 
acht, genfslecht (von der Haut), dolscheeht u. s. w. ; grien- 
ocht erterieh heisset sant. Spiegel d. Beb. f. 6 ^. Ueber- 
haupt zeichnen sich die Strafsburger hierin ans; ihre Schrif- 
ten, die herüberkamen, strotzen von Belegen. Hedion, 
Ryff und Brunswick: ir haut war runzlecht und luderecht; 
krusaoht, drüfsecht; glatzächtig heifst Keller im Keyser- 
boch Cftesar; ebenso verbreitet sind die auf -eclich, -endioh; 
-enig, ynneclich cgm. 384^ -^ niechterig, siedenig vom Was- 
ser. (Brunswick). 

Die heutige Mundart hat -ocht und echt in unbetontes 
-et umgewandelt: oanäigget (einaugicht), hematpflenzet; 
äcket, kr^fet, narret, zälugget, drecket, g§tumpet, kloa- 
monzet u.^. w. Neuhochdeutsch würde man -ig ansetzen. 

Allgemein gangbar an der obern Donau, in Ertingen, 
Riedlingen, Hundersingen sind Adj. wie elendig, miserablig, 
grundh&ftig (des ist a grundhäftige Wahrheit), rundig, mein 
rundiger Huet; der hintig, der obig, der untig, der nebig, 
der zwidrig, letztere aus Präpositionen gebildet. 

Auf -«^isch: grafisch, mentalisch, z. B. ein mentalisch 
Gsicht (sakramentatisch, fluchig), huerisch, bsentisch ; weifs- 
ländisch (weiis von Haut oder Haar); raotländisch , mit 



158 

roten Haaren; heillosisch, malefisisch, betrüebtisch; spotta- 
lisch = spottmäfsig = das ist eine Schande und Spott! 

Bemerkenswert sind auch die Adjektive von itan, az 
(III. Classe) abgeleitet: kalläfs, heickel neben kuräTs; 
gfräfs, gefräfsig; gebildet wie nuimelk, von der Kuh; rad- 
wäsch, vom beregneten, so abgewaschenem Kot, dafs nichts 
an den Rädern hängen bleibt. Wurmlingen. R. 

Einige schwäbisch nicht bekannte Bildungen sind: 
kirchenfeindig. Constanz. Chron. Mone Quells. 11, 53^. 
Der hinderrflggig krieg 53^. na schlupferig, liebkosend 
sich anschmiegend. (Eönigseggwald). purentig =ss pur; 
laiderlich, was 1. beschach. St. Blasisches Stiftungsb. 63<<* 
(Quells. Mone). 

Zerstreut begegnen Formen: der afteren tfir hüten. 
Weist. IV. 104 und zu dickeren malen. Zitglögglin. 

Geschlecht. Ein Hauptkennzeichen unserer Aleman- 
nen ist der Gebrauch des flexionslosen attributiven Adjek- 
tives. Während das Neuhochdeutsche auf die uralte Art, 
auf das gotische Flektieren des mit unbest. Artikel verbun- 
den attributiven Adjektivs zurückging, während das Alt- 
hochdeutsche nur hie und da flektiert, das Mittelhochdeut- 
sche nicht mehr; weil es sich die Sache so bequemer 
machte, haben die Alemannen sich das ahd. mhd. Gesetz 
erhalten. Den echten Heuberger z. B. erkennt man gleich, 
er sagt: jung Kind, jung Enta, jung Gans, ein arm Kind, 
ein arm Weib; er hat 20 schön jung geins; des ist a-o- 
-ander Ding n. s. w. ; ebenso in der Ortenau : 's waicht a 
kfiel Lfiftle. Baar: a sehe! meintsch; du bift a fei meinsch, 
a nett meinsch u. s. w. Vergl. zö dem arm Mann, Teu- 
fels Netz V. 3681. mang öd man V. 4500. Enoch was 
ein gerecht mann cgm. 358 f. 4*. — Vergl. Weinhold 
S. 470. 

Ich setze eine solche Declination, wie sie in der Baar 
üblich, hieher: 

Msc. sing.: 1) a scheina wald, Dativ: ama (einem) 
scheina wald, 'n scheina wald, PL: sehet wäld, Dativ: 
scheina wäld, schei wäld. 



159 

2) a gnot mä, ama göta mä, Acc: giiot mä, PI.: 
guot manna, oder mä u. s. w. 

Fem. siog.: d' sehe! wis, a schei wis u. s. w., Neutr. : 
a sehet feald, a guet kind u. 8. w. 

Nur noch im traulieheu Tone oder alten Stil wie Gö- 
the im Götz getan, mag man diese Art der Adjektivflexion 
anwenden. 

Die fem. Endung iu neben u in Schriftwerken unseres 
Gebietes allgemein. Zu Weinhold S. 470: baidu, allu, 
gaischlichu, weltlichu 1309, Mon. Zoll. (123) neben unsiu, 
aigeniu (1339), andriu, zinsberiu 1374. Ebenso das Neutr. 
plur. Das Habsburger urbar hat iu: die vriu, die uusriu 
bürg, vogtberiu u. s. w. Aber die schwäbischen Codd. 
unterscheiden sich hierin kaum von den alemannischen; so 
Schwab, cgm. 206: paidu, weib und man f. 243^. die hun- 
grigu jar f. 37. ällu frucht f. 80. grossu pein 122^. 
Ebenso cgm. 480. (iu = fl = ü). 

Der echt alem. cgm. 338 hat nur i fQr iu, u: über 
unseri kind f. 1«. disi mer f. 2^. disi red f. 3^. wir alli 
f. 6«. mine ogen 6^. alli di f. 7«. uff sini kniw f. 7*. 
sollichi gnad f. 8^ u. s. w. 

Flexionslos ist alla: alla Geald, alla Fleisch, alla Brot 
zu Gramm. IV, 482. 483. Dieses ist entweder nur schwache 
Form, die durchgeht, oder es ist die alte indeclinable Form, 
die schon im 10. 11. Jahrh. auftaucht (filu). 

Flexion. Wie die schwachen vollen Formen sich im 
Alemannischen beim Substantivum erhielten, so auch die ad- 
jektivischen, an die begrabenun wise. Yillinger Urk. 1 225. 
ir rehtun pfründe 1310. der nehestun Walpurgi mess 1284. 
Mon. Hohenb. 98. in die vorgeschribeuun bürg 1341. Mon. 
ZoU. zu ainer warun gezfignust 1332. der edelun, erbe- 
run frown 1836. der hohun Zolr 1362. von der hohun 
Zoller a. a. O. zä ainer rechtun sicherhait a. a. O. Die 
Mon. Hohenb. an der nehstun mitwochun 1300. (No. 187) 
an den nQndun kalend. des aprellen 1312. die obrun 
mflli 1317. 1319. in der anderun kilchun No. 311 u. s. w. 
Die Zalwörter und Participia haben ebenso Anteil an der 
vollen sw. Flexion. 



160^ 

Wie die schwäbischen Codd. mit den alemannischen 
in der spät schwachen Flexion geben, so auch in der Stei- 
gerung der Adjektive. Ich kann auch da nur vom Super- 
lativ reden. Da glaube ich beinahe die alte Form -ost 
mehr bei den liier-, Lechschwaben gefunden zu haben, als 
bei den Alemannen; jene sprechen strichweise heute noch 
das -ost; alemannisch zerstreut -ost auch jetzt noch ge- 
braucht, selbst -orst mit unorganischem r. Im 14. Jahrb.: 
vor der Obrostinnun bongarten 1340. Mon. Zoll. (S. 151) 
und oft. 15. Jahrh. Ein Brief Rotweils an Herzog Wil- 
helm von Baiem v« 1432 hat: hocbgebornosten, durch- 
lilchtigosten. Des Teufels Netz, Oheim, cgm. 358 haben 
<^o8t, während das ebenso gut alem. Zitglögglin -ist auf- 
weist: heiligister, bitterister, allerhitzigster, allerseligister, 
mittlist, sQefsist, der unterist^ der tiefist u. s. w. 

Ich glaube auch bemerkt zu haben, dafs bei der Stei- 
gerung gerne die Adj. -Endung -ig, sei sie regelmäfsig oder 
unecht, angesetzt wird: du bift der ellendigfit, miserabligft 
tropf! 

Bei den Comparativeu gelten die Umlaute: rou, reier 
(asper); groufs, greifser; guotlig (schnell), gietliger; gieti- 
ger (mittlerer Nekar), bao, haijer; frao, fraijer (froh) ; raot, 
raiter u. s. w. 

Vom Comp, mai, augsb. mea bilden sie nochmal einen 
Comparativ: maier (mittl. Nekar), mainer (Ravensb. Qb. 
Donau). 

Durch Wiederholung wird der Superlativ ausgedrückt: ' 
graufs gr^fs, klein klein, dick, dik, dünn dünn ; des ist a 
firrtige forcbt! Wilflingen. Umschreibend: des ifit a Mensch, 
der kann eassa, des ist a forcbt! d. h. es ist ein homo vo- 
racissimus. 

Ich reihe hier Einiges über die verstärkenden Zusam- 
mensetzungen an. Zu L. Tobler: über die Wortzusam- 
mensetzung. Berlin 1868 (Dümmler's Verlagsbuchhandlung) 
S. 104«: 

Mit Hure sucht der Oberdonautäler eine Art Super- 
lative Bedeutung zu geben: heut ist's hnaramen talisch kalt! 
Des ift welaweag a Huarakälte! Des war dö huoramässel 



161 

Bei <3er Nachricht, die misstimmt. Die Hnorastier! Wenn 
sie nicht gehen. 

Luder: des ist luodrisch warm; des ist a luodriore 
Hitz! der ist luodrisch keck! luodrisch schlau! luodrisch 
jaicha = in die Hitze jagen, Vieh. Wurml. R. 

San: des ist saumäfsig teuer! a saumäfsiger Herbst, 
-Winter, -Tag u. s. w. 

Hund: des ist a Hundskälte! hundsdörr, hundsnafs; 
bundsgmein, hundsalt. hundschleachts ghear (Gehör). — 
mausdaod, kohlrabaschwäz seien beigefQgt. 

Hölle: höllawöetig; höllabsefsa; höllahoafs; höllbe- 
tröebt. Himmel: himmelweit u. s. w. 

Andere Beispiele: waidaget, malefizisch; bsefsen; mein- 
eidig, sackrisch, rechtschaffen werden häufig mit Adjekti- 
ven zusammengesetzt zur Verstärkung. 

Ferner: butzalär, ganz leer (Bregenzer Hinterwald), 
boinreif (beinreif), Blochingen b. Saulgau. deam if windig 
schlecht; mäterdellig (elend). Wurmlingen R. langgstäret; 
lendelahm (Lenden, Hüfte). Wurml. R. steinalt; nagelneu; 
steinweh (sehr wehe) ; steintodt u. s. w. 

Gottsallmächtig, gottsjämmerlich, gottverflucht; gott- 
sträflich ist das verbreitetste. — Essigsauere Milch, halb 
sOfs, halb sauer. Hundersingen. bädsanr (Bachweide) W. 

Adverb. 

Vor allem sind die Adverbien auf -ling, -lingen, ahd. 
lingün (Acc.) hervorzuheben: offlingen, publice. Hundersin- 
gen; hehlinga, und a hehlingela, im Geheimen; ahd. hälin- 
gün, clam Otfrid. I, 17. 84. Grimm, Gramm. HI, 234. 238. 
Daneben heblings, Sunthausen. gsetzterlinga, sogar: a 
gsetzterlinga lehrer, ein definitiv angestellter Lehrer. Göge. 
ständlinga (stehend); krittlinga (reitend); bauchlinga (bäuch- 
lings); sitzlinga, höptlinga (kopfQber), Ursendorf, Göge; 
grattlinga, mit gespreizten Beinen (wol zu krittlinga). 

Belege aus Schriften: nQwelingen, körzlingen 1402. 
Basler R. Q. nüchterlingen , Donauesch. Hs. 792. grittlin- 
gen, ebenda. D. Keller^s Keyserb. hat höffligen (Vorrede), 

Birlinger, alem. Sprache. 1 1 



162 

stendligen, stürzligen, wä£Pligen. Die Edlibacher Chronik: 
]öu£Plingen luflPen sie (oft). 

Die obere Donau unterscheidet sich heute noch von 
den schwäbischen Landstrichen durch häufigen Gebrauch 
der Adv. auf -lingen. Die altern schwäbischen Schriften 
nicht. Denn die augsburger wie die oberrheinischen 
Drucke des 15. 16. Jahrh. haben gleichmäfsig diese Bil- 
dung: gählingen (Staindl, Kochbuch. Diilingen), neulingen 
(Augsb. Hausapotheke), kopflingen (altes Lechfelder Mira- 
kelbuch), sunderlingen cgm. 206 f. 58«. Vergl. tröpflingen 
bei RyflF. 

Die genitivischen Adverbien werden wol kaum die 
Alemannen und Schwaben, sowie Baiern scheiden; sie sind 
beinahe oberdeutsch allgemeines Eigentum, aüverdanks = 
unversehens. Ob. Donau. Oberhaupts. Schriften unseres 
Gebietes haben: anrucks 1509. Basler R. Q. Vergl. zu- 
gen gestracktes heim. Edlibacher Chronik S. 63. weit- 
langs, Colmarer Regiment, Austrius 1539. schnuorrichtigs, 
Keyserbuch 138. böralichs, Brunswick 1512. Aleman- 
nisch'Schwäbisch ist anheims, anheimbs; so in den oberrh. ' 
Rechtsquellen, wie in den schwäbischen Hexenprotokollen. 
angencz, repente. Leiden Christi c. 1470. Vergl. die 
Schwab, überigs, schnapps, z' löschtas u. s. w. Nur glaube 
ich bemerkt zu haben, dafs zu rings = im Ringe herum, 
mehr den alem. Schriften eigen, während gescheibs echt 
augsburgisch-schwäbisch ist. Sieh mein Wb. 191. So im 
Veldtbauw 1567: zÄrJngs; so bei Fizion, Reutl. Chronik 64. 
ligen zurings herumb, Ryff u. s. w. Adam und Eva. Zu 
Gramm, m, 148: — zuruggen werfen, Liutg. Leb. (Dativ). 
Alt erscheint noqh gerwe 1299. Mone Zt. 10, 330. gwelten 
(mit Gewalt) Dativ 1469. Basler R. Q. Accusativisch ist das 
so pft vorkommende: järclichen, ahd. jarilihhun (quotannis). 
Diut 11, 349». Dativisch: von ewen ze ewen (semper); 
Grimm Gramm. III, 137. Häufig ist das adverbiale äwegg! 
(nicht enwöge) = aus 'm Weag! sondern ab Weg. — Gleich- 
balden = sehr bald. Jur. Controv. Tuttl. S. 1114. 

Adverbial werden gebraucht: koä dämpfle = nicht 
das Mindeste; ebendasselbe besagt kä zöchelel (Bregenzer 



161 

Bei der Nachricht, die misstimmt. Die Hnorastier! Wenn 
sie Dicht gehen. 

Lüder: des ist luodrisch warm; des ist a liiodri<;e 
Hitz! der ist luodrisch keck! luodrisch schlau! luodrisch 
jaicha = in die Hitze jagen, Vieh. Wurml. R. 

San; des ist saumäfsig teuer! a saumäfsiger Herbst, 
-Winter, -Tag u. s. w. 

Hund: des ist a Hundskältel hundsdQrr, hundsnafs; 
faundsgmein, faundsalt. hundschleachts ghear (Gehör). — 
mausdaod, kohlrabaschwäz seien beigefiQgt« 

Hölle : hölIawQetig ; höllabsefsa ; höllahoafs ; höllbe- 
tröebt. Himmel: himmelweit u. s. w. 

Andere Beispiele: waidaget, malefizisch; bsefsen; mein- 
eidig, sackrisch, rechtscha£Pen werden häufig mit Adjekti- 
ven zusammengesetzt zur Verstärkung. 

Ferner: butzalär, ganz leer (Bregeuzer Hinterwald), 
boinreif (beinreif), Blochingen b. Saulgaa. deam ifi windig 
schlecht; mäterdellig (elend). Wurmlingen R. langgstäret; 
lendelahm (Lenden, HQfte). Wurml. R. steinalt; nagelneu; 
steinweh (sehr wehe) ; steintodt u. s. w. 

Gottsallmächtig, gottsjämmerlich, gottverflucht; gott- 
sträflich ist das verbreitetste. — Essigsauere Milch, halb 
sOfs, halb sauer. Hundersingen. bädsanr (Bachweide) W. 

Adverb. 

Vor allem sind die Adverbien auf -ling, -lingcn, ahd. 
lingCln (Acc.) hervorzuheben: offlingen, publice. Hundersin- 
gen; hehlinga, und a hehlingela, im Geheimen; ahd. hälin- 
gün, clam Otfrid. I, 17. 84. Grimm, Gramm. HI, 234. 238. 
Daneben heblings, Sunthausen. gsetzterlinga, sogar: a 
gsetzterlinga lehrer, ein definitiv angestellter Lehrer. Göge. 
ständlinga (stehend); krittlinga (reitend); bauchlinga (bäuch- 
lings); sitzlinga, höptlinga (kopf&ber), Ursendorf, Göge; 
grattlinga, mit gespreizten Beinen (wol zu krittlinga). 

Belege aus Schriften: nüwelingen, kürzlingen 1402. 
Basler R. Q. nfichterlingeu, Donauesch. Hs. 792. grittlin- 
gen, ebenda. D. Keller's Keyserb. hat hOffligen (Vorrede), 

Birlinger, alem. Sprache. H 



163 

Wald), i kä koä kraile mai, bin ganz erschöpft. Wurm- 
liogen. R. 

Adverbien des Orts: mä? da? mänä? dähear, dettnä? 
hüba, düba; herna, derna, beanza, deanza. henna, denna; 
enet, dussa, dinna; d^umm und d'umm, allenthalben (Göge); 
vonna, vorne; übersehe, untersche (übersieb, antersicb); na- 
weats (wärts), oibbma, oibi und oibetz, irgendwo; oima-nä 
= irgendwobin; äbe, abwärts, Göge. Sieh ferner unter 
Präpositionen und Pronomina. — Schriftlich: dadannen, 
oft im Meierrodel. Was soll das vismich: irgendwo, in 
Deckenpfronn, Gechingen sein? 

Ich verweise auf Absehn. IX, wo die pronomin. Ad- 
verbia ausführlich behandelt sind. 

Adverbien der Zeit. Hier spilt das alte bis s» einst-- 
weilen eine Hauptrolle; das man sonst in Schwaben nicht 
mehr kennt: da das bis bhalta; derbis muefit beim kind 
bleiba; bis bift frei woara. denn, aliqamdiu. Ob. Donau, 
dernä, alsdann; helt, heute; hirt ebendasselbe in Waldhau- 
sen; gestig, gestern; gesterta morga = gestern früh, 
moana morga = morgen früh; übermoan = übermorgen; 
verganga = kürzlieh; de verganga woch. bärig, kaum; 
aift, kürzlich; voar altem; immder = immer (alt Wurm- 
lingisch), wogegen sonst unbekannt : man setzt alleweil da- 
für, all buff, all hägg, all hennaschifs; seitrie, zeitrie = 
siteri, seither, ällfutt, ällbut (hie und da), anderichs, des 
andern Tages; Göge. ersterhands (linkerhands) 1703, 
Mone Zt. 18, 157. Charakteristisch alemannisch siteri 
(Herrenalb), diemäl, iemäl, Alb, Ob. Donau; oder: denn 
iemäl. 

Adverbien der Ordnung, Art und Eigenschaft, mit 
und ohne Präpositionen: zaist, zum aifta, zSfta, zim 
zwoata u. s. w. z^näfit, 's oi nä 'm andra; duranand; uff 
a mal; folgsam, folglich; abädle, namentlich, bevorab; aba- 
nand = von einander: 's glas ist abanand; oizecht == 
einzeln, gschochet vol, hauffa gnua; im högfta fäl, bei- 
trüebt vil; a wengele, z'lüzel u. s. w. im jengt, im Ernst; 
80 sä; anderft, sufit, wie wetterloich, welaweag; zueverlä- 
feig = zufällig (Riedlinger Gegend), uffa-n-ät ^ gleich- 

11* 



164 

sam. luegugg! = sieh; hoifst des u. s. w. jk denoas, ja 
es ist wahr! äeppa! was sagst da? Bewunderung. (Nie- 
derwangen). Dr. Bück. 

Advel'bien des Wunsches: Gott will! dafs Gott walt! 
Gott geabs! Zweifel: kä sei, kassei, kassei-it! Goggea! 
will sehen ob? kälei, wie ^s deam no gkil Hundersiogen. 
Gottmersprich, Freiburg i. Br. ai, märumm it au! und 
sufit ällz! ei bhiet is Gott itta! hai, biwaris itta! wead itt 
sei! Wäger, gwils, schlä mi 's blässle! gsezt zuom fall! 
küz aweagg! glatt aweag! u. s. w. Vergl. um's kenna! 
um's nummgugga! um's närerugga (WegrQcken). 

In den Adverbien der Zeit, des Ortes, der Art und 
Weise können die Ortseinwohner vor benachbarten oft ge- 
nau unterschieden werden. Bemerken will ich, dafs nfi 
(nun) noch alemannisch vorkommt fQr nur; naü, Wurm- 
lingen. R. 



165 



vn. 

Interjunctionen, Conjunctionen. 

In gewissen Gegenden för gewisse Orte gibt es Inter- 
junctionen, au denen man sofort erkennt, woher Jemand 
ist; wie bei den Adverbien der Zeit, des Orts, Art soeben 
auch gesagt ward. Ein Oelkofer (Göge), dem man etwas 
erzählt, wird fortwährend, wenn er bejaht, sagen: war isch! 
Verneint er, wird er gewifs sagen: da möt d' katz ver- 
reeka! Ganz so am mittlem Nekar: ei so verreck! Bei 
einer unlieben, aber auch drolligen Nachricht. Sehr häufig 
ist weaga meiner, ob es pafst oder nicht, wie hm, hmm! 
wella weag! in der Göge sehr häutig fQr: ha natürle! 
Eine auch über schwäbische und bairische Grenzen sich 
ausdehnende Interjnnction ist: pfui Deufel, scheifs Häring, 
hond d' Boura au fisch! Ein reiches Feld bieten die Orts- 
neckereien mit dem: saget die N. N., sagt der N. von N. 
Sehr häufig an der obern Donau ist: wirum häf gloubt, 
saget d^Aitinger ( Krtinger). hift a nie gsiä, käst a no 
sla, was gschiht! hottakerment! — heo b'sti dabei wird 
mit den Augen gezwinkert, denn jetzt kommt das Wahre, 
gscht, rQebig! äi, äi, äi! a wä! = ei was sagst du! ai, 
ai mit z'antem = auch das noch! Obere Donau. Ver- 
stäsch! verstanda! sind sehr häufige Einschiebsel; gleich 
dem bairisch-tirolerischen : hotV gsogt. 

Diesem schliefsen sich die Conjunctionen kurz an. 
Beim Erzählen: und abere (dabei hat der Erzähler Zeit 
sich zu besinnen). Eine längere Conjunction ist: hälfst dds 
zwar aigentlich abere herentgegen -ufi^-a-n-ät, ja dafs i^s 
reat sag! — koi na weag, welaweag; = immerhin, jeden- 
falls, kassei ! (sieh oben Adverb.) aber contra! mittlerweile 
8o meit weaga! (Dr. Bück) 



166 

Durchaus nur persönliche Einschiebsel haben hier keine 
Stelle; aber das Volk geföllt sich in solchen. So war in 
Rottenburg ein Martini Also, wegen des also-Häufens ; in 
Bachzimmem ein Fürstemb. Beamter der Teile nach je 
2 — 3 Worten eingefügt und so tolles Zeug herbrachte, 
je nachdem es auf ein Thema kam ; in München hat übri- 
gens eine harmlose Persönlichkeit das Höchste geleistet; 
er schiebt: und 'n guggümus und 'n maggeser ein nach 
je 1, 2, 3 Worten. 



167 



VlIL 

Interjectionen. 

1) Lockrufe. HieriD sind die AlemaDnen sehr reich. 
Ich will die vierfüfsigen Haustiere zuerst in's Auge fas- 
sen bei Aufzälung. Für das Schwein: echt alemannisch 
huzz, huzzi (Badischer Scbwarzwald) St. Blasien. Neu- 
stadt. Furt Wangen; heizz, heizz gilt daneben, suz, suzz! 
obere Donau, hütsch! (Allgäu) hütsch, hütsch, hütscb! 
(Seibranz, Leutkircher Haide). — Dem Hunde: komm da, 
da, dkl Allgäu. Für Pferde: ger, gerl schnell, vorwärts! 

Auch beim Zugvieh überhaupt. Altglashütten, huss, 
huss! fQr Füllen, woher denn auch die Bildung hussele, 
das Füllen. Tettnangisches Gebiet. Wielandsweiler. Für 
alle Zugtiere: 6, 6 hal beim Stillhalten. Für Kühe, Wai- 
devieh überhaupt: hogs, hogs! wenn die Kühe zum Was- 
sertrog gehen sollen. (Neustadt.) drögsch, drögsch! im 
Allgäu. Gehört wol zu Trog, genit. Troges? Daneben im 
Allgäu: trögga, trögga! hötsch, hötsch, Lockruf für Kühe 
und Stiere überhaupt. Allgäu. ho, hoi, hö! ebenfalls, hoi! 

a) Ruf an die Kühe und Menschen, dafs sie nicht stolpern; 

b) im Allgäu = ja, hier, wenn man beim Namen gerufen 
wird, därrä! därrä! bramsl Huf der Hirten, um das Vieh 
aufspringen zu machen ; denn da eilt es in den Schatten, 
zum Wasser oder nach dem Stalle. Sieh Wb. Im Hin- 
terwald ersetzen sie diesen Ruf durch eine Art Zischen, 
wie die Bremsen tun. gitz, gitz! für Gaifsen ist allbe- 
kannt, so, se! für den Bock ebenso. 

Lockrufe für die geflügelten Haustiere, die Hünlein: 
bibb, bibb, bibb! 
Sie gibt mir die Brocka 
Solls Bibele locka: 
Komm Bibeli, bibb, bibb! 



168 

Alemanuischer KiDderreim. Ebenso auch für alte Hennen 
üblich in der Kindersprache, gluck, gluck, gluck! für junge 
Hüner und besonders noch für die Bruthenne. (AUgäu), 
neben si, si, si! Leutkircher Haide. Am mittlem Nekar: 
kom! körn! und häm, häml Und ebenso in Kifslegg. kö, 
kö! Ertingen. Für Enten: wudd! wudd! St. Blasien lis, 
lis! obere Donau, guss, guss! für Enten und Gänse. AU- 
gäu. gout, gout! für Enten, Nagolder Gebiet, Rohrdorf; 
geit, geit! Wurmlingen. Sieh g. Fortscheuchrufe für die- 
ses Federvieh sind: gschü, gschü! (Hüner) hufsda! hufsdal 
für Gänse; beide allgäuisch-königsegg waldisch, dschül 
dschü! in der Baar. 

2) Hirtenrufe: oleo, oleö! •üblicher Hirteabubenrui 
beim Austreiben, Waiden u. s. w. Schwarzwald. Im AU- 
gäu: weida, weida, weida-n-ö666ö! Maranneo! (sehr lang) 
Johanneö! hä^t ao guot haltanneö! (hüten). Beim Essen: 
Johanneö! süroppa und bira-e66ö66! (hohoen! Schweiz.) 

3) Freudenrufe beim Spielen, Kämpfen, Necken: 
Im Breisgauischen rufen die Kinder auf der Schlittenbahn 
zum Ausweggehen: üs wis! üs wis! üs wis! Im obern 
Donautal bekanntlich aure, aurel 

Ein Hauptruf des Hotzen und obern Schwarzwälders 
ist: hütadi! hütadi! d. h. Haut und Haut aufeinander, Haut 
an dich! das ist der Ruf, glei(;hviel ob man es auf einen 
abgesehen oder ob es durch Wald und Feld hallt aus 
Uebermut. So machen es täglich noch die Hauensteiner 
oder Hotzen. Im Aargau drüben : hütahüt 1 In Villingen 
gilt der Ruf: wuoscht, wuoscbt, wuoschtl beim Wüescht- 
brennen, wobei einer ein Brett ant Kopfe, alles wirft mit 
Steinen auf ihn. Stäche, stäche! Ruf ebenda beim Hasel- 
rennen. 

Ein vielgebrauchter Ruf des Lustigen ist: hellauf 's 
taget I Ebenso horexdex! horaxdax! 

4) Rufe zur Eile, Aufmunterung. Hier mufs in 
erster Linie des heute noch in der Baar üblichen: hai, hai! 
(hey, hei! mhd.) gedacht werden; os bedeutet Aufmunte- 
rung zum Eilen, zum Handgeben der kleinen Kinder; hat 
sogar einen Plur. hajet! hai hai! schnell, schneU! hajet, 



169 

hajet! hai klepf! gibt Patscbhand, zum Kinde gesagt. Die 
Schwaben kennen es nicht mehr. 

Vgl. schriftliche Belege: das alte wafenä in St. Liut- 
garts Leben, wäflfen! in des Teufels Netz. 

Vgl. die linksrh. huscha ho, holla ho! huwi, huwi! in 
St. Meinrads Spiel und bei J. Rueff, Adam und Eva. so 
huy! hoscha ho! (4415) u. s. w. Gehört zu hai, hai! wol 
der pl. beigen in der Edlib. Chronik, beigen, beigen frowly 
beigen, Feldruf oder ist es = beschützen, Ztw.? 

5) Schmerzensrufe, Verwünschungen. Nichts 
besonderes kann ich aus dem Volksmunde hervorheben au- 
fser ochele! owe! ochele = Wunde selbst. Schriftliche 
Belege: öwe, öwe! (Teufels Netz) ach und ach und iemer 
mer ach! (301) ach und we und iemer ach! (410); ach 
hüt und iemer ach! (982) ach und aber iemer ach! (683) 
phi dich! (624.417) pfuch! (1347) pfü dich! 1998.2434. 
pfüpfü dich ! (Brack). Damit stimmen die zallosen Schmer- 
zeusrufe im Zitglögglin. Ein Ausruf: ok! bei Brack. — 
Vgl. in St. Meinradsspiel : 6 mordjö, mordjö, jämer! (24) 
y, far hin! (31) pfuch, pfuch der tüfel (48); Adam und 
Eva: ach weeundjamer! (12) mordjö, mordjö (33) u. s.w. 

Das tolle, tolle in der Passion übersetzt das Zitglög- 
glin mit: hyn, hyn mit im! f. 76«. 

6) Euphemistisches. Weiterbildung der Aus- 
rufe. Beim burlament (Sakrament)! Beim deixel, duixel! 
deichert! Strafsb. Pfingstmontag, gigott und gigopss! bei 
Gott! die Flüche in St. Meinradsspiel 28: botz blitzg, botz 
kraft, botz Hünnendarm! botz heischen flamm (27)! leben 
heute noch auf dem badischen Schwarzwald, dafs dich 
botz Marti sehend! a. a O. 31. 

Sumer Sant Anthonien! flucht Peter v. Hagenbach. 
Mone, Quellens. III, 461«. Karl von Burgund: symmer St. 
Jörg! was zu Boner's sumergot gehört; sonst: sam mir 
got! (d. h. helfe). 

Vom allgäuischen höp, höp! hat sich ein Zeitwort ge- 
bildet: höpa; höp reacht ä mi na! schrei recht an mich 
hin; anderwärts huppa = hupp schreien (Wurmlingen). 
In der Baar: hupen. Die Zeitwörter: pfuchzen, juch- 



170 

zeü, schluchzen, pfüfen u. s. w. gehen auf Interjectionen 
zurück. 

Vergl. linksrheinisch: und pfuchssentend als pfiffiky 
hünner. Bdlibach. Chronik S. 62. juchsen und schrigen 63. 
pfeisen der Schlangen, Gart der Gesundheit. 

Ich will hier beifügen die Ausrufe hl. Namen : ui Jes- 
sis! ui Jassis! ui Jess! ui Jegisle, ui Jeggiss! ui Je! ui 
Jerumle! ui Jess Mant Josef! O Jesus, Maria und 
Josef! 



171 



IX. 

Präpositionen. 

In den Präpositionen scheiden sich die Alemannen ge- 
nau von den Schwaben und Baiern. Heben wir mit über 
an. Stöber, Alsatia 1852 S. 84 sagt: mit der Präposition 
Ober, wird im Oberelsafs und Sundgau ein höchst trolliger 
Misbrauch getrieben; sie mufs sich zu allen Richtungen 
des Raums hergeben; man sagt: überunge und überunte, 
Qbberobba, fiberhinta, übervorne u. s. w. Damit haben wir 
auch den Gebrauch der Präposition im rechtsrheinischen 
Alemannien: wo er aufhört, hören die Alemannen auf. So 
sagen sie in der Tuttlinger Gegend statt über der Stralse 
drüben: übberdurre; fibberobba, übberundda; so heimisch 
wie hier ist es auch am Bodensee; in der Baar, auf dem 
Heuberge; im Hinterwald; im Allgäu, Waldburg: übber- 
dobbe, überuffe. Am Feldberg: praep. adv. überuffi, über- 
abbi, überdurri u. s. w. Altglashütten. Ulm, Wangen, 
Lindau: überumme, überdurre, überdubba u. s.w. ganz 
übberdurre = geistesabwesend, Deifslingen, Rotweil. 

Ein Anklang daran ist der Gebrauch von: über; in 
folgender Stelle: vor Johannes Stazzen hüs über. Freibur- 
ger Urkunden 1316 (I, 2, 217). 

über = gleich nach Abzug: die herschaft lihet die 
kilchen ze Elvingen, diu giltet über den pfaffen wol 10 
marc silbers. Habsb. Urb. 127. Ferner allgemein heute 
noch über und ob dem Geschrei zittra. Vgl. über dem 
Geschrei bewegt werden. Zitglöggl. f. 8*. So man über 
tisch gaut, wie in Liutgarts Leben, und noch heute. Mhd. 
Wb. m, 172«. 

Das unmiittelbar mit über zusammenhängende durch 
wird nach Ausfall des alten h (ch) dürr, durri gesprochen 
und kommt mit über verbunden alemannisch häufig vor: 



172 

durrabbi, duriiffi, Furtw. Feldberg, Altglashütten; bi der 
Eiche dürre = vorbei; Wiseotal; i gang ge Beizkofa 
dürre, i gang uff Breama dürre = nach B., nach Bremen; 
bei Scheer; ob. Donau; uff dürre in der Baar wie am 
Oberrhein. Am Titisee ist dürre = neben, geradezu ohne 
alles weitere. Vergl. und N. sich dem Rhein nach durch- 
nieder erstreckt. Roger, ünoth 305. 

Die Zusammensetzung : ein Durchhaus, d. h. Haus mit 
öffentlichen Durchgang in die andere Gasse, kennt man in 
Alemannien nicht; sie ist bairisch; münchener-wienerisch. 

bei hat auch manches Altertümliche; so zum B. im 
Bregenzer Wald echt mittelhochdeutsch: da steht eine 
capelle bi (Iwein 566); adverbial; so um dieses Gesetz abzu- 
tun: da. sizt der Algöwer üf (darauf); da das hüs uf- 
stuond, worauf das Haus stand; da der stadel uf stät u. s. w. 
Vor Vocalen gerne so; es wird mit Adverbien und Prae- 
positionen das alte dar gerne gesetzt. 

Eine andere Weise der Construktion mit Dativ ist 
echt alemannisch: ear hat beim vatter gsait = zum Va- 
ter; i sags bei der modder = zu der Mutter. Göge. Vgl. 
Hahn, Mhd. Gramm. 2. Aufl. S. 139. Bei einem (= durch 
einen) einen Brief schicken, ebensohäufig; Hahn 138. 

gegen (altschles. kegen) c. Dat. l) = zu, z. B. reden 
zu jemand, mit jemand: er hat ge mer gseit = zu mir 
gesagt, reden gcga oim ( Hundersingen ), geggm saga, in 
Winterstettendorf. Allgäu. Vergl. daz Maria min wort 
tüge gegen irem lieben kind. Liutg. Leb. 442«. 

2) er tett gar güetlich gegen ir =s mit ihr a. a. O. 462; 
ebenfalls noch volküblich. 

3) gegen einem dienen = hörig sein; Habsburger ur- 
bar 127. 

4) Einzelne Ortschaften gehen: ge, ge Gruol, Laitz, 
andere uff Gruol, Laitz. 

ab erhielt sich alemannisch 1) local, 2) bei Zeitwör- 
tern des Schreckens, Zitterns u. s. w. In Verbindung mit 
-hin : abbi, abbe. Bekannt sind auch die Namen: ab der 
Hald, ab der Flüe u. s. w. die sich indefs nur spärlich 
rechtsrheinisch zeigen* Ab ^m Schwarzwald ist allgemein. — 



173 

Das abbär = aber, abher, herab neben uffar ist echt 
tettnangisch-allgäuiseh. 

aus c. Dativ, ausser u. s. w. 1) in Tuttlingen: bis aus 
der kirch (= bis die Kirche zu Ende) ist die Sache fer- 
tig. 2) Wie ahd. usser unserm spicher und kästen. 16 
Schilling usser dry mansmad. 50 pfund haller gelts usser 
ierm tail der stür. Monum. Zoll. I, 293. 307 ad 1390. 
1392. 1393. das jar üs und üs. Rotw. Stadtr. 

3) Zusammens. ausfordern = herausfordern, in Rotweiler 
Schriften, ist altertümlich und klingt aber bei Lessing, 
Tieck und J. Paul noch nach. Grimm Wb. I, 860. 

4) Auf dem höchsten Schwarzwald sagen sie, wenn 
einer seinen Wohnort da hat: er ist drinn und üfs. 

Mit. Echt schwäbisch-alemannisch ist: eine Red mit 
einem tun, wie schon G. v. Ehingen schreibt. Einen mit 
Frid lassen, wie in Liutg. Leben 464«, so noch heute sehr 
üblich. Echt alemannisch ist hdreden (heiraten) mit Je- 
mand. 

An: am Tage, prima luce; an's Bettgehen = in's 
Bett hineingehen. Heimenkirch. Statt des Genit. wird 
heute wie ehemals an gebraucht: daz duhte alle lüte eine 
grofse barmherzigkeit an den herren cgm. 6 f. 229 «. Das 
bairische am ist äff^m = auf dem. 

Ze, zi, zu. Zu Anfang des 14. Jahrh. kommt alem. 
zi häufiger vor: zi Costenze (1303. Mon. Zoll.), ze bette 
komen; Basler R. Q. 1407 S. 86. 

In der Mundart z^ erhalten vor Yocalen und Cons. 
z'jär, allgemein = aufs Jahr, z'aggeren, ze-ackem ; zacke- 
rer, z. B. im Veldbauw f. 44». z'böst reden = böses re- 
den über einen. 

zä SS auf, c. Acc. do giengen die kneht zä wege ^ 
machten sich auf den Weg cgm. 6 f. 283^. zA kinden 
misslingen = eine Fehlgeburt haben. Liutg. Leb. 467 ». 

Z&. = bei, Dat. zä einem schlafen. AUgäu. zä mit 
TÜ (von) mufs den Genitiv ersetzen: d^ hirta z6 deana 
schäf, echt alemannisch. 

Von, vü 1) mufs vor allem den fehlenden Genitiv er- 
setzen helfen : die hüser vü deana miliar u. s. w. 2 ) von 



173 

Das abbär = aber, abher^ herab neben uffar ist echt 
tettnangisch-allgäuisch. 

aus c. Dativ, ausser u. s. w. 1) in Tuttlingen: bis aus 
der kirch (= bis die Kirche zu Ende) ist die Sache fer- 
tig. 2) Wie ahd. usser unserm spicher und kästen. 16 
Schilling usser dry mansmad. 50 pfund haller gelts usser 
ierm tail der stür. Monum. Zoll. I, 293. 307 ad 1390. 
1392. 1393. das jar üs und üs. Rotw. Stadtr. 

3) Zusammens. ausfordern = herausfordern, in Rotweiler 
Schriften, ist altertümlich und klingt aber bei Lessing, 
Tieck und J. Paul noch nach. Grimm Wb. I, 860. 

4) Auf dem höchsten Schwarzwald sagen sie, wenn 
einer seinen Wohnort da hat: er ist drinn und üfs. 

Mit. Echt schwäbisch-alemannisch ist: eine Red mit 
einem tun, wie schon G. v. Ehingen schreibt. Einen mit 
Frid lassen, wie in Liutg. Leben 464«, so noch heute sehr 
üblich. Echt alemannisch ist hdreden (heiraten) mit Je- 
mand. 

An: am Tage, prima luce; an's Bettgehen = in's 
Bett; hineingehen. Heimenkirch. Statt des Genit. wird 
heute wie ehemals an gebraucht: daz duhte alle lüte eine 
grofse barmherzigkeit an den herren cgm. 6 f. 229 ». Das 
bairische am ist äff^m = auf dem. 

Ze, zi, z&. Zu Anfang des 14. Jahrb. kommt alem. 
zi häufiger vor: zi Costenze (1303. Mon. Zoll.), ze bette 
komen; Basler R. Q. 1407 S. 86. 

In der Mundart 2! erhalten vor Yocalen und Cons. 
z'jär, allgemein = aufs Jahr, z'aggeren, ze-ackern ; zacke- 
rer, z. B. im Veldbauw f. 44». z'böst reden = böses re- 
den über einen. 

zä = auf, c. Acc. do giengen die kneht zu wege = 
machten sich auf den Weg cgm. 6 f. 233^. zä kinden 
misslingen = eine Fehlgeburt haben. Liutg. Leb. 467 ». 

zä = bei, Dat. zä einem schlafen. AUgäu. zu mit 
TÜ (von) mufs den Genitiv ersetzen: d^ hirta z6 deana 
schäf, echt alemannisch. 

Von, vü 1) mufs vor allem den fehlenden Genitiv er- 
setzen helfen : die hüser vü deana miliar u. s. w. 2 ) von 



174 

= ob, über: ir sollent üch frowen von der grofsen gnö- 
den, oft im cgm. 6. Statt von da hat Dietbelm Keller: 
da daen (z. B. ziehen). 

Hauptkennzeichen auch der rechtsrheinischen alem. 
Sprache ist die pronominale Präposition nid mit ihren 
Zusammensetzungen: niden = da unten. Baar. Sunthau- 
sen. bi der Tuonowe nidrent Mulhain. Mon. Zoll. I, No. 
313. nidwendigk der bruckhen. Wst. IV, 188. Vergl. 
nidwendiger dan der ander. Veldbuch f. 1 1 «. nidsich ge- 
trieben. Blancardus 199. Echt alemannisch ist inzeit = 
binnen, innerhalb, mitterzeit, unterdessen. Wie in dem 
Mittelhochdeutschen so noch heute: innra dag zwölf und 
in den zollerischen Urkunden: inro acht tagen 1308 No. 213. 

Ebenso echt: ennet, ennert (Stalder I, 104): ennet 
bergle, hennetbergle; henna und denna (Furt wangen); herna 
und derna (Baar). 

Die Zusammensetzungen echt alem. Natur mit Präpo- 
sitionen sind kaum zu nennen, mit Ausnahme z. B. die 
Obergrichtler und die üntergrichtler, im bair. Allgäu; jene 
gehörten in's Gericht Fluchenstein, später Sonthofen; diese 
nach Rettenberg, Burg. Die z'nachter. 



175 



X. 

Zalwörter. 

Cardinalzalen. 1: Msc. uir, onn'r, 6r, öär, onn. F. 
uine, onni, oä. Ntr. uis, oass, 6ä, sieh Lautlehre ai. Flexion. 
Sing, entweder Gen. uis mä's, oder der Gen. wird um- 
schrieben; uim^ oder uima mä, uiun ina oder onn mä. 
Fem. ui l'rou, uira frou oder onni frou, onnira frou u. 8. w. 
Ntr. ui kind, ui schäf, onn kind u. s. w. gegen den mitt- 
lem Nekar oär, oäne, öä. Beim Zälen: uis, uass (letzters 
im Schussental ). Flektiert ist ein: zwüschen zwölf und 
einer urren, Wst. IV, 256. ainy (Frau), cgm. 384. 

2: den althochd. Formen zwene, zwo, zwei entspre- 
chen alemann nisch Ms. zwe, zwai, zwe. Dat. zwena. zwc 
mä, zwai mä; zwe manna, zwS mä. In der Tettnanger 
Gegend sogar zwä, Msc. ei für e auch in der schon bei 
Weinhold §. 326 (2) belegten Form zweine: zweine hfiber. 
Wst. IV, 181. Das Rotweiler Stadtrecht hat den Dativ: 
des raths zwainen. Weinhold a. a. O. Die Basler R. Q. 
haben zvr&n: zwenzig und zwen soum wins. 141 H. S. 11,48. 
zwen mänet vor 1355. Mon. Zoll. — in zway viele. Rotw. 
Stadtr. 

Die genitiviscben Adjective: hölzer über zwayer 
schueeh lang. Rotw. Stadtr. f. 43*. zwayer viertal miner. 
MoD. Zoll. 1343. 

Das Neutrum: 1) zwoa, z. B. zwoamessera. 2) zwoia. 
3) zwua, z. B. zwua weib, zwua kind; letztes rotweilisch; 
Deiifilingen. Endlich noch zwao: zwao eassa, Heuberg, 
Wehingen. Dativ: zfi zwainen maulen, cgm. 384 f. 11«, 
Gen. adj.: gesotten in zwaier wasser, cgm. 384 f. 25*. 

Was den Genitiv und Dativ anlangt, so scheiden sich 
die schwäbischen und alemannischen Schriften nicht. Nur 
ein cgm. 480 sei hier (schwäbisch) verglichen: mit zweien 



176 

tyeren f. 33<*. Ebenso in den übrigen Casus: zwien häbsch 
stecken f. 35^. zwien pfennig, zwien man, zwien bischof 
11. s. w. überall ie für e; in den Flexionen gleich. 

Femininum. Dem ahd. zwo entspricht alemannisch 
zwuo, zwua Dat. zwuana, zwöna (Königseggwald); zwöna 
ist nicht selten; seltener zwoina. zwo (neben zwoa) eben- 
falls in unserem Gebiete nicht selten. Tettnang. zwao 
in der Tuttlinger Gegend, Baar. In Bulbach zwo froua, 
ganz wie im entfernten Wehingen : zwo frouenzimmer; zwo 
kua u. s. w. Horgen, Deifslingen. 

Schriftliche Belege: das Rotweiler Stadtr. hat zwo 
(juchart) ß, zwo genns 1348. Mon. Zoll. Eb^so der 
cgm. 6: zwo tugent f. 243^. uo: zwu mess, Acc. cgm. 402 
f. 32«. zwü wälsch nufs cgm. 374 f. 1 1*. 

Der adj. Gen. ebenso wie Msc. Ntr. in der zwaier 
stett einre 1343. Mon. Zoll. 

3: der Älemanne zält: dria (Allgäu), drüa (Schüssen- 
tal), druija (Schwarzwald), drui ist das Allgemeinste (dria, 
Arnach). 

Msc. drei für drui Ntr. drui; strenger oberrhein. Msc. 
drt, dri, dri: dri manna, dri wib, drt kind, dri jar; es ist 
Zusammensetzung aus drije und darum echt alemannisch 
drig: drig tag und drig nacht. Liutg. Leben 459*. dreu, 
drei hat sich statt des Neutr. iu, das gewöhnlich ui ward, 
eingeschlichen; aber bei Zusammensetzungen mit gröfsern 
Zalen hat sich drü fest gehalten, ui Ntr. ist alemannisch: 
umma-n-uhra drui, Göge, Beizkofen; dagegen 's hat dri 
gschlagga, allgäuisch. Der Dativ dem mhd. drin entspre- 
chend msc. ntr. f. dreinen (v. Rate). Rotw. Stadtr. mit 
drien heller. Mon. Hohenb. 14. Jahr h. S. 891. von drin- 
hundert gülden. Basler R. Q. 1388. an drinn orten. Rot- 
weil. Stadtr. ß. 

Der adj. Gen.: von der drier stett einer 1340. Mon. 
Zoll, drier kunigen, Zitglögglin f. 5«. Acc. drie diser 
Pfennige. Basler R. Q. 14. Jahrh. oft. 

4: (neutral): vieri, viere, viere. Die vieriu nicht sel- 
ten im 14. Jahrh. Mon. Zoll. 1319. viriu, Habsb. Urb. 

5: abgeschwächt felmf, feife; allgäuisch reines i: fif; 
schwarzwäldisch M, fef. 



1 



i 



177 

R. A-: z' Linda sind ßfe schü grad, am seala dnrn, 
wo fif spizza hat, die all fif grad sind. 

eu haben folgende Stellen : feunff Schilling. Wst. IV, 67. 
feunnftzechen fiertel und feunff sester rockhen S. 100. 
13. Jahrh. ebenda: viunf a. a. O. 264. fönvezig S. 503. 

6: sexi, sessi (sieh Lautlehre h), sexe. Der cgm. 6 
hat bekanntlich ses: ses sachen, ses steinine krüge f. i9». 
250^ (das seste f. 13<>). Wie in einiu, vieriu, driu hat das 
Habsb. Urbar sehsiu S. 161 und oft. 

7: Der Alemanne zält simni, sibni, sibani, siban^ 
(semne schwäb. augsb.) ; reines sibini hört man bisweilen. 
Gehört der alem. Narrenruf mit -ö hieher: sibö, sibö narro 
ei? (Constanz, Yillingen u. s. w.). 

8: Alem. achdi, ächte, ächte; acht mä, acht wtb u.s.w. 
z'selbächt. Nach alem. Auswerfen des h : ät oder ätzge* Zu 
den vielen Beispielen bei Weinhold S. 307 füge ich fol- 
gende; ohne Umlaut: ahtüwi und ahzig jar. Freiburger 
Urkunde 1282. achtü und Ainfzig jar. Mon. Hohenb. 
No. 541. Achtmer neben Echtewer, Echtmer hiefsen die 
acht Männer, welche die Mezgerzunf); in Freiburg als Vor- 
stände wählte. Mone Zt. 15, 23. — Umlautend: aechtwe 
und zwenzig phenning. Constanz. Chronik (Mone Quells.), 
ehtuwe. Freiburger Urkunde v. 1282. der echtewer (Gen. 
pl.) noch 1465. Freiburg. Stat. Mone 18, S. 13, 8. Der 
cgm. 6 f. 14<>: ehtewe. 

9: AJem. nüni, schwäb. neine, bair* nain; auch kommt 
Doine Tor; ntne ällgäuisch, urk. nüne und nfinzig jar 1299, 
No. 173. Mon. Hohenb. 

10: zehni, meist mit alter Kürze, wie auf dem Heu- 
berge zenni ; die Lechschwaben betonen hh stark, cgm. 6 : 
der junkfrowen worent zehene f. 242^ und oft. 

11: ulfe (AUgäu) neben älfe; uolfe^ Schussental; uilfe; 
walfe, grofser und kleiner Heuberg ; das übrige Alemannien 
hat älfe, wo ä altes ain vertritt, d' glogg haot walfe 
gschlagga, bei Margretbausen ; walfla, älfla Etw. 11 Uhr 
schlagen' (Heudorf, Margreth.). Das augsb. Gebiet: oalfe. 
Eine zoll. Urk. Mon. Zoll. 1317: umme äinluf pfund S. 30. 
in dem aioluiften jar 1315. Mon. Hohenb. (223): die 

Birlinger, alem. Sprache. 12 



178 

St. Georgen'er Hs. Mone Anz. 8, 503 hat ainliaf. Das 
Zitglögglin f. 5^ hat die eylim. Wst. IV, 480: einliff. 
Vgl. schwäbisch ebenso: ainleff, ayli£Pu. s. w. im cgm. 736. 
Ueber s. Ableitung, Schleicher, d. Sprache 223. Die alem. 
Innungen, Städteverfassungen hatten den Namen Elfer nicht 
selten, wie Achter, Neuner, Zwölfer u. s. w. derselben Ein- 
lifer drie. Habsb. Urb. 178. 

12: zwölfi. ^8 zwölfi glöggli u. 8. w. zweilff, in Freib. 
Urk.: zweilf, M. t. Lindau; von zweilf mendagen, Wst. 
rV, 208 (selbe zweilfte a. a. O.). 

13: drizenna, echt alemann, heubergisch; schwäb. alem. 
dreiz^ne, druizSne. Die Urkunden haben drüzehenhandert 
neben druizehenhundert. Im 15. Jahrh. dreuzehen, was 
die Baiem schon im 13. Jahrh. hatten. Eine Freib. Urk. 
hat (ad 1320) sogar drfitzeihenhundert. 

14: fidzenni; in der Freib. Urk. v. 1320: feirzeihen. 

15: vgl. 5. fifzenna; die Lechschwaben haben fiich- 
zehha; eine das rechtsrheinische Gebiet betreffende Ui^onde 
V. 1315 hat in dem funchzehenten jare. Glamer histor. 
Ztschr. 1, 36. 

16: seäzennL 

\7i sibbetzenuL 

18: ätzenni, äzenni. 

19: nuizenni, nonnzene. 

20 : zwuinzg -(Bodensee), zwuinzge, bair. wirtemb. All- 
gäu. zwongs, zwönzg, Deiüslingen, Rotweiler Gegend; sieh 
Lautlehre (&in = ön aa üi = &n). Gegen den mittlem 
Nekar: zwänzge, zwänzg; sogar ein alem. zwoanzg hört 
man (schwäb. angsb* zwolzg). Im Wisental: zwanzig, 
zwaiazwenzigst. 

Ueber das Zalwort sieh Schleicher, Sprache 233. Im 
Alemannischen ist heute i, das altd. u, ganz ausgefallen. 

Schriftliche Belege mit g häufig. Zu Weinhold S. 308. 
Doch sind mir aufser dem Freiburger Urkundenbnch nur 
zu Händen ak Vergleichuug linksrheiniach: zwenzig, Keys^r- 
buch 5; sonst daneben zwei und zwonzig. Wst. IV, 6. Die 
Basler Rdcbtsqudlen noch 1611: zAm siben und zwanzi- 
gisten (ad 1534 noeh zweinzig und zwanzig 1533). Das 



1179 

Zitgiögglin hat zwenzig (auch die zwenzigist stund). Vgl. 
J. Rueffs Adam Eva: zwenzig V. 4882. 

ei und ai: Da^ Kot weih Stadtr. ß hat die zwSn und 
zweinzig. Mon. Hohenb. No. 174: um driu und zwainzig 
pfund 1299 { zweinzigosten im Habsb. Urbar). W. Eyff 
hat zweinzig neben zwenzig (1540). Eine Schräm berger 
Briefsammlung 16. Jahrh. (Hs. Bissingisches Archiv) hat 
durchaus noch zwainzig^ zwainzigzwdn (Ordinalz. den 
zwainzigisten tag; am zwen und zwainzigisten febmar 
u. 8. w.). Eine Bavensburger Urkunde von 1665^ am ain 
und zwainzigisten; ebenso die Constanzer Chronik, Mone 
Quells. II, 51« u. 8. w. Eine Urk. v. 1513 (Mon. Zoll): 
drew und zwainzig. Ferner ad 152L 1526. Vergl. cgm. 
480: zwainzigist. 

ä: zwänzg, Wst. IV, 215. cgm. 736: zwänzigist; das 
£otw. Stadtr. hat es ebenso. 

Bei den Zalen 20 — 30 hat man: öanazwanzg, zwoa- 
nazwanzg; uinazwonzg; drijazwonzg u. s. w. 

30 — 100: drisgi, vierzgi, ftfzgi, seäzgi, sibbezgi, M:^gi, 
nuinzgi, nuizgi, hunderti* — Während bei sechtzehen 1382 
(Offenburg. Urk.) t eingeflickt, kommt im Spiegel der 6e- 
haltnus bunder vor ohne t. 

Die Flexion der Zalwörter stimmt in den altern Ur* 
künden genau mit der höfischen Sprache; bidd erscheint 
bjei den Zusammensetzungen die erste Zal flectiert, die 
zweite nicht, bald umgekehrt; bald alle beide. Der Zehner 
geht dem Einer voran, aber erst von 20 s^;. zuweilen fin- 
den sich die Einer den Zehnern vorangestellt. 

So im ßotweiler Schriftstücken; dreifsig eine, dreüaig 
vier, dreifsig acht und so oft. 16. Jahrh» Zweihundert 
siebenzig sechs; dreihundert achzig sechs Gulden; hei sie- 
benzig fünf Gulden« Der Personen «ieb^nzig und einer, 
tasent vierhundert achzig und sechs jähre. Ba;8ler ß. Q^ 
209. Zu Ende des 16. u)id 17. Jahrb. ist die Begel; kleine 
Zalen stehen voraus: z&m sieben und z^wenzigsten. Freib. 
Urk : zweilf hundert jar und sehsü «nd sübenzig (1776). 

Ferner wird bei Einheiten das Jahr wiederholt. . So 
in den Monum. Hohenb. z. B. No. 173: drüzehen hundert 

12* 



180 

jar und eins und drissig jar No. 330. zwölfhundert jar 
und nQnzig jar, und acht jar u. 8. w. Vergl. ferner achtü 
und fünfzig jar No. 541. Oder Jahr steht blos bei der 
grofsen Zal: driuzehenhundert jar und darnach in dem driu 
und achzigosten No. 581. 

1000: spezifisch alemannisch ist tusig, tusing, dem 
entspricht dusing, hundert tusingvaltaklich in Grieshabers 
Oberrhein. Chronik; ebenda mit vil tuseng geburen S. 2, 33. 
mit den XI tusing megden S. 1386: thusing (Schreiber 
97. 18) 1369. Vgl. die Edlibacher Chronik: tussig (144). 

Ordnungszalen: der aist, der ander (selten der 
zwoat), der dritt, der viert, fift, sext, sibbet, ächtit, der 
nünt, der zennt, der ulft, z weift u. s. w. Statt der ander 
sagt man auch wenn von dreien die Rede — der mittler. 
Weler gfäUt d'r von deana3? O! der mittler! Ober. Donau. 
Die Umsetzung der dirte, wie es elsässisch häufig, ist auch 
unserem Gebiete eigen, der sibbti (Todtenopfer II) sehr 
verbreitet, der achtet ss Octava (dies) eines Heiligenfestes; 
St. Steffans achtod, St. Johanns achtod, der kindlin achtod 
cgm. 454 f. 11^. Ganz dem schwäbischen gleich. Allge- 
mein: in dem achtodon jar 1308. Mon. Hohenb. No. 230. — 
den achtsten, die ahtste. Spiegel d. Beh. uff den achti- 
sten tag. Wst. IV, 166. an den nünden kaienden des 
Aprellen 1312. Mon. Hohenb. N. 226. um die neunten 
uren. Constanz. Chron. 52o» (Quellensammlung I). in dem 
einluften jar 1315. Mon. Hohenb. No. 223. im zwölfoten 
jar 1312. Mon. Hohenb. No. 230. in dem vierzehuesten 
jore. Wst. lY, 169. in dem fimchzehenten jar 1315 (Gla- 
rus); mfindlich: im seäzeta, sibbetzdta jär; im äzeta jär; 
im Duizdta, im zwonzigsta jor u. s. w. 

Ein eigener Gebrauch der Ordnungszal: der neuntau^ 
sentste gilt am «bern Nekar = sehr ähnlich, wie von einem 
herabgeschnitten, besonders von Kindern. Vergl. Ludwig 
Tobler, Wortzusammensetzung 1868 S. 113. 

Die Bildungen mit -ost, -ist (Weinhold S. 31U) sind 
ebenso Qblich als wie die altertümlichen Superlative. Im 
Schwäbischen überwiegen die -ost; im Alemannischen sind 
die -ist häufig. So hat z. B. das Rotw. Stadtr. nur -ist. 



181 

Ich will hier die Beispiele nicht aufzälen, die Mon. Zoll, 
und Hohenb. weisen -ist und -ost fast auf jedem Blatte. 
Die Verdumpfung in -ust kommt auch vor, z. B. in ürk. 
V. 1339 Mon. Zoll. 

Die Zaladverbien sind häufig, geben aber keinen auf- 
fallenden Unterschied vom Schwäbischen kund. Zu 1 : z^aif t, 
z'aista (sieh Adverbien); zefta u. s. w. von ersten cgm. 384 
f. 1». Vergl. z'ersten, J. RuefF, Adam und Eva 7. aigter, 
immer, hauensteinisch. Daher nehme ich die Bildungen 
von eins: ainest cgm. 384 f. 8*. einseit, anderseit, Wst. 
IV, 130. eynest, Zitglögglin. ainthalben, Rotw. Stadtr. ß. 
er einig kumpt u. s. w. (J. ßueff). ainlizzig, einfach 1441 
(Ueberlingen). Mone 18, 36. Vergl. das: fibereinzig ab- 
schneiden, b. Brunswick. 

2: zwirunt, zwirent, zwiroüt allgemein; bes. cgm. 384. 
zwuren als viel. Basler R. Q. II, 4. zwirin im jar. Wst. 
IV, 96. zwiro in dem jar 495 a. a. O. Bebenhaus. Urk. 
ad 1300: zwirent. Mone 15, 105. Weinhold S. 311. zway- 
werf, %jsieX, Leiden Christi c. 1480. Alem. sfibenwerbe, 
Spiegel der Behaltnus £ 35^ 

3: drystent. Zitglögglin. cgm. 384: dristunt. 

4 u. s. w. bieten nichts Bemerkenswertes dar. 

Das men (Ott tluland), miner, minre (cgm. 6 oft) er- 
hielt sich noch in Fizions Reutl. Chron.: minder 25 Jahr 
(206). 

Bildungen mit Zalen: Ainling, Sauggarter Wald- 
name ; bekannt ist zweitracht, in den Basler R. Q. S. 111. 
zwoytracht 1469 a. a. O. zwisel, sieh Wb. Zwtfildea, 
Zwtfeldea, der alte alem. Ort Zwtfaltaha. Daran reiht sich 
das nicht mehr spezifische , aber doch noch alemannisch 
fibliche viemzal, -zel an: Basler R. Q. viernzel S. 7« II, 
vierenzal dinkel Wst. IV, 257. Zur Ordinalzal: den viem- 
denteil (zusammengesetzt) Wst. IV, 26. Daher gehören 
die Mfinznamen: Vierer, Sechser, Bärenfuffzehner u. s. w. 
Sieb Hahn-Pfeiffer, Mhd. Gramm. §. 294. 

Ferner: Obmann oder gemeiner Fünftmann ( Strafs- 
burg- Offenb. Urk.). Freiburger Diöcesan Archiv 11,237. 
Anmerk. 2. In der Tuttl. Gegend gibt es nur Vierling, 



182 

wo alles Viertel sonst spricht, von EUenwaaren. s' zneunes 
Efses, das Neunbrot gegenüber dem z'anding, was aleman*' 
nisch das Dreibrot ist. Ällgäu. 

Die Bildungen mit selb- (Schleicher, Sprache 294) 
sind sehr Qblich: z'elbander, zelbzwoat, zelbdritt, zelbviert, 
zelbfift, zelbät u. s. w. Vgl, sejbdritter, Wst..I, K). Mhd, 
Wb. n, 2, 245. (2). Hahn-Pfeiflfer, Mhd. Gramm. 293. 

Geläufig ist auch dem Alemannischen und Schwäbischen 
das Nachsetzen der Zalen z. B. in folgender Verbindung: 
ajär sibbzenne; a jär zwanzge; gans; so im Heiligenkrenz- 
taler Hexenprozefs. a duzzet ftfe; a duzzed vieri; a dag 
a-n*ächte; a dager acht; a stucker 5; a stucker bar (Göge), 
zwölf; umma-^n-nra drui (Göge); a mä acht; a kläfter 
sibbe, a karli (Karolin) fif, a kind hunderti, a ross drisgi 
u. 8. w. Germ. N. Folge I, 202 ff. 

Die Achziger, in Rotweil (Räte) werden im Gen.pl. 
bald sw. bald st. behandelt. — In einzelnen alemann. Ge- 
gendon sagt man mit achte, mit älfe, statt um 11 Uhr, 
oder 11 Uhr. ^ 

Redensarten: dear kö no Ott dri zella; als auswei- 
chende unwillige Antwort bei Erfragen von Zalen: jk sib- 
betzenne und a säckli vol; er ist nö ütt vierzgi, d. h. noch 
nicht gescheidt; Anlenung an ach! ach Gott und nü ho- 
lige, der mesmer und si bna, wie viel brouched die baar 
schuah? Rätsel. Antw. 1 Paar. Bei Fragen über^s Lebens- 
alter ist die Antwort: zwonzg und etli krütherbsti Will 
man die Zal dicht nennen, heifst es in der Göge: sibbet- 
zeha und a-n-alte AxI 

Eines nun seit 25 Jahren beinahe ausgestorbenen Aus- 
druckes sei am Schlüsse gedacht. Für einen Menschen, 
dem alle Augenblicke etwas fehlt (hinterlettig) hatten die 
alten Rotenburger diese Bezeichnung: dear ist alleweil 
am äsch derzwoa. Sollte es von der schwangeren Frau 
oder der Wöchnerin hergenommen sein? Oder von dem glä- 
sernen A., den man solchen Kranken spöttisch zuweist? 



183 



XL 

Pronomina. 

Persönliches Pronomen, ungeschlecbtig. I. Ps. 
Sing.: i, mi, miar, mt. PI.: miar (mirr), euser (üser), Qs, 
Ü8. Der Gen. mtner, minen ist erhalten in mttweaga, mi- 
-netweaga; weaga mtner; des ghairt mt (gehört meiner) 
dt, si; meiner deInka (denken), ear veijämret se seiner, in 
geggawat meiner u. s. w. Der Umlaut ts, tser, was dem 
alten ansich entspricht; der Schwabe kennt diesen Umlaut 
nicht; er hat sich bis weit in's obere Inntal hinab erhal* 
ten. bt ts sagt man in Landeck, Vlies wie in Furtwan- 
gen, und Wehingen (Heuberg); bei eis im Beratal; bei eis 
kommt Tor, auf dem Heuberge noch üblich (Egesheim), 
was man am mittlem Nekar bei aus spricht« eis, all- 
gäuisch hört bei Mönchroth auf. DSie Urkunden haben 
uns, sieh Weinhold S. 451. 452, wozu vor uns Freib. Urk. 
y. 1272 und Wackemagels Nibel. Bruchstücke mit ihrem 
uns, unser zu nehmen sind, S. 41). 

ons für wir, nos, kennzeichnet denRiefser, den Nach- 
barn des ostfränkiscben Gebietes, enk den Baier. 

Der ethische Dativ : jez laist (legst) m'r a mÜ 's neub 
kload ä! feagft mV a mal da disch! u. s. w. 

2. Ps. Sing.: du. Gen.: dt, dtner, dir, dt, PL: ir, eib, 
ui, eiber, eis, eib. — du wird teilweise dau gesprochen; 
Beinerzauer Tal; auf dem Schwarzwald, an der altwirtem- 
bergischen Grenze um Tübingen, Herrenberg erkennt mau 
die Protestanten daran; übrigens sprach man dau im gan- 
zen Gau, auch im ganzen Bezirk Rotenburg. Um Wa- 
chendorf, Bierlingen, Bieringen scheiden sich die Ortschaf- 
ten strenge nach du und dau. — Das ganze Allgäu hat 
ü = iu: üb sc iuch; so nodi in Hailfiagen, üb, über. 
Die Allgäuer schreiben eib den Wirtembergem zu; wiewoi 



184 

CS auf dem badischen Scbwarzwald, auch um Rotweil Qb- 
licb (Deifslingen). Einige Gegenden, besonders das Wi- 
sental haben dir = ir: dir froget doch an viel; dir sind 
lächerlich, dV wend, wollt u. s. w. ^ 

3. Ps. Der Genitiv si, sitweaga (seinetwegen) kommt 
ällgäuisch vor. Der Acc. -se; meistens mit Präpos. wo 
dann s zu seh wird: überseht u. s. w. 

Persönliches Pronomen, geschlechtig. Sing.Msc: 
ear, imm, inn. PL: süe, iara, inna, süe. — Fem.: sü, iara, 
iara, sü; — sO, iera, inna, sO. — Ntr.: eas u. s. w. 

Die genannten Gegenden die (eib) üb haben, kennen 
auch 8Ü = sie, Fem. schon bei-Hailfingen, Bondorf, wie 
du = die; daher das Wortspiel, womit die Nachbarn sie 
necken: sü (sie) ist a sü (Sau). Altwirtembergisch ist sui 
im singenden Tone überall bekannt. Eine Hauptrolle 
spielt das es, womit der Alemanne sein Weib, oder 
irgend eine Weibsperson benennt im Verlaufe der Bede. 
Das Neutrum kommt von den Diminutivformen der Na- 
men her. 

Ja sogar für das Masc. er kommt es vor: 6 was will 
denn es? ZoUem. Petra. Der Genitiv und Dativ Fem. iera 
ist sehr üblich: gib iera wasser! bi ira bliba u. s. w. von 
dVega iera. Vgl. ierun wisun 1373. Mon. Hohenb. Das 
Zitglögglin: ira, Dativ; — wie er jren hold wäre. Key- 
serbuch S.S. Der Gen. pl. msc: ob ir einer, jetzt sehr 
üblich. 

Bekannt die Formen: es Trögli, in es Egg, in es ir- 
dis Schüfseli = das, dem Artikel, ist walserisch, dem Da- 
vosertale eigen. Bergmann S. 138. 

Possessivpronomen. Der Alemanne auf dem 
Schwarzwalde hat mt, mtne, mis. Der Allgäuer ming, 
minge, mings. Ebenso di, ding, dtngs. Vergl. Lautlehre« 
singj si ebenso häufig, mtngs vaters si brüeder; Bbigs 
schwesters kind. Die von Wolpertschwendi und Mochen- 
wangen heilsen (verächtlich) die gsinger, das gsinger laod; 
bei Saulgau nämlich geht das alLgäuische -ing zu Ende. 

Die beiden andern Possessivpronomina sind eiber, flser, 
unser, eiser wie wir oben beim ungeschlechtigeo Prono- 



\ 



187 

hen and zuletzt misverstanden worden sein, indem an alt 
gedacht wurde. 

Zum Fragepronomen: weders, welches von zweien. 
Wst. IV, 274. das deweder teil 299. dewednem geriht 
390. von unser jetdwederem , dewederem 1355. Mon. 
Hohenb. Heute noch im Tettnangischen dwietle ss jeder, 
yetwaderthalb, ünoth 23. wader a. a. O. nach welcher 
von beiden Seiten; das d verleiht dem Fragepronomen ei- 
nen unbestimmten Sinn. Weinhold S. 297. 

Zu den unbestimmten Pronomina bemerke ich, dafs 
seil nss selb, allgemein alemannisch ist; ha seil! Verwun- 
demng. des selpselben tagen. Nicol. v. Basel, wie schon 
Notker. derselbig, denselbig 1302. Mon. Zoll. S. 111. 
Die Obemdorfer Stat. 14. Jahrh. daselbig. Mon. Hohenb. 
Der cgm. 384 hat dasselbig f. 9<>. u£P denselbigen arm. 
Ebenso das Rotweil. Stadtr. u. s. w. dasselblich, Wst. 

IV, 32. 

Das ältere dehein erhalten noch im Rotw. Stadtr. ß. 
Die Redaktion v. 1546 hat schon dekein. Die Basler R.Q. 
haben enkeineh und deheinen (1399). In Schramberger 
Urkunden noch im 16. Jahrh. vor hundert und mer jaren 
dann dehein menisch fürdenken mag. 

Echt alemannisch ist nummen, numma = nur; so 
heute noch wie bei den Strafsburgern (Geiler, Pauli) in 
Hagenbachs Reimchronik; bei J. Rueff, Adam und Eva. 
Kirchberger Reform. Akt. 116 (in Knittlingen noch numen 
= doch), numan, numer in Liutg. Leben 456». In der 
guten Frau setzte Sommer statt des numen der Hs. durch- 
aus niuwan! S. 54. 

Zu Weinhold §. 323 (neizwer u. s. w.) fahre ich an: 
nammes (Allgäu), neammes, nämmes (Weingarten); ieder 
raufs nämmes z^schlaga beim höng (haben), nämefs: i 
rauofs d'r nämmes sagga. Amtzell. Wangen, neamii's, 
Weilh. b. Tuttl. näume: wo um drei batza näume anelauft. 
Wisental. Usstich 15: wenn näume näumes steht. Nicol. 

V. Basel: neiswo. neiswas, Keller^s Keyserbuch: naizwas, 
naizweme. St. Georger Hs. Mone Anz. 8^ 505. naizmas 
und iiaizwas in Liutg. Leben. Mone Quells. III, 442*. 



188 

Die Verneinung auch auf pronominalen Stamm zu- 
rückgeführt, heifst alem. nüt^ nit; nint; nünt, üt (Liutg. 
Leben), nünzet 452». nüntz cgm. 384 f. 7^; ebenso un- 
echte Erweiterung: z'nüten machen. St. Meinradsspiel. 
U8 nuten gemacht, nütes. Mon. Hohenb. No. 45. Heute 
auch noch: nuaz (Nonnenhorn), noez, notz u. s. w. (Göge). 
niuzenit. Mon. Zoll. 1310 S. 125. nütznit 1342 (a. a. O.). 
Dazu die Ztw.: vernüten (Adam und Eva), vemützeren 
heute = es rentiert sich nicht, wird schwer, halten. Schwarz* 
wald. — In Sunthausen echters = etwas. 

Altes (So) io haben wir nur mehr alemannisch nicht 
schwäbisch: iamäl, diamäl (Alb: ma mäss ^m deufel 's kni^ 
ieramäl brecha) ; soll umädder (Furtwangen), umbedar (inun- 
der, Wurml.), ummedär (Wolfach) immer so ; ummadumma 
u mit io gewechselt haben? 

iemes und niemes heute noch, igenote (jetzt) 1336. 
Mone Zt. 13, 204. 



189 



XIL 

Zeitwort. 

Hierin findet sich strenge Scheidung von den Baiern 
und Schwaben. Besonders sind es die Ztw.: wollen, sol* 
len, müssen, mögen, haben u. s. w. die ihre eigenen Wege 
geben. Fangen wir mit dem Hilfszeitwort wollen an. 

Sing.: i will, du witt, ear will; PL: mier wond, ier 
wond, sie wond. Der Conditionalis: i wott, du wottist, 
ear wott, mier wotte, ir wottet, sie wottet. Der Indicat. 
wird im Praet* ersetzt : i hö wella u. s. w. So haben es 
die auf der Leutkircherheide wie die in der Baar, in AI* 
dingen wie in Seibranz, an der Tiroler Grenze wie am 
Feldberg. 

SchrifUiche Belege: du wit, Liutg. Leben. Die For- 
men wot, wott praet. Indic. Conj. kommen häufig vor: z.B. 
in der Constanzer Chronik. Mone Quells. I, 349^. Ganz 
so in Ruefis, Adam und Eva: wott, wottest, wetten wir 
u. 8. w. In des Teufels Netz: wir wond V. 534. wend 
ir, si wend V. 623. 3230. 1467. Vergl. si went b. Had- 
loub, oft. Ebenso im Meinradsspiel ; in dem alem. cgm. 364 
(went); in der Hamb. Hs. von Fleiers Tandarois und Flo- 
ridibel: wend = weint. 

Sollen: i soll, du soUift, ear soU^ mier sond, ler 
send, sie sond. Conj. i sott n.s.w. Teufels Netz: ir sond 1380. 
sond wir, si sond, sond ir (2200), ir sond (3497), sond si 
(3657) und öfter. Ebenso der cgm. 384 (sond PL); sont 
(Pleier^s Hamb. Hs.); sunt HI. Ps. pl. praes. Basler B. Q. 
1339. 1, 17 ; ebenso das Rotw. Stadtr. ß, wir sond — si 
sond. si sun, Freiburg Urk. 1275. Ebenso Wackernagels 
Nibel. Briiohstficke sont neben sfilt, sülen. Vgl. J. Buefis, 
Adam und Eva: wir sond, sond ir, du solt u. s. w. Ebenso 
im Meimradsspiel. Bei Hadloub begegnen wir den For- 



190 

men: si suns, sollen es (V, 4); wir suds (XVII, 3); ir sunt 
u. s. w. 

Müssen: i moss, du mosst, e^ moss, mier mond, 
ier mond, sie mond. So auf dem Heuberge, dem Feld- 
berge wie auf der Leutkircberheide, in Seibranz wie in 
Deifslingen. Im St. Blasischen auch : sie muen = müssen. 

Conjunct.: i mess, du messisst, er mess, ma messet, 
V messet, se messet. Condit.: i mdst, du mestist, ear 
mSst, ma mestet, 'r ikiestet, mestet. messa. -~ Um Furtw. 
heifst der Imper. und II. Ps. pl. praes. ier mien(t), wie auf 
dem höchsten Scbwarzwald überhaupt. Ganz so Wapkoro- 
Nibel. Bruchstücke: müend wir, das wir münd. J. Ku^, 
Adam und Eva: müend ir, müend wir S* 13. 3» Pers. pl. 
müend. Hadloub: wir mun (XIX, 2). en mun'a (3. Ps.) 
a. a. O. -*• Daher auf der Leutkircberheide das ßatsel: 
welches sind die ältefrten von Adel? Antw. die Montfort. 
Denn zu Adam und Eva sprach der Engel: ir mont fort! 

M^gen: i mä, du mäst^ er mä; ma meid, V meid 
(dt), sie meid, daneben ma mugged, ier mugged, sie mug- 
ged. C<»ij.: i mig, du migist, er mig, ma migget, V niig- 
get. Condit«: i met, du mStift, V met, m'r meted, ier 
meted, sie m^ted. Infiu. : migga. Part. : gmet. 

Um Rotweil: ma metid, ier metid^sie mStid. In der 
Baar sogar: ier mugged, cpndit, ier maugded u. s. w^k Das 
Auslassen des aus g vor t entstandenen h (ch) tritt hier 
häufig ein; sieh Lautlehre h. 

ear möt = möchte (m&t) ist allen qnsern rechtsrhei- 
nischen Alemannen eigen. Vergl. Wst. IV, 497; mot, 
in. Ps. sing, du mäst cgm. 358 f. 17». 

Die zweite Eigenheit ist hier der Mangel des Umlau- 
tes: muge, mugent wie kunnen etc,, so in WackernageU 
Nibel., so in des Teufels Netz: es imig (260),, du niugest 
(278), mugend (285). Auch das Zitglögglin hat m<^D 
ohne Umlaut. Die 2* Ps. praet indic. du mocht; Meh bei 
der Flexion. 

Habeu und Sein kennzeichnen in ihren Formead die 
Alemannen genau. 

Die Baar: i ha^ du hSft, edt bat; mder hönd u. s. w. 



191 

Conj.: i hei, du heist, er hei; m'r heie, ier ha, se ha- 
ben oder mV heibet, 'r heibet, sie heibet St. Blas. : i heig, 
du heigist, er heig u. s. w. ebenso im Wisental. Im alem. 
Oberinntale hai, haie. Allgäu: i hi. du hofit, er höt; mier 
h6t, ier höt, sie hö. Gegen Tuttl. hin: i hau, du bist, 
er hat, ma haüd, 'r haüd, sie haüd; sieh oben Baar. St. 
Blas.: i ha, du hasch, ear hat u. s. w. 

Condii : i häb, du häbist u. s. w. strenger alemann. : i 
häbb, du häbbi^, et häbb; mier häbbe, ier häbbid^ sie 
häbbid. Furtwangen: i bann u. s. w. ho ist der Infinitiv; 
häbba das tempus finiUHn. Das Rotw. Stadtr. hat ich hon; 
der cgm. 437: i hün, ir hündt. — Der cgm. 358 hat Inf. 
bün f. 6^ und oft. gehün u. s. w. Die Hs. a des Rotw. 
Stadtr.: babendt; ß (die ältere) band. 

Sehir häufig begegnet auch rechtsrheinisch hain, hait, 
heit. Zu Weinhold S. 386. III. PI. praes. haint, Constanz.- 
Chronik, Quells. I, 349<>; ebenso in Liutgarts Leben, des- 
gleichen im Rheinfeld. Stadtr. (heint = habent). si haind, 
Zürich. Jahrztb. II, 44. Mon. Zoll. 1352: haint. Freib. 
Urk.: sie heint 1273. Vergl. das alte: wir hein in ein^r 
Churer Urkunde y. 1347. Mone 20, 145. Die ebenfalls 
alte Form hait 3. Ps. sing, kommt in einer St. Aureliusle* 
gende 17. Jahrb. vor (Kirchberg). 

Das St. Blasische: i heig (Conj.), kehrt in linksrhein. 
Schriften häufiger wieder, wie z. B. im St. Meinradsspiei. 
Ueber diesen Conjnnot. aus habege sieh Weinhold S. 387 
(unten). 

Ich will nur noch auf die Form het, hat (Imperf.) 
aufinerksam machen, welche die altem elsässisdiea aber 
auch die rechtsrheinischen sogar schwäbischen Schriften 
haben und ebenso in Wackernagels Nibel. steht; PL hetton, 
Conj. hetti, het, beten, desgleichen b.. Grieshaber, in den 
Predigtmärlein (Weinhold 385. 386). Die bairisohen Hand- 
Schriften erkennt man augenblicklich an dem entsprechen- 
den biet, das die schwäbischen und alemannischen Quellen 
nicht haben. 

Das Verbum Substantivum sein. Man pflegt gewöhn- 
lich zu trennen gst und gwea, gwd; soweit jenes geht 



192 

Bind AlemaDnen; wo gwea anhebt Schwaben. Die reinen 
alemannischen gsi sind auf dem Schwarzwald; gse, gsel 
gegen den mittl&rn Nekar und gegen die fränkische 
Grenze. 

Flexion: i bi, du bist, er ist; ma send, ir send, se 
sind. Conj.: i si, du sis, ear si. Imperativ: biss =^ sei: 
biss rüebigl Waldburg. Infinitiv: si (Schwarzwald), sing 
(Allgäu), gsing so noch bis in's Zocklerland, bis in die 
Nähe von Saulgau. Auf dem Westabhange des Schwarz- 
waldes hört man. s4i = sein. 

Auch das Zeitwort tuon hat. echt alemannische Fär- 
bung: i duar, du duost, ear duot; mir döad, V doad, se 
döad; unsere Allgäuer ohne Nasal. Conj.: i dai, du dai^t, 
V dai, mV daiet, V daiet, sie daiet. 

Condit.: i dät, du däti^t, V dät, m'r däted u. s. w. 
Imper. dnor, PI. duod. 

Das Partie, tan; allgäuisch tüng. — Der cgm. 358 
hat getün durchaus. 

Auf die Conjunctive thüege, thfiegest, thüegen^ man* 
tüg n. s. w. wie sie in allen alem. Schriften, besonders auch 
in des Teufels Netz unzäligemal zu finden, brauche ich 
kaum aufmerksam zu machen: sie sind bei Weinhold S. 356 
gehörig gewürdigt. 

Die Ztw. gän , stan zeigen aufser g6ng, stöng, nichts 
Abweichendes auf. Des Teufels Netz und das Zit^lögglin 
haben gät, stät; gäft, gefit, stafit, steft; wir gänd; stan: 
ich ufiständ III. Ps. praes. pl. Ein Inf. ze begänne. Freib. 
ürk. 1272. 

Echt alemannisch sind auch die Infinitive; gai, nai, 
geben, nehmen; gnau und gai, Praet. Inf. um den Feldberg. 
Altglashütten. 

Eigentümlich in der Baar ist der Conditionalis von 
sagen: mV sougdi, V sougdit; sogar: sie däti soagga-= 
sagen. In der Tettnanger Gegend (Wielandsweiler): wenn 
da d^ soutist, was im Nekargebiete mit siegist ausgedrückt 
wird. 

In gemeiner Sprache hat das rechts- und linksrheini- 
sche alemannische Gebiet das einfache Präteritum au%e- 



_ 19? 

geben, zwar nicht so ganz in der Form als im richtigen 
Gebrauche; denn nicht nur ist das noch lebende Condi- 
zionell starker Verba wie gieng, gienge anstatt giengi ein- 
fach in das Präteritum zurückzunehmen; auch in andern 
Conjugationen hat der rechtsrheinische Alemanne, mit 
dem Lechschwaben die reine Form des Präteritums, wie 
der Schweizer, für die Bedeutung des Condizionell ver- 
wendet und sagt: i fung, i blueb, i gubs'm, i brungm's, i 
muechms, i hulfin, i schrub^m; dafs i blueb, 'r bluebt ist 
im Saulgauisehen , wie im Hauensteinischen , in Amtzell 
(Allgäu) wie in Dornstetten heimisch. In Saulgau z. B.: 
i verruefs = zerrifs es. 

Auf teilweiser Verwechslung der Zeitwörter mit Grund- 
▼ocal i und u beruhen die Formen: 's hat gschnoua, 
gschnouwa, gschnouba, im Allgäu, wie am Titisee (sn^, 
sniuwan), sogar Inf. schroua, schreien (Tuttlingen). V hat 
gschrouwa, ebenso im ganzen rechtsrheinischen Gebiete; 's 
hat mi grouwa; i hö na vernoua = zerszaust (niuwan). 
Göge, Heuberg; in Friedingen, im echten Alemannenstri- 
che haben sie wieder: 's hat mi greiba; in andern Gegen- 
den überschruija; 's hat mi grüija, wie äspuija u. s. w. Zu 
Weinhold S. 326. 

Die sog. reduplizierenden Zeitwörter erscheinen auch 
rechtsrheinisch urkundlich mit i statt te. Den Beispielen 
des cgm. 6: enpfingent, enfing, ging, hing lassen sich die 
des Nicolaus v. Basel vingent, umbeving, usgingent, hink 
beifügen, sieh Lautlehre I ; ganz ähnlich wie schon Freibur- 
ger Urkunden v. 1300: lihtmes haben Die ältere einfache 
Form von fangen ist fächa, noch im Hauensteinischen, so 
wie in den schwäbisch -alemannischen Grenzgegenden von 
Kauf beuren, Füfsen ; im obern Inntal wiederum. Die Leute 
vom Albtal, von St. Blasien weisen das fächa den Orten 
Bernau und Merzenschwand zu. 

Im Alemannischen ist die vermischte starke und 
schwache Form der Zeitwörter den Nachbarn auffallend: 
's h&t m'r nüt gfoga = z. B. die Kleider, die schlecht 
gehen (Göge). i hö 'n zoga = jemand eines Fehlers 
geziehen. Baar. Heuberg. *8 hat bronna, saulgauisch. 

Birlinger, alem. Sprache. 13 



194 

eichen st. u. sw. Das heute starke pfeifen ist in Rotweiler 
Aktenstücken gepfenffet; erkiefste vertragsleut, Rotw. Iö79; 
wogegen stark erbuch das plät, Zitglögglin. — gebreisst, 
Stettener Gebetb. 1454. 

vollgestosset cgm. 384 f. 3 und oft. vergleicht wer- 
den, sehr häufig. — Die Baiern lieben die schwachen Zeitw. 
Formen. 

Was die schwache Conjugation anlangt^ so ist nur zu 
bemerken, dafs gleich dem Augsburgisch-Schwäbischen die 
vollen Endungen -ot, -ont, -at der II. sw. Conj. sehr zal- 
reich sind. Des Teufels Netz z. B. hat warnet, spilot, 
vasslot, verdampnot, geordnet, gebessrot, verdienot, ver 
oiasgot, ersteckot, gelernot, gedienot u. s. w. Der cgm. 358: 
ladot; vermasgot, gehailgot; daneben ebendort: gesündat, 
den fragata, vermürata, erbarmat. Die Basler R. Q., die 
Mon. Zoll. Hohenb. bieten der alten archaistischen Formen 
viele. Ebenso in den WackernagePschen Nibel. Volle 
Formen sind z. B.: bessiron, knigont, klagont. Freiburg. 
XJrkb. 1295. irzugiton Praet. bezügeton 1276. Freiburg. 
Urkd. wir hatten 1282: hangont, stätigon u. s. w. Von 
1344: begreifibn, dritteilon u. s. w. 

Die Flexion, die wir soeben beim sw. Verbum mit 
hereinnehmen muTsten, ist nicht von so auffallender Ab- 
weichung vom Schwäbischen. Ich fuge zu den schon bei 
Weinhold stehenden Belegen folgendes. In der 1. P. f&llt 
die alte Endung weg: i gi, i sih, i bitt, i schreib u. s. w. 
Dagegen erscheint nach Weinhold seit dem 12. Jahrh. ein 
-an, -en. Des Teufels Netz: so dichten ich und trachten 
209. luogan ich 214. ich sagan, klagan, forschen 1530. 
Im Zitglögglin: ich fragen und bedenken, ich tlen und 
streben, ich vefgissen und verachten, loben ich, ich wider- 
spannen mich und kämpfen, u%iben ich; öbergieben, an- 
siehen, fallen ich, dafs ich fallen, ich vexlougnen, ich be- 
harren; ich iufen und geilen; ich wirden. Weinh. S. 334. 

Die 2. Person heute nocl) gut alemannisch -ist, woge- 
gen die Schwaben unbestimmtes -est haben: du liebifit, du 
kenni$it, du bifsifit, du kommift; so mündlich beute wie 
im Zitglögglin und in des Teufels Netz: habist a. 8« w. 
Ueber blofses t: nempt, kempt, secht, sieh unten. 



k 



195 

Die 1. Person Plural hat volkstümlich -et, was auf 
anorganisches -ent hinweist. Z. B. Teufels Netz: wir 
rouffend, slahent; ebenso die bekannnte 2 Ps. Plur. Bei- 
spiele zalreieh. Um Roggenzell im AUgäu lautet die 
2. Person und' der Imperativ: kommand, luogand, louffänd, 
lossand, horänd, ligand, farand, wessand ar? immer bei- 
nahe reines a hörbar. 

Der Couj. hat i bewahrt, Teufels Netz: habind IIL PI. 
nemind, sigind, begertinds, waerinds, sprechind, liegind, 
wier habin; daz wir kooiind, bis ir verleugtind u. s. w. 
Ebenso der cgm. 358: wir habin, wir gebiu, wir vindi, daz 
welli wir, so gangi wir, miessi wir u. s. w. 

Eine verspätete Form aus der Uebergangszeit haben 
wir in der 2. Ps. praet. sing. Es ist nichts so unbekann- 
tes. Altd. Wälder 2, S. 226. Hildebrand im Grimmischen 
Wb. V, 160. I, 10. Haupt Zt. XI, 40. Mone Anz. VIII, 
334 ff. Das Zitglögglin : emphiengt du , da du sprecht, 
gebt, liefst, gebt du = gabst du; giengt, hupt du, da 
wurdt du, bat du u. s. w. Vergl. werd für waere b. Su- 
chenwirt; wert, Iwein 1475 in der Heidelb. Hs. v. 1477. 
secht bei Suchenwirt 41. viengt bei Boner, trugd, Altd. 
Wälder 2, S. 229. Weinhold 342. 

Die 3. Ps. pl. praet.: alem. bsuchtund, lugtund, fuerund, 
huobund u. s. w. 

Die i im Conj. praet. ziehen sich wie durch alle echt 
alematin. Urkunden so durch die heutige Volkssprache: 
praechti, ertotti (cgm. 358) ligen hundertfach da beim Auf- 
schlagen der oberrheinischen Urkundenböcher; in den 
Weingartner Predigten (Pfeiffer, Lesebuch) u. s. w. 

Die tonlosen e erleiden Einbufse durch die vollen al- 
ten Formen, die das Alemannische sorgfaltig gehütet und 
fortgepflanzt hat. 

Der Infinitiv hat die vollen -on in vielen Schriftwer- 
ken ; hat aber auch reines ö (Baar), reines ä, Allgäu : bettö, 
les6; bett^, less& u. s. w. Vom 13. Jahrh. ab sind Formen 
wie vordren, bereden 1265 (Freib. ürk.) nicht selten. Der 
Schaffhauser Richtebrief von 1291 hat vorderen, vürbur- 
gon, klagenon, klagen, lidigon, manon, offenen u. s. w. 

13* 



196 

Sieh auch Mone, Aozeig. 8, 491 ff. Weinhold §. 357, wo 
viele Belege. Der Infinitiv ohne n: z' trinked, z'essed; 
vergl. zetrinkit in Liutg. Leben ist allgemein schwäbisch - 
alemannisch. Die unorganische adjektivische Declination 
des Infinitives mit zu ist im Botw. Stadtrecht schon vor- 
handen: zu haltender Satzungen u. s.w. Vgl. Lit. CentralbL 
1866 Sp. 256 ff. 

Interessant, wenn auch einige nicht alemannisch allein, 
sind die deponensartigen Formen: ügeassa, üdrunka, übred- 
diget u. s. w. ongässen, ontrunken, J. Ruff, Adam und 
Eva 4427. Die Edlibacher Chronik hat es ebenfalls. Die 
Strafsburger ebenso: ungepredigt b. Geiler Evangelb. f. 9<>. 
ungetrunken b. Friesen, Spiegel d. Arznei f. 19^. unge- 
sungen (war man; Reform.), Züricher Jahrzb. vil gon 
ungessen, Leiden Christi c. 1470. das er sterb ungebeich- 
tet, Geiler, Omeiss f. 54« u. s. w. Gramm. IV, 70. 



197 



Beilagen. 

S. 4. Vergl. die schöne Abhaodluog: das aiemaDnische Todtenfeld 
bei Schleitheim — von Martin Wanner, ScbafFhausen 1867, S. 28, 29. 



S, 5. Soiiciniuni, Sülchen. Zum Wurmlinger Berge pafiit 
auch die Stelle bei Ammian: praecelsum per confragosos colles ondique 
praeruptum et in?iuni; absque septentrionali latere, unde facilem habet 
defezitatem et mollem. 

Die Sümpfe des Nekar- und Ammertales, die noch vor 100 Jahren 
sich hier ausbreiteten, sind angedeutet: per ignota itaque et palustres 
aligines devius tendens, 27, 10 

Die Weidmännische dreibändige Ausgabe Ammian^s, Leipzig 1808 
weifs (III. Bd., 203) mit der Oertlichkeit nicht Bescheid, weil Mascov 
und Mannert nichts festsetzen. Schwetzingen (Haefeiinus); es sei, heifst 
es auch, der hl. Berg cujus nomen Piri in agro Heidelbergensi (a. a. 0.), 
wozu der Schlufssatz des Gapitels Anlafs gegeben haben dürfte: milites 
ad hiberna, imperatores Treveros reverterunt. 

Es scheint Valentinian hier von Seite der Alemannen eine entschie- 
dene Niederlage erlitten zu haben; dafs die Alemannen den cubicularius 
aufhoben ist sicher. Die Sage vom versunkenen gold. Reiter ist echt 
volkstümlich in dieser Gegend! 



S. 6 (17). Gleich nach Macrians Zeit findet sich keine Spur einer 
Alemannenherrscbaft am Maine mehr. Macrian f 374. StSlin 1, 146. 



S. 6. Die gewöhnliche Annahme als ob die rechtsrheinischen Ale- 
mannen am obern Nekar und Donau die Schweiz bevölkerten, scheint 
auch bei Beatus Rhenanus (116) vertreten: Alemanni transgressi Rhenum, 
Germaniam primam invadunt et partem mazime Sequanorum h. e. Hei- 
vetiorum et Rauracorum usque ad Burgundiones item superiores ad 
Rlienum agros et Thurgaviam ac vallem roeninam, quam Walesiam vul- 
gus nominat, trans Danubium latissimam iliam Rhaetiam primam. 



S.S. Das £ Isafs bildete auch später ein abgelöstes Herzogtum, 
dessen letzter Herzog um die Mitte des 8. Jahrh. starb. Von da an 
tritt die Trennung in Sundgau und Nordgau ein. Stalin I, 223. Anmer- 
kung 4. 

S. 9. Ortenau (Mortungouwa) ist ein Landstrich auf dem rechten 
Rheinufer, der ehemals zur Diöcese Strafsburg gehörte und vom Rhein 
bis an die Grenze d^ Bistums Gonstanz und von der Oosbach bei Ba- 
den bis an die Bleich bei Ettenheim reichte, so daCs die Städte Baden 
über der nördlichen und Ettenheim über der südlichen Grenze der Or- 
tenau lagen. Offenbnrg ist die Hauptstadt dieses Landstriches und ligt 



198 

in der Mitte desselben (Ettenheimmünster, Gengenbach, Schuttern und 
Schwarzach). Mone Zt. 21, 257. 



S. 12 (.oben). Die berühmte Völkergrenze von Solenhofen bis Ha- 
sariod, das Sualafeld, wird alemannische genannt. Sie ist juthfngische 
Grenze gegen Ostfranken hin. Hier haben die letzteren die Leiche des 
hl. Venantins von den Jnthungen Sbernommen in Procession mit den 
die Völkerfarben tragenden Fähnlein. Rud. Fuld. (Gesch. der Sprache 
1, 151). 

Diese Grenze, die Sualafelder berühmte Völkergrenze, in mittelal- 
terlichen Denkmälern wiederholt erwähnt, ist noch in Wittenweilers 
Ring: Swanfelden und die Fortsetzung nach Osten von unserer ersten 
alemannisch-fränkischen Grenzlinie. Swalveld, Nibel. Lachm. 1464 1465. 

Das in dieser Linie ligende Feuchtwangen ist von Alters her schon 
nicht mehr schwäbisch. Fuehtewanc uffe frenkescher erde, 31. Dez. 1258. 
Steichele Bist. III, 319. 

S. 13. Die Constanzer Bistumsgrenze ist im Liber Decimationis 
(Freib. Diöcesan- Archiv I, Iff.) aufs genaueste angegeben. Die äufüser- 
sten nordöstlichen Pfarreien fallen mit unserer abgesteckten Grenze zusam- 
men. Im Kinzigtal grenzten Constanz und Strafsburg zwischen den 
Städten Haslach und Hausacli an einander. 



Auch die Heldensage von Dietrich möchte eine Grenze gegen 
Franken abgeben. 

Bekanntlich hatten die Franken und fränkischen Alemannen dem 
grofsen Ostgothenkönige nichts zu danken ; ihnen durften andere Partien 
der Heldensage naher liegen. Ist also die Dietrichsage an dem Wurm- 
linger Berge localisiert, haben die alten Dynasten von Wurmlingen un- 
verkennbare Reste in Namen und Wappen, so ist doch kein Zweifel 
übrig, dafs bis daher die von Dietrich in Schutz und Schirm genomme- 
nen biosgestellten Alemannen hausten. Und wenn an Grenzen grofser 
Dynasten ehedem Erinnerungszeichen in Hügeln, Abzeichen, Sagen haf- 
ten blieben, so können wir dieses Stück Heldensage füglich auch als 
kräftiges Zeugnis für unsere alemannische Sprachgrenze hinnehmen. 
Der viel besungene Wurmlinger Berg, Wurmlingere Berg 1261. Mon. 
Zoll. I, 192; inons in Wurmeringen 1273 (Archiv. Wurml.) seit Alters 
dem alem. St Ulrich und Afra dedizierten in Crucilino, Krenzlingen bei 
Constanz eigen (1264) hat zwei Bergabsätze. Der unterste Absatz heifst 
ßernbühl, spr. Beanbühl, Beambühl ; nicht Bearabühl was Gen. PI. von 
Bär, ursus wäre. Uhland kannte den wichtigen ihm nachher sehr ge- 
legen kommenden Namen nicht. Urkundlich treffe ich ihn im Wendels- 
heimer Pfarrurbar, 16. Jahrh. als Bernbihell das letztemal. Der zweite 
Vorsprung unmittelbar kantenartig darüber ist die Wandelburg, wo ein 
Drache oder Lindwurm, wie ein Maltersack dick, hauste, dem täglich 
ein Mensch und ein Schaf geopfert werden mufste. Ein Ritter von 
Präschnägg, im gläsernen Gewände, tödtet den Wurm, den er mittelst 
eines Spiegels hervorlockte. Das genannte Gesdilecht ist urkundlich 
nicht nachweisbar, gehört einer alten Zeit an. Der Volksmund hat uns 
aber dessen Namen noch durch Jahrhunderte herah bewahrt. Westlich 
Tom Orte Wurmlingen liet die sog. Woad (Waide) and dort sind die 
kaum mehr erkennbaren Sparen eines BargstalU; jedenfalls nidlit be- 
deutend. Die Erdgraben glaabt man noch lu finden; oben fuhrt das 



199 

Haisträfsie (Hochstrafse) römisch, vorüber. Die Paar Feldstücke zwischen 
ihm and dem Burgstall heifsen: der Markgraf Der westliche Flecken- 
teil Warmlingeos trägt noch heute den Namen Präschnägg d. h. PrS- 
stenegg. Da Wurmlingen zugleich Grenzort der alten österreichischen 
Grafschaft Niedcrhoheuberg war, so konnte vielleicht ein Hohenberger 
Markgraf von Verona gewesen sein, wie es die Herzoge vom 8 — 10 Stan- 
den entfernten UrsUngen, wie es Berthold von Zähringen I durch Kaiser 
Heinrich HI war: allein davon weifs keine Urkunde. Markgraf Karl 
von Bargau hatte in unserm alemannischen Gebiete bedeutende Besitzun- 
gen, wie z. B. in der Baar, in Trossingen, allein von Wurmlingen kommt 
in den Urbarien wieder nichts vor. Ich kenne noch einen Flurnamen 
derselben Art in Kürnbach: zwene morgen zu Hf^mes heissent der Mark- 
graf 1369. Mone Zt. 12, 352, der geht auf die Zähringer. 

Ich will nun nicht voreilig urteilen: allein könnte nicht ein kost- 
barer Ueberrest von dem grofsen Helden und Bauernhciligf'n Dietrich 
von Bern vorliegen? Sollte nicht hier ein ostgothischer uaugraf, ein 
legatus oder wie er immer heifsen mag, als Grenzwächter gegen das 
anstofisende Franken seinen Sitz gehabt haben, um die alemannischen 
Interessen zu wahren? Ware nicht ein ostgothischcs castellum denkbar? 
Hätte mau nicht im Laufe der Zeit den Schutzherm selbst als zeitwei- 
lig oder immer da herrschend in Sage und Dichtung sich forterben las- 
sen können? Nach dem FUifsbett der alten Sagen zu urteilen, wo man- 
ches Land unterwühlt und fortgerissen, anderes trocken zu liegen kommt, 
wäre die Sache leicht möglich. — Dazu kommt, dafs die Sage vom Lind- 
wurme durch und durch volkstümlich, ja sogar an das nahe Schwerz- 
loch bei Tübingen geknüpft ist, wo noch vor 40 Jahren Drachen-Ueber- 
reste au einer ^ette an der alten Nicolauskapelle zu sehen waren. Die 
alte Theodorichskapelle sp. Todrifs am Wege von Rotenburg nach See- 
bronn wollte ühland ebenfalls. hereinziehen; sie hat eine alte Otilien- 
verehrung; allein es wollte sich nichts ergeben. Sehr schwer in^s Ge- 
wicht fallend ist der Name Maereheld, den die Wurmlinger Dynasten 
führten. Schon der Name Wurmlingen, sodann der Drache im Wappen 
der alten Wurmlinger Herren fallt auf Diese Wurmheri, Wurmheringe 
führten also den Beinamen Dietrichs von Bern. Die bis jetzt älteste 
beweisende Kreuzlinger Dotationsurkunde v. 1185 bringt den Namen 
zuerst. Im 13. Jahrh. a. 1261 treten ein Theodorich Blarer und Theo- 
dorich Märhclt in Wurmlingen auf. A. 1277 wurde ein Dietrich Mär- 
held im Kloster zu Bebenhausen beigesetzt. Schmid Mon. Hohb. I, 533. 
Andere dem 13. Jahrh. angehörende Belegstellen stammen von 1292. 
1296. 1299 und 1300. Von 1301 : Dietericus dictus de Merehelt. Mon. 
Hohenb. No. 192. Von 1308 : Dietriches seligen des Merenheldes von 
Wurmlingen a. a. 0. No. 211. Von 1313 steht ein gdt, dictum des Me- 
renheldes. Mone Zt. 18, 123. Von 1323: Dietericus dictns Maerehelt 
in Wurmlingen, armiger. Mon. Hohenb. No. 292. Von 1383: ich Wern- 
her Maerhelt zö disen ziten schulthaifs zA Rotenburg a. a 0. S. 681. 
Item ze Hirsou 3 morgen wingarten, heifsent der Merhelt 1373. 1339. 
S. 589 a. a. O. In Tübingen ward zu Anfang des genannten Jahrhun- 
derts ein Märheld hingerichtet. Ein Ernst Märheld ist noch spät Schnlt- 
heifs in Rotenburg. Mon. Hohenb. S. 842. Im 16. Jahrh. starben sie 
in genannter Stadt aus. Die Stainhülwen arkundlich in Wurmlingen, 
auch mit dem Drachenkampf im Schilde, dürften wol die ältesten Dy- 
nasten sein und mit den Märhelden zusammenfallen. Sie führen den 
Namen Dietrich. Der Name Mörhild, Merhild ist heate noch nicht im 
Volke erloschen; ja die alten Wurmlinger schworen darauf die Familie 
Hölle, die da lebt, seien Spnrii der alten Dynasten. 

Ueberhaupt war in unserm rechtsrheinisch -alemannischen Gebiete 



200 

der r^ame Bern und Dietrich unter dem Adel sehr üblich. Ubiand hat 
auch hier den ersten Schritt der Unterbuchung getan, der ich «ur Be- 
stätigung nur noch folgendes beifügen will. Dietricus de Harnbach. 
Horber ürk 1228. Mon. Hohenb. No. 28 Dietericus nobilis de Hai- 
terbach 1270 No. 58. Dieterico de Bossingen (neben Sifrido dicto Ort- 
lin) 1274 No. 68. Dietricus de Stainhülwe a. a. O. Dietrich der Wag- 
ner S. 589 und so noch viele. — Die Bernburg lag bei Rotweil, auf 
dem äufsern Kapf über dem Nekar; Genau heifst der Bach dabei. Die 
mittlere Bernburg stand zwischen dem vordem und hintern Graben; die 
dritte oder die hintere Bernburg war auf dem Keltiberg (?). Die Wi- 
sen zu Bern und im Keltiberg. Mon. Hohenb. S 162. Bernerhalden, 
Rotweil- Alpirsbach. ürk. Bernerfeld 1289. 1453. Bern das Burgstall, 
zwei Urkunden ?. 1357 (Stuttg. Staatsarchiv). Ein Ackher genannt der 
Bern, Dettinger Urbar (Rotenb ); im Bernbühl, Zaisenweiler- Lindauer 
Urbar. Der von Berne, Rotweiler Urkunde 1348. Mon. Hohenb. No. 456. 
So hat Dietrich von Berne von mir die Gebraiten am Dutenbühel a. a. 0. 
No. 889. Die von Bern waren später Bürger von Rotweil. 

So enge hingen, sagt Uhland, die südlichen und freien Alemannen 
mit ihrem Schutzherrn zusammen, dafs sie noch in spätem Jahrhunder- 
ten seiner gedachten, denn auf der Höhe seines Ruhmes war er ein 
hilfreicher Alemannenfreund. — Die Volksgeschicke, unter welchen die 
Verbindung mit den Ostgothen zu Stande gekommen, waren ernst ge- 
nug, um bei den Alemannen tiefe Eindrücke zurückzulassen, und wenn 
auch die geschichtlichen Erinnerungen als solche sich verdunkelten, dem 
Namen und Bilde des Retters und Beschirmers ein bleibendes Gedächt- 
nis zu sichern. Und wenn ich Dietrich den alemannischen Bauernheili- 
gen hiefs, so glaube ich vollkommen im Rechte zu sein, denn seine Ver- 
dienste um die Bodencultnr, um die Urbarmachung versumpfter Land- 
strecken priesen und besangen die Bauern wie unter andern die beiden 
Züricher Jahrzeitbücher noch besagen. Die vielen George auf Feldern 
und in Kapellen im alemannischen Grenzgebiete sind nichts anderes als 
Erinnerungstafeln an den Drachentödter Dietrich; denn wie hätte in 
Deutschland die Verehrung eines Heiligen aufkommen können, von dem 
man gar nichts weifs; die Kirche hat in St. Georg Dietrich adoptiert. 

Zu dem uralten Zug de^ Deutschen an den Grenzen Denkmäler ih- 
rer glücklichen Herzöge aufzurichten, wie ich oben angedeutet und wie 
das Birhtinl^ zeigt, von dem unten gebandelt wird, möge noch die Tat- 
sache hinzukommen, dafs die Grenzer bessere Patrioten und bei zwei 
Confessionen bessere Christen sind. Schon das Gefühl einer andern 
Gonfession anzugehören, wird die Grenzenwohner wacher und reger er- 
halten. Es kommt zu eifersichtigen Reden, Sticheleien, zu ernstlichen 
Reibungen und das gibt Leben. Ganz so die politischen Grenzer: jeder 
sucht die Einrichtungen seines Landes als die bessern darzustellen; je- 
der bestrebt sich bei entgegengehaltenen Schwächen seine Sache zu 
verteitigen; ja sogar jeder Grenzer ist stolz auf seine Mundart and 
sucht wo möglich den andern zu verspotten. Was lag näher als den 
fränkischen Grofsen gegenüber bei Anmafsungen und Uebergriffen das 
Bild und Beispiel des heldenmütigen Schirmherra Dietrich vom Ostgo- 
thenlande entgegen zu halten ? Sicherlich war so Dietrich an der fränki- 
schen Grenze lauter gepriesen in Sang und Sage; Accomodation und 
Localisierung seiner Taten auf Personen und Orte werden erklärlich. 
Wie viele Berge, wie viele Täler wollen Ruhestätten, wollen Zeugen 
von Taten grofser Männer zugleich gewesen sein : das ist der geheim- 
nissvolle Zug der Legende und Sage, die über Zeit und Raum weggeht. 



201 

S. 14. Die kleinste Baar war ohne Zweifel die nach einem comes 
Adelhart benannte Adelbartsbaar; sie umfafste das Wassergebiet der 
Breg und Brig, die spätere Grafschaft Äsen (heute Assa in der Volks- 
sprache): comitatus Aseheim in pago Bdra. Sie scheint nur ein kleiner 
Fleck der grofsen Berchtoldsbaar gewesen zu sein. Urkundl. 769: villa 
quae dicitur Baldinga, in pago qui dicitur AdalhartespÄra. St. Galler 
ürkdb. No. 55. No. 372. 373. (838). Wirtemb. ürkdb. I, 112. 

Nach ihr kommen die zwei kleinen Baaren, die Albuinesbaar in 
der Gegend von Löffingen, also südlich und die gleichen Namens nord- 
östlich Ton der grofsen Baar. (£pisc. Const. I, 2, 27: Albunespära, re- 
giuncuia, qua loca permutationi exposita comprehendebantur sc. Teggin- 
gen, Husen, Fridenwilare et Leffingen (emporum decursn ea pars Ale- 
luanniae, ut mazima yeteris Berhtoidesbarae portio ad Fürstenbergios 
pervenit, Zaringensium propinquos). Die zweite erstreckte sich über die 
jetzigen Oberämter Münsingen und Ehingen, auf dem linken und rech- 
ten Donauufer. Stalin I, 280. 

Umfangreicher an Ciebiet ist die alte Folkoltsbaar: in pago Fol- 
choltespÄra. Wirtemb. (Jrkb. I, 63. Die übrigen Ortschaften aufser dem 
gesicherten Heidgau und Fmerkingen b. Stalin I, 294. In einer St. Gal- 
ler ürk. V. 848 und 856 No. 450 ist ein Folcholt unterzeichnet. 

Die gröfste der nralemannischen Baaren haben wir in der Berchtolds- 
baar. Sic heifst abwechselnd auch Pirhtllinpdra. Woher Berchtolds- 
baar den Namen, ist schon gesagt; der. andere Name datiert auf einen 
Nachkommen desselben Geschlechtes, dem Perahtolt, angehört zurück; ein 
Pirhtilo erscheint zwischen 768 und 802 von dem die Unterabteilung, 
wie wir mit Stalin analog den vorherigen fassen wollen, wol znbenannt 
ist. (magna Bertholdcsbdra portio BirchtilonisbAra. Episc. Const. I, 2, 
S. 253). Es ist die Auffassung als Unterabteilung aber noch keineswegs 
gesichert. Denn die im St. Gailer Urkundenbuche No. 108 v. 786 auf- 
geführten Orte gehören alle auch der Berchtoldsbaar an. In pago qni 
vocatur Perihtilinpdra villa: Tunningas, Eburinbach, Sedorof, Petarale, 
in Purrom, in Usingum, in Wildorof, in Talahusnm, in Mereingum, in 
Deotingum, in TulingaSi in Toromoatingum, in Pisingum, in Hahhingnm, 
in Wassingum. Urkundlich ist auch: in papo Pirihteloni 785. Stalin 
1 , 290. in pago Piritiloni villa Reothaim et Amnipertiwilare 786. St. 
Gail. Urkb. In einer St. GalL Urk. v. 770 (No. 56 und 785): Pirahti- 
lone comite. A. 849 (No. 406) ist ein praepositus Birhtilo unterzeich- 
net; es scheint demnach üblicher alem. Name geblieben zu sein. Ueber 
Birhtilinle nachher. 

Die Berchtoldsbaar erstreckte sich über einen grofsen Te'il der ba- 
dischen Bezirksämter Villingen, Hüfingen, Möhringen, die wirtemb. Ober- 
ämter Tuttlingen, Speichingen, Rotweil,* Balingen, Oberndorf, Sulz, Freu- 
denstadt, Horb, Rotenburg, Reutlingen über Haigerloch, Hechingen, das 
Sigmaringische. Nach dem St. Gallischen Urkuudenbnche sind die For- 
men: BertoldisbAra (pagus) 759—60. Perahtoltaspdra 842 (II, 384). Pe- 
retoldespdra 856 (11,449). PeractoltespÄra 874 (pagellus). Berehtol- 
desbÄra (pagus) 881 No. 615. BertoldipAra (pagus) 779. — Der Perso- 
nenname ist weggelassen und Pära tritt allein auf, aber kann nur auf 
unsere grofse Baar gehen: in PAra, in loco Forra 854 (No. 432). in 
Pdra 868 No. 541. in comitatu PÄra, in yilla Ippinga 880 ( 614). in 
pago, qui dicitur PAra in villa Dürroheim 889. in pago PAra in locis 
Vekkenhusa, Steiga et Tiunang 905. in pago Bdra cortem unam Obern- 
dorf 912. In den folgenden Jahrhunderten wird die Weglassang des 
Personennamens allgemein: comitatus de Bfthre 1283. Jur. Gontrov. in 
Tuttl. Hs. 32. Graf in Barr. Schramb. Briefe 16. Jahrh. Hs. 

Spaichingertal, Höwberg und Bftre. Const. Cbron. Mone Quells. 



202 

II, 65. in der Baar, Vill. Chr. a. a. O. II, 89- (1520). (Das Habsb. 
Urbar schreibt die Schweiz. Ortsnamen Baar, Barre u. s. w.). Heute 
lebt nur Baor, Bär. Beide Schreibarten Bar und Baar sind richtig. 

Wir sehen, dafs bald comitatns, bald pagus, bald pagellus steht 
wie bei Gou: in pago Linzgouwe, in pago Scerra, in pago Hattenhun- 
tari u. s. w. Bald stehen pagus, comitatns gleichberechtigt neben ein- 
ander; bald und dies öfter, ist comitatns Unterabteilung des pagus. 

Wie grofs war die Berchtoldsbaar? Es liegt hier wiederum in er- 
ster Linie nur daran, die Nordgrenze des Gaues abzustecken; er ist der 
änfserste Gau gegen fränkisches Alemannien hin. Das St. Galler Ur- 
kundenbuch belegt folgende Orte als der Baar ehedem angehörend: 
Forra 854. Paldinga 854. Ippinga 880. Cheneinga (Kiengen) 881. Dur- 
roheim 889 und die oben anfgeführten. Femer villa Yultardingas ; Flo- 
zolvestaU 772. 779. Britihaim 782. 782 (Sulz). Obarindorf a. a. 0. Bi- 
chilesperc 782. Altheim und Holzheim in pago Pirihteloni 785. Si- 
tjnga marca (Seitingen) 786. in villa Teotingas 789. Rangodinga yilla 
795 No. 139 (Haigerloch- Rotenburg). Wurmmeringas 797. Gonninga 
a. a. 0. Tuttiiingas 797. Wigabaim, Trosinga a. a. 0. Das St. Gall. 
Urkb. 135 und das Wirtemb. Urkb. I, 44 zählen die Orte auf. Sehr er- 
gibig ist Urkd. No. 226 v. 817. Wb. Urkb. I, 90; desgleicheu No. 228, 
die nicht im wirtemb. Urkb. steht. Diesen südlich liegenden Orten stellen 
sich die nördlichen zur Seite. Hechingen, Rangendingen oberhalb Ro- 
tenburg sind genannt. Dazu kommt Tusilinga (Dufslingen), Willimun- 
dincas ( Wilmandingen , Ob. A. Reutlingen) 772. Gancgingen (Genkin- 
gen), Erphinga, Undingen, Anigistingen (Grofsengstingen), Mutilistat 
(Meidelstetten, Ob. A. Münsingen). In Dalaheimer marca 766. 776 (Thal- 
heim, Ob. A. Rotenb.)- Masginga 789 (Mössingen), Tuzzilinga. Stalin 
I, 296. Ferner sind Grenzorte der Berchtoldsbaar, Chuppinga, vicus 961 
(Herrenburg), Giselstete (Gilsten) 879. Stalin I, 302. Reistodinga 775 
(Rensten b. Herrenb.) Bildachingen (Horb) 764. Huodinger, Uodin- 
ger marca (Eutingen) u. s. w. 

Ein Haaptgrenzpunkt der Baar ist zwischen Kiebingen, Rotenburg 
und Wurmlingen: das Burgalai, das alte BirhtinlS, Birtinle, Birtinloe, 
Bnrtenlaj, Burtenlehen, die Gerichtsstatte. Vergl. Franz Pfeiffer: msc. 
Gunzenle, Germ. I, 88. Ein Belsener Bergabhang heifst Barbelsen ; offen- 
bar noch eine Erinnerung an die alte Baar. In Schliengener Urkunden 
ist als Flurname Malencer Barr erwähnt y. 1495. Mone Zt. 18, 221. 
Die Beschreibung der heutigen Baar und ihrer Vorzeit von Bader in 
B. Badenia 1864. 186 ist das beste. Er' nimmt Baar s= Mark an. Vgl. 
Wegelin, Thesaur. rer. Suev. dissert. III, S. 20 — 24. Neugart Cod. dipl. 
I, No. XXXIV, S. 67. II, No. DCDDIV. Gerbert, bist. N. S. I, 67. II, 
150. Arx, St. Gall. I, 43, 56. 155. Goldast, rerum Alem. II, p. I, S. 45. 
Ruckgaber, Geschichte von Rotweil I, 9. 

Dafs neben und in der Berchtoldsbaar kleine Baaren namhaft her- 
vortreten konnten, haben wir gesehen. Aber auch kleine Gaue kommen 
vor innerhalb derselben und Hundertschaften. So wird ein pagus Pa- 
rlhdinga genannt, in dem die villa Dirboheim (Dürbheim b. Speichingen) 
liege 791 (St. Gall. Urk. No. 108); ebenso Speichingas selbst 803. Er 
mufs der Grenzgau gegen Jutungisches und Folkoltsbaarisches Gebiet 
gewesen sein, denn seine Orte liegen in der Mehrzal auf der Alb, im 
alten Ruralcapitel Trochtelfingen. Bei Stalin I, 291. Dazu kommt der 
heute ebenfalls noch dem Namen nach vorhandene Sülichgan hart an 
fränkischer Grenze: Sülchen bei Rotenburg heifst die Gottesackerflur 
und Kirche ; in pago Hattenhunta et Snlihgeuva 888 No. 667. St. Gall. 
Urk. Dahin gehörte Tuzzilinga 888 No. 667. Eine grofse Rolle spielte 
der Scherragau innerhalb der grofsen Baar. pagus Serrarum (1095), 



203 

Mone Zt. IX, 218 wo finsiogesheim liege, d. h. finsisheim im Bäratal. 
Beroa sita in comitata montium, qni vocantur Serrae 1092 a. a. 0. S. 212. 
In pago qui vocatur Scerra 843. St. Gall. Urkb. IT, 386. in Scherrun 
881 No. 485 dahin gehörten in Bnrron, Pnachheim, in Fridingun a. a. 0. 
comitatus Scherra in loco — Filsinga 876 No. 587. Nusplingen, Hau- 
sen b. Stetten, Trachtelfingen, Reichenbach, Mülheim, Ehingen gehörten 
nach Stalins 15elegstellen I, 309 dazu. Der Gau umfafste also den süd- 
östlichen Teil der Baar; sein Name erhielt sich im Städtchen Scheer 
unterhalb Sigmaringen; die eigentümliche Krümmung der Donau hat 
wol den Namen abgegeben. Der Nagoldgan, der nordwestliche Teil der 
Baar umfafste die Grenzorte des heutigen Oberamts Herrenberg, Nagold, 
Freudenstadt, die wir oben genannt haben. 

Wieder echt dem alem. Gebiete haften gebliebene Namen sind Hun- 
tari, ein Untergau, Cent; ein Bezirk in dem sich eine Hundertschaft 
(centena) niederliefs. In pago Muntericheshuntere in yilla Diethereskir- 
chen 805. St. Gall. ürk. No. 186. raarcha Muuthariheshuntari 892 No. 
134. Sie lag im heutigen Donaugebiete zwischen Riedlingen und Ehin- 
gen; reichte noch an die Alb hinauf. Munderkingen ist jetzt der Ueber- 
rpst des Gaunamens. Stalin zält die Orte auf f, 301. Berühmter war 
Hattenhunta, -ari: in* pago Hattinhunta et Sulihgeu^a, in comitatibus 
Perengarii et Eparhardi villa quae dicitur Tuzzilinga 888 No. 667. St. 
Gall. Urk. villa Hachinga in pago Hattenhuntari 789. Dahin Masginga 
(Mössingen) 802. Andere zält Stalin auf als Munigisingishuntare 
(Münsingen), Goldineshuntare 789. Stalin I, 286. Ein kleiner Mün- 
singen und Ehingen teilweise umfassender Gau nördlich von der Do- 
nau ist urkdl. 854 der pagellns Swerzenhuntare; 966 in pago Swerza. 

Das änfserste ist Glehuntra, mit Holzgerninga. Mon. Boic. 28, 421. 
in pago Albunespara in centena Ruadolteshuntre, in villa quae dicitur 
Patinhova et in yilla quae dicitur in Tussa 837. Stalin I, 281. Es gab 
einen pagns Aitrahuntai ( Randen) 770. Urkb. 57 u. s. w. Vergl. im 
Thnrgauischen: in pago Turgaugensl kommt a. 852 ein Waldrammis- 
huntari vor. St. Gall. ürk. 419. 

Im Althochdeutschen konnte das huntari noch beides bedeuten, pa- 
gus und centurio. Graff IV, 976. Gesch. d. Snr. I, 491. 

Da jedoch die kriegerischen Abteilungen, die Hundertschaften sich 
öfters in einer einzigen Dorfmark niedergelassen, so erhielten auch die 
Dorfmarke und die Bauerschaften selber diesen Namen. Ueberreste sind 
die drei Ortsnamen Hundersingen bei Riedlingen, Ehingen a. D. und 
Münsingen. 

Da wo die Berchtoldsbaar mit ihren nördlichen Grenz- üntergauen 
Nagoldgau, Sülchgau, Purichingagau ufhören, fangen die fränkischen 
Gaue an; mit dem Anfange der fränkischen Gaue heben auch die frän- 
kischen Bistümer an. 

Der erste anstofsende Bezirk ist der fränkisch-speierische Glemsgau ; 
er bildet mit dem Würmgau die Südgrenze von Rheinfranken gegen 
Alemannien. Seinen Namen hat er von der Glems, welche dem Pfaf- 
fensee bei der Solitude entquillt, und sich bei Unterriezingen in den 
Nekar ergiefst. Dahin fällt das Oberamt Leonberg mit Hirschlanden, 
Ditzingen, das noch halb alemannische Gerlingen, Heimerdingen, Schök- 
kingen. Weil, Höfingen. Der fränkisch-speierische Murrgau mit dem 
alten Speirer Rnralcapitel Backnang nmfafat das jetzige Oberamt Lud- 
wigsbnrg, Marbacb, Backnang, besonders die Orte Othmarsheiin, Plei- 
desheim, Steinheim, Nekarbechingen, Geisingen, Grofs- und Klein -In- 
gersheim, Egoisheim, Bönnigheim, Höpfigheim, Gronau, Grofs- und Klein- 
aspach, Bot war. 

Der frftnkiBch-speierische Würmgau greift beinahe in die Berchtolds- 



204 

baar herein. Sein Name kommt von der bei Pforzheim in die Ens ein- 
mündenden Wurm. Dahin gehört Hirschau, Lützenhart bei Hirschaa, 
Altbnrg, Oberhaugstett, Deckenpfronn , GiUien, Stammheim, Sommer- 
hardt, Kenntheim, Möttlingen, Maichingen, Münklingen, Merklingen. 
Sieh Stalin 1,324 ff. Zom speierischen Uffgau gehörte die Herrenalber 
Gegend. Echt fränkisch ist der Zabergau; der Enzgau umfafste maal- 
bronnisches Gebiet bis Bruchsal. 

Der alte Nekargau ist zur Hälfte alemannisch und zur Hälfte frän- 
kisch. Die untere Hälfte ist rein fränkisch; die obere Hälfte bis an 
die Berchtoldsbaargrenze bis Birhtinle ist rein alemannisch; vom Birh- 
tinle scheint die alemannische Grenze den Nekar überschritten und dem 
rechten Nekarufer entlang sich bis Canstadt, ja bis Göppingen hinge- 
zogen zu haben, was mit GeifsUn^en die änfserste Grenze bildete. Nür- 
tingen, Kirchheim, Köngen, Efslingen, Nekargröningen , Zazenhausen, 
Ganstadt, Bissingen sind alemannisch gewesen. 



S 14 ff. Baar. Förstemann, 0. Namenbuch 180: Bar, ein Ausdrack 
für Gau oder Mark, der, wie es scheint, nur in einem Teile Schwabens 
zu Hause war. In der übrigen Sprache, aufserhalb der Namen, ist das 
Wort unbekannt. Sollte es vielleicht zu ahd. bar, yacuus, nudus ge- 
hören und zunächst eine Einöde, ein unbebautes Land bezeichnen? 

Schmid, Schwab. Wb. 41: Das Wort soll Herrschaft bedeuten; 
sollte die Gegend ihren Namen nicht eher von den dichten Wäldern 
erhalten haben? 

Grimm, Wb. I, 1057 (Baar) stellt ahd. paro, parawes as Wald 
dazu; ags. bearo, barves. paro könnte dem Wortsinn nach den bäum- 
entblösten zum Gottesdienst bestimmten Waldraum bedeuten. 

Graff in, 344: para, Landesunterabf eilung von huntari, wie sich 
aus folgender Stelle einer b. Neugart cod. dipL u. s. w. Graff kannte 
d nicht. 

Waitz, Verfassungsgesch. I (2 Aufl.), 77: Bei den Bnrgunden wird 
der Faramanen gedacht; fara aber bezeichnet Geschlecht. Der Ausdrack 
findet sich auch bei den Longobarden und hat hier eine Bedeutung für 
die Bildung des Heeres; vielleicht hängt damit die Bezeichnung Para, 
Bara für einen Gau oder einen entsprechenden Landdistrikt zusammen, 
die später bei den Alemannen üblich ist. 

Gfrörer, Volksrechte 1,423: Ich bin überzeugt, dafs das alemanni- 
sche Wort Bara sowie die burgundiseh longobardischen farones und 
fara mit dem fränkischen barus und baro zusammenhängen. Seit dem 
Ende des 8. Jahrh. werden mehrere Bezirke Schwabens urkundlich mit 
dem Wort Hara bezeichnet, denen der Name des Grafen vorhergesetzt 
ist. S. 432 wird Bar mit Freibaurschaft, die unter einem bestimmten 
Grafen steht, übersetzt und faro, farones dazugestellt, das nur eine an- 
dere Form Yon Bara sein soll! 

Das mittelhochd. Wb. I, 88' weiüs nur yon den Barleuten u. s. w. 
den zinspflichtigen, halbfreien b. Schmell. J. 174, was mit unserm Worte 
nichts zu tun hat. 

Vierordt, Bad. Gesch. im Mittelalter S. 26: Auf ein im Keltischen 
vorhandenes Wort Bar, Grenze, scheint das französische la Barre, la 
Barriere u. s. w. hinzudeuten und Landstriche mit dem Namen Bar 
nicht blos Städte, hat auch das Elsads, Lothringen und ein groCser Be- 
zirk an der Aube und Seine. — Die Baar scheint während der Römer- 
herrschaft den ganzen auf dem rechten Rheinufer gel^enen Teil der 



205 

Fronnz Ohergermanien bezeichnet zu haben. In der zweiten Periode 
ii( es ein ausgedenter Landstrich des Scbwarzwaldes. S. 168 a a. O. 

Mone, Urgescb. II, 12 erklärt es in seiner Weise aus gaelischem 
Barr = Spitze, £nde, Grenze. 

Ich halte Baar aus bairan = tragen, entsprungen ; die alte Baar ist 
das frachtbare Land im Gegensatze zum eigentlichen Schwarzwald. 
Wenn man durch die hercynischen Waldungen gen Osten zog, so lag 
da die weite Hochebene des waldentblösten Getreidelandes. Nach röm. 
Nachrichten lag rückwärts der rauhen Gebirge hinter Augusta Raura- 
cornm das sich ausdenende getreidereiche Hochland (Unsere Baar). 

t 



S. 17. St. Severin wol zu unterscheiden von dem St. Severin der 
östlich von Noricnm her mit den Alemannen (Juthungen, Alemannen) 
in nnangenebme Berührung kam. Unser West-Severin war ein franko- 
gallischer Missionär, Zeftgenosse Chlodowechs; hat viel gewirkt und in 
der Maoracher Qegßoä erhielt sich sein Name häufig als Taufname. 
Mone Zt 20, 355. 



S. 31« Ich mufs hier noch einer Grenzbestimmung gedenken, wel- 
che unsere westlichen Stammesgenossen, die Elsässer, Reintäler im 15. 
und 16. Jahrh. zogen. Geiler v. K., Johannes Pauli, Laurentius Fries, 
Brunswick und andere nehmen die östliche Grenze des Bistums Strafs- 
bürg als die alemannisch-schwäbische an. Das Oppenauertal, das Rench- 
tal sind die östlichen Punkte: da geht der Schwarz wald an, mit ihm 
auch Schwaben Bei Geiler liegt Baden-Baden schon im Schwabenlande. 
Da tritt nun der Fall ein, dafs es nobler herrischer war jene schwäbi- 
sche Sprache in Strafsburger Heimat zu sprechen, schwäbischen Brauch 
mitheimzubringen. In Schimpf und Ernst (S. 283) heifst es: er ist ein 
Zunftmeister worden; er ret nie me sein sprach; er nimpt sich an schwe- 
bisch zu reden und ist nie recht für. das Tor kumen. In Geilers £van- 
gelienbnch f 155' steht: und wenn sie heim kumen (aus dem Badi- 
schen) becleiden sie sich als die schwebin Und haben etwan mit 
Schwaben gebadet, so wöllent dan ir auch schwebisch reden f 205*. 
Aach in landwirtschaftlicher Beziehung führt Geiler Schwaben an als 
praktisch: wan man mufs die ecker misten, sollent sie anders frucht 
bringen und die Esch ist Mist yil Aeckem in Schwaben f. 80 ^ Laut 
der Ordnungen gab es auch in Strafsburg: Schwabenhauben, die sehr 
teuer und darum einer besondern Erlaubnis des Tragens verfielen. Ebenso 
gab es Schwabengürtel. Brunswick (1512) nennt Oberkirch im Op- 
penauertal als noch Strafsburgisch; aber schon an den Schwarzwald 
d. h Schwaben stofsend. Laurentius Fries nennt Allgäuer, Schwaben, 
Thnrgäner: in vil landen essen den habem die Menschen bei der Vile. 
Das erst und das letzt ist allweg HabermAfs, als die Algöwer, Schwa- 
ben und Thurgöwer, da machen sie Zwerchstopfferbrei, Rörenbrey, Zim- 
men und mancherlei Gekocht von Habermus, etlich als dick, dafs ein 
wolbeschlagener Gaul darüber lieif und nit hineinfiel f. 20 ^ f 36* soll 
man verordnen : eim Els&sser den Knobloch, eim Allgöwer das Haber- 
mufs. — Schwäbische Schriftsteller wie der Augsburger Medic Dr. Rau- 
wolf betonen Schwaben, das ihnen bis zum See geht, denn Lindau 
heifst er das schwäbisch Venedig; allein das Allgäu mufs immer auch 
bei ihm hervorgehoben werden: wie die Bauern im Algew auff dem 
eebürge des Käses essen S. 245. Von Wangen im Algäw, allda der 
Segessen und Leinwath halb ein grofs gewerb n s. w. 



206 

Noch bis in^s 15. und 16. Jahrb. berein pflegte man nur Schwaben 
Sachsen (d. h. Nord und Süd) zn nennen, wie des Teufels Netz tot: 
er si in Schwaben oder Sachsen. V. 5023. Oder: er si von Schwaben 
oder Schotten etc. V. 475. 

Einen Versach Mone's in seiner Urgesch. Badens II, 179, aleman- 
nische Lautlehre betreffend, teile ich hier mit. 

Eine grofse Willkür herrscht im Altdeutschen bei dem aoslanten- 
den c nach n und r. So schreibt Nicolaus von Strafsburg: werg, ge- 
dang, ogenblig, sag, marg; im Breisgau zeigen die Urkunden: werch und 
werk, starch und stark, roarch und mark, kalch und kalk, acker und 
acher u. dergl. ohn^fJnterschied. Einige dieser Formen wie Kelch und 
Kirche sind allgeimn geworden. Die Ableitung = ing kommt in den 
Formen: -ine, inch, -unch vor; g ist unorganischer Auslaut (!}, drig, 
frig, ebenso Inlaut frige, sige, Sofiga (Sophia) und wird auch abgewor- 
fen (!) zwi, Zweig. — Das Wort krank kann z. B. dreierlei Schreibung 
und Aussprache haben, chranch, chranc, cranch. Diese Willkür ist eine 
Verwirrung u. s. w. (S. 177): darin hat devjjfjßgeänmgene Zischlaut 
weiter um sich gegriffen; er ist in einigen WflMifn besonders nach r 
zu seh geworden, wie in Hirsch das im badischifi Oberland noch Hirz, 
im Unterland Hersch lautet; in andern hat er das einfache s, besonders 
nach I; m und r auch in seh verwandelt wie falsch von falsus, Gemsch 
mundartlich für Gemse, Hirschen für Hirsen, Qrschel mundartlich für 
Ursula u. dergl. Femer sind alle organischen 'bk oder sc zu seh in 
Sprache und Schrift geworden; ebenso die sl, sm, sr, sn, sw; die st, sp 

werden zwar noch einfach geschrieben aber seht, schp gesprochen. 

Vergleicht man damit alte Beispiele oberrheinischer Mundarten, so läfst 
sich die nämliche Bildung erkennen. In Urkunden von Baden y. 1338 
fand 'ich die Wörter geischlich, ernschelich; Nicol. v. Strafsburg (um 
J320) braucht geischlon für geifseln; Urkunden von Salmansweiler ge- 
ben von 1317 gaischlich, vaschnaht, und zeigen von 1290 durch die 
Schreibungen gaishlich, bishoffes, geshah u. s. w. die ältere Gestalt und 
Aussprache des Zischlautes. Wie ausgedent dieser Laut war, sieht man 
bei den INamen auf -tsch, tschi z. B. Bertsohi, Rütschi, Fritsch, Dietschi 
u s. w. für Berthold, Rudolf, Friedrich, Dietrich, die am Oberrhein sehr 
häufig gebraucht wurden (S. 178) Bei den Lippenlauten schreiben wir 
zwar b zwischen zwei Vocalen, aber die süddeutschen Mundarten spre- 
chen es allezeit (?) wie w aus; einfach nach langer Wurzel, doppelt nach 
kurzer: läwe, riwe (rauben), wewe (weben), gäwwe (geben), Läwwr 
(Leber), Gawwl (Gabel), Giwwl (Gibel) u. s. w. Ebenfalls wird Ib, rb 
jedesmal Iw, rw gesprochen, wenn das Wort organisch wächst: Salwe, 
sterwe. So ist auch g zwischen zwei Vocalen in den oberrheinischen 
Mundarten immer j, einfach nach langen Silben, doppelt nach knrzen: 
lijje, liegen, lije aber lügen; Ijjl (Igel), Strijjl (Striegel), saje, sagen, 
traje, tragen. Bei diesem j darf kein i ffehört werden, es ist ein er- 
weichter halbunterdrückter Kehllaut — Bei den Zahnlauten bemerke 
ich, dafs die fränkische Mundart d. Oberrheins nd in nn verwandelt, wenn 
das Wort durch Flexion wächst: Kinner, Sander, Länner, Länder. Auch 
nd im Inlaut zwischen zwei Vocalen wird so verändert: Waniier für 
Wunder, binne für binden. 



A. W. Schade's Bucbdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. 



206 

Noch bis in^s 15. und 16. Jahrh. herein pflegte man nnr Schwaben 
Sachsen ( d. h. Nord und Süd ) zn nennen , wie des Teufels Netz tot: 
er si in Schwaben oder Sachsen. V. 5023. Oder: er si von Schwaben 
oder Schotten etc. V. 475. 

Einen Versuch Mone's in seiner Urgesch. Badens II, 179, aleman- 
nische Lautlehre betreffend, teile ich hier mit. 

Eine grofse Willkür herrscht im Altdeutschen bei dem aoslanten- 
den c nach n und r. So schreibt Nicolaus von Strafsburg: werg, ge- 
dang, ogenblig, sag, marg ; im Breisgan zeigen die Urkunden : werch und 
werk, starch und stark, roarch und mark, kalch und kalk, acker und 
acher u. dergl. ohiiAünterschied. Einige dieser Formen wie Kelch und 
Kirche sind allgeimn geworden. Die Ableitung = ino: kommt in den 
Formen: -ine, inch, -unch vor; g ist unorganischer Auslaut (!), drig, 
frig, ebenso Inlaut frige, sige, Sofiga (Sophia) und wird auch abgewor- 
fen (!) zwi. Zweig. — Das Wort krank kann z. B. dreierlei Schreibung 
und Aussprache haben, chranch, chranc, cranch. Diese Willkür ist eine 
Verwirrung u. s. w. (S. 177): darin hat der2^ffS^di'"°f^^ii® Zischlaut 
weiter um sich gegriffen; er ist in einigen "Vt^^liini besonders nach r 
zu seh geworden, wie in Hirsch das im badischcin Oberland noch Hirz, 
im Unterland Hersch lautet; in andern hat er das einfache s, besonders 
nach I; m und r auch in seh verwandelt wie falsch von falstis, Gemsch 
mundartlich für Gemse, Hirschen für Hirsen, ()jrschel mundartlich für 
Ursula u. dergl. Femer sind alle organischen 'jsk oder sc za seh in 
Sprache und Schrift geworden; ebenso die sl, sm, sr, sn, sw; die st, sp 

werden zwar noch einfach geschrieben aber seht, schp gesprochen. 

Vergleicht man damit alte Beispiele oberrheinischer Mundarten, so lä'fst 
sich die nämliche Bildung erkennen. In Urkunden von Baden y. 1338 
fand 'ich die Wörter geischlich, ernschelich; Nicol. v. Strafsburg (um 
J320) braucht geischlon für geifseln; Urkunden von Salmansweiler ge- 
ben von 1317 gaischlich, vaschnaht, und zeigen von 1290 durch die 
Schreibungen gaishlich, bishoffes, geshah u. s. w. die ältere Gestalt und 
Aussprache des Zischlautes. Wie ausgedent dieser Laut war, sieht man 
bei den Namen auf -tsch, tschi z. B. Bertsohi, Rütschi, Fritsch, Dietschi 
u. s. w. für Berthold^ Rudolf, Friedrich, Dietrich, die am Oberrhein sehr 
häufig gebraucht wurden (S. 178) Bei den Lippenlauten schreiben wir 
zwar b zwischen zwei Vocalen, aber die süddeutschen Mundarten spre- 
chen es allezeit (?) wie w aus; einfach nach langer Wurzel, doppelt nach 
kurzer: läwe, riwe (rauben), wewe (weben), gäwwe (geben), Läwwr 
(Leber), Gawwl ((jrabel), Giwwl (Gibel) u. s. w. Ebenfalls wird Ib, rb 
jedesmal Iw, rw gesprochen, wenn das Wort organisch wächst: Salwe, 
sterwe. So ist auch g zwischen zwei Vocalen in den oberrheinischen 
Mundarten immer j , einfach nach langen Silben, doppelt nach kurzen: 
lijje, liegen, iije aber lügen; Ijjl (Igel), Strijjl (Striegel), saje, sagen, 
traje, tragen. Bei diesem j darf kein i ffehört werden, es ist ein er- 
weichter halbunterdrückter Kehllaut — Bei den Zahnlauten bemerke 
ich, dafs die fränkische Mundart d. Oberrheins nd in nn verwandelt, wenn 
das Wort durch Flexion wächst: Kinner, Sander, Länner, Länder. Auch 
nd im Inlaut zwischen zwei Vocalen wird so verändert: Wnniier für 
Wunder, binne für binden. 



A. W. Schade's Bucbdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. 



In demseibeu Verlage sind ferner erscbißnen: 

drimm (^acob)^ Kleinere Schriften. Drei Bände, gr. 8. 
Velinpapier. 

Erster Band. Reden und Abhandlungen. 1864. 
Velinpapier, gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr. 

Inhalt: * Selbstbiographie. — Meine entlassung. — "'Italienische und 
skandinavische reiseeindrücke. — Frau Avenünre klopft an Beneckes thür. — 
•Das wort des besitzes (jubelschrift zu Savignys doctor-jubiläum). — Rede 
auf Wilhelm Grimm. — Rede über das alter. — üeber schule, uniyersit'at, 
akademie. — üeber den Ursprung der spräche. — f üeber etymologie 
und Sprachvergleichung. — *Ueber das pedantische in der deutschen 
spräche. — Rede auf Schiller. — Anhang von kleinaven aufsätzen. 

Zweiter Band. Abhandlungen zur Mythologie 
undSittenkunde. Mit einer photolithographischen Tafel. 
1865. Velinpapier, gr. 8. geh. 3 Thlr. 

Inhalt: ""Ueber swei entdeckte gedichte aus der Zeit des deutschen 
heidenthums. — *Deii(Mli6 grenzalterthümer. — üeber das finnische epos. — 
üeber Marcellus Burdigalensis. — üeber die Marcellischen Formeln. — 
*üeber schenken und geben. — üeber das verbrennen der leichen. — 
üeber den liebesgott. — * üeber eine Urkunde des XII. Jahrhunderts. — 
üeber frauennamen aus blumen. — üeber die namen des donners. — 
füeber das gebet. 

Dritter Band. Abhandlungen zur Literatur und 

Grammatik. Mit einer photolithographischen Tafel. 1866. 

Velinpapier, gr. 8. geh. 3 Thlr. 

Inhalt: Gedichte des mittelalters auf konig Friedrich I. den Stanfen 
und aus seiner sowie der nächstfolgenden zeit. — *üeber diphthongen nach 
weggefellnen consonanten. — *üeb€r lornandes und die Geten. — üeber 
den Personenwechsel in der rede. — üeber einige fölle der attraction. — 
Von Vertretung männlicher durch weibliche namensformen. — fDer träum 
von dem schätz auf der brücke. 

Die mit einem *" bezeichneten Abhandlungen sind nur in den Schriften 
der Akademie veröffenilicht worden, die mit einem f bezeichneten bisher 
ungedruckt gewesen; die übrigen Abhandlungen sind gröfstentheils nur in 
einer sehr kleinen Zahl von Einzelabdrücken in den Buchhandel gekommen. 

Ein vierter Band, der diese Sammlung beschliefsen wird, soll die im 
Monatsbericht der Akademie abgedruckten und die bedeutenderen Auf- 
sätze ans verschiedenen Zeitschriften umfassen. 

<8rimm (HStlljflm)^ Die deutsche Heldensage. Zweite 
vermehrte und verbesserte Auflage. 1867. Velinpapier. 
2 Thlr. 20 Sgr. 

Diese neue Ausgabe hat Hr. Prof. Müllenhoff unter Benatzung des 
Handexemplars des verewigten Verfassers und Hinznfngung eigener Zu- 
sätze besorgt. 

llod)l)0U (^rof. (8. Jf.), 3)cutfc]ficr ©lauBc unb Sraud^ im 
©ptcgcl ber l^cibtiifd^cn Sorgett. 1867. 3tt>et Sanbe. SSeHn« 
papm. 8. gcl^. 3 Sl^Ir. 

©rfter Sßanh: Seutf^et ttnftetBK^feitöglauBe. Sn^alt: ®oib, 
Wliiä} nah 93Iut. — Ol^nc ©d^attcn, ol^nc @eclc. — Dbcrbcutfd^c Seid^en* 
Bräune. — 2)cr Änod^encultit«. — OTwfeelenBrob. 



3»eiter SSanb: mthtutj^t^ 93ätgtt(eliett* Snl^alt: 2)cutWe 
Sod^entage. — ^(emannifd^ed Sol^n^aud. — fRot^ nnb ®(au, bie beutfci^en 
?cib* unb S'Jationalfarbcn. — ©cutfd^e grauen toor bcra gcinbc. 

2)iefe8 SDBerf bringt, toie fd^on ber tjorPcl^enbc Sn^alt anbeutet, über 
eine große Slngabl weit verbreiteter, namentlid^ oberbeutfd^r bitten unb 
©ebräud^e bie merfmürbigjlen SO^tt^eilungen unb angtel^enbflen ^uff^Iüffe. 
2)er SJerfaffer l^at nid^t bloß mit großem gleiß ben @toff gu feiner 5lrbcit 
gefammelt, fonbern »eiß aud^, hjie feine früheren Sirbetten gezeigt l&aBen, 
benfelben gei1h:ei(^ unb feffelnb barpfletten. 

ll9einl|olb (^rl)^ Grammatik der deutschen Mundarten* 
Erster Theil: Alemannische Grammatik. 1863. gr. 8. 
geh. 3 Thlr. la Sgr. 

Zweiter Theil: Bairische Grammatik. 1867. gr. 8. 
geh. 2 Thlr. 20 Sgr. 

Nachdem durch Jacob Grimm die geschichtliche Grammatik der ger- 
manischen Sprache in bewundemswerther Art geschaffen und durch eine R^e 
von Forschem einzehie Theile derselben von versohiedtnen Standpunkten be* 
handelt worden, wandte sich die Aufmerksamkeit mit Vorliebe der Ergrün- 
düng der deutschen Mundarten zu. Eine Anzahl von Idiotiken entstand, 
durch welche die Kenntnifs des deutschen Wortschatzes bedeutesd gefordert 
ward. Noch fehlt es aber an einem Werke, welches die grammatischen Ver- 
hältnisse der einzelnen deutschen Dialekte nach ftfterem Plane nicht blos 
nach ihrem heutigen Zustande, sondern nach ihrer ganzen Entwickelung be< 
arbeitete, welches demnach eine wichtige und längst verlangte Ergänzung zu 
Grimm's Grammatik gäbe. 

Prof. Weinhold beabsichtigt diese Lücke auszuflülen und will die Dia- 
lekte der Alemannen, Baiem, Franken, Thüringer, Sachsen und Friesen in 
einer Reihe von Bänden grammatisch darstellen, so dafs die Laütverhältnisse, 
die Wortbildung und die Wortbiegung von den ältesten Zeiten an nnd so- 
weit die Quellen zugänglich sind, wie J. Grimm dies an den germanischen 
Hauptdialekten lehrte, entwickelt werden. 

$tfintl|al (Prof. Dr. $.), Charakteristik der hauptsäch- 
lichsten Typen des Sprachbaues. Zweite Bearbeitung sei- 
ner ^Classification der Sprachen.** 1860. gr. 8. 2 Thlr. 

Nach der von W. v. Humboldt geschaffenen Methode werden nenn 
der hauptsächlichsten Sprach-Typen als eben so viele grundverschiedene 
Systeme dargestellt, deren jedes auf ein eigenthümliches Princip gebaut ist. 
So wird die vom Verf. schon in früheren Schriften behauptete prlncipielle 
Verschiedenheit der Sprachen nnd namentlich der wesentlichste Unterschied 
zwischen formlosen und Form-Sprachen durch ausgeführte historische Dar- 
legungen bewiesen und nach ihren wichtigsten Zügen vorgeführt. Dem 
Sprachforscher wie dem Psychologen mnfs der hier eröfihete Einblick in 
eine ungeahnte Mannichfaltigkeit nnd häufig genug Seltsamkeit der Rede- 
weisen von nicht geringem Interesse sein. Ein diesen Charakteristiken 
vorausgeschickter allgemeiner Abschnitt legt die Grundlage der befolgten 
Methode und besonders den Unterschied zwischen Grammatik und Logik in 
möglichster Kürze und Bestimmtheit dar, und ein ihnen folgender Abschnitt 
legt die charakterisirten Sprachen in einer Classification dem Leser vor 
die Augen. 



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